Die Pflanzenkrankheit Feuerbrand bedroht unsere Hochstammkulturen. Und leider wird sie mit völlig falschen Methoden bekämpft.

Herbstzeit ist für mich Einmachzeit: Ich sammle Hagebutten, Kornelkirschen und die letzten Brombeeren. Daraus mache ich Konfi, Kompotte oder Pulver, das ich den ganzen Winter über einsetzen kann. Mein jährliches Herbst-Highlight jedoch sind die Quitten. Es gibt für mich kaum Schöneres als den Anblick blubbernder Quittenschnitze in einem grossen, weiten Topf, während sich das betörende Aroma durch die Erhitzung entfaltet. Umso grösser die Enttäuschung, als mir auf dem Markt mehrere Bäuerinnen von geringer Quittenernte aufgrund des Feuerbrandes erzählen mussten. Nur wenig Kompott und gar kein Quittenbrand dieses Jahr also, das einzige alkoholhaltige Getränk, das in meiner Küche Anwendung findet. Doch was ist der Feuerbrand überhaupt, und wie beeinflusst er die Verfügbarkeit unserer Schweizer Obstsorten?

Kurz: Der Feuerbrand ist eine durch ein Bakterium verursachte Pflanzenkrankheit, die vor allem Kernobstgewächse befällt. Für die Gesundheit des Menschen besteht keine Gefahr. Doch hat die rasante Ausbreitung in der Vergangenheit natürlich auch die Politik auf den Plan gerufen, die sofort staatliche Feuerbrandmassnahmen verfügt hat. Die weitere Recherche sollte ein Lehrstück werden für mich in Bezug darauf, dass staatliche Massnahmen manchmal auch tatsächlich ihr Ziel verfehlen und es sinnvoller wäre, solche Schutzmassnahmen auf privatrechtlicher Basis zwischen Obstbauern zu treffen.

Der Hochstammobstbau hat in der Vergangenheit schwer unter staatlich verordneten Feuerbrandrodungen gelitten.

Doch vorerst ein Blick zurück: Zu Beginn des Jahres 2020 hat das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) Feuerbrand vom Quarantäneschädling zur gewöhnlichen Krankheit herabgestuft. Damit ist die Bakterienkrankheit künftig weder melde- noch bekämpfungspflichtig. Auf Drängen von Anlage-Obstbauern hat das BLW nachträglich die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, dass die kantonalen Amtsstellen neue «Feuerbrand-Schutzzonen» erlassen können. Kantonale Amtsstellen haben darauf um Obstanlagen herum umfangreiche Gebiete ausgeschieden, in denen sie weiterhin Feuerbrandmassnahmen verfügen und durchsetzen können.

Der Hochstammobstbau hat jedoch in der Vergangenheit schwer unter staatlich verordneten Feuerbrandrodungen gelitten. Die bisherigen Feuerbrandrodungsaktionen haben Millionen Franken an Staatsgeldern gekostet und wertvolle ökologische Lebensräume vernichtet. Die Feuerbrandprobleme im Intensivobstbau konnten damit jedoch nicht gelöst werden. Da sich der Schädling bereits unsichtbar – als Latenzbefall – in den Anlagen befindet, kann der Infektionsdruck durch Schutzzonen nicht gesenkt werden.

Die eingesparten Staatsmittel, die bisher in eine staatlich verordnete Feuerbrandbekämpfung geflossen sind, können sinnvoller eingesetzt werden.

Das Hauptproblem liegt in den Sorten der Obstanlagen selbst: Heute werden grösstenteils Feuerbrand-anfällige anstelle Feuerbrand-toleranter Sorten kultiviert. Zum Argument, dass Feuerbrand-tolerante Sorten keine Nachfrage und damit keinen Absatz finden, konstatierte der Thurgauer Feuerbrand-Verantwortliche schon vor Jahren in bestechender Nüchternheit: «Was sich nicht auf dem Markt befindet, wird auch nicht gekauft.»

Hochstammobstbäume sind für Bauern eine wichtige Einkommensquelle, bilden für bedrohte Tierarten überlebenswichtige Nischen und prägen unser Landschaftsbild. Deshalb ist der Hochstammobstbau schützens- und erhaltenswert. Während Jahrzehnten haben die zuständigen Feuerbrand-Verantwortlichen Rodungen von befallenen Hochstammbäumen als unverzichtbar für die angrenzenden Obstbauanlagen bezeichnet und Sanierungen mittels Rückschnitt strikte abgelehnt.

Mein neuster Vorstoss im Bereich Obstbau geht daher für einmal nicht in Richtung mehr, sondern weniger staatlicher Regulierung: Zum Schutz des Hochstammobstbaus sind künftig Bekämpfungsmassnahmen in gegenseitiger Absprache unter Berufskollegen zu regeln. Solche privatrechtlichen Übereinkünfte führen dazu, dass vorhandene Probleme besprochen und, falls erforderlich, gemeinsame Bekämpfungsstrategien entwickelt werden. Die eingesparten Staatsmittel, die bisher in eine staatlich verordnete Feuerbrandbekämpfung geflossen sind, können sinnvollerweise für die Beratung und zur Unterstützung bei Umstellung auf Feuerbrand-tolerante Sorten eingesetzt werden. Wer weiss, vielleicht findet sich ja sogar der ein oder andere liberale Mitunterzeichnende dafür?

Meret Schneider ist grüne Nationalrätin aus dem Kanton Zürich