Wir bitten um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Erachtet der Stadtrat die Diskrepanz zwischen den für die Sozialhilfe angewendeten Mietzinsrichtlinien und den tatsächlichen Angebotsmieten in Dübendorf als gerechtfertigt? Wenn ja, warum?
  2. Erachtet der Stadtrat die Unterschiede zwischen den Mietzinsrichtlinien Dübendorfs im Vergleich mit den Nachbargemeinden als gerechtfertigt? Wenn ja, warum?
  3. Wann wurden die Mietzinsrichtlinien zuletzt an die tatsächliche Entwicklung der Mieten angepasst?
  4. Wird periodisch überprüft, ob die verlangten Mietpreise für Sozialhilfeempfänger gerechtfertigt sind?
  5. Wurde in den letzten Jahren geprüft, ob die von den Vermietern verlangten Mietpreise an den Referenzzinssatz angepasst wurden?
  6. In wie vielen Fällen kam es durch die restriktive Anwendung des Sozialhilfegesetzes bzw. der angewendeten Mietzinsrichtlinien zu einer faktischen „Wegweisung“ von Sozialhilfeempfängern?
  7. Ist der Stadtrat bereit, in Zusammenarbeit mit der Sozialbehörde die angesprochenen Probleme und Widersprüche zu untersuchen?
  8. Ist der Stadtrat bereit, in Zusammenarbeit mit der Sozialbehörde die Mietzinsrichtlinien zu prüfen und allenfalls anzupassen?
  9. Sofern bisher keine regelmässige Überprüfung der verlangten Mietzinse für Sozialhilfeempfänger erfolgt: Ist der Stadtrat bereit, eine solche einzuführen und rückwirkend deren Anpassung an den Referenzzinssatz zu verlangen?

Begründung

Die Sozialhilfequote liegt in Dübendorf unter dem kantonalen Durchschnitt und die Anzahl der Sozialbezüger ist laut Geschäftsbericht im letzten Jahr sogar leicht zurückgegangen. Das ist an sich erfreulich, widerspricht jedoch dem allgemeinen Trend: im Kanton hat die Zahl der Sozialhilfefälle leicht zugenommen.

Es entsteht der Eindruck, dass die Sozialabteilung über die Festsetzung der Mietzinsrichtlinien für Sozialhilfempfänger die Menschen in andere Gemeinden vertreiben will, um so Sozialausgaben zu sparen.

Ein Indiz hierfür ist die Festsetzung der Mietzinsrichtlinien für Sozialhilfeempfänger. Diese beträgt beispielsweise für einen Vierpersonenhaushalt 1400 Franken (ohne NK), bei fünf Personen und mehr 1550 Franken (ohne NK), während der Ansatz in den umliegenden Gemeinden 1700 bis 2500 Franken beträgt (inkl. NK): Auch wenn man die Nebenkosten berücksichtigt, ist der Ansatz in Dübendorf markant tiefer als in den Nachbargemeinden. Dabei ist Dübendorf bezüglich Marktmieten im obersten Segment.

Gemäss Statistik von Wüest & Partner beträgt der durchschnittliche Mietzins für eine mittlere Vierzimmerwohnung in Dübendorf zwischen 2100 und 2400 Franken (ohne NK). Die Mietzinsrichtlinien in der Sozialhilfe bewegen sich für Familien also in einem Bereich, der weit entfernt ist von den Mieten, die tatsächlich bezahlt werden müssen.

Das Gleiche gilt auch für Einzelpersonen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Dort gilt in Dübendorf eine Mietzinsrichtlinie von 850 Franken (ohne NK), während in den umliegenden Gemeinden mit 1000 bis 1300 Franken (mit NK) gerechnet wird. Das heisst, dass in Dübendorf auch unter Berücksichtigung der Nebenkosten die Richtlinie noch 100 bis 400 Franken unter derjenigen der Nachbargemeinden liegt. An einem Stichtag Ende November 2015 betrug der Mietzins der billigsten, in Dübendorf verfügbaren Einzimmerwohnung 1200 Franken.

Die Mietzinsrichtlinien in der Sozialhilfe wurden zudem seit Jahren nicht an die tatsächliche Entwicklung der Mieten angepasst. Laut Berechnungen von Wüest & Partner sind die Mietpreise in Dübendorf seit dem Jahr 2000 um 50 Prozent gestiegen.

Ein solcher Unterschied zwischen den Mietzinsrichtlinien und dem ortsüblichen Mietzins widerspricht dem Wortlaut der SKOS-Richtlinien, die für den ganzen Kanton verbindlich sind. So kommt es zu Fällen, bei denen Sozialhilfeempfänger nach einer gewissen Übergangszeit gezwungen werden, in eine Wohnung umzuziehen, die einen tieferen Mietzins aufweist als den ortsüblichen. Wenn sie keine solche in Dübendorf finden, müssen sie wegziehen.

Die zu tiefen Mietzinsrichtlinien können auch dazu führen, dass die Stadt mehr ausgeben muss als nötig. Wohnen Sozialhilfeempfänger in einer Wohnung mit überhöhtem Mietzins und finden keine Wohnung, die im Rahmen der Richtlinie liegt, ist die Stadt verpflichtet, für eine gewisse Zeit die überteuerte Wohnung zu bezahlen. Bei realistisch angesetzten Mietzinsrichtlinien könnte aber schneller eine günstigere Wohnung gefunden werden und die Stadtkasse würde geschont.

Gemäss einer Studie des Berner Instituts BASS können in der Schweiz 40 Millionen an Sozialhilfe gespart werden, wenn die Gemeinden regelmässig prüfen würden, ob die von Sozialhilfeempfängern verlangten Mieten nicht überhöht sind. Gut überprüfbar ist dabei, ob die Mieten in den letzten Jahren an den Referenzzinssatz angepasst und somit gesenkt wurden. Auch in der Stadt Dübendorf wäre es deshalb wichtig, die Angemessenheit der verlangten Mietzinse regelmässig zu überprüfen.

Besten Dank für eine sorgfältige Beantwortung.

Tanja Boesch, Gemeinderätin EVP, Hans Baumann, Gemeinderat SP/Grüne & Mitunterzeichnende

Die Interpellation und die Antwort des Stadtrates können Sie hier herunterladen.