Im November 2016 wurden gravierende Missstände in der Dübendorfer Sozialbehörde publik. Dabei stellen sich verschiedene Fragen zur Aufsicht der Bezirksräte über die Sozialbehörden gemäss §8 SHG sowie zur Oberaufsicht des Regierungsrats über die öffentliche Sozialhilfe gemäss §10 SHG.

Wir bitten den Regierungsrat deshalb um die Beantwortung folgender Fragen:

Frage 1 & 2: Periodische Prüfung durch den Bezirksrat

Grüne: Welche Ergebnisse ergab die periodische Prüfung der gesamten Hilfs- und Verwaltungstätigkeit der Dübendorfer Sozialbehörde durch den Bezirksrat Uster in den letzten fünf Jahren? Bitte um (statistische) Angaben über die bearbeitete Rekurse im Bereich Sozialhilferecht (Anzahl Rekurse, Anzahl Gutheissungen, teilweise Gutheissungen, Abweisungen, Nicht-Eintreten, Gegenstandslosigkeit, Rückzüge), über die entsprechenden Streitgegenstände, die allgemeinen Anmerkungen, die festgestellten Mängel sowie den festgestellten Handlungs- und Verbesserungsbedarf.

Hat der Bezirksrat Uster in den letzten fünf Jahren bei der Dübendorfer Sozialbehörde eine ausserordentliche Prüfung ihrer Hilfs- bzw. Verwaltungstätigkeit durchgeführt? Falls ja, was waren die Gründe für diese ausserordentliche Prüfung, was für Ergebnisse zeitigte sie und welche Schlussfolgerungen zogen der Bezirksrat Uster und der Regierungsrat daraus?

Antwort Regierungsrat: Die Aufsichtstätigkeit des Bezirksrates über die Gemeinden erfolgt nach Massgabe von §§ 141 ff. des Gemeindegesetzes (GG, LS 131.1) und der jeweiligen Bestimmungen in den Spezialgesetzen. Stellt der Bezirksrat in einer Gemeindeverwaltung Unordnung, Missbräuche, Gesetzes- oder Pflichtverletzungen fest, hat er unverzüglich mit den zur Abhilfe geeigneten Mitteln einzuschreiten (§ 142 Abs. 1 GG). Ein aufsichtsrechtliches Einschreiten erfolgt mit Rücksicht auf die Autonomie der Gemeinden nur bei Verletzung klaren materiellen Rechts, bei Missachtung wesentlicher Verfahrensgrundsätze oder bei Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen. Anlässlich der zweijährlich stattfindenden ordentlichen aufsichtsrechtlichen Visitationen durch den Bezirksrat wird jeweils auch die Sozialabteilung überprüft. Die Visitation führt zu keiner vollständigen Einzelfallprüfung, sondern besteht in einer Systemkontrolle. Zusammen mit den Erkenntnissen aus der Rechtsmitteltätigkeit kann sich der Bezirksrat ein gutes Bild über die Verwaltungstätigkeit der Gemeinden machen.

Zu Fragen 1 und 2: Die nachfolgende Tabelle zeigt die Zahl der Anfechtungen von Entscheiden der Sozialbehörde Dübendorf in Sozialhilfesachen beim Bezirksrat Uster mittels Rekurs oder Aufsichtsbeschwerde während der vergangenen fünf Jahre und die Zahl der Erledigungen:

 NeueingängeErledigungen    
JahrRekurse / Aufsichts-beschwerdenGutheissungTeilweise GutheissungAbweisungNichteintretenAbschreibung (Gegenstandslosig-keit / Rückzug)
20124 3111
20134112 1
201481 1 4
20151211 13
2016822221

Detailliertere Angaben zu den einzelnen Streitgegenständen und Aufsichtstätigkeiten würden den Rahmen der vorliegenden Anfrage sprengen. Die bei der Sozialbehörde Dübendorf im Rahmen der Visitationen festgestellten Mängel betrafen Einzelfälle. Weder die Visitations- noch die Rechtsmitteltätigkeit gaben Anlass zu einer weitergehenden oder ausserordentlichen aufsichtsrechtlichen Prüfung.

Frage 3: Entwicklung der Rekurse im Kanton Zürich

Grüne: Wie haben sich die Anzahl Sozialhilfefälle, die Anzahl Rekurse im Bereich Sozialhilferecht (Anzahl Rekurse, Anzahl Gutheissungen, teilweise Gutheissungen, Abweisungen, NichtEintreten, Gegenstandslosigkeit, Rückzüge) in den letzten drei Jahren in den einzelnen Sozialbehörden im Kanton Zürich entwickelt und was waren die jeweiligen Streitgegenstände? Wo sahen die jeweiligen Bezirksräte den grössten Handlungs- und Verbesserungsbedarf? Bei welchen Sozialbehörden wurde von den Bezirksräten in den letzten drei Jahren eine ausserordentlich Prüfung der Hilfs- und Verwaltungstätigkeit durchgeführt?

Antwort Regierungsrat: Die folgende Tabelle zeigt die Gesamtzahl der Anfechtungen von Entscheiden der Sozialbehörden der Gemeinden in Sozialhilfesachen bei den Bezirksräten mittels Rekurs oder Aufsichtsbeschwerde während der vergangenen drei Jahre und die Zahl der Erledigungen:

 NeueingängeErledigungen    
JahrRekurse / Aufsichts-beschwerdenGutheissungTeilweise GutheissungAbweisungNichteintretenAbschreibung (Gegenstandslosig-keit / Rückzug)
2014471481031524977
201546052742055366
201646255931355581

Die grösste Zahl der behandelten Sach- und Rechtsfragen betrifft Weisungen und Auflagen zur Stellen- und Wohnungssuche, Weisungen zur Teilnahme an Arbeits- und Integrationsprogrammen, Kürzungen des Grundbedarfs infolge Nichterfüllens von Weisungen oder Auflagen, Rückzahlungsverpflichtungen sowie Anrechnung einer Haushaltsentschädigung. Detailliertere Angaben zu den einzelnen Streitgegenständen und Aufsichtstätigkeiten sowie eine Aufteilung nach den einzelnen Gemeinden würden den Rahmen der vorliegenden Anfrage sprengen. Nach Einschätzung der Bezirksräte wird in den Sozialbehörden und Sozialabteilungen der Gemeinden allgemein gute Arbeit geleistet, wobei sich der Instanzenzug in Sozialhilfesachen (Gemeinde–Bezirksrat–Verwaltungsgericht) bewährt habe. Die Gemeinden hätten mit dem vom Kantonalen Sozialamt herausgegebenen Sozialhilfe-Behördenhandbuch, den von der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren verabschiedeten SKOS-Richtlinien sowie der umfangreichen Verwaltungsgerichtspraxis ausreichend Werkzeuge in der Hand, um den Bereich Sozialhilfe fachlich korrekt und einheitlich zu betreuen.

Frage 4 & 6: Umgang des Regierungsrates mit den Informationen der Bezirksräte

Grüne: Welche Schlussfolgerungen hat der Regierungsrat in den letzten drei Jahren aus den Berichterstattungen der Bezirksräte zur Hilfs- und Verwaltungstätigkeit der Sozialbehörden jeweils gezogen und welche Massnahmen hat er darauf basierend in die Wege geleitet?

Wie hat der Regierungsrat in den letzten fünf Jahren die Öffentlichkeit über die Aufsichtstätigkeit der Bezirksräte über die Sozialbehörden informiert? Ist der Regierungsrat bereit, die Öffentlichkeit jährlich über sämtliche Ergebnisse der Berichterstattungen der Bezirksräte aufgeschlüsselt nach Sozialbehörde zu informieren? Wenn nein, warum nicht?

Antwort Regierungsrat: Die Bezirksräte erstatten über ihre Aufsichtstätigkeit jährlich Bericht an die Direktion der Justiz und des Innern. Dieser Bericht enthält einerseits statistische Zahlen und anderseits eine Darstellung darüber, in welchen Bereichen welche Fragen und Entwicklungen näher begleitet wurden oder aktuell sind. Einzelfälle oder Namen von Betroffenen werden im Bericht nicht aufgeführt. Die Direktion der Justiz und des Innern konsolidiert die Jahresberichte der zwölf Bezirksräte in einem Gesamtbericht zur Aufsicht über die Gemeinden. Dieser Gesamtbericht wird veröffentlicht (abrufbar unter www.ji.zh.ch/internet/justiz_inneres/de/ themen/gemeinden_religionsgemeinschaften.html). Ergänzend verfassen die Bezirksräte je einen Bericht über die visitierten Gemeinden im Bereich Sozialhilfe («Bericht des Fürsorgereferenten bzw. der Fürsorgereferentin»). Darin werden festgestellte Mängel und allfälliger Handlungsbedarf festgehalten. Diese Berichte werden zusammen mit einem statistischen Jahresbericht zur anschliessenden Prüfung an das Kantonale Sozialamt übermittelt. Insgesamt wurde den Gemeinden im Bereich öffentliche Sozialhilfe in den Jahren 2013, 2014 und 2015 seitens der Bezirksräte wie erwähnt ein gutes Zeugnis ausgestellt. Soweit in einzelnen Fällen Mängel festgestellt worden sind, wurden sie unter Aufsicht des Bezirksrates behoben. Der Regierungsrat sieht nach dem Gesagten keinen Bedarf für weitergehende Massnahmen.

Frage 5: Einführung verbindlicher Fallrevisionen

Grüne: Verschiedene Sozialbehörden haben das Instrument von Fallrevisionen zur Kontrolle und Qualitätsentwicklung in der Sozialhilfe eingeführt. Ist der Regierungsrat bereit, ein solches Instrument als für alle Sozialbehörden verpflichtend auf Gesetzes- bzw. Verordnungsstufe zu verankern? Wenn nein, warum nicht?

Antwort Regierungsrat: Im Kanton Zürich besteht eine ausgeprägte Organisationsautonomie der Gemeinden. Diese wird mit Inkrafttreten des neuen Gemeindegesetzes auf den 1. Januar 2018 noch ausgebaut. Im Rahmen des übergeordneten Rechts können die Gemeinden bedarfsgerechte Organisationsformen wählen und grundsätzlich selbst über interne Kontrollmechanismen bestimmen. Im Bereich der öffentlichen Sozialhilfe schreibt das kantonale Recht den Sozialbehörden vor, alle hängigen Hilfsfälle mindestens einmal jährlich zu überprüfen (§ 33 Verordnung zum Sozialhilfegesetz, SHV, LS 851.11). Die Einhaltung dieser Verpflichtung wird durch den Bezirksrat im Rahmen seiner Aufsicht nach § 8 des Sozialhilfegesetzes (SHG, LS 851.1) überprüft. Weitergehende Vorschriften sind nicht erforderlich.

Frage 7: Berufliche Qualifikation der Sachbearbeiter

Grüne: Gemäss §15 der Verordnung zum Sozialhilfegesetz (SHV) müssen Personen, die Hilfesuchende beraten und betreuen, aufgrund ihrer Ausbildung oder bisherigen Tätigkeit dafür geeignet sein. Welche Ausbildungen und Tätigkeiten erachtet der Regierungsrat als für die entsprechende Beratungs- und Betreuungstätigkeit geeignet? Ist der Regierungsrat bereit, persönliche Eignung, Berufsausbildung und Berufserfahrung der leistungserbringenden Mitarbeitenden und Leitenden als Qualifikationsmerkmale auf Gesetzesstufe zu verankern und in der Verordnung näher zu umschreiben? Wenn nein, warum nicht?

Antwort Regierungsrat: § 15 SHV bezieht sich auf die persönliche Hilfe nach §§ 11 ff. SHG. Bei der persönlichen Hilfe handelt es sich um ein eigenständiges und unabhängig von einem allfälligen Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe zu gewährendes Angebot. Persönliche Hilfe steht also auch Personen zu, die keine wirtschaftliche Hilfe benötigen. Persönliche Beratung und Betreuung werden durch gemeindeeigene oder gemeinsame Beratungs- und Betreuungsstellen mehrerer Gemeinden oder durch andere öffentliche oder private soziale Institutionen gewährt (§ 13 SHG). Zur Gewährung der persönlichen Hilfe wurden in vielen Bezirken Zweckverbände gegründet (z.B. Zweckverband Soziale Dienste Bezirk Uster, Zweckverband Sozialdienste Bezirk Dielsdorf, Zweckverband Sozialdienst Bezirk Pfäffikon). Die Beratungs- und Betreuungsstellen bestimmen Art und Umfang der Hilfe. Soweit sie Beratung und Betreuung nicht selbst vornehmen oder wo spezialisierte Hilfe nötig ist, vermitteln sie die Dienstleistungen anderer Stellen. Was die wirtschaftliche Hilfe betrifft, so haben heute die grösseren Gemeinden professionelle Sozialdienste. Allerdings sind auch Bestrebungen kleinerer Gemeinden zur Professionalisierung zu verzeichnen, so namentlich durch Übertragung von Aufgaben aus dem Bereich der wirtschaftlichen Hilfe an Dritte (z. B. an die AOZ oder die ORS Service AG) oder durch Gründung eines Zweckverbandes (z.B. Zweckverband Sozialdienst des Bezirks Affoltern, Fürsorgeverband Andelfingen).

Frage 8: Ombudsmann

Grüne: Wie viele Gemeinden sehen anfangs 2017 vor, dass der Ombudsmann des Kantons Zürich auch in ihren Gemeinden tätig werden kann? Und wie viele Gemeinden haben zum selben Zeitpunkt eine unabhängige Ombudsstelle eingerichtet?

Antwort Regierungsrat: Gemäss Zusammenstellung auf der Homepage des Ombudsmanns (abrufbar unter www.ombudsmann.zh.ch/?q=fuer-gemeinden) sehen 13 politische Gemeinden und eine Schulgemeinde die Zusammenarbeit mit ihm vor. Soweit bekannt verfügen vier weitere Städte und Gemeinden über eine eigene Ombudsstelle.

Karin Fehr Thoma, Kantonsrätin Uster, Fraktion Grüne, Kathy Steiner, Kantonsrätin Zürich 6+10, Fraktion Grüne