Sehr geehrter Herr Ingold

An der griechisch-türkischen Landesgrenze sowie der vor der Seegrenze vor den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Kos und Leros wurden griechische Grenzschutzbehörden, Polizei und Militär wiederholt dabei gefilmt, versuchte Grenzübertritte mit massivem Einsatz von Gewalt zu verhindern und dabei auch die Gefährdung von Menschenleben in Kauf zu nehmen. Auf den Inseln leben zurzeit über 42’000 Asylsuchende – 34% davon sind Kinder – in Flüchtlingslagern, welche für eine Kapazität von knapp 6’000 Menschen ausgelegt sind. Die hygienischen Verhältnisse sind prekär (im Lager Moria auf Lesbos gibt es beispielsweise nur eine Wasserzapfstelle für 1’300 Bewohner*innen), grundlegende menschliche Bedürfnisse werden nicht gedeckt, und es werden sowohl Menschenrechte als auch humanitäre Standards verletzt.

Angesichts der neusten Entwicklungen in Sachen Corona-Virus erhält die Lage in Griechenland eine neue Dimension: Die Epidemie wird die Geflüchteten angesichts der prekären hygienischen Bedingungen und fehlendem medizinischen Personal und Equipment mit voller Härte treffen. Die Flüchtlingslager stellen ein erhebliches Klumpenrisiko dar und müssen daher schnellstmöglich aufgelöst und die Bewohner*innen (insbesondere Angehörige der Risikogruppe) aufgeteilt, isoliert und behandelt werden.

Es ist mir bewusst, dass es gemäss den geltenden Rechtsgrundlagen der Stadt nicht möglich ist, Menschen auf der Flucht direkt aufzunehmen. Und mir ist klar, dass die Ressourcen der Stadt durch unsere eigene Corona-Krise stark belastet werden. Allerdings gilt es auch zu bedenken, dass wir uns trotz allem in einer vergleichsweise privilegierten Situation befinden und unser Land schon einmal mit einer „das-Boot-ist-voll“-Politik grosse Mitschuld auf sich geladen hat.

Daher bitte ich den Stadtrat:

  1. zu eruieren und zu kommunizieren, wie viele Geflüchtete die Stadt Dübendorf per sofort aufnehmen und bis zu einem endgültigen Asylentscheid auf Stadtgebiet unterbringen und menschenwürdig betreuen könnte.
  2. sich im Rahmen seiner Möglichkeiten so schnell und so nachdrücklich wie möglich beim Bund (EJPD/SEM) dafür einzusetzen, dass die Schweiz Griechenland ihre Unterstützung anbietet, sich humanitär vor Ort engagiert, weitere Länder zur Solidarität auffordert und selber so viele Geflüchtete wie nur möglich aufnimmt.
  3. im selben Zuge dem Bund und dem Kanton zu signalisieren, dass die Stadt Dübendorf bereit ist, so viele Geflüchtete aufzunehmen, wie menschenwürdig unterzubringen sie finanziell, räumlich und logistisch in der Lage ist.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und grüsse Sie freundlich.

David Siems, Präsident Grüne Dübendorf