In letzter Zeit wurde medial verschiedentlich über Gruppierungen, u.a. auch sogenannte Reichsbürger:innen, berichtet, welche bestreiten, dass die Behörden Befugnisse haben, und die staatlichen Institutionen ablehnen. Typischerweise bezahlen Staatsverweigerer:innen keine Steuern oder Bussen und anerkennen weder Polizei, Gericht noch Amtsstellen. Daneben verfolgen sie aber auch häufig das Ziel, alternative Strukturen aufzubauen, seien es Pseudo-Gerichte oder eigene Schulen.

Für die Behörden kann dies mehr Aufwand und einen raueren Ton seitens der Klient:innen bedeuten. Solche Strömungen, Bewegungen und Haltungen generieren nicht nur mehr Arbeit, sondern untergraben auch unsere Demokratie und sind eine Gefahr für unseren Staat. Mediale Recherchen zeigten die Nähe solcher staatsablehnenden Gruppierungen in der Schweiz zu diversen staatsverweigernden und verschwörungstheoretischen Gruppierungen im In- und Ausland auf. Darunter befinden sich auch Organisationen, die in Dübendorf aktiv sind.

In diesem Zusammenhang bitten wir den Stadtrat um die Beantwortung folgender Fragen:

SP/Grüne: Wie schätzt der Stadtrat die staatsablehnenden Gruppierungen in Dübendorf bezüglich Grösse und Organisation ein?

Stadtrat: Insbesondere im Zuge der staatlichen Schutzmassnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aber auch aufgrund der Verunsicherung der Gesellschaft durch andere aktuelle Krisen haben staatsablehnende Weltanschauungen und Verschwörungstheorien auch in der Schweiz starken Zulauf erfahren und die Szene hat sich zunehmend vernetzt und ist sichtbarer geworden.

Es ist davon auszugehen, dass der Kreis von in Dübendorf ansässigen Personen, die mit staatsablehnenden Grundhaltungen sympathisieren, ebenfalls gewachsen ist. Offizielle Zahlen zum Personenkreis oder Angaben zu Organisationen von staatsablehnenden Gruppierungen in Dübendorf existieren nicht. Bisher dürfte es sich aber um eine Randerscheinung handeln. Die Stadt wird aber aufmerksam bleiben und die Entwicklung beobachten.

Gemäss Internet gibt es in Dübendorf mindestens einen Verein, der solchen Ideologien nahesteht und die Schaffung einer Parallelgesellschaft fördert. Die entsprechende Website beinhaltet jedoch nur vermeintlich harmlose Informationen und es werden auch keine verantwortlichen Personen aufgeführt. Die Mitgliederzahl ist unbekannt.

SP/Grüne: Sind dem Stadtrat Vorfälle in Zusammenhang mit solchen staatsablehnenden Gruppierungen in Dübendorf und Umgebung bekannt, insbesondere auch im Kontakt mit der Verwaltung? Wenn ja, in welchem Ausmass? Um welche Gruppierungen handelt es sich dabei?

Stadtrat: Die Stadtverwaltung Dübendorf hatte bisher mit Personen mit staatsablehnender Haltung Kontakt. Soweit bekannt, waren dies Kontakte mit der Stadtpolizei, dem Betreibungs- und Stadtammannamt, den Einwohnerdiensten und der Abteilung Steuern.

Das Betreibungs- und Stadtammannamt hatte in den letzten sechs Monaten immer wieder mit solchen Personen zu tun, die persönlich vor Ort vorstellig wurden. Diese persönlichen Vorsprachen blieben jedoch allesamt gewaltfrei, sodass Sicherheitsmassnahmen nicht erforderlich wurden. In der Zwischenzeit zeigen sich diese persönlichen Vorsprachen rückläufig. Das Betreibungs- und Stadtammannamt bezeichnet diesen Umstand als sehr erfreulich, zumal sich diese Vorsprachen als sehr zeitintensiv und aufwendig gestalteten, obgleich sie stets respektvoll vonstattengingen.

Die Einwohnerdienste hatten 2022 einen einzelnen Vorfall mit Schriftverkehr Die Abteilung Steuern hatte in den letzten Monaten etwa zehn Kontakte mit Personen, welche einen staatsablehnenden Hintergrund haben dürften. Es ging dabei um Themen wie die Anschrift der Person, Steuererklärungsverfahren und Steuerbezug.

Dem Stadtrat ist zudem bekannt, dass in Räumlichkeiten der Stiftung Obere Mühle Dübendorf am 14. Oktober 2022 ein Anlass stattfand, an welchem ein Redner aus Deutschland einen Vortrag zu Reichsbürger-Themen gehalten hat. Der Anlass verlief ohne Zwischenfälle und ist aufgrund von Medienberichten öffentlich bekannt geworden (der Glattaler berichtete in seiner Ausgabe vom 04.1 1.2022).

SP/Grüne: Wie begegnet die Stadt Dübendorf solchen Gruppierungen und Personen mit staatsablehnender bis -verweigernder Haltung?

Stadtrat: Für die Stadt besteht immer dann Handlungsbedarf, wenn jemand die gesetzlichen Vorschriften verletzt. Grundsätzlich gilt das staatliche Recht für alle. Begibt sind jemand ins Unrecht, wird die Stadt mit seinen hoheitlichen Mitteln das Recht durchsetzen inkl. straf- und zivilrechtlichen Schritten bei Verstössen. Auf Diskussionen und einen Schriftwechsel über die Funktion von Staat und Stadt und deren Rechtmässigkeit lässt sich die Stadt nicht ein. Der Schriftwechsel beschränkt sich auf das rechtlich notwendige Mass. Beleidigungen, Bedrohungen und weitere strafrechtlich relevante Verhaltensweisen würden unverzüglich der Polizei gemeldet und den Strafverfolgungsbehörden angezeigt. Bei Zahlungsverweigerung bei Gebühren und Steuern aus ideologischer Motivation wird konsequent das Inkasso und die Vollstreckung mit den zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln durchgesetzt.

SP/Grüne: Ist die Verwaltung in Bezug auf den Umgang mit solchen Gruppierungen sensibilisiert und geschult?

Stadtrat: Die bisher betroffenen Bereiche in der Verwaltung sind auf den Umgang mit Anhängern staatsablehnender Ideologien sensibilisiert.

Das Personal des Betreibungs- und Stadtammannamtes, der Abteilung Steuern sowie der Stadtpolizei Dübendorf wurden gegenüber staatsverweigernden Personen geschult und sind deshalb entsprechend sensibilisiert. Es bestehen diesbezüglich Merkblätter für den Umgang mit solchen Personen.

Verwaltungsintern gibt es zudem ein „Bedrohungsmanagement“, wo das Verwaltungspersonal Vorfälle beispielsweise zu aggressiven oder stalkenden Personen jederzeit melden kann und sich ein internes Team rasch der Sache annimmt, diese zu klären versucht und soweit nötig Massnahmen trifft oder in die Wege leitet. Als kompetente Stelle steht auch die Stadtpolizei der Verwaltung beratend zu Verfügung.

Da es bisher mit der Verwaltung in diesem Zusammenhang kaum ernsthafte oder bedrohliche Vorfälle gegeben hat, sind bisher keine speziellen zusätzlichen Massnahmen getroffen worden. Sollten sich Vorfälle aber häufen, wird die Stadtverwaltung sein Personal entsprechend weiter sensibilisieren und schulen.

SP/Grüne: Sind der Stadt Dübendorf Absichten jener Gruppen bekannt, Parallelstrukturen wie eigene Schulen oder Homeschooling-Gruppen aufzuziehen?

Stadtrat: Privatschulen mit staatsablehnenden Ideologien sind in Dübendorf keine bekannt. Der Betrieb von Privatschulen setzt eine Bewilligung der Bildungsdirektion voraus. Die Aufsicht obliegt ebenfalls dem Kanton. Die Primarschule kontrolliert lediglich die Erfüllung der Schulpflicht.

lm Primarschulalter sind in Dübendorf zurzeit fünf Kinder im Homeschooling, wovon drei Kindergartenkinder. Bei allen fünf zu Hause beschulten Kindern sieht die Primarschule keinen Grund zur Annahme, dass eine Gruppierung, wie in der Anfrage beschrieben, dahinterstehen könnte. Die Aufsicht der Kinder im Homeschooling liegt beim kantonalen Volksschulamt. Wer die Kinder länger als ein Jahr daheim unterrichtet, kann vom Volksschulamt besucht werden.

SP/Grüne: Was unternimmt die Stadt Dübendorf um die staatlichen Institutionen zu stärken, um das Vertrauensverhältnis zur Bevölkerung zu festigen und demokratieuntergrabenden Bestrebungen den Riegel vorzuschieben? Besteht diesbezüglich eine Zusammenarbeit oder ein Austausch mit dem Kanton und anderen Gemeinden?

Stadtrat: Grundsätzlich handelt es sich um eine Daueraufgabe, ein gutes Verhältnis zwischen
den staatlichen Institutionen und der Bevölkerung zu pflegen und das nötige Vertrauen zu sichern und hochzuhalten. Dabei ist es Hauptbestreben, den Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht zu werden. Eine aktuelle, transparente und verständliche Kommunikation, die korrekte und zuvorkommende Behandlung seiner Bewohnerinnen und Bewohner und die Motivation der Stimmberechtigten, an den Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen und sich damit an den Entscheidungsprozessen zu beteiligen, sind dabei wichtige Elemente.

Mit den allgemeinen Handlungsempfehlungen gilt es die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung zu sensibilisieren und geeignete Massnahmen zu treffen. Wo Straftatbestände erkennbar sind, soll durch das Ausschöpfen der rechtlichen Möglichkeiten eine konsequente Strafverfolgung angestrebt werden.

Ein Fachaustausch mit dem Kanton und anderen Gemeinden findet auf polizeilicher Ebene statt. Auf politischer Ebene ist bisher kein offizieller Austausch mit dem Kanton und anderen Gemeinden erfolgt. Sollte das Phänomen solcher Ideologien zunehmen, wird eine stärkere Vernetzung der Behörden notwendig werden.

Leandra Columberg (SP) & Julian Croci (Grüne), Gemeinderatsmitglieder

Sie können die Anfrage hier herunterladen