In letzter Zeit haben sich die Nachrichten über Ladenschliessungen im Zentrum von Dübendorf gehäuft. Mit der Metzgerei Eigenmann kommt es nach dem Ex Libris und dem Spielwarenladen „Jackpot“ zur dritten Schliessung innerhalb weniger Monate. Lokales Gewerbe verschwindet schleichend zu Gunsten von grösseren Filialketten. Damit einher geht ein Verlust an (Einkaufs-)Attraktivität im Herzen von Dübendorf. Immer mehr Einwohner und Einwohnerinnen weichen gezwungenermassen auf Einkaufszentren in der Nähe aus. Dies führt unweigerlich zu weniger Laufkundschaft im Zentrum.

Eine kleinräumige Nutzungsdurchmischung (Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Kultur), Flaniermeilen und gute Fuss- und Veloverbindungen bilden wichtige Voraussetzungen für eine hohe Einkaufs- und Aufenthaltsqualität im Stadtzentrum von Dübendorf. Vor diesem Hintergrund stellen wir dem Stadtrat die folgenden Fragen:

Grüne: Ist das Lädelisterben im Stadtrat ein Thema? Wenn ja, seit wann verfolgt der Stadtrat das Problem?

Stadtrat: Ein generelles Problem im Sinne eines „Lädelisterben“ ist nach Ansicht des Stadtrates in Dübendorf nicht feststellbar. Im Rahmeneines natürlichen, laufenden Umstrukturierungsprozesses sind immer wieder Veränderungen des Angebotes feststellbar. Dieser Wandel bringt eine marktgerechte Anpassung an die Bedürfnisse der Kunden mit sich. Dem Stadtrat sind keine Leerbestände bekannt, die auf ein Problem der Entleerung des Zentrums hindeuten würden. Im Gegenteil sind gerade im Zentrum in den letzten Jahren neue Angebote entstanden, z.B. mit dem Neubau des „inside“ an der Marktgasse. Andere Geschäfte sind am Expandieren(z.B. Bäckerei Hotz). In diesem Sinne wird das „Lädelisterben“ nicht als spezifisches Geschäft des Stadtrates behandelt, aber das Angebot an Einkaufsmöglichkeiten im Stadtzentrum ist im Gesamten und im Zusammenhang mit den geplanten Massnahmen um die Zentrumsaufwertung durchaus ein Thema.

Grüne: Was sind aus Sicht des Stadtrates die Gründe für das Lädelisterben im Zentrum?

Stadtrat: Ein „Lädelisterben“ als solches wird wie vorerwähnt in Abrede gestellt. Es findet jedoch ein Wandel der Angebote statt. Dies hängt von Angebot und Nachfrage ab, also von marktwirtschaftlichen Veränderungen sowie von gesellschaftlichen Aspekten. Die Lebensgewohnheiten der Bevölkerung haben sich in den letzten Jahren erheblich verändert. Mit den neuen technischen Möglichkeiten sind neue Anbieter im Markt aufgetreten. Bücher werden vermehrt im Versandhandel online bestellt bzw. sogar elektronisch auf dem Tablet oder einem EbookReader gelesen. Der Kostendruck hat dazu geführt, dass auch Bibliotheken vermehrt Bücher im Grosshandel und nicht mehr im Buchladen um die Ecke bestellen. Aufgrund dieser Veränderungen der Marktsituation ist es offenbar nicht mehr möglich, die Buch Shopping AG im Zentrum zu halten. Wie dem Stadtrat bekanntist, hat sich aber ein anderer Anbieter gemeldet, der einen Buchladen betreiben will. Die Schliessung der Metzgerei war durch ein Problem in der Nachfolgeregelung dieses Betriebs begründet. Eine Lösung konnte aber in der Zwischenzeit bereits wieder gefunden werden. Wie diese Beispiele zeigen, sind Ladenschliessungen in der Regel entweder durch Konsolidierungen im Markt und veränderte Marktbedingungen, oder aber durch betriebsspezifische Gegebenheiten (wie z.B. ungelöste Nachfolgeregelung) bedingt und habennichts mit der Stadt Dübendorf oder dem Zentrum von Dübendorf als solches zu tun.

Grüne: Wie gestaltet sich die heutige Nutzungsdurchmischung im Zentrum von Dübendorf? Wie hoch ist der Anteil an lokalem Gewerbe? Wie hat sich die Zusammensetzung in den letzten 10 Jahren verändert?

Stadtrat: Im Stadtzentrum besteht weiterhin eine gute, nachfrageorientierte Nutzungsdurchmischung. Über den Anteil an Iokalem Gewerbe, wie dieses auch zu definieren wäre, gibt es keine Grundlagendaten. Deshalb kann auch keine qualifizierte Aussage über die Veränderung der Zusammensetzung in den letzten zehn Jahren gemacht werden. Tendenziell kann jedoch keine Verschiebung hin zu grösseren Geschäften ausgemacht werden, die Struktur in Dübendorf ist im Gegenteil stabil. So betreiben die Grossverteiler Coop und Migros seit Jahrzehnten ihre Ladenlokale im Zentrum in nur wenig veränderter Form und beispielsweise mit dem „inside“ sind weitere Lokale dazu gekommen.

Grüne: Existiert ein Leitbild mit Entwicklungszielen für das Stadtzentrum?

Stadtrat: Die Entwicklungsziele ergeben sich aus dem Legislaturprogramm 2010 — 2014. Der Stadtrat Dübendorf hat sich zum Ziel gesetzt, dass Dübendorf ein attraktiver Wohn-, Freizeit- und Arbeitsort ist und bleibt. Er schafft Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, um die Aufwertung des Stadtzentrums und von Quartieren zu ermöglichen und zu fördern, damit Dübendorf als Wohn- und Arbeitsort weiter an Attraktivität gewinnt. Aus diesem Grund werden die Gebietsplanungen in verschiedenen Gebieten der Stadt aktiv vorangetrieben (siehe auch nachfolgende Antwort auf Frage 5). Die Umsetzung erfolgt aber in der Regel durch Private. So hat sich der Stadtrat in der Vergangenheit erfolgreich für die Realisierung des „inside“ eingesetzt. Aktuell wird der Umbau des „City Centers“ durch den Stadtrat aktiv begleitet. Mit dem privaten Gestaltungsplan Tulpenstrasse soll zudem mehr zentrumsnaher Wohnraum geschaffen werden.

Grüne: Mit welchen Massnahmen will der Stadtrat das Lädelisterben in Dübendorf bremsen und eine kleinräumige Nutzungsdurchmischung mit einem hohen Anteil an lokalem Gewerbe fördern?

Stadtrat: Ein belebtes Stadtzentrum ist eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt des Gewerbes im Zentrum. Eine genügend grosse Zahl von Laufkundschaft ist dazu erforderlich. Anderseits sind attraktive Angebote Voraussetzung für ein belebtes Zentrum. In diesem Sinne bedingen sich eine attraktive Gestaltung des öffentlichen und privaten Aussenraumes auf der einen Seite und ein vielfältiges Angebot an Läden und Kultureinrichtungen auf der anderen Seite gegenseitig. Der Stadtrat kann den öffentlichen Aussenraum vollumfänglich und den privaten bedingt beeinflussen, verbessert aber mit diversen Massnahmen die Voraussetzungen für ein belebtes Zentrum.

Der Stadtrat ist aktuell in verschiedenen Planungen und Projekten involviert und strebt eine
städtebauliche Entwicklung mit Aufwertungspotenzial zur Zentrumsaufwertung an. Dazu werden alle Mittel eingesetzt, die die Rahmenbedingungenverbessern können. Das Zentrum soll beispielsweise durch eine attraktivere Gestaltung aufgewertet werden. Hierzu soll im Zusammenhang mit der Erneuerung der Glattbrücke die Promenadeentlang der Glatt neu gestaltet werden (Planauflage erfolgt). Mit der Teilrevision des Zonenplans „Casinostrasse/Glattweg“ (Planauflage erfolgt) wird auch auf der gegenüberliegenden Glattseite eine neue Freihaltezone zur Naherholung geschaffen. Weiter ist vorgesehen, im Zusammenhang mit dem Bauprojekt des „City Centers“ auch die Umgebung attraktiver zu gestalten. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist aber auch die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum an zentralen Lagen, beispielsweise mit dem privaten Gestaltungsplan an der Tulpenstrasse, auf dem städtischen Grundstück auf dem Leepünt-Areal oder an der Casinostrasse (Teilrevision des Zonenplans „Casinostrasse/Glattweg‘). 

Grüne: Wie stellt der Stadtrat eine optimale Zusammenarbeit mit dem Gewerbe-, Handels- und Industrievereins (GHI) sicher?

Stadtrat: Der Stadtrat pflegt den Kontakt zum GHI anlässlich eines jährlichen Treffens und Austausches. Er beteiligt sich aktiv an der Dübi-Mäss. Zudem bestehen permanente, bilaterale Kontakte verschiedener Stadträte zum Gewerbe und insbesondere auch zum Präsidenten des GHI, sodass ein guter und direkter Kontakt besteht, welcher erlaubt, die Anliegen des Gewerbes in die Überlegungen des Stadtrates direkt einfliessen zu lassen.

Stellungnahme Grüne: Ich möchte heute Abend nur auf einen Aspekt der „Lädelisterben-Diskussion“ eingehen, der mir persönlich sehr am Herzen liegt. In der Antwort des Stadtrates heisst es auf die Frage 5:

„Eine attraktive Gestaltung des öffentlichen und privaten Aussenraumes und ein vielfältiges Angebot an Läden und Kultureinrichtungen bedingen sich gegenseitig.“

Das Angebot der Läden kann die Stadt nur beschränkt steuern. Geschweige denn die gesellschaftlichen Trends wie die Digitalisierung beeinflussen. Bei der Gestaltung des öffentlichen Aussenraumes jedoch, da kann sie wirken, gestalten, Einfluss nehmen. Unser Stadtzentrum ist wahrlich keine Augenweide. Vom Bahnhof bis zum Stadthaus dominiert der Verkehr ob öffentlich oder privat. Es fehlt an Raum und Sicherheit für den oder diejenige, die zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs sind. Dieses Primat des Verkehrs gilt es aufzuheben. Dabei geht es nicht darum, den Verkehr zu verteufeln sondern die Denkweise zu verändern. An erster Stelle müssen in Zukunft die sogenannten schwachen Verkehrsteilnehmer und dann erst die Busse, die Autos und Lastwagen kommen. Diese Haltung ist keine grüne Ideologie (Orlando Wyss wird dies mit Sicherheit im Anschluss bestreiten). Tausende von Dübendorferinnen und Dübendorfen teilen diese Haltung, weil sie mehr Ruhe, Sicherheit und Aufenthaltsqualität im Zentrum wollen. Ausgehend von einer solchen Grundhaltung, gilt es eine starke Vision für ein attraktives Stadtzentrum zu entwerfen. Mit der Testplanung nördlich und etwas südlich vom Bahnhof ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung erfolgt. Die Vision gilt es nun bis zum Stadthaus auszudehnen. Aufbauend auf einem Leitbild müssen Ziele und Massnahmen entwickelt werden: mehr Platz für Fussgänger, mehr Sitzmöglichkeiten, mehr Begegnungsmöglichkeiten, mehr Raum für das Velo, mehr Sicherheit, mehr Lebensqualität. In unserem Zentrum wird in den nächsten Jahren einiges passieren. Das ist gut so. Ich wünsche mir sehr, dass die Bedenken und die Unzufriedenheit von vielen Dübendorferinnen und Dübendorfern ernst genommen werden, sehr ernst, ausserordentlich ernst sogar. Es kann und darf nicht sein, dass in 10 Jahren einem nach wie vor ein ungutes, unsicheres Gefühl beschleicht, wenn wir vom Bahnhof Richtung lindenplatz und Stadthaus gehen. Der öffentliche Raum in unserem Stadtzentrum muss konsequent und mit viel Mut zugunsten von mehr Aufenthaltsqualität entwickelt werden. Das bringt mehr Laufkundschaft und attraktivere Bedingungen für ein vielfältiges Lädeliangebot in Dübendorf. Nur so können wir ein Lädelisterben verhindern oder aufhalten. Ich hoffe sehr, dass die Botschaft beim Stadtrat angekommen ist. Aus der Antwort ist dies leider nicht ersichtlich.“

Stefan Kunz, Gemeinderat, Grüne Dübendorf

Die Interpellation, die Antwort des Stadtrates, sowie das Protokoll des Gemeinderates können Sie hier herunterladen.