Frage 1: Barrierefreiheit des Ortsbusnetzes

Grüne: Bis Ende 2023 müssen sämtliche Haltestellen des öffentlichen Verkehrsnetzes wie auch das dazugehörige Rollmaterial den Bedürfnissen von Fahrgästen mit alters- und behinderungsbedingten Einschränkungen angepasst werden. Ist die fristgerechte Umsetzung dieser Vorgabe für das Ortsbusnetz von Dübendorf gewährleistet, soweit dies in die Zuständigkeit der Stadt fällt?[1]

Antwort Stadtrat: In die Zuständigkeit der Stadt Dübendorf fallen 59 Bushaltestellen, die an kommunalen Strassen liegen (bei insgesamt 89 Bushaltestellen auf dem Stadtgebiet von Dübendorf). Von diesen 59 Haltestellen sind bislang 23 normgerecht erstellt. Anzupassen bis Ende 2023 sind demzufolge noch deren 36. Im Schnitt ist für den behindertengerechten Umbau einer Anlegekante mit Kosten von rund Fr. 100’000.00 zu rechnen. Für die noch anzupassenden 36 Haltestellen ergibt sich somit ein Investitionsbedarf in der Höhe von rund 3.6 Mio. Franken. Während dem in den letzten Jahren für die Infrastruktur der Bushaltestellen rund Fr. 100’000.00 pro Jahr im Voranschlag berücksichtigt wurden, wäre für die fristgerechte Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben die Erhöhung der jährlichen Investitionen auf rund Fr. 500’000.00 notwendig. Der behindertengerechte Ausbau der Bushaltestellen in Dübendorf ist ebenfalls Bestandteil des Gesamtverkehrskonzeptes (GVK). In diesem Zusammenhang wird im Rahmen des anstehenden Budgetprozesses 2017 auch die weitere zeitliche Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen sein, wobei zu berücksichtigen ist, dass es bei der Umsetzung der Vorgaben des Behindertengesetzes, wie in anderen Bereichen auch, den rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu berücksichtigen gilt.

Stellungnahme Grüne: Besten Dank für die Beantwortung unserer Fragen. Gerne nehme ich Stellung zu den Antworten des Stadtrates.

Unsere erste Frage war, ob die Stadt Dübendorf es schafft, bis 2023 die ÖV- Haltestellen behindertengerecht zu gestalten, so wie es das Behindertengleichstellungsgesetz vorschreibt. Eine kurze Anmerkung hierzu: Eine behindertengerechte Bushaltestelle erleichtert auch den älteren Leuten und den Familien mit Kinderwagen oder Fahrgästen mit Rollgepäck das Leben!

Die Antwort war, dass bis jetzt erst 23 von 59 Haltestellen normgerecht erstellt sind. Das heisst, wenn die Frist eingehalten werden soll, müsste die Stadt jedes Jahr 500’000 Franken ausgeben. Die weitere zeitliche Umsetzung sei zu prüfen, schreibt der Stadtrat und beruft sich auf die Verhältnismässigkeit.

Wir finden, die Stadt hätte in den letzten Jahren ruhig etwas mehr in die Verkehrsinfrastruktur investieren können. An Geld fehlte es ja nicht, es gab in den letzten Jahren Überschüsse, die man brauchte, um Schulden abzubauen. Es gilt Prioritäten zu setzen! Ausserdem ist die Stadt verpflichtet, sich an die Vorgabe des Behindertengleichstellungsgesetzes zu halten, dazu hat sie insgesamt 20 Jahre Zeit. Mit einer solch langen Frist ist die Verhältnismässigkeit bereits gegeben. Wir hoffen, dass der Stadtrat alles daran setzt, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten.

Stellungnahme Stadtrat: In gewissen Jahren haben wir Fr. 100‘000.00 dafür eingesetzt. Wir konnten die Kadenz aber nicht einhalten, um mit diesem Betrag die Haltestellen fristgerecht sanieren zu können. Wir haben mit dem eingeleiteten Budgetprozess die entsprechenden Beträge massiv erhöht. Dort brauchen wir natürlich auch die Unterstützung des Gemeinderates, damit wir dieses Geld auch einsetzen dürfen. Wir gehen davon aus – sofern uns der Gemeinderat die Mittel dafür gibt, – dass wir die Auflagen plus-minus werden erfüllen können. Je nach Mittel und möglicher Ausführung vor Ort, werden wir vielleicht ein paar Haltestellen haben, die wir noch anschauen müssen. Dies hat nicht nur mit finanziellen Mitteln, sondern auch mit Bewilligungen, Strassenbauten und anderen Gegebenheiten, die geprüft werden müssen, zu tun. Darum können wir auch nicht genau zusichern, dass alle Haltestellen auf das Jahr 2023 saniert sind. Aber ich kann versichern, dass wir darüber offen und transparent diskutieren werden, wie das Ziel erreicht werden kann.

 

Frage 2: Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude

Grüne: Sämtliche öffentliche Gebäude und Anlagen, deren Bau oder Erneuerung nach Inkrafttreten des BehiG bewilligt wurden, müssen behindertengerecht gestaltet sein. Ist dies für die Gebäude und Anlagen der Stadt Dübendorf gewährleistet?[2]

Antwort Stadtrat: Mit dem Neubau oder mit wesentlichen Erneuerungen von öffentlichen Gebäuden ist, wie für Gebäude privater Bauherrschaften auch, jeweils ein ordentliches Baubewilligungsverfahren verbunden. Im Rahmen dieses Verfahrens wird durch die Abteilung Hochbau geprüft, ob die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Das für die Beurteilung der Bauvorhaben massgebende Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich (PBG) enthält klare Bestimmungen hinsichtlich des behindertengerechten Bauens. Überdies lässt die Abteilung Hochbau die Bauvorhaben bei Bedarf durch die Behindertenkonferenz des Kantons Zürich (BKZ) beurteilen. Diese Beurteilungen werden dann als massgebende Nebenbestimmungen in die Baubewilligungen integriert. Somit kann die 6 Art. 2 BehiG I Art. 4 UNBRK 2016-120 2 Stadt Dübendorf Protokoll des Stadtrates Sitzung vom 23.06.2016 behindertengerechte Gestaltung von öffentlichen Neu- oder Erweiterungsbauten gewährleistet werden.

Stellungnahme Grüne: Unsere zweite Frage war, wie es aussehe mit der behindertengerechten Gestaltung von öffentlichen Gebäuden und Anlagen. Der Stadtrat schrieb in seiner Antwort, er lasse die Bauvorhaben bei Bedarf durch die Behindertenkonferenz des Kantons Zürich (BKZ) beurteilen. Wir haben bei der BKZ nachgefragt. Ganz so rosig wie dargestellt sieht es in Dübendorf wohl nicht aus. Das BKZ gab an, in den letzten Jahren nur wenige Fälle aus Dübendorf kontrolliert zu haben, wenn man Städte mit vergleichbarer Grösse wie Uster oder Schlieren anschaut. Ausserdem sei es wichtig, die BKZ einzubeziehen, bevor die Baubewilligung stehe. Die Organisation ist aber im Gespräch mit dem Bauamt und wir hoffen, dass sich in diesem Bereich etwas tut.

Stellungnahme Stadtrat: Eine solche Auskunft der BKZ, wie sie von Flavia Sutter erläutert wurde, wundert mich sehr. Es ist gar nicht möglich, dass die Behindertenkonferenz nur wenige Anfragen von Dübendorf erhalten hat. Denn jedes Baugesuch muss zwingend geprüft werden bzw. die Architekten müssen den entsprechenden Nachweis der Prüfung im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens erbringen. Das bedeutet, dass ohne diesen Nachweis keine Baubewilligung resp. Baufreigabe erfolgt. Ich nehme an, es gibt hier eine Differenz zur gestellten Anfrage bei der BKZ. Was ich nicht weiss, ist, ob diese Differenz daherkommen könnte, wenn es um die Thematik geht, bestehende Gebäude nochmals überprüfen zu lassen. Das andere kann schlicht und einfach nicht stimmen. Ich bin selber Architekt und ich kann garantieren, dass die Gebäude, die wir eingeben, noch nie eine Bewilligung erhalten haben, ohne den Nachweis der Abklärung mit der BKZ vorgelegt zu haben. Es gibt ja auch Auflagen, die dann im jeweiligen Baugesuch aufgelistet werden. Ich denke, hier ist irgendwo ein Knopf drin, denn diese Aussage der Behindertenkonferenz kann ich so nicht verstehen. Ich denke, dies muss noch geklärt werden. Denn es lässt mir keine Ruhe, wenn wir solch differenzierte Aussagen erhalten, die mit der Realität nicht übereinstimmen.

 

Frage 3 & 4: Barrierefreiheit der städtischen Websites

Grüne: Wurden bei der Entwicklung der kommunalen Websites, insbesondere jene der Stadtverwaltung (www.duebendorf.ch), die E-Government-Standards für barrierefreie Websites berücksichtigt?[3],[4] Wenn nein, warum nicht?

Wurden diese Websites hinsichtlich ihrer Barrierefreiheit von einer unabhängigen Stelle überprüft, namentlich in Form einer Zertifizierung durch die Stiftung Zugang für Alle?[5]

Antwort Stadtrat: Das für die Gestaltung der Internetseite der Stadt Dübendorf verwendete Produkt berücksichtigt die E-Government-Standards für einen barrierefreien Webauftritt.

Die Internetseite der Stadt Dübendorf wurde hinsichtlich ihrer Barrierefreiheit noch nicht von einer externen Stelle überprüft. Drei Schweizer Städte, die dasselbe Produkt wie die Stadt Dübendorf verwenden, wurden diesbezüglich durch ein unabhängiges Schweizer Analysetool („Qualidator“) jedoch als sehr gut bewertet. Nichtsdestotrotz scheint eine externe Überprüfung der eigenen Homepage in nächster Zeit durchaus sinnvoll.

Stellungnahme Grüne: Die dritte und vierte Frage betrifft die Homepage der Stadt Dübendorf. Wir fragten, ob sie barrierefrei ist. Eine barrierefreie Website können zum Beispiel blinde Menschen mit ihren Hilfsmitteln problemlos benutzen. Entgegen der Antwort des Stadtrates mussten wir feststellen, dass die Website offenbar nicht barrierefrei ist. Laut der Stiftung „Zugang für alle“, die unter anderem Websites darauf überprüft und zertifiziert, ist die Website der Stadtverwaltung für blinde Menschen überhaupt nicht zugänglich. In einem Artikel im Mai im Anzeiger von Uster über barrierefreie Websites von Gemeinden belegte Dübendorf einen der hintersten Ränge von etwa 30 Oberländer Gemeinden. Eine externe Überprüfung macht hier sicher Sinn.

Stellungnahme Stadtrat: Das überrascht mich sehr, denn unsere bisherigen Anfragen wurden immer so beantwortet, dass der Webauftritt barrierefrei sei. Ich bin sehr dankbar um diesen Hinweis. Wie bereits auch in der Beantwortung angekündigt, wird eine externe Überprüfung durch uns veranlasst werden. 

 

Frage 5 & 6: Gesamtstrategie

Grüne: Welche Massnahmen ergreift der Stadtrat, um Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen durch die städtischen Behörden zu verhindern?[6]

Beabsichtigt der Stadtrat, eine auf die Vorgaben des BehiG und der UNBRK ausgerichtete kohärente Senioren- und Behinderten-Strategie für Dübendorf auszuarbeiten? Wenn nein, warum nicht?

Antwort Stadtrat: Aus Sicht des Stadtrates sind weder besondere Massnahmen noch die Ausarbeitung einer auf die Vorgaben des Behindertengesetzes und der UNBRK abgestützten Senioren- und Behindertenstrategie notwendig. Durch die laufende Umsetzung der massgebenden gesetzlichen Vorgaben sowie die Initialisierung zusätzlicher freiwilliger Konzepte (z.B. „Senioren im Strassenverkehr“ im Rahmen des Gesamtverkehrskonzeptes) und Einzelmassnahmen (z.B. gesicherte Fussgängerübergänge für Blinde) unter Begleitung der zuständigen Fachstellen (Behindertenkonferenz des Kantons Zürich), wird der stetigen Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in der Stadt Dü­ bendorf schon heute die notwendige Beachtung geschenkt.

Stellungnahme Grüne: Zu guter Letzt fragten wir, ob der Stadtrat vorhat, eine Senioren- und Behindertenstrategie auszuarbeiten. Der Stadtrat erachtet dies als nicht notwendig. Hierzu einige Fragen und Anregungen: Im aktuellen Legislaturprogramm des Stadtrates steht, dass eine Anlauf- und Koordinationsstelle für Altersfragen geschaffen werden soll. Steht denn hier keine Strategie dahinter? Irgendjemand muss diese Idee doch ausgeheckt und sich etwas dabei gedacht haben, oder? Könnte diese Koordinationsstelle auch für behinderte Menschen sein? Und noch eine Anregung: In Uster existiert eine Arbeitsgruppe für Behindertenfragen. Es ist dies ein Zusammenschluss von Akteuren im Behindertenbereich und Mitgliedern der Abteilungen Bau und Sicherheit der Stadt Uster. So kann die Stadt Uster vom Know-how der Fachleute profitieren und sich beraten lassen. Wie wäre es, wenn die Stadt Dübendorf auch eine solche Arbeitsgruppe ins Leben rufen würde?

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellungnahme Stadtrat: Wir sind der Meinung, dass wir praktisch dauernd in einer Beurteilung drin sind. Unsere geplanten Projekte werden auch auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt. Darum sind wir auch der Meinung, dass ein solcher Zusatzaufwand nicht notwendig ist. Wir sind seit Jahren dran, solche Beurteilungen zu machen und sind in dieser Beziehung sehr aktiv. Wir sind nicht der Meinung, dass dies nochmals ein neues Verfahren braucht. Wir nehmen aber auch diesen Hinweis selbstverständlich entgegen und werden ihn prüfen.

[1] Art. 22 Abs. 1 BehiG / Art. 9 UNBRK
[2] Art. 3a BehiG
[3] Art. 14 Abs. 2 BehiG / Art. 9 UNBRK / Art. 21 UNBRK
[4] eCH-0059: Accessibility-Standard
[5] access-for-all.ch/ch/zertifizierung.html
[6] Art. 2 BehiG / Art. 4 UNBRK

Sie können die Interpellation und die Antwort des Stadtrates hier herunterladen.