Das Gebiet um den Bahnhof Stettbach boomt, die anliegenden Gebiete werden verdichtet, die Wohnbevölkerung wächst und die Zahl der Arbeitsplätze im Gebiet steigt. Dank der Glatttalbahn sind weitere Wohn- und Gewerbegebiete im Glatttal mit dem Bahnhof Stettbach verbunden. Heute halten vier Bahnlinien am Bahnhof Stettbach: Die Linien S11 und S12 garantieren einen Viertelstundentakt zwischen Zürich Stadelhofen und Winterthur. Die Anbindung des Zürcher Oberlandes hingegen ist weniger vorteilhaft. Die S9-Linie verkehrt im Halbstundentakt und endet in Uster. Die S3 fährt einen Umweg über Pfäffikon und hat dementsprechend fast doppelt so lange. Gleichzeitig fahren jede Viertelstunde die Linien S5 und S15 durch den Bahnhof Stettbach – ohne zu halten. Ein Halt der S5 und/oder S15 würde nicht nur die Verbindung nach Uster ergänzen, sondern auch direkt Wetzikon, Bubikon und Rüti erschliessen. Zudem bieten sich attraktive Umsteigemöglichkeiten zwischen Winterthur und dem Oberland.
Die mangelhafte Verbindung aus dem Zürcher Oberland an den Bahnhof Stettbach führt nicht nur zu längeren Reisezeiten für ÖV-Pendelnde, sondern verursacht auch eine Mehrnutzung des privaten Autos, was nicht nur die Klimaerwärmung fördert, sondern auch zu einer Mehrbelastung der Strassen und der Gemeinden durch den Durchgangsverkehr führt.
In diesem Zusammenhang bitten wir die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:
Frage 1: Bessere Anbindung des Oberlandes an Stettbach
Grüne: Existieren Pläne für eine bessere ÖV-Anbindung des Oberlands an den Bahnhof Stettbach?
Regierungsrat: Der Bahnhof Stettbach wird heute durch vier Linien der Zürcher S-Bahn bedient. Mit diesen Linien, die alle im Halbstundentakt verkehren, bestehen acht Verbindungen pro Stunde aus dem Zentrum der Stadt Zürich, halbstündliche umsteigefreie Verbindungen aus dem Raum Uster (S9) und Effretikon/Pfäffikon ZH (S3) sowie viertelstündliche Verbindungen aus Winterthur (S11 und S12). Aufgrund der guten Umsteigebeziehungen zwischen der S9 und S15 in Uster kann der Bahnhof Stettbach zudem aus weiteren Gemeinden auf dem Abschnitt Uster – Rapperswil attraktiv erreicht werden.
Ein zusätzlicher Halt von S5 und S15 am Bahnhof Stettbach ist gegenwärtig aus verkehrsplanerischen Gründen nicht zweckmässig und wäre darüber hinaus betrieblich nicht umsetzbar: Durch den zusätzlichen Halt in Stettbach gingen die wichtigen Anschlussbeziehungen dieser Linien in Wetzikon (S3 und S14), Rapperswil (Voralpenexpress in Richtung Wattwil/St.Gallen und S6 des Ostwinds ins Glarnerland) und Pfäffikon SZ (IR35 in Richtung Graubünden/Glarnerland) verloren. Durch den Zeitbedarf für den zusätzlichen Halt würden sich ausserdem die Kreuzungspunkte der S-Bahnen in eingleisige Abschnitte verschieben. Dadurch würde ein bisher nicht geplanter Doppelspurausbau zwischen Jona und Rüti erforderlich.
Der Ausbau der Bahninfrastruktur und des Bahnangebots erfolgt grundsätzlich unter Federführung des Bundes. Der nächste grosse Ausbau der Bahninfrastruktur im Kanton Zürich wird im STEP-Ausbauschritt 2035 (STEP AS35) erfolgen, den die eidgenössischen Räte bereits 2019 beschlossen haben und der unter anderem die Schlüsselprojekte Ausbau Bahnhof Stadelhofen und MehrSpur Zürich – Winterthur sowie den Doppelspurausbau Uster – Aathal umfasst. Mit diesen Ausbauprojekten kann ein erster Umsetzungsschritt des Angebotskonzepts S-Bahn 2. Generation verwirklicht werden. Dieses sieht gemäss aktuellem Planungsstand die nachfolgenden Angebotsausbauten vor, die allesamt die Erreichbarkeit des Bahnhofs Stettbach aus dem Zürcher Oberland wesentlich verbessern:
- Die heutige S9 wird neu viertelstündlich umsteigefreie Verbindungen von Uster, Nänikon-Greifensee, Schwerzenbach und Dübendorf nach Stettbach erbringen.
- Ab den Bahnhöfen Wetzikon, Bubikon, Rüti und Rapperswil werden neu viertelstündliche Verbindungen nach Stettbach (mit Umsteigen in Uster) angeboten werden.
- Aus dem Korridor Effretikon – Pfäffikon ZH werden zwei S-Bahnlinien via Stettbach/Stadelhofen verkehren, womit neu auch von Pfäffikon ZH, Fehraltorf, Illnau, Effretikon und Dietlikon vier umsteigefreie Verbindungen pro Stunde nach Stettbach angeboten werden.
Auch mit diesem Ausbau der Bahninfrastruktur ist ein Halt der beschleunigten Züge vom oder in Richtung Oberland (heutige S5/S15) in Stettbach jedoch weiterhin keine Option: Neben den beschriebenen, bereits heute bestehenden verkehrsplanerischen Nachteilen und dem fehlenden Doppelspurausbau im Abschnitt zwischen Jona und Rüti wäre voraussichtlich ein zusätzlicher, sehr aufwendiger Ausbau des Bahnhofs Stettbach auf vier Gleise erforderlich.
Fragen 2 & 4: Verkehrsentwicklung Oberland – Stettbach / Oberland – Winterthur
Grüne: Welche Entwicklung des Personenverkehrs zwischen dem Zürcher Oberland und dem Gebiet Stettbach/Schwamendingen erwartet die Regierung mittel- und langfristig? Welche Entwicklung des Personenverkehrs zwischen dem Zürcher Oberland und Winterthur erwartet die Regierung mittel- und langfristig?
Regierungsrat: Die nachfolgend ausgeführte Entwicklung des Personenverkehrs zwischen dem Zürcher Oberland und dem Gebiet Stettbach/Schwamendingen bzw. Winterthur basiert auf dem Gesamtverkehrsmodell des Kantons Zürich (GVM-ZH), das gegenwärtig bis voraussichtlich Mitte 2023 überarbeitet wird und die aktuellen Ausbaupläne des S-Bahn-Angebots noch nicht abbildet. Bei den mittels GVM-ZH ausgewiesenen Entwicklungen ist zudem zu berücksichtigen, dass gemäss der aktualisierten Verkehrsprognose des Bundesamtes für Raumentwicklung (Verkehrsperspektiven 2050) längerfristig von geringeren Wachstumsraten bei der Entwicklung der Gesamtverkehrsnachfrage auszugehen ist.
Die Verkehrsnachfrage zwischen der Planungsregion Zürcher Oberland und dem Gebiet Stettbach lag 2018 gemäss den auf dem GVM-ZH basierenden Modellauswertungen bei etwa 3400 Personenfahrten pro Tag, wobei etwa 26,5% auf den öffentlichen Verkehr (ÖV) entfielen (ModalSplit-Angabe ohne Langsamverkehr). Bis 2040 wird sich diese Gesamtnachfrage um voraussichtlich rund 64% und der ÖV-Anteil am Modal Split auf rund 32% erhöhen. Mit dem geplanten Ausbau des S-BahnAngebots kann diese erwartete Zunahme der Nachfrage im ÖV abgedeckt werden.
Die Verkehrsnachfrage zwischen der Planungsregion Zürcher Oberland und Winterthur lag 2018 gemäss den auf dem GVM-ZH basierenden Modellauswertungen bei etwa 13 400 Personenfahrten pro Tag, mit einem ÖV-Anteil von rund 28,5% (Modal-Split-Angabe ohne Langsamverkehr). Die Zunahme bis 2040 bei den Personenfahrten wird auf rund 40% geschätzt. Der ÖV-Anteil wird sich voraussichtlich nicht massgebend verändern.
Frage 3: MIV-Belastung Stettbach
Grüne: Wie beurteilt die Regierung die Belastung des Gebiets Stettbach durch den Motorisierten Individualverkehr?
Regierungsrat: Das Strassensystem im Raum Stettbach, beispielsweise die Knoten Sonnental (Zürich-/Ringstrasse) oder Giessen (Ueberland-/Ring-/Neugutstrasse), ist grundsätzlich gut ausgebaut, gerät aber zu den Hauptverkehrszeiten teilweise an die Belastungsgrenze. Die A1 ist im Grossraum Stettbach zwischen Brüttisellen und Zürich Ost zu den Spitzenstunden ebenfalls stark belastet. Der Bund plant entsprechende Ausbauten zur Erhöhung der Kapazitäten zwischen Zürich und Winterthur wie beispielsweise Pannenstreifenumnutzungen oder längerfristig die Glattalautobahn.
Frage 5: Verlagerung MIV Oberland – Winterthur auf den öV
Grüne: Liesse sich eine bessere Umlagerung des Motorisierten Individualverkehrs auf den Öffentlichen Verkehr zwischen Oberland und Winterthur erreichen, wenn bessere Umsteigeangebote am Bahnhof Stettbach existierten?
Regierungsrat: Bei der Analyse der Verkehrsbeziehungen im ÖV zwischen dem Zürcher Oberland und Winterthur sind die Korridore Effretikon – Wetzikon sowie Uster – Stettbach zu unterscheiden:
Aus dem Korridor Effretikon – Wetzikon führt der schnellste Reiseweg nach Winterthur via Effretikon. Umsteigeangebote am Bahnhof Stettbach haben folglich keinen direkten Einfluss auf die betreffenden Verkehrsströme. Bereits heute und auch im Rahmen der Angebotserweiterung durch STEP AS35 steht in diesem Korridor allerdings ein attraktives S-Bahn-Angebot zur Verfügung, das eine weitere Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr (MIV) auf den ÖV ermöglicht.
Aus dem Raum zwischen Stettbach und Uster bestehen für Verbindungen nach Winterthur am Bahnhof Stettbach bereits im aktuellen S-Bahn-Angebot attraktive Umsteigemöglichkeiten. Die heutige Umsteigezeit von der S9 auf die S12 ist dabei mit zwei Minuten sehr kurz. Mit dem geplanten Angebotsausbau im Rahmen des STEP AS35 werden neu viertelstündliche Umsteigebeziehungen zwischen den Nachfolgelinien der S9 und der S11/ S12 angeboten werden – allerdings mit längeren Umsteigezeiten von rund zehn Minuten. In der weiteren Konkretisierung des Angebots wird geprüft werden, ob diese Umsteigezeiten allenfalls noch verkürzt werden können. Insgesamt wird das neue Angebot jedoch eine Verbesserung darstellen und insofern eine Umlagerung des MIV auf den ÖV begünstigen. Zur Schaffung von weiteren Umsteigemöglichkeiten am Bahnhof Stettbach müssten wiederum die ausgeführten verkehrsplanerischen Nachteile in Kauf genommen und grosse zusätzliche Infrastrukturausbauten realisiert werden.
Julian Croci (Dübendorf) & Benjamin Walder (Wetzikon), Kantonsräte Grüne
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