Download: Beschluss der Spezialkommission Begleitung Administrativuntersuchung Sozialhilfe Dübendorf

Kenntnisnahme des Berichts der Administrativuntersuchung Sozialhilfe Dübendorf von Prof. Dr. iur. Poledna und der Empfehlungen der Spezialkommission GR Geschäft Nr. 93/2020 Antrag an den Gemeinderat

1. Ausgangslage

Am 2. November 2020 hat der Gemeinderat gestützt auf den Antrag des Stadtrates vom 14. Oktober 2020 und den Antrag des Büros des Gemeinderates vom 19. Oktober 2020 basierend auf Art. 62 der Geschäftsordnung des Gemeinderates eine Spezialkommission zur Begleitung der Administrativuntersuchung Sozialhilfe Dübendorf eingesetzt. Die Kommission setzt sich aus sechs Mitgliedern (inkl. Präsident zusammen), wobei jede im Gemeinderat vertretene Fraktion einen Sitz erhielt. Folgende Gemeinderatsmitglieder wurden am 2. November 2020 als Mitglieder der Spezialkommission gewählt: Andras Sturzenegger (FDP, Präsident), Julian Croci (GP), Andr6 Csillaghy (SP), Reto Heeb (Die Mitte/EVP) Angelika Murer Mikolasek (glp/GEU) und Orlando Wyss (SVP).

Gemäss Ziffer 2 des Gemeinderatsbeschlusses vom 2. November 2O2O hat die Spezialkommission folgende Aufgaben zu übernehmen:

  • 2.1 Definition des Untersuchungsauftrages für die externe Untersuchungsstelle
  • 2.2 Enge Begleitung der externen Untersuchungsarbeit
  • 2.3 Entgegennahme und Beurteilung von Zwischenberichten sowie des Schlussberichtes der externen Untersuchungsstelle
  • 2.4 Abgabe von Empfehlungen an die Exekutivbehörden (Stadtrat / Sozialbehörde) aufgrund der Berichtinhalte. Dazu gehören auch Empfehlungen für weitergehende Untersuchungen (Strafuntersuchungen), davon ausgenommen sind mögliche Offizialdelikte bei denen von Amtes wegen die Pflicht zur Einleitung einer Untersuchung besteht
  • 2.5 Entscheid über die Kommunikation und Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse. Dabei ist eine möglichst transparente Kommunikation unter fachkundiger Begleitung anzustreben
  • 2.6 Vorstellung des Schlussberichtes im Gemeinderat zu dessen Kenntnisnahme Mit der Durchführung der Administrativuntersuchung ist Prof. Dr. iur. Tomas Poledna beauftragt worden (vgl. Antrag des Büros an den Gemeinderat vom 19. Oktober 2020).

2. Vorgehen

Die Spezialkommission hat an zehn Sitzungen seit November 2020 den Untersuchungsauftrag definiert und präzisiert, zu Zwischenergebnissen konkretisierende Fragen eingereicht und den Bericht ausführlich beraten und gestützt darauf zahlreiche Empfehlungen erarbeitet.

Gemäss Ziffer 2.4 des Beschlusses des Gemeinderates vom 2. November 2020 gehört die Abgabe von Empfehlungen an die Exekutivbehörden aufgrund der Berichtsinhalte zu den Aufgaben der Spezialkommission. Die von der Kommission erarbeiteten Empfehlungen werden nachfolgend ausgeführt.

Die Spezialkommission hat sich im Sinne einer möglichst transparenten Kommunikation dazu entschieden, den vollständigen Untersuchungsbericht in anonymisierter Form zu veröffentlichen.

3. Würdigung der Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen

Die Kommission beurteilt die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. iur. Poledna als sachlich und professionell und ist überzeugt, dass die Untersuchung kompetent geführt wurde. Die Feststellungen sind im Bericht ausführlich und nachvollziehbar dargelegt.

Wenn aufgrund der zuvor bekannten Vorwürfe auch mit gewissen Missständen in der Abteilung Soziales zu rechnen war, so sind die Mitglieder der Spezialkommission doch betroffen über das Ausmass und die Tragweite, der auf verschiedenen Ebenen festgestellten systematischen Verfehlungen. Entsprechend wurde denn auch der Untersuchungsbericht sehr umfangreich und die Arbeit der Kommission aufwändig. Die Kommissionsmitglieder sind sich einig, dass gewisse beschriebene Vorgänge und die teilweise festgestellte misstrauende Haltung gegenüber den Klientinnen und Klienten nicht dem entspricht, wie die Abteilung Soziales funktionieren und gegen Aussen auftreten sollte. Der Bericht zeigt auf, dass nebst strukturellen Mängeln diverse Sicherungs- und Kontrollmechanismen nicht gegriffen haben und es zu erheblichem Führungsversagen auf verschiedenen Ebenen kam. Die im Bericht dargelegten Missstände haben zu einem Verlust des Vertrauens in die korrekte Erledigung u.a. der Sozialhilfeaufgaben geführt.

Mittels nachfolgender Empfehlungen sollen die zugrundliegenden Ursachen konkret und nachhaltig angegangen und verbessert werden. Für die Kommission steht fest, dass erhebliche Anpassungen und eine deutliche Professionalisierung notwendig sind. Das Hauptziel ist es einerseits, eine optimal funktionierende Abteilung Sozialhilfe aufzubauen und unter anderem dank transparenten Verfahren das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Mitarbeitenden wiederherzustellen. Andererseits soll die Stadt durch strukturelle Anpassungen und Professionalisierung generell besser aufgestellt sein, damit solche oder ähnliche Missstände – auch in anderen Abteilungen – nicht mehr auftreten können.

3.1. Aufgabenteilung Stadtrat und Sozialbehörde

Prof. Dr. iur. Poledna stellt im Bericht ausführlich dar, dass die Zuständigkeitsabgrenzungen zwischen dem Stadtrat und der Sozialbehörde Mühe bereiten, Abläufe sich verzögern und diese selbst für politische Akteure nicht eindeutig nachvollziehbar sind.

Mit der Inkraftsetzung der neuen Gemeindeordnung bzw. auf Beginn der Legislatur 2022-2026 wird die bisherige eigenständige Sozialbehörde durch eine dem Stadtrat unterstellte Sozialkommission ersetzt. Diese rechtliche und organisatorische Neustrukturierung wird zu zahlreichen Anpassungen führen. Dabei ist es zentral, Aufgaben und Kompetenzen sowie Kommunikation und Abläufe zwischen dem Stadtrat und der Sozialkommission von Beginn an klar festzulegen. Hierbei sind folgende Empfehlungen der Spezialkommission zu beachten:

  • Die Kompetenzen und das Rollenverständnis Stadtrat – Sozialkommission sind zu klären, schriftlich festzuhalten und zu kommunizieren. Dabei sind Regelungen für den Fall von positiven und negativen Kompetenzkonflikten zwischen Stadtrat und Sozialkommission zu erstellen, insbesondere betreffend Überschneidungen im Bereich Personelles.
  • Die ausreichende Transparenz zwischen der Sozialkommission und dem Stadtrat ist sicherzustellen und die Kommunikation und Abläufe sind schriftlich zu regeln.

Der Stadtrat hat am 17. September 2020 beschlossen, dass die Verantwortung für den Bereich Sozialhilfe vorübergehend bis zum Abschluss der Untersuchung von der Sozialvorständin an den Stadtpräsidenten übergeht. In Kenntnis des Untersuchungsberichtes und im Wissen um die strukturelle Neuaufgleisung der Sozialkommission, erscheint es vordringlich, dass der temporär vollzogene Führungswechsel bis zum Ende der Legislatur weitergeführt wird. Daher empfiehlt die Spezialkommission folgendes:

  • Stadtpräsident Andr6 lngold soll die Sozialbehörde bis zum Ende der Legislatur und deren Auflösung leiten.

3.2. Aufbau Sozialkommission

Ab Beginn der Legislatur 2022-2026 wird gemäss der neuen Gemeindeordnung die bisherige Sozialbehörde durch die dem Stadtrat unterstellte Sozialkommission abgelöst (Art. 28 und Art. 48 der am 26. September 2021 an der Urnenabstimmung angenommenen neuen Gemeindeordnung). Beim Aufbau dieser Sozialkommission sind die Erkenntnisse aus der Administrativuntersuchung einzubeziehen. Hierzu sind folgende Empfehlungen der Spezialkommission zu berücksichtigen:

  • Der Stadtrat soll ein Anforderungsprofil für die Mitglieder der Sozialkommission erstellen. Für die Einarbeitung der Mitglieder der Sozialkommission ist ein Standardvorgehen bzw. sind Empfehlungen dazu zu definieren.
  • Die Aufsichtstätigkeit der Sozialkommission über die Mitarbeitenden und Ressourcen soll strukturiert werden bzw. soll ein griffiges Controlling-System als lnstrument der Sozialkommission für korrekte und angemessene Entscheide vorgesehen werden.
  • Aus den Diskussionen der Sozialkommission sollen die wichtigsten Uberlegungen, Argumente und Minderheitsmeinungen protokolliert werden.
  • Der regemässige Austausch und Kontakt zwischen den Mitgliedern der Sozialkommission und dem Personal soll z.B. durch gemeinsame Fallbesprechungen (2.B. in 4-6 Augengesprächen) und gemeinsamen Weiterbildungen institutionalisiert werden.
  • Mit der Abteilung Soziales soll ein Leitbild erstellt werden, nach welchen Grundsätzen die Klientel betreut werden soll. Darin sollen u.a. Arbeitsstandards und deren einheitliche Umsetzung vorgesehen werden. Zudem soll in einer Kompetenzordnung festgehalten werden, welche Funktion zu welchen Entscheiden berechtigt ist. Diese Grundlagendokumente sind unter Einhaltung des Öffentlichkeitsprinzips bekannt zu geben.

3.3. Einhaltung rechtlicher Vorgaben

Die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben stellt eine zwingende Grundvoraussetzung für das Funktionieren des Rechtsstaates und für das Vertrauen in das staatliche Handeln dar. Prof. Dr. iur. Poledna hat in seiner Untersuchung in mehreren Handlungsfeldern – in erster Linie im Bereich der Sozialhilfe aufgezeigt, inwiefern rechtliche Vorgaben in den letzten Jahren nicht eingehalten wurden. Die Spezialkommission erachtet die Umsetzung von Empfehlungen in folgenden Themenfeldern als notwendig:

Auslagerungen

Prof. Dr. iur. Poledna weist sowohl im Zusammenhang mit der Auslagerung der Kindesschutzfälle als auch bezüglich der Auslagerung im Asylwesen darauf hin, dass notwendige gesetzlichen Grundlagen für die entsprechenden Auslagerungen fehlen. Aus seiner Sicht wäre gestützt auf Art. 98 Abs. 3 und 4 der Kantonsverfassung jeweils eine Grundlage in der Gemeindeordnung notwendig. Da anhand der Untersuchung zum Ausdruck kam, dass in der Vergangenheit Auslagerungen nicht mit der notwendigen Sorgfalt vorgenommen wurden, erachtet die Kommission folgendes Vorgehen als wichtig:

  • lm Bereich Soziales sollen sämtliche derzeit getätigten Auslagerungen auf ihre Rechtmässigkeit, Effektivität und Angemessenheit überprüft werden. Grundsätzlich sollen Auslagerungen zurückhaltend eingesetzt werden. Mittels eines standardisierten Controlling-Systems soll eine griffige Aufsicht gesichert werden, denn die Verantwortung für die abschliessende Aufsicht verbleibt auch bei der Auslagerung öffentlicher Aufgaben bei der Stadt.

Sozialdetektive und allfällige Amtsgeheimnisverletzung

Bislang war umstritten, ob der Einsatz von Sozialdetektiven einer kantonalen Gesetzesgrundlage bedarf, oder ob eine kommunale gesetzliche Reglung genügt. Aus dem Bericht geht hervor, dass die Stadt Dübendorf keine ausreichende kommunale Regelung kennt, welche die vorgenommenen Einsätze legitimiert hätten. Auf kantonaler Ebene wurde mit der Volksabstimmung vom 7. März 2021 eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz von Sozialdetektiven in einem engen Rahmen geschaffen. Technische Ortungsmittel wie beispielsweise GPS-Tracker an Fahrzeugen dürfen nicht eingesetzt werden, auch dürfen keine unangemeldeten Hausbesuche stattfinden. Weiter braucht es nun für den Einsatz von Sozialdetektiven die Genehmigung des Bezirksrates.

Die Feststellungen im Untersuchungsbericht, dass Sozialdetektive ohne gesetzliche Grundlage eingesetzt wurden und die neuen Entwicklungen führen die Spezialkommission zu folgender Empfehlung:

  • Der Stadtrat hat sicherzustellen, dass beim allfälligen Einsatz von Sozialdetektiven die neuen kantonalgesetzlichen Grundlagen (Sozialhilfegesetz) ordnungsgemäss eingehalten werden. Da für den Einsatz von GPS-Trackern keine gesetzliche Grundlage besteht, ist auf deren Einsatz zu verzichten.

Prof. Dr. iur. Poledna erörtert, dass gemäss seinen Abklärungen den Sozialdetektiven die Anmeldeformulare der Gesuchsstellenden als Ganzes vorab per E-Mail zugestellt worden seien. Auf dem Formular seien zahlreiche persönliche Daten der Gesuchstellenden zu finden, welche für die Arbeiten der Sozialdetektive nicht notwendig seien. Dieses Vorgehen finde keine gesetzliche Grundlage und verletze gemäss Prof. Dr. iur. Poledna auch unter dem Aspekt der Notwendigkeit der Datenweitergabe datenschutzrechtliche Vorgaben klar. Zudem sei dieses Vorgehen – sollte es in Einzelfällen nachgewiesen werden können – voraussichtlich als Verletzung des Amtsgeheimnisses nach Art. 320 StGB zu werten. Die Verletzung von Art. 320 SIGB sei von Amtes wegen zu verfolgen; die Verjährungsfrist für die Verfolgung der Straftat betrage 10 Jahre. Aufgrund dieser Feststellungen empfiehlt die Spezialkommission folgendes:

  • Der Stadrat ist aufgefordert zu prüfen, wer für die Weitergabe der Anmeldedossiers der Sozialhilfe-Gesuchsstellenen an die Sozialdetektive verantwortlich war. Sodann soll er die Einreichung einer Anzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung (Art. 320 StGB) prüfen.
  • Es ist zu prüfen, ob die Mitarbeitenden der Sozialhilfe sowie der gesamten Stadtverwaltung über ausreichende Kenntnisse bezüglich Datenschutz verfügen. Falls dieses Wissen nicht ausreichend ist, ist das Personal entsprechend zu schulen.

Finanzadministration

Dem Untersuchungsbericht kann entnommen werden, dass gewisse finanzadministrative Arbeiten im Bereich Sozialhilfe nicht korrekt abgewickelt wurden. So wurden Zahlungen für Sozialdetektive direkt über die Klientenkonti abgerechnet. Ebenso wurden Leistungen der Springerfirma im Zusammenhang mit den Kindesschutzmassnahmen fälschlicherweise als Sozialhilfekosten verbucht und nicht als Kosten Dienstleistungen Dritter.

Prof. Dr. iur. Poledna hält fest, dass die Abwicklung des Finanzverkehrs entgegen der gesetzlichen Regelung nach Art. 4 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Sozialbehörde direkt durch das Sozialamt erledigt wurde und nicht durch die Finanzabteilung erfolgte. Aufgrund dieses Vorgehens sei auch keine stadtinterne Kontrolle möglich gewesen. Die Spezialkommission erachtet die Umsetzung folgender Empfehlungen als notwendig, um eine korrekte Basis für die Klientenbuchhaltungen sicherzustellen und eine nachhaltige Verbesserung der finanzadministrativen Arbeiten im Bereich Sozialhilfe aufzugleisen, sowie allenfalls rechtliche Schritte einzuleiten:

  • Die Klientenbuchhaltungen der Sozialhilfe sollen aufgearbeitet und bereinigt werden. Je nach Ergebnis dieser Aufarbeitung sind rechtliche Konsequenzen durch den Stadtrat zu prüfen.
  • Der Stadtrat soll die Einbindung des Sozialbereichs in die Finanzadministration der Stadtverwaltung und ein griffiges Controlling-System unter Einbezug der Abteilung Finanzen & Controlling für finanz- und buchungsrelevante Angelegenheiten prüfen.

Springereinsätze

Ab den Jahren 201712018 sind die Kosten für Springereinsätze im Bereich Soziales gemäss Untersuchungsbericht sprunghaft angestiegen und es kam zu einer deutlichen Abweichung zwischen den budgetierten und tatsächlichen Springerkosten. Prof. Dr. iur. Poledna weist darauf hin, dass die Budgetierung der Springerkosten über Jahre hinweg abgekoppelt von der Realität erfolgt sei und bei den Budgetüberschreitungen die Kontrollmechanismen auf den folgenden Stufen nicht gegriffen hätten und notwendige Kreditbeschlüsse des Stadtrates nicht eingeholt worden seien. Die Auswertung der Springerstunden zeigte für mehrere Jahre im Zeitraum 2017-2020 eine deutliche Überschreitung des bewilligten Stellenplans auf. Thematisiert wird im Untersuchungsbericht auch die Frage der Zuständigkeit für die Bewilligung der Springerkosten.

Für die administrative Abwicklung der Springereinsätze fehlte gemäss dem Untersuchungsbericht ein Rahmenvertrag, einzelne Verträge wurden entgegen den rechtlichen Vorgaben durch den ehemaligen Leiter Soziales direkt unterzeichnet oder wurden teilweise sogar nur mündlich verlängert. Die verschiedenen Feststellungen und aufgezeigten Entwicklungen führen die Spezialkommission zu folgenden
Empfehlungen:

  • Der Stadtrat ist aufgefordert, die Abläufe und Kompetenzen bei der Bewilligung des Stellenplans und das korrekte Vorgehen für die Ausgabenbewilligung von Springereinsätzen z.B. bei kurzfristig erhöhter Arbeitslast zu prüfen, welche zu ausserordentlich hohen Zusatzkosten führen. Dabei soll u.a. geprüft werden, ob ab einer bestimmten Ausgabenhöhe eine nachträgliche Genehmigung durch den Gemeinderat angemessen wäre.
  • Der Stadtrat soll ein Verfahren etablieren, bei welchem der Bedarf für den Einsatz einer Springerkraft an eine zentrale Stelle gemeldet und gegenüber dieser begründet wird. Diese zentrale Stelle hat einen einheitlichen Umgang bei der Bewilligung von Springereinsätzen und den Abschluss klarer vertraglicher Vereinbarungen bei sämtlichen Springereinsätzen sicherzustellen. Zudem hat diese Stelle den Stadtrat frühzeitig zu informieren, wenn es zu einem erhöhten Einsatz von Springerkräften kommt.
  • Der Stadtrat soll Standards und Qualitätskriterien für die Zusammenarbeit mit externen Anbietern im Bereich Springerkräfte definieren. Zudem soll ein griffiges Controlling-System zur Einhaltung dieser Kriterien etabliert werden. Die Kommission geht davon aus, dass in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit dem bisherigen Partner sehr kritisch hinterfragt
    wird.
  • Grundsätzlich sollen Springereinsätze möglichst auf ein punktuelles Minimum reduziert werden, um das Wissen intern zu sichern und überhöhte Ausgaben zu verhindern.

Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips

Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Handbuchs der Sozialbehörde erwähnt Prof. Dr. iur. Poledna fehlende einheitlichen Ablaufregelungen und Qualitätskontrollen im Vorfeld von Publikationen. Die Spezialkommission erachtet grundsätzlich eine Schärfung des Verständnisses für die Umsetzung des Offentlichkeitsprinzips als sinnvoll und hält fest:

  • Der Stadtrat und die Verwaltung sind aufgefordert das Öffentlichkeitsprinzip einzuhalten.

Verbesserung der Aktenführung

Prof. Dr. iur. Poledna weist daraufhin, dass sich die Aktenführung im Bereich Sozialhilfe in einem etwas handgestrickten Zustand befinde und dass vorgeschriebene Aktenverzeichnisse fehlen  würden. Dieser Feststellung ist nachzugehen und folgendes sicherzustellen:

  • Die gesetzlichen Vorgaben zur Aktenführung sind einzuhalten.

Einführung der Funktion „Rechtskonsulent/-in“ bei der Stadtverwaltung

Zur Sicherstellung der Einhaltung rechtlicher Vorgaben drängt sich eine Funktion <Rechtskonsulent-in> in der Stadt Dübendorf auf (vgl. hierzu Ziff .3.7).

3.4. Aufarbeitung der Erkenntnisse der Ombudsstelle und proaktive lnformation

lm Dezember 2016 wurde in Dübendorf im Zusammenhang mit den Vorgängen im Bereich Sozialhilfe eine kommunale Ombudsstelle eingerichtet. Die Zuständigkeit für die Ombudsstelle lag bis im Juni 2019 beim Stadtrat und wurde dann auf den Gemeinderat übertragen. ln der neuen Gemeindeordnung ist der Anschluss an die kantonale Ombudsstelle ab dem 1. Januar 2022 vorgesehen.

lm Untersuchungsbericht erwähnt Prof. Dr. iur. Poledna, dass es auffallend sei, dass der Ombudsmann bereits wenige Monate nach seiner Tätigkeitsaufnahme eine treffende Situationsanalyse über verschiedene strukturelle und operationelle Probleme vornehmen konnte. Es ist somit aus Sicht der Spezialkommission notwendig, dass nebst den Analysen aus dem Untersuchungsbericht auch jene der Ombudsstelle auf mögliches Verbesserungspotenzial geprüft werden. Die Spezialkommission erachtet es zudem hinsichtlich der neuen Lösung mit dem Anschluss an die kantonale Ombudsstelle als sehr wichtig, dass den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Mitarbeitenden dieses Angebot aktiv bekannt gemacht wird.

  • Die Empfehlungen der kommunalen Ombudsstelle zur Organisation, zur Führung und zu Qualitätsfragen im Bereich Soziales sind zu prüfen.
  • Der Stadtrat und die Verwaltung sollen proaktiv über die Möglichkeit des Einbezugs der kantonalen Ombudsstelle informieren. Diese Kommunikation soll via Website aber auch anhand eines Flyers in leichter Sprache erfolgen. Dieser Flyer soll u.a. bei Erstgesprächen im Bereich
    Sozialhilfe standardmässig an die Klientinnen und Klienten abgegeben werden.

3.5. Deutliche Verbesserung der Wohn- und Unterbringungssituationen erforderlich

Notwohnungen und Wohnsituationen Sozialhilfebeziehende

ln Dübendorf preisgünstigen Wohnraum zu finden, stellt für Personen in verschiedenen Lebenssituationen eine Herausforderung dar. Dies darf jedoch keinesfalls dazu führen, dass deutlich überhöhte Mietpreise und/oder Unterbringungsmöglichkeiten in unhaltbaren Zuständen in Kauf genommen werden, wie diese im Untersuchungsbericht beschrieben werden. Die Kommission hat hierzu im Rahmen der Tätigkeit der Sozialhilfe folgende Empfehlungen ausgearbeitet:

  • Es ist eine Überprüfung der Standards und Preise für Notwohnungen unter fachkundiger Begleitung vorzunehmen und allfällige Verbesserungen sind zeitnah umzusetzen.
  • lm Rahmen der Möglichkeiten der persönlichen Hilfe sollen Sozialhilfesuchende auf der Wohnungssuche unterstützt und über Standards und Preise informiert werden.
  • Bei der Auflage, an die Sozialhilfebeziehenden, eine günstigere Wohnung zu suchen, soll das Verhältnismässigkeitsprinzip angewendet werden. Es soll eine Abwägung stattfinden zwischen
    den möglicherweise einzusparenden Mietkosten und den tatsächlichen Möglichkeiten für die betroffene Person, eine günstigere Wohnung zu finden. Wenn in konkreten Fällen eine geringe Differenz zwischen Mietkosten der aktuellen Wohnsituation und den üblichen entrichteten Mietkosten für entsprechende Fälle vorliegt, sollen die Sozialhilfebeziehenden nach Möglichkeit im aktuellen Mietverhältnis bleiben können. Wenn Sozialhilfebeziehende versuchen, ihre Mietkosten zu senken, zum Beispiel durch die Aufnahme eines Untermieters bzw. einer Untermieterin, soll ihnen dadurch kein \achteilentstehen.

Asylunterkünfte

Prof. Dr. iur. Poledna führt im Bericht aus, dass die Sozialbehörde die lnspektionen der Asylunterkünfte vernachlässigt habe. Weiter legt er dar, dass eine im Asylbereich tätige Firma auf die Einreichung einer Offerte im Rahmen des Submissionsverfahrens zum Asyl- und Flüchtlingswesen verzichtet habe, da ihre Vorstellung der korrekten Unterbringung gegenüber dem aktuellen lst-Zustand in Dübendorf zu grosse Differenzen aufweisen würde. Einige Unterkünfte befanden sich in unzumutbaren Zuständen. Diese Untersuchungserkenntnisse führen die Spezialkommission zu folgenden Empfehlungen:

  • Es sollen Standards für die Unterbringung von Asylsuchenden, vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen etabliert werden. Dieses sollen den in der Schweiz üblichen Standards entsprechen, insbesondere bezüglich Hygiene (WC und Duschen) sowie der Kochmöglichkeiten.
  • Die professionelle Bewirtschaftung der Liegenschaften ist sicherzustellen. Und es sind griffige Aufsichtsmechanismen zur Einhaltung der Standards und der professionellen Bewirtschaftung
    vorzusehen.
  • Es ist ein strategisches Konzept für die Bereitstellung von Asylunterkünften zu erarbeiten

3.6. Professionalisierung im Bereich Sozialhilfe

Dem Untersuchungsbericht sind diverse Verfehlungen auf Ebene der Führungs- und Facharbeit im Bereich Soziales bzw. der Sozialhilfe zu entnehmen. Die beiden ehemaligen Leitungspersonen für die Bereiche Soziales und Sozialhilfe sind nicht mehr im Dienst der Stadt Dübendorf tätig. Abgesehen von allfälligen weiterführenden erwähnten rechtlichen Verfahren stehen ihnen gegenüber daher keine Sanktionierungsmassnahmen zur Verfügung.

Um solche Missstände jedoch in Zukunft zu verhindern, ist eine Professionalisierung des Bereichs Sozialhilfe und eine Stärkung der Kompetenzen der Mitarbeitenden unabdingbar. Dazu hat die Spezialkommission folgende Empfehlungen ausgearbeitet:

  • Es ist ein Anforderungsprofil für Mitarbeitende im Bereich Soziales zu erstellen (Stellenplan, Strategie) und umzusetzen bei der Stellenbesetzung. Die Leitung des Bereichs Soziales und der Sozialhilfe müssen ausgewiesene Fach- und Führungskompetenten mitbringen.
  • Sowohl mit den Führungskräften als auch den Mitarbeitenden im Bereich Sozialhilfe sind regelmässige Supervisionen durchzuführen.
  • Für die Mitarbeitenden der Sozialhilfe sind geeignete Gefässe für den Erfahrungsaustausch mit anderen Gemeinden zu institutionalisieren und zu pflegen und der Beitritt zum Zweckverband Soziale Dienste Bezirk Uster ist zu prüfen.
  • Die von der Firma im Bereich Personalmanagement erarbeiteten Empfehlungen sind zu prüfen und nach Möglichkeit umzusetzen.

Prof. Dr. iur. Poledna legt dar, dass nach bisheriger Praxis in Dübendorf Personen, die ein Gesuch auf Unterstützung durch die Sozialhilfe stellen wollen, ein rund 18-seitiges Anmeldeformular auszufüllen haben. Dieses Formular beinhalte verschiedene Einverständniserklärungen sowie generelle Entbindungen von Berufsgeheimnissen von Drittpersonen wie z.B. Arzten, was bezüglich der rechtlichen Zulässigkeit fraglich erscheine. Es ist aus Sicht der Spezialkommission aufgrund dieser Hinweise wichtig, dass der Anmeldebogen un{ das -verfahren grundsätzlicfi überprüft werden und füh( sie zu folgender Empfehlung:

  • Der umfangreiche Anmeldebogen sowie der Anmeldeprozess für die Sozialhilfegesuchstellenden sind grundsätzlich hinsichtlich der rechtlichen Korrektheit, Notwendigkeit und Zweckmässigkeit zu überarbeiten und für die Klientel übersichtlich darzustellen.
  • lnsbesondere die Entbindung von Berufsgeheimnissen darf nicht in allgemeinerWeise erfolgen,
    sondern muss im Einzelfall eingeholt werden.

3.7. Einführung der Funktion „Rechtskonsulent/-in“ bei der Stadtverwaltung

Der Untersuchungsbericht beleuchtet verschiedene Beispiele, in welchen rechtliche Vorgaben verletzt wurden oder zumindest aus rechtlicher Warte ein anderes Vorgehen angezeigt gewesen wäre (vgl. Ziff. 3.3).Zu nennen ist – nebst den in Ziff .3.3 erwähnten Rechtsverletzungen – die gemäss Prof. Dr. iur. Poledna mangelhafte Umsetzung der kommunalen Ombudsstelle oder der Einsatz von Anmeldeformularen im Bereich der Sozialhilfe mit rechtlich fragwürdigen generellen Entbindungen von Berufsgeheimnissen. Durch die rechtzeitige Verfügbarkeit und den Einbezug von juristischem Fachwissen könnte die Entstehung solcher Mängel verringert und die Einhaltung rechtlicher Vorgaben besser gewährleistet werden. Daher empfiehlt die Spezialkommission:

  • Der Stadtrat soll prüfen, ob mittels Einführung der Funktion einer Rechtskonsulentin oder eines Rechtskonsulenten in der Stadtverwaltung, wie dies z.B. in Wetzikon bereits üblich ist, zukünftig die Rechtskenntnisse vertieft und somit die Einhaltung des Rechts besser gewährleistet werden könne. Durch die Rechtskonsulentin bzw. den Rechtskonsulenten wären z.B. Formulare, aus deren Beantwortung sich Rechtswirkungen ergeben, generell auf ihre Rechtmässigkeit hin zu beurteilen.

3.8. Weitere Verbesserungspotenziale

Einarbeitung neuer Behörden- und Kommissionsmitglieder

Die Spezialkommission schliesst sich der Ansicht von Prof. Dr. iur. Poledna an, dass eine strukturierte Einarbeitung von neuen Stadträtinnen und Stadträten in die Amtsgeschäfte wichtig ist. Gleiches gilt für die Mitglieder der neuen Sozialkommission – und grundsätzlich für alle neugewählten Behörden- und Kommissionsmitglieder. Dies führt die Spezialkommission zu folgenden Empfehlungen:

  • Die neugewählten Stadtratsmitglieder sind mittels externer Kurse auf die Anforderungen aus ihren Amtsgeschäften vorzubereiten.
  • Für die Einarbeitung aller Mitglieder der vom Stadtrat unterstellten Kommissionen, sowie die vorberatenden Kommissionen des Gemeinderates ist ein Standardvorgehen bzw. sind Empfehlungen dazu zu definieren.

Verbesserungsvorschläge detailliert prüfen

lm Bericht sind verschiedene in den letzten Jahren erfolgte kleinere Untersuchungen aufgeführt, aus welchen zuhanden des Stadtrates oder der Verwaltung Empfehlungen resultierten. Z.B. die Berichte der Ombudsstelle, der Firma im Bereich Personalmanagement oder Feststellungen aus Sach- oder Spezialprüfungen. Der Spezialkommission erscheint es wichtig, dass solche Ergebnisse angemessen aufgearbeitet werden – was in der Vergangenheit nicht immer erfolgt ist, wie den Ausführungen von Prof. Dr. iur. Poledna entnommen werden kann. Daher empfiehlt sie:

  • Der Stadtrat hat sicherzustellen, dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit Feststellungen und Empfehlungen im Rahmen von Prüfaufträgen und Untersuchungen vorgenommen wird
    und Verbesserungen effektiv angegangen werden.

Evaluierung Verbesserungspotenzial für Gesamtverwaltung

Um einen möglichst grossen Nutzen aus der vertieften Untersuchung von Prof. Dr. iur. Poledna für die Stadt Dübendorf zu ziehen, ist zu prüfen, inwiefern sich auch Verbesserungsmöglichkeiten für andere Verwaltungsbereiche ableiten lassen. Daher hält die Spezialkommission fest:

  • Der Stadtrat ist aufgefordert, die Erkenntnisse aus der Untersuchung bzw. die Empfehlungen hinsichtlich des Verbesserungspotenzials für die Gesamtverwaltung zu prüfen.

3.9. Transparente Berichterstattung über die Umsetzung der Empfehlungen

Die Arbeit der Spezialkommission endet mit der Abgabe von Empfehlungen an die Exekutivbehörden bzw. der Vorstellung des Berichts im Gemeinderat zu dessen Kenntnisnahme. Mit der Auswertung des Untersuchungsberichtes und der Ausarbeitung von Empfehlungen ist jedoch erst ein erster Schritt zur Wiederherstellung des öffentlichen Vertrauens in die korrekte Aufgabenerfüllung des Bereichs Sozialhilfe geleistet. Um auf diesem Weg erfolgreich voranzukommen, ist eine transparente Berichterstattung zu den vorgenommenen Verbesserungen essentiell. Daher fordert die Spezialkommission:

  • Der Stadtrat und die Sozialkommission sollen in den nächsten Jahren im Rahmen des Geschäftsberichtes transparent über die Umsetzung der Empfehlungen im Zusammenhang mit dieser Untersuchung berichten.

4. Beschluss

Dem Gemeinderat wird beantragt:

  • Die Spezialkommission hat die ihr übertragenen Aufgaben gemäss Ziffer 2 des Gemeinderatesbeschlusses vom 2. November 2020 abgeschlossen und wird aufgelöst.

Mitteilung (mit Beilage des Untersuchungsberichtes von Prof. Dr. iur. Poledna) an

  • Mitglieder Gemeinderat
  • Mitglieder Stadtrat

Andreas Sturzenegger (Präsident), Edith Bohli (Kommissionssekretärin)