Grüne: Stadt Dübendorf

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Administrativuntersuchung Sozialhilfe der Stadt Dübendorf (Poledna-Bericht)

Anmerkung der Grünen: Die Fussnoten des Berichtes fehlen hier, da sie in WordPress schwierig darzustellen sind. Sie sind aber im PDF-Download zu finden.

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Inhaltsverzeichnis

  1. Auftrag und Ablauf der Untersuchung
    1. Auftrag an Kommission
    2. Definition Auftrag Kommission an Untersuchungsbeauftragten
    3. Verfahrenshandlungen
      1. Allgemein
      2. Aktenbeschaffung
      3. Entbindung Amtsgeheimnis
      4. Festlegung Zeitrahmen
      5. Protokollführung
      6. Befragte Personen
      7. Einräumung rechtliches Gehör
    4. Anonymisierung des Berichts
    5. Untersuchungsgrenzen
  2. Abteilung Soziales – rechtlicher Rahmen
    1. Abteilung Soziales als Teil der Stadtverwaltung
    2. Kompetenzordnung der Stadt Dübendorf
      1. Vorgaben Gemeindegesetz und Sozialhilfegesetz
      2. Gemeindeordnung
      3. Geschäftsordnung der Sozialbehörde vom 1. Januar 2013 (GO SB)
      4. Geschäftsreglement Stadtrat Dübendorf vom 15. Januar 2009/19. November 2019 (GR SR)
      5. Organisations- und Verwaltungsreglement vom 28. November 2013 (OVR)
      6. Finanzkompetenzen
    3. Ombudsstelle
      1. Rechtlicher Rahmen
      2. Vorgriff: Problematik der mangelhaften Umsetzung in Dübendorf
    4. Beschaffungsrecht
    5. Sozialhilferecht
  3. Thematischer und Chronologischer Abriss
    1. Vorbemerkungen
    2. Medienberichterstattung
      1. Tages Anzeiger 12. November 2016
      2. Tages Anzeiger 21. November 2016
      3. Tages Anzeiger 22. November 2016
      4. Tages Anzeiger 8. Februar 2019
      5. Tages Anzeiger 31. August 2020
      6. Tages Anzeiger 4. September 2020
      7. Tages Anzeiger 16. September 2020
      8. Tages Anzeiger 18. September 2020
      9. Beobachter 4. Dezember 2020
    3. Austritt aus dem SDEU/SDBU
    4. Einsatz Springer
      1. Stellenetat und Kosten
      2. Administrative Abwicklung
    5. Weitere Zusammenarbeit mit SDBU: Arbeitseinrichtungen
    6. Austritt aus SKOS
    7. Funktionsweise Stadtrat in Abgrenzung zur Sozialbehörde (SB)
    8. Funktionsweise Sozialbehörde (SB)
      1. Bestellung und Präsidium
      2. Legislaturziele
      3. Zuständigkeiten im Bereich PErsonal
      4. Zusammenarbeit der Mitglieder
      5. Aufsicht durch den Bezirksrat
      6. Beispiel: Behandlung des Falles C.C.
    9. Funktionsweise Ombudsstelle
    10. Auslagerung Asyl- und Flüchtlingskoordination
      1. Historie
      2. Mietverhältnisse
      3. Zustände in den Unterkünften
      4. Vergabeverfahren
    11. Handbuch Sozialhilfe Dübendorf
    12. Finanzflüsse und Finanzkontrolle
    13. Umgang mit Hilfesuchenden
      1. Grenzen der Abklärung
      2. Aktenführung
      3. Einsatz von Sozialdetektiven
      4. Zwei Beispielfälle
        1. Frau A.A.
        2. Herr B.B.
      5. Suizidfall
    14. Personalbeschwerden
      1. Leitung Amt für Soziales und Abteilung Sozialhilfe
        1. Ehemaliger Leiter Soziales
        2. Ehemalige Leiterin Sozialhilfe
      2. Beschwerden betreffend Sozialhilfe-Amtsführung
        1. Februar 2019
        2. Juni 2019
        3. September 2019
        4. Oktober 2019
        5. Dezember 2019
      3. Untersuchung der Personalcoaching-Firma
        1. Auftragserteilung
        2. Erstellung und Inhalt des Berichts
        3. Folgerungen des Berichts
        4. Weitere Schritte
        5. Würdigung
    15. Regel- und Spezialprüfung der Revisionsfirma der Gemeinde
      1. Überblick
      2. Umfassende Revisionsberichte
      3. Spezialprüfung 2019 zum Bericht des Tages Anzeigers vom 8. Februar 2019
      4. Spezialprüfung 2020 – Leistungsvereinbarung mit der Firma 1 aus dem Asylbereich
      5. Spezialprüfung 2020 – Abrechnung der Springerfirma/Springereinsätze
  4. Folgerungen zu den Untersuchungsthemen
    1. Störanfällige Organisationsstruktur: Aufgabenteilung Stadtrat und Sozialbehörde
    2. Führungsmängel Sozialbehörde
    3. Nichtbeachtung von rechtlichen Vorgaben
    4. Mangelnde Transparenz
    5. Vertrauensverlust
    6. Folgen von Pflichtverletzungen
    7. Empfehlungen

I. Auftrag und Ablauf der Untersuchung

A. Auftrag an Kommission

1 Mit Beschluss des Büros des Gemeinderates Dübendorf vom 19. Oktober 2020 wurden der neu eingesetzten Spezialkommission folgende Aufgaben übertragen, wobei die für die weiteren Schritte nötigen Bereiche hier kursiv markiert sind:

  • Definition des Untersuchungsauftrages für die externe Untersuchungsstelle
  • Enge Begleitung der externen Untersuchungsarbeit
  • Entgegennahme und Beurteilung von Zwischenberichten sowie des Schlussberichtes der externen Untersuchungsstelle
  • Abgabe von Empfehlungen an die Exekutivbehörden (Stadtrat / Sozialbehörde) aufgrund der
    Berichtinhalte. Dazu gehören auch Empfehlungen für weitergehende Untersuchungen (Strafuntersuchungen), davon ausgenommen sind mögliche Offizialdelikte bei denen von Amtes wegen die Pflicht zur Einleitung einer Untersuchung besteht
  • Entscheid über die Kommunikation und Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse. Dabei ist eine möglichst transparente Kommunikation unter fachkundiger Begleitung anzustreben
  • Vorstellung des Schlussberichtes im Gemeinderat zu dessen Kenntnisnahme

2 Am 2. November 2020 hat der Gemeinderat die Spezialkommission eingesetzt und den Abklärungsauftrag gemäss der stadträtlichen Weisung übernommen. Der Untersuchungsbereich umfasst hernach (Ziff. 2.3 der Weisung) folgendes:

  • «Überprüfung der bestehenden Strukturen/Abläufe/Verantwortlichkeiten/Finanzkompetenzen (inkl. Rechtmässigkeit von Vergaben an Dritte/Springertätigkeiten) im Bereich Sozialhilfe. Klärung der einzelnen Vorwürfe gemäss Publikation im Tages Anzeiger vom 31. August 2020. Grundlage dafür sollen u.a. die in schriftlicher Form vorliegenden Meldungen der Mitarbeitenden der Sozialhilfe im Frühjahr 2019 sein, die auch Bestandteil der Untersuchung der Personalcoaching-Firmawaren. lnterne Unterstützungsrichtlinien der Sozialhilfe (Klärung der
    Ursache und der Verantwortlichkeit des festgestellten Sachverhaltes sowie die grundsätzliche Rechtmässigkeit solcher Richtlinien).
  • Betreuungsauftrag im Flüchtlingswesen (Klärung von Mängeln und Ursachen / Verantwortlichkeiten im Rahmen des Submissionsverfahrens).
  • Die Untersuchung soll möglichst faktenbasiert erfolgen. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass auch die Befragung von Personen notwendig sein wird. lm lnteresse eines möglichst ungestörten Betriebs des Bereichs Sozialhilfe ist es dem Stadtrat jedoch wichtig, dass bei Bedarf nur eine gezielte Befragung von einzelnen, betroffenen Mitarbeitenden und nicht ein flächendeckender Miteinbezug des ganzen Bereichs erfolgt. Das diesbezügliche Vorgehen wird
    deshalb bei einer externen Vergabe der Untersuchung (allenfalls in einem Erstgespräch) mit der Untersuchungsstelle sorgfältig zu prüfen sein.»

B. Definition Auftrag Kommission an Untersuchungsbeauftragten

3 Mit Schreiben vom 4. Dezember 2020 wurde der Untersuchungsauftrag an den Untersuchungsbeauftragten (nachfolgend UB) wie folgt – in wenigen Punkten leicht erweitert – definiert:

  • Überprüfung der bestehenden Strukturen/Abläufe/Verantwortlichkeiten/Finanz- und Sachkompetenzen (inkl. Rechtmässigkeit von Vergaben an Dritte/Springertätigkeiten) im Bereich Sozialhilfe (Soziales, Stadtrat, Sozialbehörde). Es soll festgestellt werden, ob es zur Verletzung bestehender Vorschriften kam.
  • Klärung der einzelnen Vorwürfe gemäss Publikationen im Tages-Anzeiger. Grundlage dafür sollen u.a. die in schriftlicher Form vorliegenden Meldungen der Mitarbeitenden der Sozialhilfe im Frühjahr 2019 sein, die auch Bestandteil der Untersuchung der PersonalcoachingFirma waren. Interne Unterstützungsrichtlinien der Sozialhilfe (Klärung der Ursache und der Verantwortlichkeit des festgestellten Sachverhaltes sowie die grundsätzliche Rechtmässigkeit solcher Richtlinien). Offenbar bestehen verschieden Fassungen der internen und externen Unterstützungsrichtlinien der Sozialhilfe. Welche Fassung gilt? Ist diese rechtmässig erlassen worden? Wurden deren Vorgaben eingehalten? Welche Prozesse führten dazu, dass
    eine gekürzte Fassung veröffentlicht wurde?
  • Betreuungsauftrag im Flüchtlingswesen (Klärung von Mängeln und Ursachen / Verantwortlichkeiten generell und insbesondere im Rahmen des Submissionsverfahrens).
  • Die Untersuchung soll möglichst faktenbasiert erfolgen. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass auch die Befragung von Personen notwendig sein wird. Im Interesse eines möglichst ungestörten Betriebs des Bereichs Sozialhilfe ist es dem Stadtrat jedoch wichtig, dass bei Bedarf nur eine gezielte Befragung von einzelnen, betroffenen Mitarbeitenden und nicht ein flächendeckender Miteinbezug des ganzen Bereichs erfolgt. Das diesbezügliche Vorgehen wird
    deshalb bei einer externen Vergabe der Untersuchung (allenfalls in einem Erstgespräch) mit der Untersuchungsstelle sorgfältig zu prüfen sein.
  • Klärung der Rolle des Ombudsmannes: Gab es Kompetenzüberschreitungen seinerseits? Wurde seine Arbeit aktiv behindert?
  • Die Untersuchung soll mehrere Jahre zurückgehen (mind. inkl. Legislatur 2014-2018). Grundsätzlich soll soweit zurückgegangen werden, wie dies aus Sicht von Prof. Poledna für die Klärung der aktuellen Situation notwendig ist.

C. Verfahrenshandlungen

1. Allgemein

4 Zu den wichtigsten vorbereitenden Handlungen gehörten, dies in Abgleich mit der Kommission gemäss deren Schreiben vom 4. Dezember 2020:

  • Definition Auftrag
  • Aktenbeschaffung durch Tomas Poledna direkt beim Stadtrat
  • Festlegung Kreis der befragten Personen durch Tomas Poledna im Rahmen der Relevanz
  • Entbindungen vom Amtsgeheimnis durch Stadtrat bzw. Bezirksrat
  • Festlegung Zeitrahmen: Dieser wurde schrittweise nach Fortgang der Untersuchung festgelegt
  • Protokollführung durch Assistentin von Tomas Poledna

2. Aktenbeschaffung

5 Folgende Akten waren für die Einleitung der Untersuchung (nicht abschliessend) wichtig:

  • Gesetzliche Grundlagen Stadt Dübendorf, bis auf die Ebene der internen Weisungen und Richtlinien (darunter auch die Unterstützungsrichtlinien und allfällige Richtlinien zum Vergaberecht bzw. -verfahren).
  • Organigramm Stadtrat und Abteilung Soziales (unter Einschluss Sozialhilfe), bei Änderungen in den verschiedenen Fassungen.
  • Aufstellung der in die Amtsführung involvierten Personen mit Funktion, Zeitraum der Amtsausübung, Kontakt (E-Mail und Telefon, Adresse) sowie – soweit bekannt – mit Abwesenheiten (es geht um längere Abwesenheiten, nicht um die tägliche Verfügbarkeit).

6 In der Folge wurden zahlreiche weitere Akten angefordert, dies beim Stadtschreiber, beim Geschäftsleiter, bei der Abteilung Finanzen, bei der Personalabteilung und der Abteilung Soziales. Verschiedene Akten wurden sodann von den befragten Personen zugestellt.

3. Entbindung Amtsgeheimnis

7 Die notwendigen Entbindungen vom Amtsgeheimnis liegen vor und wurden wie folgt erteilt:

  • aktuelle und ehemalige Mitarbeitende der Verwaltung: Stadtratsbeschluss vom 03.12.2020
  • Mitglieder der Sozialbehörde: Bezirksratsbeschluss vom 26.01.2021
  • Ombudsmann: Stadtratsbeschluss vom 14.01.2021
  • Mitglieder des Stadtrates: Bezirksratsbeschluss vom 26.01.2021
  • Springerfirma: Stadtratsbeschluss vom 27.05.2021 und Präsidialverfügung des Stadtrates vom 31.05.2021

4. Festlegung Zeitrahmen

8 Die ersten Schätzungen für den Berichtsentwurf gingen vom März 2021 aus. Diese Einschätzung erwies sich als zu optimistisch: Im Verlauf der Untersuchung haben sich verschiedene neue Felder für Abklärungen gezeigt und mussten auch wesentlich mehr Unterlagen gesichtet werden, als zunächst zu erwarten gewesen war. Zwei Klienten der Sozialhilfe wandten sich an den UB und wurden mit deren Einverständnis deren Akten der Sozialhilfe durchgesehen und für die Untersuchungszwecke ausgewertet. Zudem erwies sich die Terminfindung für die Befragungen zum Teil als schwierig und hat die ehem. Leiterin Sozialhilfe entgegen ihrer ersten Zusicherung die (schriftlichen) Befragung ohne Reaktion auf die ihr zugestellten Fragen verweigert. Dies führte dann zu Anpassungen im Vorgehen. Sodann wurden im Verlauf der Untersuchung externe Abklärungen zum Umfang der
Springereinsätze in Auftrag gegeben, was zu einem deutlichen Verschieben des Abgabetermins geführt hat.

5. Protokollführung

9 Die Befragungen wurden aufgrund der pandemischen Situation zumeist als Videokonferenzen, in einigen Fällen telefonisch, geführt. Die Befragungen (Ton) wurden mit Zustimmung aller Personen elektronisch aufgezeichnet und gesichert abgelegt. Die Protokolle wurden in Form von Fragen und Zusammenfassung der wesentlichen Antworten geführt. Die Protokolle wurden den Befragten zur Durchsicht, Ergänzung und Unterschrift gegeben.

6. Befragte Personen

10 Folgende Personen wurden an den angeführten Daten befragt. Die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung (STV) sowie der Sozialhilfe (SH) sowie externe Personen ohne amtlichen Kontakt mit der Stadt Dübendorf wurden wie auch die beiden befragten Empfänger von Sozialhilfe anonymisiert, soweit ihre Funktionen für den Bericht keine wesentliche Rolle spielten:

Nr., Name, Vorname, Befragungsdatum

  1. Stadtschreiber 17.12.2020
  2. Geschäftsleiter 07.01.2021
  3. MA STV MA STV 11.01.2021
  4. MA SH MA SH 18.01.2021
  5. MA STV MA STV 21.01.2021
  6. MA SH MA SH 22.01.2021
  7. Frauenfelder Anton 26.01.2021
  8. MA SH MA SH 28.01.2021
  9. MA SH MA SH 09.02.2021
  10. Ehem. Leiter Soziales 10.02.2021
  11. Siems David 11.02.2021
  12. Zeier Regula 11.02.2021
  13. Albrecht Caroline 12.02.2021
  14. Hofer Jacqueline 15.02.2021
  15. Ingold André 16.02.2021
  16. Siems David 17.02.2021
  17. Schärli Patrick 17.02.2021
  18. Umbricht Simon 22.02.2021
  19. MA SH MA SH 23.02.2021
  20. Bucherer Evelyne 25.02.2021
  21. Geschäftsleiter SDBU 01.03.2021
  22. Ziörjen Lothar 02.03.2021
  23. Bäumle Martin 03.03.2021
  24. ad interim Leiterin Soziales 03.03.2021
  25. Sutter Flavia 03.03.2021
  26. A.A. A.A. 04.03.2021
  27. Springerin 18.03.2021
  28. Mitarbeiter externe Sozialinstitution 19.03.2021
  29. Mitarbeiter externe Sozialinstitution 22.03.2021
  30. B.B. B.B. 24.03.2021
  31. Spillmann Kurt 29.03.2021
  32. Mitarbeiterin Revisionsfirma der Gemeinde 01.04.2021
  33. MA SH MA SH 09.06.2021
  34. Springerin 15.06.2021
  35. MA SH MA SH 15.06.2021

11 Verschiedene Personen haben – vor allem aus gesundheitlichen Gründen – auf eine Befragung verzichtet. Insgesamt waren es vier Personen aus dem Bereich Sozialhilfe.

12 Diese Zahl an Verzichten ist im Umfeld der von mir getätigten Administrativuntersuchungen aussergewöhnlich hoch und zeigt, dass die doch schon einige Zeit zurück liegenden Ereignisse noch sehr präsent und belastend sind. Auch bei einigen der befragten Personen spürte ich deutlichen Unwillen, sich mit der Vergangenheit befassen zu wollen.

13 Die ehem. Leiterin der Sozialhilfe verlangte eine schriftliche Befragung. Gegen den Schluss der Untersuchung habe ich der ehem. Leiterin Sozialhilfe mit E-Mail vom 22. Mai 2021 34 Fragen unterbreitet, mit Fristansetzung für die Antworten bis zum 3. Juni 2021. Den Empfang der Fragen hat die ehem. Leiterin Sozialhilfe mit E-Mail vom 27. Mai 2021 bestätigt. Am 9. Juni 2021 teilte sie mir mit, dass die Antworten bis am 13. Juni 2021 erfolgen würden. Ungeachtet dieser Ankündigung blieb auch diese aus. Auch auf die Zustellung der relevanten Passagen aus dem Berichtsentwurf blieb eine Antwort aus.

7. Einräumung rechtliches Gehör

14 Soweit sich der Berichtsentwurf wesentlich zu bestimmten Personen äusserte, wurde diesen die Möglichkeit gegeben, zu den entsprechenden Passagen Stellung zu nehmen. Der Bericht geht in seiner Schlussfassung auf wesentliche, nicht berücksichtigte Bemerkungen ein und erläutert kurz, welches die Gründe für die Nichtberücksichtigung sind. Frau Jacqueline Hofer hat eine Stellungnahme abgegeben, deren weite Teile allgemeine Erklärungen enthalten, die nicht spezifisch zu bestimmten Feststellungen und Vorhalten zugeordnet werden können. Auf konkrete Ausführungen der Sozialvorsteherin zu Feststellungen und Vorhalte wird im Text an der jeweiligen Stelle eingegangen.

15 Folgende Stellungnahmen gingen ein:

  • MA SH am 29.06.2021
  • Anton Frauenfelder am 02.07.2021
  • Stadtrat am 21.07.2021
  • Sozialbehörde am 21.07.2021
  • Jacqueline Hofer am 21./ 29. und 30.07.2021
  • ehem. Leiter Soziales am 21. und 28.07.2021
  • Revisionsfirma der Gemeinde am 21.07.2021
  • Springerfirma am 05.08.2021

16 Keine Stellungnahme ging ein von Kurt Spillmann und von der ehem. Leiterin Sozialhilfe.

17 Der Bericht wurde nach Eingang der Stellungnahmen finalisiert, dies im Zeitraum Ende August 2021. Einzelne punktuelle Bereiche wurden aufgrund von Rückfragen der gemeinderätlichen Kommission im Oktober/November 2021 ergänzt bzw. präzisiert.

D. Anonymisierung des Berichts

18 Die im Bericht erwähnten Personen werden – soweit es möglich ist – anonymisiert. Wo es aufgrund der Umstände (Funktion, Zeitpunkt oder bisherige Öffentlichkeit) ohne Weiteres ersichtlich ist, um wen es geht, wird auf eine Anonymisierung verzichtet. Dies betrifft insbesondere folgende Personen beziehungsweise Organisationen:

  • Behördenmitglieder, insbesondere Mitglieder des Stadtrates und der Sozialbehörde;
  • Ombudsperson

Der Untersuchungsbericht wurde erst in einer späten Phase zwecks Veröffentlichung anonymisiert. Dabei wurden – z.B. auch in Zitaten – vorher aufgeführte Namen durch Funktionen ersetzt. Dies führt teilweise zu verschiedenen Bezeichnungen derselben Person innerhalb eines Abschnittes, z.B. die gleichzeitige Bezeichnung des „Leiter Soziales“ und des „ehem. Leiter Soziales“ für ein und dieselbe Person.

E. Untersuchungsgrenzen

19 Die Administrativuntersuchung wird durch das Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRG) des Kantons Zürich geregelt. Dieses schliesst Zwangsmittel zur Erstellung des Sachverhaltes aus, somit etwa Hausdurchsuchungen oder Vorführungen zum Zweck der Befragungen. Die befragten Personen werden sodann als Auskunftspersonen und nicht als Zeuginnen oder Zeugen befragt. Diese Unterscheidung darf jedoch nicht überbewertet werden.

20 Eine Administrativuntersuchung hat zum Ziel Vorgänge zu klären, Verantwortlichkeiten zu benennen, Abläufe zu analysieren und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Allgemein gesprochen
soll man der Wahrheit möglichst nahekommen. Dies ist naturgemäss äusserst schwierig. Zum einen gibt es „die“ Wahrheit nicht, sondern nur verschiedene Wahrnehmungen. Diese sind zu werten und in einen Gesamtzusammenhang zu stellen.

21 Weiter ist zu beachten, dass die Erforschung der Vergangenheit nur indirekt erfolgen kann, durch Befragungen und Aktenauswertungen. Hier zeigte sich, dass je weiter zurück liegende Ereignisse angesprochen werden, umso weniger detaillierte Erinnerungen vorliegen und häufig Akten nicht auffindbar sind. So kann etwa der Austritt Dübendorfs im Jahre 2007 aus dem SDBU wohl nur mit Vorbehalten beurteilt werden.

22 Allgemein gilt sodann, dass man mündliche Aussagen nicht überbewerten darf; dies ist unter Juristen eine seit langem bekannte Erfahrung, die von den neusten neurologischen Erkenntnissen bestätigt wird1. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage wird jedoch erhöht, wenn sie sich mit den Aussagen anderer Personen deckt und im Idealfall sogar aktenmässig eine Bestätigung findet.

23 Die Beurteilung erfolgt aufgrund der Akten- und Befragungslage. Wo Vermutungen geäussert werden, wird dies auch so dargestellt.

24 Eine weitere Grenze ergibt sich daraus, dass man bei den Recherchen aus Ressourcengründen Grenzen ziehen muss. Man kann nicht jeder Frage bis in die letzten Details nachgehen, da dies zum Teil tagelange Nachforschungen nach sich ziehen würde. Dies bedingt, dass man gewisse Punkte offenlassen muss.

25 Faktische Grenzen werden dann dort gezogen, wo Akten nicht mehr greifbar sind (so, weil diese nach 10 Jahren nicht mehr archiviert sind) oder Vorgänge sich mit vertretbarem Aufwand schlichtweg nicht nachvollziehen lassen.

26 Vorliegend liegt insofern auch eine Schwierigkeit darin, dass einige für die Abklärung wesentliche Personen sich nicht haben befragen lassen wollen oder können. Dies betrifft diverse ehemalige Mitarbeiter der Abteilung Sozialhilfe. Die Leiterin dieser Abteilung willigte bloss zu einer schriftlichen
Befragung ein, die sie jedoch letztlich nicht wahrnahm.

II. Abteilung Soziales – rechtlicher Rahmen

A. Abteilung Soziales als Teil der Stadtverwaltung

27 Die Abteilung Soziales ist Teil der Stadtverwaltung, allerdings mit einer spezifischen Stellung, auf die noch einzugehen sein wird. Die hierarchische Eingliederung (hier hellgrün markiert) zeigt sich (teilweise) aus dem städtischen Organigramm:

Behörden- und Verwaltungsorganisation Stadt Dübendorf

Behörden- und Verwaltungsorganisation Stadt Dübendorf

28 Die Abteilung Soziales setzt sich aus den Bereichen Asylkoordination, Berufsbeistandschaft, Sozialhilfe und den Sozialversicherungen zusammen. Untersuchungsgegenstand sind die Bereiche Sozialhilfe (dies ist der Schwerpunkt der Untersuchung) sowie Asylkoordination (hier vor allem: die Aufgabenauslagerung).

B. Kompetenzordnung der Stadt Dübendorf

1. Vorgaben Gemeindegesetz und Sozialhilfegesetz

29 Nach § 6 SHG ist der Gemeindevorstand die Sozialbehörde. Die Gemeindeordnung kann aber vorsehen, dass die Aufgaben der Sozialbehörde unter den Voraussetzungen des Gemeindegesetzes einem anderen Organ übertragen werden können; dies ist dann auch in der Stadt Dübendorf so erfolgt. Hier wurde eine eigenständige Kommission eingerichtet.

30 Eine Kommission in diesem Sinn ist eine besondere Behörde, die für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben geschaffen wird. Zweck einer Kommission ist es namentlich, den Gemeindevorstand zu entlasten oder Fachpersonen für die Aufgabenerfüllung beizuziehen.

31 Soll die Sozialbehörde als eigenständige Kommission gebildet werden, muss dies in der Gemeindeordnung geregelt werden. Als eigenständige Kommission handelt die Sozialhilfe-Kommission im Rahmen ihrer Aufgaben anstelle des Gemeindevorstandes und untersteht damit nicht seiner Aufsicht. Die Sozialbehörde muss von dem für die Sozialhilfe zuständigen Mitglied des Gemeindevorstands präsidiert werden und aus mindestens vier weiteren Mitgliedern bestehen (§ 51 Abs. 2 GG). Wahlorgan ist der Gemeindevorstand, soweit die Gemeindeordnung nichts anderes bestimmt. Die Gemeindeordnung regelt die Mitgliederzahl, die Zusammensetzung, die Aufgaben und die Entscheidungsbefugnisse der Kommission (§ 51 Abs. 3 GG).

32 Gegen Entscheide der Sozialbehörde kann Rekurs beim Bezirksrat erhoben werden, dessen Entscheid mit Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Zürich weitergezogen werden kann. 33 Die Ausgaben der Sozialbehörde sind Bestandteil der allgemeinen Gemeinderechnung (§ 86 GG). Die mit der Rechnungskontrolle betraute Prüfstelle (§§ 142 ff. GG) muss die Rechtmässigkeit der Ausgaben prüfen können. Sie hat Einblick in alle Belege der Sozialbehörde und unter Umständen auch in die Dispositive von Beschlüssen, aber nicht in die Aktendossiers und Behördenprotokolle. Die damit befassten Personen unterliegen auch der Schweigepflicht.

2. Gemeindeordnung

34 Die Gemeindeordnung der Stadt Dübendorf vom 5. Juni 2005 (Fassung vom 26. November 2017; GO) sieht für den Bereich Soziales eine selbständig tätige Sozialbehörde (SB) vor, bestehend aus 5 Mitgliedern (Art. 50 GO). Dieser steht als Präsidentin die Ressortvorsteherin Soziales vor, die gleichzeitig Mitglied des Stadtrates ist. Die übrigen Mitglieder werden vom Gemeinderat (Legislative) gewählt. Die Sozialbehörde erfüllt ihre Aufgaben als Gesamtbehörde. Sie verteilt ihre Aufgaben selbst und erlässt zu diesem Zweck ein Geschäftsreglement (Art. 52 GO). Zu ihrem Kompetenzbereich gehört die Erledigung von Aufgaben im Fürsorgebereich, die ihr durch die eidgenössische und kantonale Gesetzgebung übertragen sind (Art. 51 GO).

35 Die Sozialbehörde beschliesst nach Art. 53 GO in eigener Kompetenz über

  • 1. den Ausgabenvollzug im Rahmen des Voranschlages und der Spezialbeschlüsse, soweit nicht andere Organe zuständig sind;
  • 2. gebundene Ausgaben und
  • 3. im Voranschlag nicht enthaltene, nicht gebundene Ausgaben folgenden Umfangs: a) einmalige Ausgaben bis Fr. 30‘000.– im Einzelfall, insgesamt höchstens Fr. 150‘000.– im Jahr und b) jährlich wiederkehrende Ausgaben bis Fr. 7‘500.– im Einzelfall, insgesamt höchstens Fr. 37‘500.– im Jahr.

36 Demgegenüber hat der Stadtrat verschiedene Kompetenzen, welche auch die Geschäftstätigkeit der Abteilung Soziales betreffen. Diese erfassen insbesondere die Anstellung und Besoldung des Personals (Art. 35 Abs. 2 GO). Er weist den Vorstand des Ressorts Soziales einem Mitglied des Stadtrates zu. Er kann Ressortvorstehenden für die Erledigung von Geschäften Weisungen erteilen (Art. 39 Abs. 1 GO), wobei dieses Recht offensichtlich bezüglich der selbständigen Stellung der Sozialbehörde im Bereich des Gesetzesvollzugs nur sehr beschränkte Wirkung hat (Art. 51 GO). Den Stadtrat trifft dann jedoch die Pflicht zur ökonomischen Führung der Stadtverwaltung (Art. 34 Abs. 1 Ziff. 2
GO).

3. Geschäftsordnung der Sozialbehörde vom 1. Januar 2013 (GO SB)

37 Die SB hat in eigener Kompetenz ihre Geschäftsordnung erlassen. Laut Art. 1 Abs. 1 GO SB ist die SB die leitende, planende und vollziehende Behörde für das Geschäftsfeld Sozialhilfe (zur Sozialhilfe nachfolgend Rz. 77 ff.). Der Vollzug der Sozialhilfe umfasst alle Geschäftstätigkeiten, die mit der persönlichen und wirtschaftlichen Hilfe zusammenhängen. Dies auch den Verkehr mit externen
Dienstleistern nach § 13 Sozialhilfegesetz.

38 Nach Art. 6 GO SB obliegt ihr die politisch/strategische Führung der namentlich aufgezeigten Geschäftsfelder, darunter der Bereiche Sozialhilfe und Asylwesen. Sie gibt die strategischen Ziele vor für die ihr unterstellten Bereiche (Art. 7 lit. e GO SB).

39 Dabei ist festzuhalten, dass – anders als bei den Notwohnungen und beim Alters- und Spitexzentrum – für die Unterkünfte im Asylbereich nicht der (selbst bewerkstelligte) Betrieb der Unterkünfte verlangt wird (Art. 6 Abs. 3 GO SB).

40 Nach Art. 7 lit. c GO SB erlässt die SB «Richtsätze über die Gewährung von wirtschaftlicher Hilfe als Ergänzung zur kantonalen Gesetzgebung». Diese Kompetenz wurde mit den – noch näher zu untersuchenden – (sogenannten: internen und externen) Richtlinien wahrgenommen.

41 Mit Ausnahme der Betriebsleitung und der dieser direkt unterstellten Abteilungsleitungen des Alters- und Spitexzentrums kommen der SB keine Anstellungskompetenzen zu (Art. 7 lit. d GO SB).

42 Das Rechnungswesen der SB wird von der Finanzabteilung geführt (Art. 4 GO SB).

43 Das Präsidium der SB (bestehend aus der Ressortvorsteherin/-vorsteher und einer Person aus dem Kreis der SB für das Vizepräsidium) führt die Aufsicht über die Geschäftsführung u.a. bei der Sozialhilfe und im Asylwesen.

44 In der GO SB sind sodann die Zuständigkeiten der Leitung Sozialhilfe definiert. Diese führt das Sekretariat Sozialhilfe (Art. 24 Abs. 1 GO SB). Sodann hat die SB folgende Entscheidungsbefugnisse an die Leitung Sozialhilfe delegiert (Art. 24 Abs. 2 GO SB):

  • a) Durchführung der persönlichen Hilfe;
  • b) Gewährung bzw. Nichtgewährung wirtschaftlicher Hilfe im Rahmen des internen Handbuches über die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe der Sozialbehörde Dübendorf;
  • c) Betrieb und Bewirtschaftung Notunterkunft.

45 Dem Präsidium der Sozialbehörde steht die Aufsicht über die Geschäftsführung der Sozialhilfe, Asylwesen und Alters- und Spitexzentrum zu (Art. 21 Ziff. 1 GO SB). Die Leitung Sozialhilfe nimmt mit beratender Stimme an den Sitzungen der Sozialbehörde teil (Art. 24 Abs. 1 GO SB).

46 Die einzelnen Mitglieder der Sozialbehörde haben keine Finanzkompetenz (Art. 26 GO SB). Das Präsidium führt gemeinsam mit dem Sozialsekretär die rechtsverbindliche Unterschrift der Sozialbehörde (Art. 27 Abs. 1 GO SB).

4. Geschäftsreglement Stadtrat Dübendorf vom 15. Januar 2009/19. November 2019 (GR SR)

47 Gemäss Ziff. 1.1 GR SR obliegen dem Stadtpräsidenten schwerpunktmässig u.a. der Bereich Personal, die Geschäftsleitung des Stadtrates sowie die allgemeine Aufsicht über die Stadtverwaltung. In den Bereich Sozialvorstand fallen u.a. das Sozialwesen sowie das Asylwesen.

5. Organisations- und Verwaltungsreglement vom 28. November 2013 (OVR)

48 Das OVR wurde vom Stadtrat gestützt auf Art. 37 der Gemeindeordnung erlassen. Es regelt das Verhältnis zwischen Stadtrat und den ersten zwei Führungsebenen der Stadtverwaltung (Geschäftsleiter, Stadtschreiber, Kader).

49 Nach B. Ziff. 1.2 OVR ist der Stadtrat zuständig für die Festsetzung des Stellenplanes, die Festlegung der Personalpolitik, der Grundsätze der Lohnpolitik sowie die Genehmigung der Stellenbeschreibungen der Mitarbeitenden ab Lohnklasse 19 sowie Entlassung von Mitarbeitenden ab Lohnklasse 19.

50 Nach B. Ziff. 3.1 OVR obliegt den Ressortvorstehern unter anderem die Aufsicht und Kontrolle über die zugewiesenen Aufgabenbereiche, die finanzielle Führung der zugewiesenen Aufgabenbereiche, dies zusammen mit dem Geschäftsleiter, sowie die Planung der Personalressourcen. Sodann wirken sie bei den Mitarbeitergesprächen der Kadermitarbeitenden mit.

51 C. Ziff. 1.1 OVR regelt die Aufgaben des Geschäftsleiters. Diesem obliegt die operative Leitung der Stadtverwaltung sowie die Führung der ihm unterstellten Kadermitarbeitenden.

52 Nach C. Ziff. 3.1 zählt zu den Aufgaben der Kadermitarbeitenden die Beratung und Unterstützung des für diese Aufgabenbereiche zuständigen Ressortvorstehers in der Erfüllung seiner Aufgaben sowie die operative Leitung des Zuständigkeitsbereiches und Führung des ihm unterstellten Personals im Sinne der Unternehmens– und Führungskultur der gesamten Stadtverwaltung.

6. Finanzkompetenzen

53 Die hier interessierenden Finanzkompetenzen sind auf verschiedene Erlasse aufgegliedert. Zum einen enthält die Gemeindeordnung verschiedene Vorgaben. Zu erwähnen ist an erster Stelle die Kompetenz des Stadtrates für die summenmässig nicht beschränkte Kompetenz zur Bewilligung von gebundenen Ausgaben, welche die zwingende Folge gesetzlicher Bestimmungen, der Gemeindeordnung oder von Gemeindebeschlüssen sind (Art. 38 Ziff. 2 GO). Dazu zählen regelmässig die Personalkosten im Rahmen des durch die Gemeindelegislative bewilligten Stellenplans2 ; es stellt sich zudem die Frage, ob auch die Kosten für Springereinsätze hierunter fallen. Dies ist m.E. aufgrund der Regelung von § 103 GG, der den Gemeinden keinen darüber hinaus gehenden Regelungsspielraum zur Verfügung stellt, zu verneinen. Dies insbesondere, wenn die Springerkosten in ähnlicher, ausserordentlicher Höhe über Jahre anfallen und auf einen Missstand in der Personalbewirtschaftung zurück zu führen sind und nicht auf eine ungewöhnliche, seltene Entwicklung. § 103 GG
lautet:

  • § 103. 1 Ausgaben gelten als gebunden, wenn die Gemeinde durch einen Rechtssatz, durch einen Entscheid eines Gerichts oder einer Aufsichtsbehörde oder durch einen früheren Beschluss der zuständigen Organe oder Behörden zu ihrer Vornahme verpflichtet ist und ihr sachlich, zeitlich und örtlich kein erheblicher Entscheidungsspielraum bleibt.
  • 2 Im Übrigen gelten die Ausgaben als neu.

54 Der Stellenplan wird nach Art. 36 Ziff. 2.6 durch den Stadtrat bewilligt. Eine Bindung der Personalkosten an einen übergeordneten Erlass der Gemeindelegislative ist nicht ersichtlich. Je nach konkreter Konstellation wären für die Bewilligung der Springerkosten somit m.E. der Gemeinderat oder die Gemeinde zuständig gewesen. Demgegenüber schildert der Geschäftsleiter die stadträtliche Praxis in seiner E-Mail vom 1. März 2021 wie folgt: «Die Springerkosten sind als Kosten für Dienstleistungen Dritter korrekt zu budgetieren. Dies wurde in der Vergangenheit nicht eingehalten. Aus diesem Grund musste der Stadtrat bei der Abnahme der Jahresrechnung 2019 mit Beschlussdatum vom 12. März 2020 nachträglich einen hohen Nachtragskredit sprechen. Im selben Beschluss hielt der Stadtrat fest, dass ein Nichteinhalten der Finanzordnung der Stadt Dübendorf durch die operativen Budgetverantwortlichen nicht mehr toleriert wird und disziplinarische Massnahmen zur Folge hat.»

55 Weiter ist § 105 GG zu beachten. Wurden von der Stadt Dübendorf – wie vorliegend – die Springerkosten als gebundene Ausgaben eingestuft, so hätten diese im Rahmen des Budgets als «voraussehbare» Kosten im Sinn von § 105 GG in der erwarteten Höhe aufgeführt werden müssen. Dies wurde über Jahre hinweg nicht getan, mit einer nicht nachvollziehbaren Begründung, worauf später näher eingegangen wird.

56 Nach Art. 53 GO stehen der Sozialbehörde verschiedene Finanzkompetenzen zu (dazu vorstehend Rz. 35). Zu erwähnen ist, dass die Ausgaben für die persönliche und wirtschaftliche Hilfe an die Hilfesuchenden als gebundene Ausgaben qualifiziert werden.

57 Die Finanzordnung der Stadtverwaltung Dübendorf vom 20. Dezember 2017 (FO) regelt unter anderem den Budgetierungsprozess, die Verbindlichkeit der Budgetvorgaben, die Begründung der Abweichungen vom Budget (Budgetdisziplin) sowie die Finanzkompetenzen.

58 Jede finanzielle Ausgabe setzt nach Ziff. 3.1 lit. d FO eine Rechtsgrundlage, eine Festsetzung im Budget (sog. Budgetkredit) und einen Ausgabenentscheid voraus. Bei einer Ausgabe hinsichtlich der Investitionsrechnung oder gebundenen Ausgaben ist aufgrund der fehlenden Verankerung im Budget ein Kreditbeschluss des Stadtrates einzuholen.

59 Die FO regelt sodann die Finanzkompetenzen im Detail über die verschiedenen Ebenen der Stadt Dübendorf und des Verwaltungskaders. Auf die entsprechenden Details wird – soweit erforderlich – nachfolgend im Zusammenhang mit den jeweiligen Vorgängen eingegangen.

C. Ombudsstelle

1. Rechtlicher Rahmen

60 Die Gemeindeordnung der Stadt Dübendorf sieht keine Ombudsstelle vor. Die heute eingerichtete Stelle der Ombudsperson wurde erst im Zusammenhang mit den Vorgängen um die Sozialhilfe des Jahres 2016 eingerichtet. Die Ombudsperson nahm seine Tätigkeiten am 5. Dezember 2016 auf. Die Zuständigkeit für die Ombudsstelle lag bis 30. Juni 2019 beim Stadtrat, bevor diese mit SRB Nr. 19-
215 vom 27. Juni 2019 an den Gemeinderat übertragen worden ist.

61 Die Stelle wurde zunächst als Versuchsbetrieb bis Ende des Jahres 2018 bewilligt; hernach wurde sie verlängert. Im Stadtratsbeschluss vom 1. Dezember 2016 wird bezüglich des Aufgabenbereichs der Ombudsperson sinngemäss auf die Regelungen des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG) verwiesen. Später erfolgte der Ablauf aufgrund eines zu diesem Zweck geschaffenen Formulars (dazu im Detail unter Rz. 215 f.). Hiernach wird namentlich festgehalten, von wem der Ombudsmann wann
kontaktiert wurde, wird die Mitteilung an die betroffene Amtsstelle angeführt, der Fall geschildert, die Fallbesprechung festgehalten und wird die Beurteilung durch den Geschäftsleiter oder den Stadtschreiber eingetragen. Sodann ist die Massnahme näher zu bezeichnen.

62 Für das Funktionieren der Ombudsstelle sind somit infolge einer fehlenden eigenen kommunalen Regelung sinngemäss die Bestimmungen des VRG zu beachten. Diese regeln u.a. die Bestellung der Ombudsperson sowie deren Tätigkeiten und Funktionen. Die Ombudsperson wird durch das Parlament bestellt, was in Dübendorf in der Anfangsphase nicht beachtet wurde. Die stadträtliche Bestellung der Ombudsstelle ist wesensfremd und steht in einem Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Ombudsperson von der Verwaltung. Die Ombudsperson kann keine verbindlichen und erzwingbaren Rechtsakte treffen, verfügt jedoch kompensatorisch über umfassende Einsichts- und
Prüfungsrechte3

63 Zentral für die Tätigkeiten der Ombudsperson ist § 89 Abs. 1 VRG: «Die Ombudsperson prüft, ob die Behörden nach Recht und Billigkeit verfahren.» Währenddem der Begriff der Rechtskontrolle leicht verständlich ist, ist nicht immer klar, was mit «Billigkeit» gemeint ist. Darunter zu verstehen ist die Einzelfallgerechtigkeit. Es geht nicht nur um eine formalistische Anwendung des Rechts im Einzelfall, sondern im Einzelfall soll sich die Wertentscheidung des Rechts auch reflektieren. Dies schliesst die Prüfung der Angemessenheit eines bestimmten Verwaltungshandelns ein, wobei die Ombudsperson sich dort zurückhalten wird, wo der Behörde ein besonderes Fachwissen zukommt. Die Billigkeit erfasst jedoch auch das korrekte Verhalten und Auftreten der Behörde4. Die Ombudsperson kann somit auch bei herabwürdigendem Verhalten der Behörde tätig werden.

64 Die Ombudsperson wird auf Beschwerde oder von sich aus tätig. Beschwerde kann relativ formlos von Dritten erhoben werden; sie ist nicht mit dem formellen Rechtsmittel der Beschwerde ans Verwaltungsgericht zu verwechseln. Die Beschwerde steht allen natürlichen und juristischen Personen zur Verfügung; dies schliesst u.a. die kommunalen Angestellten mit ein. Die Möglichkeit eines
Rechtsmittels schliesst die Beschwerde nicht aus. Bei einem laufenden Rechtsmittelverfahren befasst sich die Ombudsperson nicht parallel mit den selben Fragen.

65 Instrumentell stehen der Ombudsperson die Untersuchungsmittel nach § 7 Abs. 1 VRG zur Verfügung: Befragung der Beteiligten und von Auskunftspersonen, Einholen von Amtsberichten und Sachverständigengutachten, Beizug von Urkunden sowie Durchführung von Augenscheinen. Die Ombudsperson kann sich direkt an die betroffenen Amtsstellen wenden und ist nicht an den hierarchischen Dienstweg gebunden5 .Den betroffenen Amtsstellen ist das rechtliche Gehör zu gewähren.

66 Die Ombudsperson kann keine verbindliche Anordnung treffen. Sie berät, vermittelt und kontrolliert. Die Haupttätigkeit besteht darin, die sich im Irrtum oder im Fehler befindliche Person zu einem freiwilligen Nachgeben zu bewegen. Sie kann auch Rat erteilen und Besprechungen verlangen. Die betroffene Behörde ist verpflichtet, an den Besprechungen teilzunehmen.

67 Die Ombudsperson kann jedoch auch strukturelle Verbesserungen vorschlagen: «Selbstverständlich steht es der Ombudsperson frei, das Verhalten der Behörde oder des Beschwerdeführers zu kritisieren und entsprechende Verhaltensvorschläge zu machen. Sie kann den Behörden Verbesserungen empfehlen, sei es in Bezug auf Weisungen oder die Rechtspraxis, sei es im Bereich des tatsächlichen Handelns, der Kommunikation oder des Auftretens. Es steht ihr jedoch nicht zu, die Einhaltung dieser Anregungen autoritativ zu fordern.» 6

68 Konstatiert die Ombudsperson einen Fehler der betroffenen Behörde, hält diese jedoch hieran fest, so erstellt die Ombudsperson eine schriftliche Empfehlung, welche sie dem Beschwerdeführer, der betroffenen Amtsstelle sowie deren vorgesetzten Stelle zustellt. Sie kann auch Dritte anonymisiert orientieren. Sodann kann die Ombudsstelle Jahresberichte veröffentlichen, die Medien orientieren und ist auch berechtigt, auf Gesetzesmängel zu verweisen. In den Jahresberichten kann auf Probleme mit einem bestimmten Amt verwiesen werden.

69 Die Ombudsperson ist – wie die übrigen Behörden – an das Amtsgeheimnis gebunden. Dies gilt gegenüber allen anderen Behörden.

70 Zum Ablauf der Beschwerdebehandlung hielt der Stadtschreiber in einer E-Mail vom 3. Mai 2021 fest:

  • Zur Abklärung von gemeldeten Missständen führte der Weg für den Leiter der Ombudsstelle nie direkt über den Geschäftsleiter oder den Stadtschreiber. In einer ersten Phase (bis 31.10.2017) war der Leiter der Ombudsstelle ermächtigt bzw. angehalten, zur Klärung der gemeldeten Fälle mit den zuständigen Abteilungsleitern in Kontakt zu treten. Ab dem 1.11.2017 wurde dafür neu ein spezielles Formular „Ombudsstelle Abklärungsauftrag“ eingesetzt (…). Es war somit nie vorgesehen, dass beim Ombudsmann gemeldete Fälle durch den Geschäftsleiter oder den Stadtschreiber zur Abklärung entgegengenommen werden.

71 Hierauf wird nachfolgend noch näher eingegangen (Rz. 215 ff.).

2. Vorgriff: Problematik der mangelhaften Umsetzung in Dübendorf

72 Die folgenden Aspekte der konkreten Ausgestaltung der Funktionsweise der Ombudsstelle in Dübendorf erweisen sich als problematisch:

  • Angliederung der Ombudsstelle an den Stadtrat. Diese Angliederung wurde später zwar aufgehoben und die Ombudsstelle wurde an den Gemeinderat angegliedert. Dennoch ist festzuhalten, dass gerade in der Anfangsphase eine verstärkte Betonung der Unabhängigkeit der Ombudsstelle wichtig gewesen wäre.
  • Dazu gehört auch, dass ein direkter Kontakt zwischen der Ombudsstelle und der betroffenen Amtsstelle durch den Verlauf der Informationsbeschaffung erschwert oder gar verhindert wurde. Dies erscheint insbesondere bezüglich der Abteilung Soziales problematisch, als diese bloss eingeschränkt unter der Aufsicht des Stadtrates stand.
  • Die Schaffung eines städtischen Formulars zur Informationsweitergabe und – beschaffung, die über den Geschäftsführer beziehungsweise den Stadtschreiber lief, erscheint unter dem Blickwinkel der Wahrung des Amtsgeheimnisses durch die Ombudsperson als höchst problematisch.
  • Der Einbezug von Stadtrat und indirekt der SB (über den Vorstand/die Vorsteherin) ist systemwidrig und erwies sich nach meiner Einschätzung als Hemmschuh für die ombudschaftliche Wirkung.
  • Schliesslich wurde bei der Errichtung der Ombudsstelle der Eindruck vermittelt, diese stehe allein Personen ausserhalb der Stadtverwaltung zur Verfügung, nicht jedoch den städtischen Angestellten. Diese irreführende Kommunikation wurde im Verlauf der Zeit korrigiert, hat jedoch die Funktionsweise der Ombudsstelle zu Beginn unnötig eingeschränkt.
  • Und zuletzt hat sich auf verschiedenen Ebenen ein Widerstand der Leitung der Abteilung Soziales und der Leitung Sozialhilfe gegen die Arbeit der Ombudsstelle manifestiert, dem die politischen Behörden nicht entschieden genug entgegen getreten sind.

D. Beschaffungsrecht

73 Auf das Beschaffungsrecht soll nur kurz eingegangen werden, soweit es vorliegend von Bedeutung ist. Einschlägig ist hier die Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 25. November 1994/15. März 2001 (IVöB). Diese Regelung betrifft die sogenannten Binnenbereich, also die sich aus innerstaatlichem Recht ergebenden Verpflichtungen. Demgegenüber werden zum staatsvertraglichen Bereich keine Ausführungen gemacht, da die IVöB einen demgegenüber erweiterten subjektiven Anwendungsbereich kennt und auf diesem aufbauend weitere Auftraggeber der IVöB unterstellt.

74 Nach Art. 8 Abs. 1 IVöB unterstehen dieser Vereinbarung Kantone, Gemeinden sowie Einrichtungen des öffentlichen Rechts auf kantonaler oder kommunaler Ebene, mit Ausnahme ihrer kommerziellen oder industriellen Tätigkeiten. Der Wirkungskreis der Abteilung Soziales erfasst hoheitliche Tätigkeiten und ist somit nicht unter den Begriff der industriellen oder kommerziellen Tätigkeiten zu
subsumieren.

75 Neben den unterschwelligen Freihandvergaben, d.h. jenen Vergaben, die aufgrund ihres geringen Auftragswertes im freihändigen Verfahren erfolgen (Art. 7 Abs. 1bis und Anhang 2 IVöB), können öffentliche Aufträge unabhängig vom Auftragswert unter verschiedenen Voraussetzungen direkt und ohne Veröffentlichung freihändig vergeben werden. Die entsprechenden Kriterien sind für den Kanton Zürich in § 10 SubmV aufgeführt (vgl. auch Art. XV des GATT/WTO-Übereinkommens vom 15.
April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen und Art. 12bis Abs. 1 IVöB). Vorliegend wäre jedoch nicht ersichtlich, dass die entsprechenden Ausnahmen greifen würden. Insbesondere rechtfertigen nur wenige Anbieter oder eine Vorabeinschätzung der Qualität der Anbieter kein freihändiges
Verfahren.

76 Das Auftragsvolumen berechnet sich nach dem Total der vom Dienstleister erbrachten Leistungen, unabhängig davon, ob er diese selbst erbringt oder über Dritte beziehen muss (wie etwa Miete von Wohnräumlichkeiten oder Einkauf von Essen).

E. Sozialhilferecht

77 Das kantonale Sozialhilferecht regelt einerseits die Organisation der Fürsorgebehörde in den Grundzügen, jedoch vornehmlich die Ausrichtung von Leistungen und die damit zusammenhängenden Fragen. Nachfolgend wird auf einzelne Aspekte der Rechtsregelungen eingegangen, soweit diese für die Untersuchung von Bedeutung sind.

78 Die Grundlagen der Sozialhilfe regelt das kantonale Sozialhilfegesetz (SHG) vom 14. Juni 1981. Dessen Teilrevision wurde in der Volksabstimmung vom 7. März 2021 angenommen. Folgende Neuerungen wurden damit eingeführt:

  • Neu erhält der Einsatz von Sozialdetektiven eine kantonalgesetzliche Grundlage, allerdings sind Observationen nur in einem engen Rahmen möglich: Technische Ortungsmittel wie beispielsweise GPS-Tracker an Fahrzeugen dürfen nicht eingesetzt werden, auch dürfen keine unangemeldeten Hausbesuche stattfinden.
  • Die Dauer einer Observation wird auf höchstens 20 Tage innerhalb von sechs Monaten festgelegt. Die Bewilligung wird durch den Bezirksrat erteilt. Diese darf nur im Rahmen der Verhältnismässigkeit erteilt werden, insbesondere nur bei konkreten Anhaltspunkten für einen
    Missbrauch.

79 Die Rechtsänderung ist für den vorliegenden Bericht nicht von unmittelbarer Bedeutung. Bislang war umstritten, ob der Einsatz von Sozialdetektiven im Sozialhilfebereich einer kantonalen Gesetzesgrundlage bedarf oder eine kommunale gesetzliche Regelung genügt. Gemäss einigen bezirksrätlichen Entscheiden ist eine kantonale Rechtsregelung nötig; nach einer Beurteilung von Prof. Ueli Kieser von der Universität St. Gallen genügt eine klare kommunal-gesetzliche Grundlage7

80 Dieser Punkt ist letztlich nicht von Bedeutung, nachdem die Stadt Dübendorf keine solche kommunale Regelung kennt. Zwar führt das Sozialhandbuch der Stadt unter Ziff. 3.10 in der ungekürzten Fassung an:

  • Detektive (Ermittlungen)
  • Überprüfen von Sozialhilfebezügern bei Verdacht auf Sozialhilfemissbrauch. Das Vorgehen sowie die Überwachungsfirma ist mit der Leitung Sozialhilfe vorgängig abzusprechen.
  • Kompetenzen:
  • Bis Fr. 5’000.00 Leitung Sozialhilfe
  • Über Fr. 5’000.00 Sozialbehörde

81 Diese Regelung findet sich in der veröffentlichten Fassung des Handbuchs nicht. Selbst eine Veröffentlichung hätte keine Rechtsgrundlage geschaffen, da es nach meiner Beurteilung bei einem solchen Vorgehen zum einen (1) einer hinreichend präzisen Regelung bedurft hätte, wann, unter welchen Umständen und für wie lange eine Observation gestattet ist und zwar (2) in einem demokratisch legitimierten Erlass des Gemeinderates nach Art. 29 Ziff. 1.3 GO. Beides fehlte. Bemerkenswert ist immerhin, dass nach dem Handbuch die Ermittlungen nur bei «Verdacht auf Sozialhilfemissbrauch» erlaubt waren; dies ist selbstverständlicher Ausfluss der Verhältnismässigkeit. Nach meinen Ermittlungen wurde dies nicht immer beachtet, sondern wurden die Detektive teilweise schon rein vorsorglich eingesetzt, in einem Fall sogar vor dem Erstkontakt mit der Hilfesuchenden.

82 Die vorstehenden Ausführungen gelten gleichermassen für den Einsatz von GPS-Trackern, die zum einen verdeckt eingesetzt werden und die zum anderen auch ein Bewegungsprofil anzeigen und somit nicht weniger in die Privatsphäre eingreifen denn die Hausbesuche. Für diesen Einsatz lag nicht einmal eine Zustimmung vor (was naturgemäss die Tauglichkeit der Überwachung stark beeinträchtigt hätte). Der Einsatz der GPS-Tracker ist aktenmässig belegt (Rz. 415), dies auch in einem mir
vorliegenden Fall; die konkrete Verantwortung konnte infolge der Weigerung verschiedener Mitarbeitenden sich befragen zulassen, jedoch nicht im Detail geklärt werden. Ein Mitglied der SB führte an, dass der Einsatz der GPS-Tracker bei der SB ein Thema gewesen sei, doch wurde deren Einsatz seitens der Sozialhilfe laufend verneint.

83 Die vorliegenden Ermittlungen haben aufgezeigt, dass zumindest in Einzelfällen seitens der Hilfesuchenden ein Formular unterzeichnet werden sollte, das vorgängig des Hausbesuchs oder unmittelbar beim Anklopfen an der Haustüre vorgelegt wurde. Eine solche Einverständniserklärung ersetzt die gesetzliche Regelung nicht, insbesondere in einem Bereich, wo es um die existenzielle Sicherung einer Hilfe suchenden Person geht. Im Übrigen findet sich diese Einverständniserklärung
als eine von vielen zu unterzeichnenden Erklärungen im rund 18-seitigen Anmeldeformular und wird deren Bedeutung nirgends hervorgehoben.

84 Weiter ist darauf zu verweisen, dass gemäss den Ergebnissen der Abklärungen den Sozialdetektiven das Anmeldeformular als Ganzes vorab per E-Mail zugestellt worden sei (dazu nach nachfolgend Rz. 284). Auf dem Formular finden sich zahlreiche persönliche Daten der Gesuchstellenden, welche für
die Arbeiten der Sozialdetektive nicht notwendig sind. Dieses Vorgehen findet keine gesetzliche Grundlage und verletzt auch unter dem Aspekt der Notwendigkeit der Datenweitergabe datenschutzrechtliche Vorgaben klar. Zudem ist dieses Vorgehen – sollte es in Einzelfällen nachgewiesen werden können – voraussichtlich als Verletzung des Amtsgeheimnisses zu werten nach Art. 320 StGB. Die Verletzung von Art. 320 StGB ist von Amtes wegen zu verfolgen; die Verjährungsfrist für
die Verfolgung der Straftat beträgt 10 Jahre.

85 Trägerinnen der Sozialhilfe sind nach § 1 SHG die Gemeinden. Die Sozialhilfe besteht aus zwei grösseren Bereichen, der wirtschaftlichen Hilfe einerseits und der persönlichen Hilfe anderseits. Für Asylsuchende bestehen besondere Regeln. Die persönliche Betreuung erfolgt nach § 13 SHG durch die Gemeinden direkt oder in Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden betriebene gemeinsame Beratungs- und Betreuungsstellen. Diese Aufgabe kann auch privaten oder öffentlichen Einrichtungen übertragen werden. Die Mitwirkungspflicht der Hilfesuchenden ist in § 18 SHG geregelt. Diese sind zur Auskunft über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse verpflichtet, soweit dies für die Beurteilung ihre Gesuche notwendig ist. Von besonderem Interesse ist die Regelung von § 18 Abs. 4 SHG:

  • Die Fürsorgebehörde ist berechtigt, auch ohne Zustimmung des Hilfesuchenden und der weiteren in Abs. 1 genannten Personen Auskünfte bei Dritten einzuholen, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, wenn Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben oder Unterlagen bestehen.

86 Auch dies ist Ausdruck des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes; die Behörde orientiert über die Auskunftseinholung.

87 Das SHG enthält bloss vereinzelte organisatorische Regelungen. Hier besonders zu nennen sind die Vorgaben bezüglich der Schweigepflicht und des Amtsgeheimnisses. Das SHG sieht bereits direkt eine besondere Regelung des Amtsgeheimnisses vor und legt die Ausnahmen fest. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Ombudsstellen ermächtigt sind, der Sozialbehörde Meldung
zu erstatten, wenn konkreter und für den Fall erheblicher Verdacht auf unrechtmässige Erwirkung von Sozialhilfeleistungen besteht.

88 Das SHG wird durch die Verordnung zum Sozialhilfegesetz (SHV) vom 21. Oktober 1981 konkretisiert. Die SHV sieht in § 17 vor, dass für die Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfen die Richtlinien der SKOS massgeblich sind; in begründeten Einzelfällen sind Ausnahmen möglich.

89 Nach Art. 7 lit. c GO SB erlässt die Sozialbehörde Richtsätze über die Gewährung von wirtschaftlicher Hilfe als Ergänzung zur kantonalen Gesetzgebung. Gestützt auf diese Bestimmung hat die Sozialbehörde das Handbuch über die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe der Sozialbehörde Dübendorf erlassen. Dieses Handbuch wurde nicht veröffentlicht; dennoch muss man zumindest aufgrund des Wortlauts der Regelung von Art. 7 lit. c GO SB – unabhängig davon, ob dem Handbuch Gesetzgebungscharakter zukommen soll (dazu nachfolgend Rz. 248 ff.) von einer internen Behördenverbindlichkeit ausgehen.

90 Das Handbuch der Sozialbehörde Dübendorf hält sodann einleitend fest, dass die «Gesetze sowie die SKOS-Richtlinien und das Kantonale (ZH) Handbuch dem internen Handbuch (ergänzend) vorgehen». Somit muss auch nicht weiter der Frage nachgegangen werden, welche rechtliche Bedeutung der Austritt aus der SKOS für die Praxis der Sozialbehörde Dübendorf hatte, abgesehen davon,
dass die SKOS – Richtlinien bereits aufgrund der zwingenden kantonalen Rechtslage zu beachten waren. Auf die politische Tragweite des Austritts wird nachfolgend eingegangen (Rz. 147 ff.).

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III. Thematischer und chronologischer Abriss

A. Vorbemerkungen

91 Eine Administrativuntersuchung kann sich zwangsläufig nur der Wahrheit annähern. Die Untersuchungsmittel sind beschränkt. Je länger die Ereignisse zurück liegen, um so unsicherer wird das Erinnerungsvermögen der Beteiligten. Dies ist zu beachten, bilden doch die Befragungen sozusagen den «Kitt» zur Aktenlage und erlauben eine bessere Einordnung der Vorgänge, Motive und Handlungsweisen. Vorliegend kommt erschwerend hinzu, dass verschiedene wichtige Personen die Teilnahme an den Befragungen verweigerten.

92 Die Ereignisse werden nach den Themen gegliedert und innerhalb des Themas wird eine Chronologie angestrebt. Dabei wird das Gewicht auf die tatsächlichen Abläufe und Vorgänge und nicht die rechtlich vorgegebenen Strukturen gelegt. Es geht somit in erster Linie um die Darstellung dessen, was gemacht wurde und nicht dessen, wie man es hätte machen sollen.

93 Die Synthese erfolgt hernach im nachfolgenden Kapitel. Vorausgehend findet sich ein Überblick zur Berichterstattung in den überregionalen Medien. Diese Berichterstattung erfasste verschiedene, aber nicht alle der vorliegend untersuchten Themen. Sie war jedoch ein wichtiger Grund und Anlass für verschiedene Reaktionen der politischen Behörden der Stadt Dübendorf und mit auch für die vorliegende Untersuchung, weshalb sich ein Voranstellen des Überblicks rechtfertigt.

B. Medienberichterstattung

1. Tages Anzeiger 12. November 2016

94 Der TA berichtete am 12. November 2016 von einer Dübendorfer Chefbeamtin «P.B.», die auf Facebook diverse Posts zur Flüchtlingsthematik weiterverbreitet hatte, darunter einen der rechtsextremen deutschen NPD. Der TA recherchierte, dass es sich um die Leiterin der Sozialhilfe handle, die nicht selten mit Personen mit Asylhintergrund zu tun hätte. Der TA berichtete dann auch von der Reaktion des Stadtrates, der eine Verwarnung aussprach, jedoch keine Versetzung geprüft hätte
und auch keine Befangenheit vorliegen sah. Weiter wird von der Kritik aus den Kreisen der Politik berichtet, es kommt die «Grünen-Politikerin Sutter» zu Wort. Sie verweist auf den schlechten, diskriminierenden und rechtsverweigernden Umgang der Sozialhilfe, für den sie sich schäme. Weiter geht der Bericht auf weitere Vorfälle in den vergangenen Jahren ein (schimmlige Liegenschaften und Austritt aus SKOS).

2. Tages Anzeiger 21. November 2016

95 In diesem Bericht schildert der TA Kritik seitens Dritter an der Praxis der Dübendorfer Sozialhilfe. Geschildert werden diverse diskriminierende Handlungsweisen. Verwiesen wurde sodann auf die seit 2011 eingereichten 43 Rekurse gegen Entscheide der SB, von denen 12 teilweise oder gänzlich
gutgeheissen worden seien. Weiter wird Kritik von Personen aus dem nichtstädtischen Kreis der Sozialhilfe hingewiesen, welche die Nichtanstellung von Sozialarbeitenden sowie die mangelnde Transparenz (hinsichtlich der Mietzinsrichtsätze) bemängelten.

3. Tages Anzeiger 22. November 2016

96 Der TA berichtet von der Reaktion des Stadtrates auf die neusten Vorwürfe an das Sozialamt Dübendorf: «Der pauschale Vorwurf, dass Klienten ausländischer Herkunft absichtlich und systematisch unkorrekt behandelt würden, treffe nicht zu. Da die Diskussion aber gezeigt habe, dass sich immer wieder Kunden schlecht behandelt fühlten, richte man die Ombudsstelle ein.»

4. Tages Anzeiger 8. Februar 2019

97 Im Bericht des TA vom 8. Februar 2019 werden einzelne Fälle (mit abgeänderten Namen) geschildert. Diese beziehen sich auf verspätete Zahlungen (und eine teilweise Gutheissung eines diesbezüglichen Rekurses durch den Bezirksrat). Beschrieben werden tendenziöse, abschätzige und beleidigende Berichte der Sozialhilfe. Der Bericht geht dann auf die früheren Ereignisse aus dem Jahre
2016 und die politischen Konstellationen in der Stadt Dübendorf ein. Kritisiert wird, dass die Zustände im Sozialbereich der Stadt Dübendorf nicht einsehbar seien. Die Anfrage des TA beim Ombudsmann läuft ins Leere. Die Anfrage beim Bezirksrat Uster ergebe, dass jedes Jahr mehrere Rekurse aus der Stadt Dübendorf zu behandeln seien.

98 Der Bericht führt weiter an, dass die Hilfebezügerin trotz ausgewiesener Arbeitsunfähigkeit zur Arbeitstätigkeit aufgefordert worden sei, dies von der Leiterin der Sozialhilfe. Sodann seien dem TA mehrere Personen bekannt, welche freiwillig auf eine Hilfestellung der Stadt Dübendorf verzichtet hätten; dies «aus Frust» über die Verhaltensweise der Stadt.

5. Tages Anzeiger 31. August 2020

99 Im Bericht TA vom 31. August 2020 werden folgende Punkte aufgebracht:

  • zögerliches Handeln Stadtrat gegenüber Leiterin Abteilung Sozialhilfe ab 2016;
  • mangelhafte Kommunikation Sozialvorsteherin, welche in der Kommunikation vom Sommer 2019 auf zwei Einzelfälle einging, nicht jedoch auf den externen Untersuchungsbericht der Personalcoaching-Firma;
  • Aus dem über das Öffentlichkeitsgesetz teilweise zugänglich gemachten Bericht der Personalcoaching-Firma werden vom TA diverse Punkte aufgenommen, die Hetze eines Mitarbeiters der Sozialhilfe im Netz sowie Druckversuche auf Klienten. Als Beispiel wird der Suizid eines jungen Klienten genannt. Weiter aufgeführt werden böswillige Unterstellung von Mitarbeitenden gegenüber den Hilfesuchenden, heimliche Aufzeichnungen, falsch verbuchte Kosten, ein verachtendes Menschenbild sowie der Einsatz von GPS–Trackern. Die Berichterstattung geht so dann auf interne Verbote ein, sich an den Ombudsmann zu wenden, sowie die Beschattung durch Detektive.
  • Weiter erwähnt wurden heimliche Tonbandaufzeichnungen sowie diskriminierende WhatsApp Nachrichten des Abteilungsleiters.

6. Tages Anzeiger 4. September 2020

100 Unter dem Untertitel «Toxische Zustände im Sozialamt» berichtet der TA von einer stadträtlich initiierten Untersuchung der Missstände im Dübendorfer Sozialamt. Hingewiesen wird auf die bereits Ende August 2020 berichteten Verfehlungen.

7. Tages Anzeiger 16. September 2020

101 Am 16. September 2020 berichtet der TA vom Verdacht, dass die Sozialvorsteherin bei der Auftragsvergabe an die ihrer Schwester gehörende Typographiefirma finanziell profitiert haben könnte. Verwiesen wird dabei auf die Antwort des Stadtrates, der sich hierbei auf die Ausführungen der SB
stützte, wonach die Sozialvorsteherin an der Typographiefirma weder rechtlich noch wirtschaftlich beteiligt sei, sie vom Geschäft keinen Profit ziehe noch bei der Typographiefirma Lohn beziehe und im Handelsregister mit Einzelunterschrift bei der Typographiefirma eingetragen sei, um im Fall einer Handlungsunfähigkeit ihrer Schwester für die Typographiefirma handeln zu können. Die Sozialvorsteherin habe die SB vor dem Vergabebeschluss über die Umstände aufgeklärt und sei in den Ausstand getreten. Erwähnt werden sodann Zweifel an der Darstellung aus Kreisen der Politik.

8. Tages Anzeiger 18. September 2020

102 Unter dem Titel «Abteilungsleiter freigestellt, SVP- Sozialvorsteherin entmachtet» berichtet der TA von den stadträtlichen Massnahmen. Dabei werden die internen Richtlinien als Auslöser genannt; mit der Publikation werde Scheintransparenz geschaffen. Zudem werden Vorwürfe an den Abteilungsleiter Soziales (heimliches Aufzeichnen von Gesprächen mit Hilfesuchenden, Abhalten von
Mitarbeitendem vom Gang zum Ombudsmann und Verbreitung «streitbarer Onlineinhalte»).

9. Beobachter 4. Dezember 2020

103 Im Beobachter wurde über den Fall des Springers C.C. berichtet zum einen. Dieser monierte das Verhalten der Springerfirma, welche statt des ihm ausbezahlten Stundensatzes von CHF 120 der Stadt Dübendorf zusätzlich CHF 50 in Rechnung stellte, den Fahrtweg mit dem Zug per Autokilometeransätze fakturierte und den Arbeitsweg der Arbeitszeit zuschlug. Er kündigte fristlos. Die Fristlosigkeit der Kündigung wurde weder von der Stadt Dübendorf noch von der Springerfirma akzeptiert. In der Folge gab es ein rechtliches Hin und Her. Die Stadt Dübendorf machte dann Schadenersatz geltend, da C.C. zu viel an die Bezüger ausbezahlt hätte. Dieser reichte gegen die Stadt eine Aufsichtsbeschwerde ein. Die strittige Angelegenheit wurde dann im Beobachter näher beschrieben.

104 Im Artikel wird dann weiter auf den Austritt der Stadt Dübendorf aus dem Zweckverband SDBU verwiesen und auf die Expertise der Springerfirma aus dem Jahre 2004; diese habe dann ab 2015 von den explosionsartig gestiegenen Kosten durch Springereinsätze profitiert. Sie habe CHF 2,6 Mio an Honoraren generiert. Im Jahre 2019 mehr als CHF 1 Mio. Budgetiert gewesen seien CHF 0,1 Mio.

105 Sodann geht der Bericht auf eine «Administrativuntersuchung» vom Sommer 2020 ein, bei dem der Sozialvorsteherin «Vetternwirtschaft» nachgewiesen worden sei.

C. Austritt aus dem SDEU/SDBU

106 Bei der Abstimmung vom 1. Juni 2008 trat die Stadt Dübendorf aus dem Zweckverband Soziale Dienste für Erwachsene (SDEU; heute Zweckverband Soziale Dienste Bezirk Uster, SDBU) aus, dies mit Wirkung ab 1. Januar 2010.

107 Die Stadt Dübendorf war seit 1973 dessen Mitglied. Dieser botin den Bereichen Amtsvormundschaft für Erwachsene, Sucht- und Sozialberatung, Arbeits- und Wohnangebote Dienstleistungen an. Die Stadt Dübendorf bezog Dienstleistungen in den Bereichen Amtsvormundschaft und Sozialdienst.

108 Dem Austritt gingen verschiedene Abklärungen voraus, darunter ein vom Stadtrat in Auftrag gegebener Bericht der Springerfirma mit einer Strukturanalyse und ein Schlussbericht der Springerfirma vom 7. September 2007. Der Austritt war politisch sehr umstritten, wie verschiedene Leserbriefe immer noch belegen und die Abstimmung war dann auch Anlass für eine Aufsichtsbeschwerde beim Bezirksrat Uster. Dieser hielt dazu am 2. September 2008 fest, dass im stadträtlichen Bericht zur Abstimmungsvorlage verschiedene erhebliche Fehler enthalten waren, die bei Erhebung einer Abstimmungsbeschwerde statt einer Aufsichtsbeschwerde zu einer Absage oder Aufhebung der Abstimmung geführt hätten. So sei falsch unterstellt worden, die Stadt Dübendorf finanziere mit ihren Beiträgen die an andere Gemeinden erbrachten Leistungen quer; das Gegenteil sei der Fall. Im Bereich der Amtsvormundschaft seien diverse Annahmen und Zahlen falsch. Das Schreiben schliesst mit: «Kurzum, eine Ungereimtheit reiht sich an die andere.»

109 Gemäss Darlegung von alt Stadtpräsident Ziörjen kamen die entsprechenden Zahlen und Berichte von der Sozialabteilung, vom ehem. Leiter Soziales. Der Stadtrat sei sozusagen der Bote der Inhalte gewesen und hätte diese nicht auf die Richtigkeit prüfen können. Personalrechtliche Konsequenzen aus der deutlichen bezirksrätlichen Rüge sind im Personaldossier des ehem. Leiters Soziales nicht zu finden. In der Mitarbeiterbeurteilung vom 2. Dezember 2008 wird er in der Rubrik «Fachkompetenz» als gut eingestuft, doch wird angemerkt, dass bezüglich der Anträge an den Stadtrat Verbesserungspotenzial bestehe – im Verhältnis zur Tragweite des Fehlverhaltens eine m.E. deutlich zu schwache Massnahme. Gemäss Tages Anzeiger vom 12. September 2008 wollte der Stadtrat prüfen, ob er künftig alle Abstimmungsvorlagen einer Qualitätsprüfung unterziehen wolle.

110 Die Aufsichtskommission SDEU hatte den seinerzeitigen Antrag des Stadtrates an den Gemeinderat auf Austritt vom 27. September 2007 in einer Stellungnahme vom 22. Oktober 2007 detailliert kritisiert. Dabei wurde auf materiell falsche Würdigungen sowie verschiedene, zum Teil erheblich falsche Zahlen verwiesen, die der Begründung des Antrags zugrunde lagen. Sodann wird in der Stellungnahme dargelegt, dass die getroffenen Stellenprozentannahmen im Bereich der Amtsvormundschaft falsch seien. Die Integration dieses Bereichs in die städtische Verwaltung führe nicht zu einer Einsparung, sondern zu erheblichen Mehrkosten.

111 Der Schlussbericht der Springerfirma vom 7. September 2009 führt verschiedene Modellrechnungen an, welche Personalkapazitäten im Bereich Sozialhilfe und Amtsvormundschaft bei einem Insourcing in der städtischen Verwaltung geschaffen werden müssten. Dabei ging die Springerfirma von 200% für Sozialarbeiterfunktionen aus, diese unterstützt durch 50-80% Sekretariatskapazitäten. Dies auf der Grundlage von 202 Fällen im Jahre 2006, wobei eine Sozialarbeiterstelle deren 80-
90 jährlich bearbeiten könne. Dies führe zu Kosten von ca. CHF 241’000 bis 276’000. Nur schon die Umrechnung der Fälle auf Stellenprozente zeigt eine Unterdeckung von 20-40 Fällen, was im oberen Bereich der Schätzung eine weitere 50%-Stelle bedingt hätte. Sodann klammert die Ermittlung jedwelche Infrastruktur- und weitere Backoffice-Kosten aus. Die selbe Ausklammerung macht der Bericht im Bereich der Amtsvormundschaft. Zudem hat der Bezirksrat dann auch festgestellt, dass die
Stellenberechnung für den Bereich Amtsvormundschaft auf der Annahme von 115-130 Fällen im Jahr beruhte, tatsächlich seien es jedoch 2006 142 Fälle gewesen und 2007 gar 149 Fälle.

112 Der Bericht der Springerfirma wies m.E. mehrere grundlegende und rasch erkennbare fachliche Mängel auf. Dies hätte vom Leiter der Sozialdienste bemerkt und korrigiert werden müssen. Es stellt sich auch die Frage, wieso die Sozialbehörde dies nicht bemerkt hatte, ging es doch um ein Geschäft von einer gewissen Tragweite.

113 Dazu hat der damalige Sozialvorsteher in der Befragung festgehalten, dass dies die SB geprüft und als nachvollziehbar bewertet habe. Sodann hat er zur Kritik des Bezirksrats ausgeführt: «Daran kann ich mich erinnern, und wir haben dies auch so zur Kenntnis genommen. Wir hatte hierzu eine andere Ansicht vertreten.» In seiner Protokollergänzung hat er sodann festgehalten: «Unsere Ansicht und Schätzungen wurden mehr als bestätigt in den folgenden Jahren. Auch der Bezirksrat musste das
im Nachhinein so zur Kenntnis nehmen.»

114 Dabei fällt auf, dass die Springerfirma nicht nur den Bericht zu strukturellen Fragen und zu einer Reorganisation der Dienstleistungserbringung erstellte, sondern in der Folge den Sozialdiensten Personal zur Erledigung (auch) der neuen Aufgaben zur Verfügung stellte; sogenannte Springer. Hierauf wird nachfolgend eingegangen. An dieser Stelle sei vorweg angemerkt, dass es unter Corporate Governance-Gesichtspunkten zumindest als politisch ungeschickt anzusehen ist, wenn ein
Unternehmen, das in Struktur- und Restrukturierungspunkten beraten und zum Insourcing geraten hat, dann später zur Abdeckung von internen Personallücken beigezogen wird. Dies umso mehr, als deren das Geschäft vorbereitende Abklärungen aufsichtsrechtlich kritisiert wurden.

D. Einsatz Springer

1. Stellenetat und Kosten

115 Die Kosten für die Springer sind in den Bereichen Sozialhilfe und Berufsbeistandschaft/KESB ab 2017/2018 sprunghaft angestiegen. Hierzu zwei Tabellen:

Tabellen Springerkosten

Tabellen Springerkosten

116 Die Tabellen zeigen vier Punkte auf:

  • deutliche Steigerung der Springerkosten ab 2017 und 2018. Das Jahr 2020 im Bereich der Sozialhilfe ist sodann zum Teil als situationsbedingter Ausreisser innerhalb dieser Anstiegssituation zu bezeichnen;
  • die deutliche Divergenz zwischen den Budgets und den tatsächlichen Kosten;
  • die Zunahme der Personalkosten im Total;
  • fehlender statistischer Konnex zwischen der Beratung durch die Springerfirma im Jahre 2007 und dem Anstieg der Springerfirma-Dienstleistungen in den Jahren 2017 ff. und ein fehlender adäquater Kausalzusammenhang zwischen den damaligen Beratungsleistungen von 2007 und der späteren Leistungserbringung ab 2017.

117 Sodann fällt auf, dass den steigenden Springerkosten keine Reduktion der ordentlichen Personalkosten gegenübersteht. Dies heisst nicht zwangsläufig, dass es zu einem verdeckten Stellenanstieg gekommen wäre. Springer können eingesetzt werden, wenn Personal etwa längerfristig krankheitshalber ausfällt – die Lohnkosten laufen dann weiter. Allerdings zeigt die Entwicklung über mehrere Jahre in der Sozialhilfe ab 2017, dass diese gleichförmig ist mit einem deutlichen Anstieg der Springerkosten und einem leichten Anstieg der Personalkosten. Diese über 4 Jahre dauernde Entwicklung wäre kaum mit (zeitlich befristeten) Krankheitsfällen erklärbar. Die Aufstellung über die Krankheitsfälle und Unfälle für die Jahre 2017-2020 zeigt denn auch, dass die Ausfälle über die Jahre gering waren, einzig im Jahre 2019 gab es nennenswerte Ausfälle von 460 Stunden (die jedoch vom Leiter Soziales aufgefangen wurden) und 785 Stunden. Aus diesem Grund wurde eine externe Abklärung bei der Firma Springermarkt eingeholt, welche die greifbaren Abrechnungen für den Springereinsatz im Detail auswertete. Am 13. Juli 2021 wurde der Bericht erstattet8, der das Auf und Ab der Personaleinsätze unter Zuhilfenahme der Springer deutlich macht9:

  • Wir haben versucht dem Projekt eine gewisse Struktur zu geben. Nach der Evaluation der Springerkosten haben wir auf Grund der von uns erhobenen Einsatzstunden der Springer, die Stellenprozente der Springer berechnet. Diese Springerprozente haben wir in der Grafik 2 ins Verhältnis zum Stellenplan gestellt. Es stellte sich heraus, dass in den Jahren 2017 und 2019 der Stellenplan mit den zusätzlichen Springern massiv überschritten wurde. Die Überschreitung im Jahre 2017 führte vermutlich auch zu einer
    Stellenplanerhöhung 2018. Bei der Berufsbeistandschaft wurde der Stellenplan auf 2020 nochmals erhöht. Auch in diesem Jahr wurde der Stellenplan um über 80% überschritten.
  • Die Stadt Dübendorf konnte die täglichen Arbeiten in den Jahren 2017 – 2020 u.a. infolge Ausfalls von Mitarbeitenden wegen Unfall oder Krankheit nicht mehr selbst bewältigen. Zur Unterstützung mussten über Springerfirmen Stundenpakete eingekauft werden. Gesamthaft sind über die angesprochenen Jahre 20‘858 Arbeitsstunden bei Springerfirmen eingekauft worden.
  • Die Auswertung der Absenzen im Vergleich zu den bewilligten Stellen zeigt ein spezielles Bild:
  • 2017 fehlten auf Grund von Absenzen 28,9 Stellenprozente, Springer waren über 150% vor Ort. Die enormen Mehrbelastungen führten zu einer Stellplanüberschreitung von 117,42%. Auf Grund dieser Erkenntnis wurde vermutlich der Stellenplan auf das Jahr 2018 von 1340 auf 1570 erhöht (+ 2,3 Stellen).
  • 2018 konnten die Stellen nicht besetzt werden. Die eingesetzten Springer (163,9%) kompensierten zum einen die Absenzen (65.7%) und unterstützten die Abteilungen bei der täglichen Arbeit. Der Stellenplan wurde mit -86,1% nicht ausgeschöpft.
  • 2019 waren über 5‘500 Springerstunden nötig, um die beiden Abteilungen zu unterstützen. Die Absenzen von über 140 % konnten mit Springeinsätzen von über 250% kompensiert werden. Da der Stellenplan im Jahre 2018 unterschritten wurde, stellt sich die Frage, ob allfällige Projekte verschoben wurden oder ob 2019 etliche Aufräumarbeiten aus dem Vorjahr erledigt werden mussten. Der Stellenplan konnte 2019 zumindest bei der Sozialhilfe eingehalten werden. Bei der Berufsbeistandschaft ist der Stellenplan
    unterschritten worden.
  • 2020 fehlten gegenüber dem bewilligten Stellenplan 432 Stellenprozente. Zusätzlich mussten 66,2 Stellenprozente auf Grund von Absenzen kompensiert werden. Auch mit Unterstützung von 9‘800 Springerstunden konnte das Ziel nicht erreicht werden. Bei der Sozialhilfe wurde der Stellenplan um 117% unterschritten; bei der Berufsbeistandschaft um 67.5% überschritten.
  • 2020 könnte bei der Sozialhilfe ein Ausnahmejahr sein. Viele interne Personalprobleme führten zu Kündigungen und zur Entlassung der Leiterin Sozialhilfe. Viele Springerstunden mussten dafür aufgewendet werden. Die Absenzen infolge Krankheit/Unfall lag gegenüber dem Vorjahr tiefer, aber mit über 52% immer noch sehr hoch.

118 Vor diesem Hintergrund wurde von Springermarkt auch das Stellenetat der Abteilung Soziales im Vergleich zu anderen ähnlich strukturierten Gemeinden untersucht. Dazu hat Springermarkt sechs Gemeinden angeschrieben, jedoch nur von  deren zwei Antworten erhalten. Dies erlaubte keine repräsentative Auswertung, doch zeigt es eine Tendenz10:

Vergleich Springerkosten mit anderen Gemeinden

Vergleich Springerkosten mit anderen Gemeinden

Sodann wurde im Bericht ausgeführt:

  • Von den insgesamt sechs angefragten Gemeinden nahmen leider nur zwei Gemeinden an der Umfrage teil. Zwei Gemeinden haben auf Grund von zu hoher Arbeitsbelastung vor den Sommerferien abgesagt, zwei haben auch auf unser Nachhaken via Mail keine Rückmeldung gegeben. Auf telefonischen Kontakt haben wir dann verzichtet.
  • Die beiden teilnehmenden Gemeinden haben im Verhältnis zu Dübendorf wesentlich weniger externe Unterstützung beiziehen müssen. Die Gründe, weshalb überhaupt Springer eingesetzt werden mussten, liegt im Wesentlichen am trockenen Stellenmarkt. Es ist im Bereich der Sozialhilfe enorm schwierig, gut ausgebildetes Personal zu finden. Wir stellen fest, dass es für kleinere Pensen einfacher ist gutes Personal zu finden. Bei Pensen ab 70% und mehr dauert es enorm lange bis man auf dem Markt fündig wird.
  • Zu den Springerkosten allgemein: Aktuell werden Preise bis zu CHF 200.00/h bezahlt. Bei den wenigen Springerfirmen im Hochsegment, sind darin aber noch allfällige juristische Abklärungen im Preis enthalten. Für einen „normalen“ Sozialarbeiter sind Preise zwischen CHF 130.- / 150.- an der Tagesordnung.

2. Administrative Abwicklung

119 Die gestiegenen Springerkosten sind nach meinen Feststellungen nicht nur vor dem Hintergrund der Stellenbesetzungsprobleme zu betrachten: So wurden am 14. Januar 2020 von der SB mit Beschluss die Kindesschutzfälle auf die Springerfirma ausgelagert und wurde das Präsidium der SB und der Leiter Soziales ermächtigt, den Vertrag zu unterzeichnen. Im SB-Beschluss vom 14. Januar 2020 finden sich nicht nur bezüglich des Vertrags keine Angaben oder Vorgaben. Noch schwerer fällt ins Gewicht, dass damit eine Auslagerung einer kommunalen Aufgabe ohne entsprechende gesetzliche Grundlage erfolgte. Art. 98 Abs. 3 und 4 Kantonsverfassung fordern, dass die Auslagerungen (Übertragung öffentlicher Aufgaben) in der Gemeindeordnung geregelt werden, dies u.a. betreffend Umfang, Art und Finanzierung der Auslagerung; so auch § 68 Gemeindegesetz. Eine solche Grundlage fehlt in der Gemeindeordnung Dübendorf; auch die Geschäftsordnung der SB sieht keine Auslagerungskompetenz vor. Die Aufgabenübertragung auf die Springerfirma hatte sodann zur Konsequenz, dass mit dieser neue Ausgaben ausgelöst wurden. Folgerichtig wird nunmehr von der ad interim Leiterin Soziales eine Rücknahme der Fälle mit interner Erledigung anvisiert.

120 Hier fällt auf, dass der Vertrag mit der Springerfirma seitens des ehem. Leiters Soziales und Frau Hofer bereits am 24. Oktober 2019 unterzeichnet worden ist, ohne einen Vorbehalt der Zustimmung der SB oder eines anderen städtischen Organs. Aus dem Beschluss der SB vom 14. Januar 2020 geht mit keinem Wort hervor, dass die Beschlussfassung rückwirkend erfolgt. Vielmehr wird mit der Delegation des Vertragsschlusses an das Präsidium der Eindruck erweckt, dass der Vertragsschluss erst bevorsteht.

121 Die Arbeiten der Springerfirma werden in deren Räumlichkeiten in E. erledigt und zwar von Personen, die nicht in den Diensten und unter der Aufsicht der Stadt Dübendorf stehen. Die Problematik des Amtsgeheimnisses ist hier offensichtlich. Dazu führte der ehem. Leiter Soziales in seiner E-Mail vom 31. Mai 2021 an:

  • «Dieses Thema wurde eingehend diskutiert und die Springerfirma versicherte mir, dass diese Aufgaben in den Räumlichkeiten in E. erledigt werden und die Akten dort in den Räumlichkeiten und Daten auf den Servern der Springerfirma gesichert werden. Die Stadt Dübendorf arbeitete seit geraumer Zeit mit der Springerfirma zusammen und die Dienstleistungen der Springerfirma erfolgten immer auf einem sehr hohen professionellem Niveau, weshalb man auf Aussagen betr. Datensicherheit grosses Vertrauen legte.»

122 Diese Erklärung führt an der Sache vorbei. Das Amtsgeheimnis erfasst die Stufe der Auslagerung an sich. Die Erledigung der Geschäfte der Sozialhilfe in den Räumlichkeiten der Springerfirma hätte durch einen entsprechenden Entbindungsbeschluss begleitet sein müssen.

123 Ebenso fehlt im Vertrag eine Regelung der Aufsicht und des Reporting durch bzw. an die Abteilung Soziales. Nicht geregelt ist, wer allfällige Verfügungen vorbereitet und erlässt. All dies sind anerkannte (und erforderliche) Essentialia eines Auslagerungsvertrags. Hier fällt auf, dass die Begründung des SB-Beschluss vom 14. Januar 2020 für den Beizug der Springerfirma praktisch wörtlich aus deren Offerte vom Oktober 2019 übernommen wurde und keine kritische und eigene Würdigung
durch die SB stattfand.

124 Die Problematik des unsorgfältigen Vorgehens der SB und des Leiters Soziales in diesem Zusammenhang wird aus einer E-Mail der Springerfirma vom 23. Oktober 2020 ersichtlich. Dort heisst es – gerichtet an die Leiterin Soziales (ad interim) – zu den Kindesschutzmassnahmen wie folgt:

  • Bei behördlich angeordneten Massnahmen haben wir keine Kostengutsprache in Form einer Verfügung erlassen. In diesen Fällen haben wir dem Beistand lediglich schriftlich die Kostengutsprache bestätigt (sofern Zuständigkeit gegeben). Diese Kostengutsprache haben wir von der Springerfirma vorbereitet und dem ehem. Leiter Sozialesfür sein OK zugesendet. Sobald der ehem. Leiters Soziales sein OK gegeben hat, haben wir die Kostengutsprache versendet. Er hat dann jeweils die Kostengutsprache lediglich zur Info in die nächste Behördensitzung gegeben.
  • Bei nicht behördlich angeordneten Massnahmen haben wir von der Springerfirma jeweils ein „Diskussionsgeschäft“ vorbereitet und der ehem. Leiter Soziales hat es dann in die nächste Behördensitzung zur Beurteilung gegeben. Nach der Behördensitzung hat der ehem. Leiter Soziales uns den Entscheid zugestellt, worauf wir gestützt auf den Behördenentscheid die Kostengutsprache versendet haben.

125 Laut der Stellungnahme der SB vom 20. Juli 2021 verhält es sich bei der Passage «lediglich zur Info…» wie folgt: «Dies entspricht der Meinung des Mitarbeiters der Springerfirma. Die Bereichsleiterin Sozialhilfe informierte während ihrer Anstellung jeweils mündlich an den Sitzungen über die erteilten Kostengutsprachen. Nach ihrem Ausscheiden wurde die Behörde über erteilte Kostengutsprachen nicht mehr orientiert.» Abgesehen vom letzten Satz, der eine neue Tatsache anspricht, steht dies jedoch nicht in einem Gegensatz zur Darlegung der Springerfirma.

126 Die Sozialvorsteherin wurde von mir auf die vorstehende Passage aus der E-Mail der Springerfirma mit E-Mail vom 17. Mai 2021 angesprochen und gefragt, ob sie und die SB Kenntnis von diesen Vorgängen im Bereich der Kindesschutzmassnahmen hatten. Am 21. Mai 2021 antwortete die Sozialvorsteherin per E-Mail, sie hätte keine Kenntnis von der E-Mail der Springerfirma und machte dann mit der Sache überhaupt nicht zusammenhängende Ausführungen zu den von der GRPK initiierten Untersuchungen einer Beratungsfirma zum Gemeindevergleich zu den Springerkosten. Hierauf sprach ich die Sozialvorsteherin mit E-Mail vom 25. Mai 2021 nochmals an und wies darauf hin, dass meine Frage immer noch nicht beantwortet sei. Nach Ausbleiben einer Antwort bat ich am 21. Juni 2021 nochmals um eine Antwort. Darauf reagierte die Sozialvorsteherin mit E-Mail vom 22. Juni
2021 wie folgt:

  • Aufgrund Ihrer Fragestellung gehe ich davon aus, dass wir uns missverstanden haben. Ich kann es Ihnen aber in beiden Fällen nicht bestätigen. Wie bereits mitgeteilt, hatte ich keinen Kontakt zur Springerfirma. Und ich hatte weder von diesem Mail noch von einem solchen Handling – ich spreche jetzt hier explizit von der anscheinenden Rolle der Springerfirma und nicht von der Beratung in der Behörde – Kenntnis. Ich bin davon ausgegangen, dass Akten der Sozialhilfe intern vorbereitet und in der Aktenauflage der SB vollständig aufgelegt werden. Vorgeschlagene behördlich angeordnete Massnahmen wurden in der SB nach Aktenstudium jeweils diskutiert, verabschiedet und an die Abteilung Soziales zur internen Weiterverarbeitung zurückgegeben. Dies entspricht der Praxis der SB. Am Ende der Sitzung wurde die Behörde jeweils mündlich über Kostengutsprachen informiert. Auch hier bin ich davon ausgegangen, dass es sich um interne Ausführungen der Abteilung Soziales handelt. Ich gehe davon aus, dass auch die SB nichts von einem angeblichen Outsourcing weiss oder wusste.

127 Diese Mitteilung erstaunt. Die Sozialvorsteherin selbst hatte den Outsourcing-Vertrag am 24. Oktober 2019 mitunterzeichnet (siehe vorstehend Rz. 120) und diesen dann von der SB nachträglich genehmigen lassen. Im Outsourcing-Vertrag werden die Aufgaben der Springerfirma wie folgt beschrieben:

Auszug Outsourcing-Vertrag mit Springerfirma

Auszug Outsourcing-Vertrag mit Springerfirma

Dies macht deutlich, dass vertraglich ein Outsourcing vereinbart wurde. Dies wurde dann von der SB auch so genehmigt mit protokolliertem Beschluss vom 14. Januar 2020. Unter Ziff. 1 des Beschlusses heisst es: «Mit Wirkung ab 1. Januar 2020 werden die Fremdplatzierungs- und FSP-Fälle an die Springerfirma ausgelagert». Wieso die Sozialvorsteherin nun von einem «angeblichen Outsourcing» und einem Nichtwissen ihrerseits und seitens der SB spricht, ist nicht nachvollziehbar.

128 Die Kostengutsprachen sind immer – auch bei behördlich angeordneten Massnahmen – von der SB zu bewilligen, und zwar im konkreten Fall und mit einer konkreten Kostenregelung. Dies erfolgte so nicht. Die Auslösung von Finanzfolgen erfolgt immer durch die SB im Rahmen deren Kompetenzen; diese sind nicht delegierbar. Was aus der Antwort der Springerfirma nicht ersichtlich ist, sich jedoch für die Interimsleiterin Soziales aus den Akten ergab, ist der Umstand, dass die Springerfirma in diesen Geschäften Briefpapier mit ihrem Logo und dem der Stadt Dübendorf verwendete. Dies zeigt deutlich, wie es zu einer Verlagerung einer zwingenden Zuständigkeit der SB Dübendorf kam und wie es zu einer rechtlich nicht abgestützten Vermischung amtlicher Tätigkeiten mit privaten Supportleistungen kam. Dazu führte der ehem. Leiter Soziales in seiner E-Mail vom 31. Mai 2021 an, dass er dies nach zwei Monaten Anwendung bemerkt und dann die Anweisung an die Springerfirma gegeben hätte, dies zu unterlassen. Dazu führte die Springerfirma in ihrer Vernehmlassung vom 5. August 2021 an: «Die Stadt Dübendorf hat die Kindesschutzfinanzierungsfälle bis heute an die Springerfirma ausgelagert. Mit der Leiterin Soziales (ad interim) konnten die Kompetenzen und Zuständigkeiten im Herbst 2020 sauber geklärt werden, was der Springerfirma auch ein wichtiges Anliegen war.» Dies wurde von der Leiterin Soziales (ad interim) mit E-Mail vom 10. August 2021 denn auch bestätigt.

129 Im Verlauf der Untersuchung ist ein weiterer Problempunkt aufgetaucht. Da die Abwicklung des Finanzverkehrs entgegen der gesetzlichen Regelung nach Art. 4 Abs. 1 GO SB durch das Sozialamt direkt erledigt wurde, wurden die Zahlungen an die Springerfirma von der Finanzabteilung gar nicht bemerkt. Diese wurden nach Ausscheiden des Leiters Soziales entdeckt und bemerkt, dass diese den Sozialhilfekosten belastet wurden. Korrekterweise hätten die Zahlungen jedoch als Leistungen Dritter (gleich wie die Lohnzahlungen an das angestellte Personal der Sozialhilfe) über die Finanzabteilung abgewickelt werden müssen. Mit dieser Verbuchung konnte stadtintern keine Kontrolle stattfinden11 . Somit konnte auch nicht bemerkt werden, dass über das Outsourcing ein verdeckter
Stellenausbau erfolgte bzw. diesem kein entsprechender interner Stellenabbau gegenüber stand.

130 Dazu führte der ehem. Leiter Soziales in seiner E-Mail vom 31. Mai 2021 zur Verbuchung der Springerfirma-Kosten für die Betreuung von Kindesschutzfällen an, in der er die Nichtbeachtung von Art. 4 Abs. 1 GO SB faktisch bestätigte:

  • Bevor die Zusammenarbeit mit der Springerfirma erfolgte, habe ich diverse Abklärungen betr. Kostentransparenz und Verbuchung der Leistungen getätigt. Das Kantonale Sozialamt teilte mir damals mit, dass Fallkosten im Zusammenhang mit Kindesschutzmassnahmen aus Transparenzgründen direkt über das Klientenkonto verbucht werden können, jedoch Dienstleistungen von externen Stellen im Klientenkonto gebucht werden können aber nicht quartalsrelevant gebucht werden dürfen. Quartalsrelevant heisst, dass diese Leistungen bei Verrechnungen mit dem Kantonalen Sozialamt nicht weiterverrechnet werden dürfen. In anderen Kindesschutzfällen werden z. Bsp. angeordnete sozialpädagogische Familienbegleitungen (ebenfalls externe Dienstleistungen) schon immer und auf Anordnung des Kantonalen Sozialamtes über das Klientenkonto gebucht und sogar weiterverrechnet. Sämtliche Rechnungen und Leistungen der Springerfirma habe ich persönlich kontrolliert und visiert. Hinzu kommt, dass die Springerfirma laufend eine Übersicht der Fälle aktualisiert zustellte.

131 Weiter besteht kein Rahmenvertrag zwischen der SB und der Springerfirma über den Springereinsatz (vor Ort). Die Verträge wurden ad personam schriftlich abgeschlossen oder zum Teil sogar nur mündlich verlängert. Es liegen diverse Verträge für Springereinsätze in den Jahren bis 2019 vor. Diese wurden allein durch den ehem. Leiter Soziales unterzeichnet, entgegen Art. 27 Abs. 1 GO SB, der lautet: «Das Präsidium führt gemeinsam mit dem Sozialsekretär bzw. dessen Stellvertretung, sowie der Leitung des Alters- und Spitexzentrums, die rechtsverbindliche Unterschrift der Sozialbehörde.» Dazu führte ehem. Leiter Soziales in seiner E-Mail vom 31. Mai 2021 an:

  • Springereinsätze wurden schon einige Jahre vor 2019 alleine durch meine Person unterzeichnet, dies wurde seit Beginn mit dem Sozialvorstand, dem Stadtschreiber und der Finanzverwaltung so geregelt und in der Folge so gehandhabt. Springereinsätze und die damit verbundenen Kosten waren auch in den jeweiligen Jahren in der Budgetbesprechung mit dem Finanzvorstand immer ein Thema, jedoch die Unterzeichnung der Verträge war in meiner Amtszeit nicht einmal ein Gesprächsthema.

132 Dies führt zur Folgerung, dass der ehem. Leiter Soziales (sofern die von ihm erwähnte Praxis schon 2012 bestand) in den Jahren 2012 – 2020 in alleiniger Verantwortung Springerverträge in einem Auftragsvolumen von mehr als 4 Mio. CHF abschloss.

133 Die damit ausgelösten Ausgaben sind sodann m.E. nicht gebundene Ausgaben, da bei der Wahl des Vertragsgegenübers ein erheblicher Entscheidungsspielraum bestand. Diese hätten infolge Plafondsüberschreitung nicht von der SB (geschweige denn vom Sozialsekretär) bewilligt werden dürfen. Die vorherrschende Ansicht bei der Stadt Dübendorf war jedoch, es handle sich um gebundene Ausgaben. Dann käme jedoch Ziff. 3.1 lit. d FO zum Zuge: «Jede finanzielle Ausgabe setzt eine Rechtsgrundlage, eine Festsetzung im Budget (sog. Budgetkredit) und einen Ausgabenentscheid voraus. Bei einer Ausgabe hinsichtlich der Investitionsrechnung oder gebundenen Ausgaben ist aufgrund der fehlenden Verankerung im Budget ein Kreditbeschluss des Stadtrates einzuholen.»

134 Dies führt zu einem anderen Problembereich: Die Budgetierung der Springerkosten erfolgte über Jahre hinweg abgekoppelt von jedwelcher Realität. Die Budgetierung selbst beruhte zwar erklärtermassen auf dem «Prinzip Hoffnung», dass man die Springereinsätze im Budgetjahr limitieren könne auf den Budgetrahmen. Man könnte dies als blauäugige Falscheinschätzung einstufen für ein Jahr.
Wenn sich jedoch die Budgetüberschreitungen über eine längere Periode in einem derart hohen Ausmass wiederholen, kann man diesem Vorgehen nicht einmal dies attestieren. Nach meiner Einschätzung wurden die Budgetprozesse vom Leiter Soziales und der Sozialvorsteherin (im Rahmen ihres zeitlich beschränkten Wirkens) bewusst unterlaufen12 und griffen die Kontrollmechanismen auf den folgenden Stufen nicht.Die notwendigen Kreditbeschlüsse des Stadtrates wurden nicht eingeholt.13

135 Dabei regelt die FO die Abläufe und die Kontrollen klar und unmissverständlich, wie Auszüge aus Ziff. 2.4.1 und 2.4.2 der FO zeigen:

  • Abweichungen der Budgetbeträge für das Folgejahr gegenüber dem laufenden Budget, die mehr als Fr. 10‘000 und 5% betragen, sind durch die Budgetverantwortlichen wahrheitsgetreu und unmissverständlich zu begründen. Die Finanz- und Controllingdienste sind für die Vollständigkeit der Abweichungskommentare verantwortlich, während die Budgetverantwortlichen die Verantwortung über deren Inhalt tragen.
  • Spätestens bei einer Budgetüberschreitung sind entsprechende Abweichungen rechtzeitig dem zuständigen Ressortvorstand und den Finanz- und Controllingdiensten bekanntzugeben. Gleichzeitig sind die erforderlichen Massnahmen (Nachtragskredit, etc.) einzuleiten.

E. Weitere Zusammenarbeit mit SDBU: Arbeitseinrichtungen

136 Die partiell weitergeführte Zusammenarbeit mit SDBU soll hier nicht weiter thematisiert werden. Kurz eingehen möchte ich auf den im Jahr 2016 aufgegleisten, aber dann nicht abgeschlossenen Anschlussvertrag zwischen dem SDBU und der Stadt Dübendorf betreffend die Inanspruchnahme der Dienstleistungen der Arbeitseinrichtungen des Zweckverbandes Soziale Dienste Bezirk Uster. Der Verlauf zeigt auf, wie unsorgfältig der ehem. Leiter Soziales in diesem Geschäft vorging.

137 Nach Darlegung des Geschäftsleiters SDBU ging der Anstoss von der Stadt Dübendorf aus. Das Geschäft wurde diesseits vom ehem. Leiter Soziales vorbereitet und sollte zeitlich koordiniert den beiden zuständigen Organen vorgelegt werden. Dazu liegt eine E-Mail des Geschäftsleiters SDBU vor:

Email SDBU

Email SDBU

138 Hierzu hielt der Geschäftsleiter SDBU in der Befragung fest: «Die Stadt Dübendorf verlangte von uns die Ausarbeitung eines zusätzlichen Arbeitsprogramms. lch hatte das mit dem ehem. Leiter Soziales vorbereitet. ln der Vorbereitung lief dies jedoch insofern aus dem Ruder, als wir unsererseits bis an die
Delegiertenversammlung gelangten im Rahmen des vereinbarten Zeitplans. Noch eine Woche vor der Delegiertenversammlung am 28. September 2016 sicherte mir der ehem. Leiter Soziales zu, dass der Stadtrat das Geschäft auch traktandiert habe. Allerdings war das Geschäft gar nicht vorbereitet gewesen und kam auch so nie an den Stadtrat.»

139 Weiter hat er auf die Frage, was der Grund gewesen sei geantwortet: «Das weiss ich nicht, das ist mir bis heute ein Rätsel. lch möchte nur erwähnen, dass der ehem. Leiter Soziales- und das war stadtintern wohlbekannt -sich nicht erreichbar machte, wenn er dies nicht wollte. lch hatte dies auch zwei-dreimal moniert. Dies war bei diesem Projekt auch der Fall. Am störendsten war nicht der Umstand, dass der Vertrag nicht abgeschlossen wurde. Am störendsten war das lange Hin und Her und die mangelnde Transparenz in der Willensbildung bei der Stadt Dübendorf. Wir haben etwa vereinbart, dass die Delegiertenversammlung und der Stadtrat zeitgleich beschliessen. Das Geschäft kam jedoch erst ein halbes Jahr nach der Delegiertenversammlung in unserem Zweckverband in den Stadtrat.»

140 Der ehem. Leiter Soziales nahm dazu mit E-Mail vom 31. Mai 2021 Stellung:

  • Es ist richtig, dass die Stadt Dübendorf bzw. ich mit dem Vorschlag (neu war nur JobBus fix mit existenzsicherndem Lohn, die restlichen Angebote bestanden schon) auf den SDBU zugingen.
  • Zusammen haben wir auch das Angebot ausgearbeitet. In der Folge bin ich termingerecht mit dem SRB an den Stadtrat gelangt, war es ja im Interesse der Abteilung Soziales dass das Geschäft so schnell wie möglich behandelt wurde. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass der Stadtrat das Geschäft immer wieder herauszögerte und einmal traktandierte und danach wieder nicht. Auf Axioma sind sämtliche Terminierungsdaten vorhanden und können so eingesehen werden. Es kann ja auch sein, dass gewisse Stadträte aus Kostengründen und in Verbindung mit einem erneuten Anschlussvertrag mit dem SDBU im Zusammenhang mit dem damaligen Austritt nicht empfänglich waren für eine weitere kooperative Zusammenarbeit die noch zusätzliche Kosten auslösen würde. Dass das Geschäft ungenügend vorbereitet war stimmt so nicht und wurde meistens so dargelegt, wenn der SR sich nicht entscheiden wollte oder konnte (ist mehrmals vorgekommen). Deshalb auch meine damalige Aussage: «ich wisse es nicht und es sei mir ein Rätsel»! Für den Geschäftsleiters SDBU war ich immer erreichbar, sofern mein ausgefüllter Terminkalender es erlaubte. Ich war übrigens, entgegen der Aussage des Geschäftsleiters SDBU, dafür bekannt, dass ich bei unbeantworteten Telefonanrufen innert kürzester Zeit zurückrief!

141 In den Stadtrat getragen wurde das Geschäft von der Abteilung Soziales erst am 20. Oktober 2016, dies als Diskussionsgeschäft. Somit mehr als drei Wochen später als die DV des SDBU14. Überraschend ist dann, dass der Sozialvorsteher bei der Diskussion des positiv formulierten Antrages mündliche Ergänzungen anbrachte, dies dann sogar ohne Wissen des Leiters der Abteilung Soziales (!)15. Diese lauteten:

  • Zertifizierung des Angebotes
  • Das Angebot soll zertifiziert werden, damit wie bei anderen zertifizierten Konkurrenzangeboten kantonale Subventionen eingefordert werden können.
  • Konkurrenzfähige Kosten
  • Die im vorliegenden Vertragsentwurf vorgesehenen Kosten sind zu überprüfen und bei Bedarf soweit anzupassen, dass sie den Kosten vergleichbarer Konkurrenzangebote entsprechen.
  • Mitspracherecht
  • Art. 5 des vorliegenden Vertragsentwurfs sieht vor, dass die Stadt Dübendorf bei Geschäften, die die Arbeitseinrichtungen betreffen, mit beratender Stimme an der Delegiertenversammlung des Zweckverbandes teilnehmen kann. Diese Bestimmung ist dahingehend zu ändern, dass der Stadt Dübendorf ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt wird.

142 Dies widerspricht der Darstellung des ehem. Leiters Soziales und dass der Sozialvorsteher Widerstand gegen den aus seinem Amt kommenden Vorschlag (erst) an der Stadtratssitzung machte, löste bei den übrigen Stadtratsmitgliedern Erstaunen aus.16

143 Bei der zweiten Diskussion des Geschäfts am 2. März 2017 hat der Stadtrat sodann festgestellt, dass die Finanzierung des Vorhabens ungenügend abgeklärt worden sei und die Ausgaben von jährlich 200’000 CHF nicht in der Kompetenz des Stadtrates lägen, da sie nicht als gebunden angesehen werden könnten. Dies zeigten zwischenzeitliche Abklärungen mit dem Gemeindeamt. Angesichts der Höhe der jährlichen Ausgaben würde deren Bewilligung einer Urnenabstimmung bedürfen.

144 Wie der Verlauf des Geschäfts zeigt, wurde dieses nach meiner Einschätzung vom ehem. Leiter Soziales mangelhaft vorbereitet, dies derart mangelhaft, dass er dann durch die vorab nicht besprochenen Anträge des Sozialvorstehers vor dem Stadtrat desavouiert wurde17. Es ist immerhin zu erwähnen, dass der Punkt der finanziellen Zuständigkeiten auch vom Stadtschreiber vorweg ergänzend hätte geklärt werden müssen (worauf dieser in der vorliegenden Untersuchung selbst verwies), ohne dass damit der ehem. Leiter Soziales als primär für die Vorbereitung Verantwortlicher von seiner Zuständigkeit entbunden wäre.

145 Zudem musste dem ehem. Leiter Soziales bekannt gewesen sein, dass damit eine erhebliche Verzögerung einherging; dass er den SDBU darüber orientiert hätte, ist nicht evident.

146 Die Stadt sandte dann mit cc an den Sozialvorsteher und den ehem. Leiter Soziales, unterzeichnet durch den Stadtpräsidenten und den Stadtschreiber, (erst) am 28. März 2017 ein Entschuldigungsschreiben an den SDBU:

Zweckverband SDBU Inanspruchnahme der Dienstleistungen im Bereich Arbeitseinrichtungen

Zweckverband SDBU Inanspruchnahme der Dienstleistungen im Bereich Arbeitseinrichtungen

F. Austritt aus SKOS

147 Die SB hat mit Beschluss vom 31. Mai 2013 den Austritt aus der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) beschlossen, dies mit Wirkung auf den 1. Januar 2014. SKOS ist als Verein konstituiert; der jährliche Mitgliederbeitrag betrug CHF 2000.

148 Im Austrittsbeschluss wird als Begründung vorgebracht, dass sich die SKOS von der wirtschaftlichen und sozialen Realität entfernt habe und die Stadt Dübendorf eine andere Ideologie verfolge. Der Kanton Zürich wurde aufgefordert, die Schaffung einer bundesrechtlichen Grundlage als Ersatz für die SKOS-Richtlinien anzugehen. Der Austritt orientierte sich am Austritt der Stadt Rorschach und hatte – wie auch die Befragungen ergaben – einen appellativen Charakter. Man war sich durchaus
bewusst, dass im Kanton Zürich die SKOS-Richtlinien kraft kantonaler Gesetzgebung verbindlich waren und die Gemeinden in diesem Punkt über keine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit verfügten.

149 So verweist denn auch das Behördenhandbuch der SB einleitend auf die SKOS-Richtlinien und werden diese auch in diversen von mir eingesehenen Beschlüssen immer wieder als verbindlich erklärt und angewandt. Dennoch ist unverkennbar, dass der appellative Charakter Einfluss haben kann, da hier ein Signal ausgesandt wurde, welches in der Fachwelt der Sozialhilfe verstanden wird: Man stellt sich in Opposition zur SKOS und vertritt eine – wie es die SB selber ausdrückte – andere Ideologie. Dies kann für einen Teil der in der Sozialhilfe Tätigen attraktiv sein, schränkt jedoch die Auswahlfreiheit auf dem Arbeitsmarkt letztlich ein. Zudem blieb der Widerstand der Kommunen gegen die SKOS-Richtlinien zaghaft und ging nicht über Einzelfälle hinaus.

150 Dem Austritt ging ein juristischer Kleinkrieg voraus: Zwischen dem Stadtrat und der SB war hernach
strittig, wer für den Austritt aus der SKOS zuständig war. Die Leiterin Sozialhilfe liess sich kurz per
E-Mail vom 17. Juni 2013 von einem im öffentlichen Recht tätigen Rechtsanwalt diesbezüglich beraten. Der Stadtrat wiederum von einer Rechtsanwältin mit ebensolcher Expertise, welche im Juli 2013
zwei Memoranden zu dieser Frage ablieferte. Der Rechtsanwalt kam zum Schluss, die SB sei für den
Austritt zuständig, die Rechtsanwältin sah wiederum den Stadtrat als zuständig an.

151 Nach meiner Beurteilung obliegt der Entscheid über die Mitgliedschaft der SB. Diese ist für die selbständige Wahrnehmung der ihr durch die eidgenössische und kantonale Gesetzgebung übertragenen Aufgaben im Fürsorgebereich zuständig. Nach § 7 Abs. 2 SHG arbeitet die Fürsorgebehörde mit anderen öffentlichen und privaten sozialen Institutionen zusammen18. Zu den sozialen Institutionen gehören nicht nur solche, die sich der Sozialhilfe widmen. Der Begriff der sozialen Institutionen ist
weiter, es sind damit alle gemeint, welche soziale Anliegen zum Gegenstand haben; dazu zählt die SKOS zweifellos. Sodann ist festzuhalten, dass sich die SKOS der Rechtsvereinheitlichung widmet und damit ein direkter Bezug der SKOS zur Rechtsanwendung im Sozialhilferecht besteht, die wiederum in der Zuständigkeit der SB liegt. Es wäre widersinnig, wenn sich mit dem Stadtrat diejenige Behörde zur Mitgliedschaft und damit zur Teilhabe an der Rechtsentwicklung äussern könnte, die
sich mit dem Vollzug des Sozialhilferechts gar nicht befasst. Unabhängig von den unterschiedlichen juristischen Einschätzungen haben nun gemäss Medienmitteilung vom 12. Mai 2021 der Stadtrat und die SB gemeinsam den Eintritt in die SKOS auf den 1. Juni 2021 beschlossen.

152 Soweit ersichtlich intern geblieben ist sodann eine Einschätzung der SB sowie des Leiters Soziales, wonach die Prüfung der SKOS-Statuten ergeben habe, dass Gemeinden gar nicht Mitglieder des Vereins SKOS sein könnten, da dieses in Art. 4 Abs. 1 lit. a der Statuten nur die Organe und Institutionen der öffentlichen Sozialhilfe erwähne, nicht jedoch die Gemeinden selber. Vereinsrechtlich könnten nur natürliche oder juristische Personen Vereinsmitglied sein. Die Mitgliedschaft von Organen (hier die SB) sei ausgeschlossen, was denn auch zutrifft. Diese Interpretation der Statuten von SKOS erscheint angesichts der jahrzehntelangen anderweitigen Übung zu eng; man darf davon ausgehen, dass die Statuten nebst Gemeindeinstitutionen auch den Beitritt von Gemeinden selbst gestatten. Zudem sieht Art. 4 Abs. 2 der Statuten vor, dass auch andere Organisationen mit Beschluss des Vorstandes Mitglied werden könnten, was zwanglos den Zugang für Gemeinden eröffnet.

G. Funktionsweise Stadtrat in Abgrenzung zur Sozialbehörde (SB)

153 Der Stadtrat stand bis Juni 2018 unter dem Präsidium von Lothar Ziörjen. Seither ist André Ingold als Stadtpräsident tätig. Das Präsidium der SB hat ein Mitglied des Stadtrates inne.

154 Die gesetzlich zwingende Funktionsteilung zwischen dem Stadtrat und der SB trägt dazu bei, dass sich dieses Thema wie ein roter Faden durch verschiedenste Bereiche der Untersuchung und der Befragungen zog. Dabei fallen drei Punkte auf:

  • Der Stadtrat wird als erstes auch im Bereich der Sozialhilfe zuweilen von Aussen als Repräsentant der Stadt wahrgenommen, anders als die SB. Dies ist bei der Einsetzung des Ombudsmannes sichtbar geworden (der zwar für die gesamte Stadtverwaltung tätig wurde, aber mit der Stossrichtung Soziales eingesetzt wurde), bei der Bewältigung der personellen Querelen in den Jahren 2019/2020, bei Beschwerden aus dem Kreis der Hilfesuchenden, bei der Aussprache eines Mitglieds der SB beim Stadtpräsident, bei Reaktionen auf die Medienberichterstattung, bei den Vernehmlassungen an den Bezirksrat, die auch im Bereich Soziales über den Stadtrat laufen oder den Anträgen an die Gemeinde. Zuweilen wissen nicht einmal die politischen Akteure, wo genau die Grenzen zwischen den beiden Behörden laufen.
  • Die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Stadtrat und SB ist als zweites diffus oder erscheint den Betroffenen zuweilen als verschiebbar. Die Abgrenzung verläuft in der Theorie zwischen Personellem (Stadtrat) und Fachlichem (SB). Wenn jedoch der Vorwurf laut wird, dass das Personal der Sozialhilfe sich diskriminierend und rechtsverletzend gegenüber Hilfesuchenden verhalten haben soll, so sind damit beide Bereiche angesprochen. Es geht um das Verhalten des Personals einerseits, die Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe anderseits. Es
    fällt jedoch auf, dass das Personelle dann als überwiegend angesehen wird und sich der Stadtrat in die Erledigung der Geschäfte einschalten muss oder will. So etwa bei der eingeleiteten Untersuchung der Personalcoaching-Firma, wo die SB (ausser der Sozialvorsteherin, die bereits aufgrund ihrer stadträtlichen Funktion vom Vorgehen wusste) erst nachträglich über das Vorgehen orientiert wurde. Aber auch bei der Behandlung der Feststellungen des Ombudsmannes gemäss dessen erstem Zwischenbericht. Diesen hat der Geschäftsleiter gemäss dem
    Abklärungsauftrag in seinem Papier zu Handen des Stadtrates vom 20. September 2017 thematisiert und sich mit Fragen befasst, die in die fachliche Führung der Sozialhilfe greifen, aber wiederum eine personalrechtliche Seite aufweisen. Der Stadtrat hat dann an seiner Sitzung vom 5. Oktober 2017 der SB zahlreiche Massnahmen empfohlen:

    • Schaffung eines gemeinsamen und einheitlichen Verständnisses über Kultur und Umgang mit schwierigen Klienten (2.B. durch psychische Erkrankung). Dabei könnte als Beispiel, nebst der nachfolgend genannten Ausbildung, gemeinsam ein Verhaltenskodex erarbeitet werden (Beispiel: Richtlinien für ein integres Geschäftsverhalten der Direktion der Justiz und des lnnern).
    • Besuch von Fachseminaren für den sozialarbeiterischen kompetenten Umgang mit psychisch erkrankten Menschen durch MA der Sozialhilfe. Wichtig ist die Wissenserweiterung zur Pathologie und Diagnostik der häufigsten psychischen Störungen. Daserarbeitete Wissen soll der Beratung und Beziehungsgestaltung mit den Klienten dienen. Die Ausbildungen sind anzugehen und umzusetzen (Schulungsangebot der Hochschule Luzern liegt bereits vor).
    • Motivation der Mitarbeitenden für Supervisionen (Pflege der Nachhaltigkeit).
    • Das Angebot der persönlichen Hilfe ist zu definieren und zu kommunizieren. Dabei sind auch allfällig fehlende Personal-Ressourcen einzufordern.
    • Als klare Anlaufstelle/Schnittstelle betreffend Asylwesen soll der Leiter Soziales bezeichnet werden (keine direkten Fremdkontakte zur Firma 1 aus dem Asylbereich).
  • Ein weiteres Beispiel für sich überschneidende Zuständigkeiten ist die Behandlung von mehreren Gesuchen (zwei Politiker und ein Medienschaffender) zu Unterlagen der Stadt nach dem Gesetz über die Information und den Datenschutz. Konkret ging es um folgende Dokumente:
    • Anhang zum 1. Zwischenbericht des Ombudsmannes vom 18. April 2017;
    • Fotos, die im Jahresbericht 2017 erwähnt sind und die den Zustand der Notwohnungen dokumentieren (dazu nachfolgend Rz. 312 ff.);
    • Ergänzungsbericht Ombudsstelle zum Jahresbericht 2018:
    • Untersuchungsbericht der Revisionsfirma der Gemeinde zu zwei Vorwürfen von Sozialhilfeempfängern.
  • Die stadträtliche Zuständigkeit bezüglich der Berichte der Ombudsstelle war klar. Offen war die Zuständigkeit hinsichtlich des Berichts der Revisionsfirma der Gemeinde. Hierzu hat der Stadtrat am 1. Oktober 2019 festgehalten, dass der Bericht der Revisionsfirma der Gemeinde von der SB in Auftrag gegeben worden war und die Zuständigkeit zum Offenlegungsentscheid bei dieser liege. Dann führte er jedoch in seinem (ablehnenden) Entscheid an: «Um für die Gesuchsteller nicht ein zweites Verfahren vor der Sozialbehörde notwendig zu machen, hat der Stadtrat sich zu einem Meinungsaustausch mit dieser entschlossen. (…). Die Sozialbehörde hat an ihrer Sitzung vom 11. September 2019 beschlossen, den Bericht der Revisionsfirma der Gemeinde dem Stadtrat zur abschliessenden Bearbeitung der IDG-Gesuche zuzustellen (…).»
  • Eine vergleichbare Verschiebung der Zuständigkeit erfolgte dann im Fall der Veröffentlichung der internen Unterstützungsrichtlinien. Nachdem anfangs September 2020 festgestellt worden war, dass die interne und externe Fassung der Richtlinien deutliche Unterschiede aufwiesen, hat der Stadtrat an der Sitzung vom 11. September 2020 das Geschäft an sich genommen (die Veröffentlichung der externen Richtlinien erfolgte durch die SB) und wurde der Stadtpräsident als für den Bereich Sozialhilfe neu verantwortlich benannt. Dazu hiess es: «lm Sinne einer vertrauensbildenden Massnahme ist es für den Stadtrat jedoch zwingend notwendig, dass die Verantwortung für den durch den vorliegenden Fall und die weiteren offenen Anschuldigungen betroffenen Bereich Sozialhilfe vorübergehend von der Sozialvorständin an den Stadtpräsidenten übertragen wird.» Einher ging damit auch die Abschaltung des Zugangs zu den (nicht vollständigen) externen Richtlinien.
  • Drittens geht es um den Informationsfluss. In den Befragungen wurde häufig vorgebracht, dass die SB einen Wall um sich zog, soweit es um Informationen an den Stadtrat ging. Dies ist sicherlich verständlich und berechtigt, da die SB eine eigenständige, vom Stadtrat unabhängige Position besitzt. Die einzige Person jedoch, welche über umfassende Informationen aus beiden Behörden besitzt, ist der jeweilige Sozialvorsteher bzw. die Sozialvorsteherin. Dies ist nicht nur eine herausfordernde, schwierige Aufgabe, sondern birgt Anfälligkeiten für Machtmissbrauch. Der Amtsinhaber und die Amtsinhaberin orientiert weitgehend unkontrollierbar beide Behörden über die Befindlichkeiten, Einstellungen und Einschätzungen der Gegenbehörde. Dazu ein Beispiel: Dem Stadtrat wurden im Februar 2019 von verschiedenen Seiten Informationen über die Teamspaltung innerhalb der Sozialhilfe zugetragen. Dieses Geschäft wurde an der Stadtratssitzung als «Information SoV» behandelt. Dabei hat die Sozialvorsteherin informiert, dass sie in Absprache mit dem Stadtpräsidenten den ehem. Leiter Soziales mit einer internen Abklärung beauftragt habe. Weiter heisst es: «Die Notwendigkeit einer externen Überprüfung wird von der SoV auf Anfrage aus dem SR verneint.» In der Folge wurde dann der Geschäftsleiter entgegen der städtischen Kompetenzordnung «mit der Übergabe der Angelegenheit durch den SoV an den AL Soziales von jeglicher Verantwortung in diesem Fall entbunden.» Dieses System der Konzentration des Wissens von zwei Behörden auf eine einzige Person ist im Umfeld von Kollegialorganen aussergewöhnlich, auch wenn es verbreitet und rechtlich nicht zu beanstanden ist. Dennoch muss bei einer politischen Wertung diese Störanfälligkeit berücksichtigt werden.
  • In diesem Zusammenhang ist das von Kurt Spillmann und dem ehem. Leiter Soziales unterzeichnete Schreiben der SB an den Stadtrat vom 6. Februar 2018 zu erwähnen. Darin wird zum Jahresbericht des Ombudsmannes für das Jahr 2017 Stellung genommen. Dieser hatte von diversen Fällen aus dem Bereich des Sozialen berichtet und auch angeregt, dass die SB mit im Bereich Soziales engagierten Dritten, insbesondere den Landeskirchen, zusammenarbeiten solle. Die SB reagierte hier relativ dünnhäutig und merkte an, dass der Ombudsmann in der Berichtsperiode (es ging konkret um den April bis November 2017) nicht ein einziges Mal mit der Sozialhilfe oder dem Leiter Soziales in Kontakt getreten sei. Es sei somit davon auszugehen, dass in all diesen Fällen keine Beanstandungen vorlägen. Der Ombudsmann hat demgegenüber auf meine Rückfrage hin aufgezeigt, dass er in jenem Zeitraum diverse Kontakte mit dem Abteilung Soziales auf allen Stufen hatte. Bezüglich der vermehrten Zusammenarbeit mit den Landeskirchen wurde von der SB angeführt, dass die Sozialhilfe täglich mit unzähligen Institutionen zusammenarbeite und darüber individuell entscheide. Meine Befragungen der mit der sozialen Arbeit befassten Personen der Landeskirchen haben jedoch gezeigt, dass über Jahre keine nennenswerte Zusammenarbeit stattfand.

155 Zur Verbesserung des Informationsstandes der beiden Behörden haben sich diese mehrfach zu einer Aussprache getroffen. Dazu führte der Stadtschreiber in einer E-Mail vom 6. März 2021 an mich an:

  • Es gab in den letzten Jahren wohl immer wieder Aussprachesitzungen zwischen dem Stadtrat und der Sozialbehörde; diese fanden jedoch eher unregelmässig statt. Ich würde sagen, dass ich seit meinem Amtsantritt im Jahr 2014 an etwa 5 bis 6 solcher Besprechungen teilgenommen habe. Ganz genau sagen kann ich das jedoch nicht mehr, da die gemeinsamen Treffen nicht protokolliert wurden. Es wurden lediglich (meist durch mich) interne Aktennotizen erstellt. Und dies auch nicht bei jedem Treffen. So wurde beispielsweise bei einem Treffen, bei dem der Inhalt hauptsächlich aus einer Präsentation über die Tätigkeiten der Sozialbehörde bestand, auf die Erstellung einer Aktennotiz bewusst verzichtet. Beigefügt stelle ich Ihnen drei Aktennotizen zu, die ich in meinen Unterlagen gefunden habe. Das Treffen vom 9. Juli 2020 war im Übrigen das letzte, da aufgrund der bekannten Entwicklungen auf die Besprechung vom 19.11.2020 verzichtet wurde.

156 In diesen drei Aktennotizen findet sich nur vereinzelt etwas zur Frage der Sozialhilfe, dies dann zuweilen auch nur generelle Punkte ansprechend. So wird an der Sitzung vom 22. Oktober 2014 der grundsätzliche Orientierungsbedarf des Stadtrates angesprochen:

  • Eine Orientierung über die Tätigkeit der Sozialbehörde wäre für den Stadtrat interessant. Was sind die Haupt-, was Nebenaufgaben, was Verknüpfungen zu anderen Bereichen, wo hören diese auf? Wie sieht der Ist-Zustand aus, was sind mögliche Entwicklungen, Strategien? Wie sehen die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Aufgaben im Bereich Soziales (Sozialhilfe, Zusatzleistungen) bzw. zu anderen Behörden
    (KESB) aus? Die Erläuterung der Schnittstellen zur KESB soll idealerweise unter Einladung des KESB-Präsidenten erfolgen.

157 Weiter wurde die Revision der kantonalen Gesetzgebung erörtert. An der Sitzung vom 21. Mai 2015 wurde jedoch ein konkreter Anlass aus dem Bereich der Unterkünfte für Asylanten und Flüchtlinge thematisiert:

  • Schreiben „IG Flüchtlingswesen“
  • StP orientiert über eingegangenes Schreiben „IG Flüchtlinge“: Anschuldigungen betreffend Zustand Asylunterkünfte. SR ist Adressat des Schreibens, deshalb hat er Stellungnahme abzugeben. Notwendig: Informationen über Zustand der Unterkünfte. Der ehem. Leiter Soziales orientiert über Zustand der Unterkünfte. ZSA: Übergangslösung, Unterkunft bietet Platz für 42 Personen, aktuell 23 Personen untergebracht. Unterkunft ist während 24 Stunden betreut. X-strasse: Durch MA der Firma 1 aus dem Asylbereich wird Unterkunft als sehr gut empfunden. Neue Unterkünfte werden mit Hochdruck gesucht. Y-strasse: Feuerpolizeilich für 50 Personen zugelassen; belegt mit 40 Personen. Sanierung angedacht.
  • Auslegeordnung notwendig, damit adäquat auf das Schreiben reagiert werden kann. Allenfalls wäre eine Begehung der Unterkünfte durch SR sowie ein Gespräch mit Vertretung der IG Flüchtlingswesen sinnvoll.
  • Auch wenn Zuständigkeit bei Sozialbehörde liegt, ist ein gemeinsames Auftreten wichtig.

158 Der vorstehende Vorgang zeigt zweierlei auf, das sich auch in anderen Fällen manifestiert: Die Abgrenzung Stadtrat – Sozialbehörde ist immer wieder ein Thema. Das – gesetzlich nicht vorgesehene – Auftreten des Stadtrates in Bereichen, in denen er zwar angeschrieben wird (so dann auch im Fall von Herr B.B. der weiter unten behandelt wird, dazu Rz. 312 ff.) und sich deshalb als zuständig erachtet, statt das Schreiben an die zuständige SB weiter zu leiten, mag politisch zwar nachvollziehbar sein, führt dann jedoch zu Verschleierungen der Zuständigkeiten und zu dauernden Konfusionen.

H. Funktionsweise Sozialbehörde (SB)

1. Bestellung und Präsidium

159 Die SB wird von einer Präsidentin oder einem Präsidenten geleitet, wobei sich diese Funktion aus der Ressortverteilung im Stadtrat ergibt. In der hier untersuchten Periode wurde die SB von drei Personen präsidiert:

  • Kurt Spillmann 2006 – Juni 2018
  • Jacqueline Hofer Juli 2018 – September 2020 (umfassend für den Bereich Sozialhilfe; ab September 2020 für Geschäfte ausserhalb der Sozialhilfe)
  • André Ingold ad interim ab September 2020 (beschränkt auf den Bereich Sozialhilfe)

160 Die SB setzt sich aus fünf Personen zusammen. Das Präsidium wird in Personalunion durch ein Mitglied des Stadtrates wahrgenommen; die übrigen vier Mitglieder werden vom Gemeinderat gewählt. Die SB wirkt bezüglich der fachlichen Führung des Bereichs Soziales selbständig. Sie ist jedoch in den Finanzhaushalt der Stadt eingebunden; das Personal dieses Bereichs wird von der Stadt angestellt, entlassen und beaufsichtigt.

161 Vor ihrer Ernennung zur Sozialvorsteherin beantragte Jacqueline Hofer dem Stadtrat, von der bisherigen Usanz abzuweichen, die freiwerdenden Ressorts nach dem Wahlergebnis zu verteilen. Sie hob in ihrem Schreiben vom 29. Mai 2018 hervor, dass sie fachlich und vernetzungsmässig für das Ressort Sicherheit wesentlich geeigneter sei. Der Stadtrat folgte ihrem Antrag nicht.

162 Die SB traf sich regelmässig alle 3 Wochen zur Sitzung und fasste u.a. Beschlüsse über die Sozialhilfefälle. Diesen Beschlüssen ging die Aktenauflage voraus, wobei das kantonale und das städtische Sozialhilfehandbuch im Ausdruck bei der Aktenauflage vorlag, nebst den SKOS-Richtlinien. Die Beschlüsse wurden mit der Mehrheit der Stimmenden gefasst. Wenn ein Geschäft entsprechend gekennzeichnet war von einem Mitglied der SB («B-Geschäft»), so kam es zu dessen Beratung.Die von mir eingesehenen Protokolle zeigen nicht auf, wie intensiv über die einzelnen Punkte der Beschlüsse diskutiert wurde. Die Befragungen zeigen, dass mit Eintritt des die Aufsichtsbeschwerden einreichenden Mitglieds der SB die Diskussionen «nicht mehr so offen» geführt wurden. Mit Eintritt seiner Amtsvorgängerin seien die Diskussionen «politisch» geworden.

163 Die Befragungen haben ergeben, dass keine nennenswerten (direkten) Kontakte zwischen den Mitgliedern der SB und den Dossierverantwortlichen des Bereichs Soziales bestehen. Selbst die Ressortvorsteherin Jacqueline Hofer hatte lange Zeit keinen direkten Zugang zu den Räumlichkeiten des Sozialamtes und verkehrte dort allein mit dem Abteilungsleiter und der Leiterin der Sozialhilfe. An den Sitzungen der SB nahmen u.a. der Leiter der Abteilung Soziales und die Leiterin der Sozialhilfe statt. Bei den Sitzungen im Bereich Sozialhilfe wurden nur die Beschlüsse protokolliert, wobei jedoch auf die ausformulierten Anträge verwiesen wurde.

164 Die Protokolle selbst lassen ohne Aktenbeizug in den allermeisten Fällen keine Beurteilung der Fälle zu. Es fehlen die verschiedenen Überlegungen, Varianten und Begründungen für eine bestimmte Vorgehensweise. Dies ist insbesondere dort problematisch, wo es um Positionierungen, Entscheidungen oder Festlegungen ausserhalb der eigentlichen Fallentscheidungen geht. So finden sich etwa keine Protokollierungen zu den Vorgängen bei der Sozialhilfe im Jahre 2019, obschon dies gemäss meinen Befragungen diskutiert wurde. Ebenso fehlen Erörterungen zum «Legislaturprogramm 2014-2018», wie es an der Sitzung der SB vom 9. Dezember 2014 (!) beschlossen wurde. Zu den Protokollen ist sodann anzumerken, dass diese gemäss der GO SB «durch den Sozialsekretär» zu führen sind (Art. 3). Eine Delegation ist nicht vorgesehen. Auf zahlreichen Protokollen ist jedoch die Leiterin Sozialhilfe als Protokollführerin eingetragen (dies etwa schon im Jahre 2012, der Vorgang scheint eine lange Tradition zu haben), dies nicht etwa infolge einer Abwesenheit des Sozialsekretärs (sprich: Leiter Soziales), sondern zumeist in dessen Anwesenheit an den Sitzungen.

165 Eine tatsächlich erfolgte Einarbeitung oder eine Einführung der neuen Mitglieder der SB in deren Aufgabenbereich konnte aufgrund der Befragungen nicht festgestellt werden. Es gab jedoch Ausnahmen: Ein Mitglied der SB hatte sich auf eigene Kosten und Initiative intensiv vorbereitet und weitergebildet. Gemäss Stellungnahme der SB vom 20. Juli 2021 wurde einem für die Amtsdauer 2018 – 2022 neu gewählten Mitglied seitens der SB und Sozialhilfe der Besuch eines 5-tägigen Einführungsseminars angeboten; dieses Angebot konnte infolge dessen Arbeitsbelastung nicht wahrgenommen werden. Eine Amtseinführung oder -übergabe zwischen dem früheren Vorsteher Spillmann und seiner Nachfolgerin Hofer fand nicht statt. Diese Distanz zwischen dem Fachlichen und der behördlichen Tätigkeit von Laien ist auch auf der Ebene der Kontakte zwischen den Mitgliedern der SB und den Mitarbeitenden der Abteilung Sozialhilfe spürbar. Solche waren selten und kaum vertieft.

2. Legislaturziele

166 Art. 7 lit. e GO SB fordert von der SB die Vorgabe von strategischen Zielen für die einzelnen Bereiche. Hierfür wurden «Legislaturprogramme» erstellt, für die Jahre 2010 – 2014 und 2014 – 2018. Das Programm 2014 – 2018 weist weitgehend kaum konkretisierbare Allgemeinfloskeln auf, wie etwa zum Asylwesen, wo es heisst: «Ziel: Das Betreuungsangebot entspricht den kantonalen Vorgaben. Massnahme: Das Asylwesen wird weiterhin professionell geführt.» Interessant ist zumindest, dass in den ebenso allgemein gehaltenen Erwägungen am Schluss angeführt ist: «Mit einem wirksamen Massnahmen–Controlling wird das Vorgehen in den einzelnen Massnahmen gesteuert und überwacht.»

167 Für die Legislaturperiode 2018 – 2022 fehlt nach meinen Feststellungen ein entsprechendes Programm. Dieses ging nicht etwa vergessen, da in den Pendenzen der SB dieses Geschäft erstmals an der Sitzung vom 23. Oktober 2018, letztmals am 4. Oktober 2019 aufgeführt wurde. Ein entsprechender Beschluss zur Erörterung des Programms und Beschlussfassung der SB findet sich jedoch nicht. Auf meine auf die Pendenz hinweisende Anfrage hat die Sozialvorsteherin Ausführungen zum stadträtlichen Legislaturprogramm gemacht. Als ich sie hierauf verwies und sie ausdrücklich um die Antwort bezüglich des Legislaturprogramms der SB ersuchte, verwies sie nochmals auf das Legislaturprogramm des Stadtrates. Dies mit Ausführungen, deren Zusammenhang mit der Frage (wieso hat die SB kein solches Programm verabschiedet?) sich mir nicht erschloss:

  • Legislaturziele werden jeweils zu Beginn einer Amtszeit aufgestellt. Nach Beginn der Legislaturperiode 2018-2022 per 1. Juli 2018 hatte der Stadtrat im 2. Halbjahr 2018 sein Legislaturprogramm festzulegen. Anlässlich der Klausurtagung vom 14. September 2018 zum Thema Legislaturprogramm brachte ich die Legislaturziele 2018-2022 der Bereiche Sozialhilfe und IMWIL (Zuständigkeit Sozialbehörde) im Stadtrat ein. Im Vorfeld wurde mir auf meine Anfrage hin, nach Diskussion z.B. durch die Abteilungsleitung Soziales und die Sozialbehörde, bestätigt, dass im Bereich Sozialhilfe keine älteren Pendenzen mehr offen seien. Bei der Arbeitsintegration Dübi Jobs handle es sich um einen laufenden Prozess. Die Integration in den 1. Arbeitsmarkt sei seit 5 Jahren auf etwa gleich hohen Niveau (trotz für Lanzeitarbeitslose in den Jahren 2015 bis 2017 schlechter Ausgangslage) und doppelt so hoch wie vor 2013: Steigerung: 95 %. Folgeergebnis: Rücklaufquote von 44.0 auf 19.5 % gesenkt. Insgesamt wurden 643 SozHiKlienten gecoacht (Erfolgsquote 1. Arbeitsmarkt: 51 %). Der Leiter Soziales informierte die Sozialbehörde regelmässig über die aktuellsten Zahlen: Anzahl in den Arbeitsmarkt integrierten Personen davon in den 1. Arbeitsmarkt, davon unbefristete Arbeitsverhältnisse, davon befristete Arbeitsverhältnisse und davon in Temporär-Arbeit (Leiharbeit) in den 2. Arbeitsmarkt. Bezüglich Ihrer Frage: Früher wurde die Pendenzenliste Bereich Sozialhilfe und die Pendenzenliste Bereich ASZD auf einem Blatt Papier durch den Abteilungsleiter Soziales geführt. Ich gehe davon aus, dass Sie die Pendenzenliste des ASZD bzw. heute IMWIL (nicht Bereich Sozialhilfe) ansprechen. Am 4. Oktober 2018 hat der Stadtrat das definitive Legislaturprogramm 2018-2022 festgelegt. Auf der Pendenzenliste Bereich ASZD (IMWIL) ist «Legislaturziele 2019-2022» aufgeführt. Es handelt sich aber um die Legislaturziele 2018 bis 2022.

3. Zuständigkeiten im Bereich Personal

168 Zu den personellen Auseinandersetzungen, die sich an den unterschiedlichen Auffassungen über den Umgang mit den Hilfesuchenden entluden, ist zu bemerken: Die SB nahm zwar die personelle Situation der Mitarbeitenden infolge der Medienberichterstattung wahr, befasste sich mit dieser jedoch nicht vertieft. Dies wurde als Aufgabe des Stadtrates wahrgenommen – nicht jedoch, dass die Auseinandersetzung entlang der unterschiedlichen Auffassungen über den Umgang mit den Hilfesuchenden verlief und damit auch fachliche Fragen im Besonderen und der Vollzug des Sozialhilferechts im Allgemeinen angesprochen waren. So wurde die SB auch nicht in die Bereinigung der Teamspaltung – die wie erwähnt weitgehend Divergenzen über Fachfragen zum Anlass hatte – einbezogen.Demgegenüber hat der Stadtrat in diesem Zusammenhang die SB um eine ernsthafte Prüfung der im Bericht der Personalcoaching-Firma vorgeschlagenen Massnahmen, darunter zum Umgang mit den Hilfesuchenden, ersucht. Die SB verstand sich in diesem Bereich nicht als zuständig, hat dies dann aber dennoch nicht dem Stadtrat zur Erledigung zurück überwiesen19.

169 Dazu führte die Sozialvorsteherin im E-Mail vom 17. Mai 2021 an: «Als Vorgesetzte des Leiters Soziales war ich einzig an das jährliche Mitarbeitergespräch (inkl. Lohn) eingeladen. Sämtliche Belange der Abteilung Soziales inkl. Leitung Sozialhilfe liegen in der Zuständigkeit der jeweiligen Leitung Soziales, Geschäftsführer, operative Leitung und der Leiterin Personalabteilung. Geschäftsführer und Leitung Personalabteilung amten als Koordinationsstelle in personellen Angelegenheiten.» Dem steht entgegen, dass sich die Sozialvorsteherin dennoch in der Lage gesehen hatte, den Leiter Soziales bei der Lohndiskussion des Jahres 2019 umfassend beurteilen zu können (dazu eingehend Rz. 339).

170 Auch in weiteren Bereichen hat sich die Sozialvorsteherin nicht als zuständig angesehen und wiederholt auf die Unzuständigkeit in Personalangelegenheiten verwiesen, so bezüglich des Einsatzes der Springer und der Wahrung des Amtsgeheimnisses bei Auslagerung der Tätigkeiten der Sozialhilfe auf die Springerfirma etwa (dazu Rz. 409 ff.).

4. Zusammenarbeit der Mitglieder

171 Die Zusammenarbeit zwischen vier Mitgliedern der SB verlief weitgehend reibungslos. Hingegen zeigten ein ausgeschiedenes und ein aktuelles Mitglied der SB grosse Mühe mit der präsidialen und der Verfahrensleitung unter Jacqueline Hofer. Dies führte (mit) zum Ausscheiden eines Mitglieds20 und dessen Ersatz durch ein neues Mitglied. Dieses ist seit dem Januar 2020 tätig und reichte in kurzer Folge fünf Aufsichtsbeschwerden beim Bezirksrat ein. Dies führte naturgemäss zu Spannungen und einer Spaltung der SB. Dies besserte sich dann in der Folge im Rahmen der Leitung der SB durch André Ingold ab September 2020; die Arbeiten der SB scheinen nun konstruktiver zu verlaufen.

172 Die Aufsichtsbeschwerden werden nachfolgend bezüglich der dort aufgebrachten Problematik kurz beschrieben. Dabei werden bezüglich der Berechtigung der Beschwerden keine Wertungen vorgebracht; hierfür ist oder war der Bezirksrat zuständig und es soll nicht meine Bewertung an die Stelle des zuständigen Organs treten. Es ist jedoch vorweg zu bemerken, dass im Rahmen der Aufsichtsbeschwerden weder eine umfassende Sachverhaltsprüfung erfolgt noch der Bezirksrat eine übliche Rechtskontrolle vornimmt. Er schreitet nur bei Verletzungen klaren Rechts ein oder bei Beeinträchtigungen erheblicher öffentlicher Interessen. Hinzu kommt, dass auch ein immer noch aktueller Anlass für ein Einschreiten vorhanden sein muss. Nicht selten erledigt sich die Angelegenheit infolge Zeitablaufs von selber. Die Aufsichtsbeschwerde ist somit bildlich wie ein sehr grobes Sieb anzusehen, das nur die «grossen Steinbrocken» erfasst, was nicht ausschliesst, dass viele mittlere und kleine Steine es passieren können. Somit heisst die Abweisung einer Aufsichtsbeschwerde noch nicht, dass ein untersuchtes Handeln rechtlich unproblematisch wäre.

173 Die Aufsichtsbeschwerden erfassen folgende Punkte:

  • Rüge, dass in einem Fall für die Rückforderung von Sozialhilfeleistungen (infolge einer zwischenzeitlich angetretenen Lohnarbeit) der Weg der Vereinbarung statt einer Verfügung begangen wurde. Die Rückforderungshöhe sei in Abweichung von den SKOS-Richtlinien vom Sozialamt vorgeschlagen worden. Der Bezirksrat wies die Beschwerde mit der Begründung ab, dass der Vereinbarungsweg offenstehe und in diesem Rahmen auch von den SKOS-Richtlinien abgewichen werden könne21. Er hielt jedoch fest, dass es «problematisch» sei, wenn mit der Zustellung der zu unterzeichnenden Schuldanerkennung die Androhung einer Strafanzeige wegen unrechtmässigen Bezugs von Hilfeleistungen verbunden wurde, wie dies im vorliegenden Fall geschah. Es habe keine Anzeichen für ein strafbares Verhalten, nicht einmal für eine Pflichtverletzung gegeben.
  • Rüge der Verletzung der Teilnahmemöglichkeit. Dem Beschwerdeführer war eine physische Teilnahme an den Behördensitzungen infolge einer Herz- und Lungenkrankheit ab Eintritt der Pandemiesituation nicht möglich. Er beantragte deshalb eine elektronische Durchführung der Sitzungen mit elektronischer Zustellung der Akten bzw. einer ihm in einer abendlichen Randzeit möglichen Akteneinsicht vor Ort (da das Einscannen der Akten zu aufwändig war). Es kam in der Folge zu mehreren E-Mail-Anfragen des Beschwerdeführers an die Präsidentin der SB, die unbeantwortet blieben. Der Beschwerdeführer rügte mit der Aufsichtsbeschwerde, dass man ihm Informationen vorenthalte wollte und er aus der SB gedrängt werde. Die SB führte dann in der Vernehmlassung an, dass die damalige Lage im Winter/Frühjahr 2020 noch unklar gewesen sei und man deshalb auch keine Antwort habe geben können. Die Vernehmlassung der SB an den Bezirksrat wich dem wichtigsten Punkt aus, an welchen Sitzungen der Beschwerdeführer habe wie teilnehmen können und musste in der Folge auf Aufforderung des Bezirksrats ergänzt werden. Der Beschwerdeführer konnte an verschiedenen Sitzungen unter vorgängiger Akteneinsicht per Skype (zunächst von zu Hause aus, dann in einem Nebenraum zu städtischen Sitzungsraum) teilnehmen, wobei er kein Hintergrundbild verwenden durfte. Der Bezirksrat wies die Aufsichtsbeschwerde ab mit Beschluss vom 12. Februar 2021, dies mit der Begründung, die Teilnahmerechte seien gewahrt worden:
    • «Anhaltspunkte, dass XX seit Beginn seiner Amtszeit Informationen vorenthalten werden, er an seiner Behördentätigkeit behindert und gar eingeschüchtert wird, sind nicht aktenkundig. Jedenfalls lässt die Tatsache, dass die Teilnahme per Videokonferenz von einem separaten leeren Sitzungszimmer im Stadthaus aus und ohne einen künstlichen Hintergrund stattzufinden hat, nicht ohne Weiteres darauf schliessen. Das Gleiche gilt auch für den Umstand, dass das separate Sitzungszimmer einmal nicht für XX vorbereitet gewesen war und ihm erst auf sein lnsistieren zur Verfügung gestellt wurde. Offensichtlich und aktenkundig ist jedoch, dass sich die Kommunikation zwischen XX und der Präsidentin offenbar sehr schwierig gestaltet, Solange die Aufgabenerfüllung der Behörde jedoch gewährleistet ist, ist es nicht die Aufgabe der Aufsichtsinstanz, solche zwischenmenschlichen Probleme zu lösen. Ein aufsichtsrechtliches Einschreiten durch den Bezirksrat ist daher vorliegend nicht angezeigt, so lange die Mitwirkungs- und Akteneinsichtsrechte von XX während der pandemiebedingten Ausnahmesituation durch geeignete Massnahmen wie elektronische Sitzungsteilnahmen usw. gewahrt werden.»
  • Mit Aufsichtsbeschwerde vom 12. Juni 2020 rügt der Beschwerdeführer im Wesentlichen, ihm würden zu Unrecht Verletzungen des Amtsgeheimnisses und des Datenschutzgesetzes unterstellt, seine abweichenden Voten, Minderheitsmeinungen und Vorwürfe gegen ein Mitglied der SB würden nicht protokolliert. Hervorzuheben ist hier der auch von der SB in der Vernehmlassung vom 7. August 2020 zumindest implizit in den Raum gestellte Vorwurf an den Beschwerdeführer, es habe sich im bei der Aktenauflage befindlichen Behördenhandbuch ein handschriftlicher Notizzettel seiner Amtsvorgängerin vorgefunden, der dort neu sei. Zudem verwende der Beschwerdeführer in seinen Notizen auf den Deckblättern der Fälle Formulierungen, die im Wortlaut und Inhalt denen seiner Vorgängerin ähnelten. Es stelle sich die Frage, ob er sie zur Aktenauflage mitgenommen habe. Er habe sich zudem beim Geschäftsleiter erkundigt, ob das Stadthaus videoüberwacht werde. Zudem stelle sich die Frage, woher der Beschwerdeführer das Wissen um die Springerfirma habe, die für Springereinsätze eingesetzt werde. Dieses Wissen sei zum damaligen Zeitpunkt (es ging um Vorwürfe im Zusammenhang mit der Aufsichtsbeschwerde Springer C. C.) nur wenigen Personen bekannt gewesen. Bezüglich der Protokollierung führte die SB an, dass es keinen Anspruch auf die Aufnahme von abweichenden Meinungen gebe; der Beschwerdeführer habe auch keine Anträge gestellt, die zu protokollieren gewesen wären. Der Beschwerdeführer führte in seiner Replik an, dass bei seiner Akteneinsicht ein Stadtrat ebenfalls zur Akteneinsicht erschienen sei, der bestätigen könne, dass er allein anwesend war. Die Nachfrage zur Videoüberwachung habe er gemacht, um aufzeigen zu können, dass er sich allein zur Akteneinsicht begeben habe. Von der Springerfirma habe er gewusst, da er von C.C. diesbezüglich kontaktiert worden war; dies sei der SB bekannt gewesen. Die Aufsichtsbeschwerde wurde mit Beschluss des Bezirksrates vom 7. Juli 2021 abgewiesen. Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es nicht Sache des Bezirksrates sei, die Strafbarkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers zu beurteilen und die SB ihm auch keine Strafanzeige oder eine interne Untersuchung angedroht habe. Zudem habe sich die Situation seit dem Herbst 2020 gebessert unter der neuen Präsidialführung und es bestehe kein Anlass für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten. Wenn man schon solches ins Auge fassen wollte, so wäre es an beide Seiten zu richten, da sich beide gegenseitig mit Strafund Aufsichtsanzeigen «tyrannisier(t)en». Ebenso wurde keine Verletzung der Protokollierungspflicht festgestellt vor dem Hintergrund der Regelung des Gemeindegesetzes; es gebe nicht einen grundsätzlichen Anspruch auf die Protokollierung von abweichenden Meinungen.
  • Herr C.C. war ab Beginn des Jahres 2020 für drei Monate bei der SB als Springer der Springerfirma tätig. Er kündigte fristlos, nachdem er bemerkt hatte, dass die Stadt an die Springerfirma mehr Leistungen erbrachte, als er nach seinem Verständnis als vertraglich geschuldet erachtete. In diesem Zusammenhang hat der ehem. Leiter Soziales zuhanden der Springerfirma in einem Schreiben vom 26. Mai 2020 u.a. ausgeführt, dass C.C. Falschauszahlungen getätigt habe, dies im Umfang von etwa CHF 14’500 oder höher. Weiter heisst es, dass eine Rückforderung fraglich sei. Zudem brachte er an, dass es verschiedene Widersprüche gebe bezüglich der Behauptung, dass C.C. der Stadt einen Schaden verursacht habe. Der Beschwerdeführer verlangte eine Klärung dieses Punktes und wies auch darauf hin, dass er über die von C.C. eingereichte und u.a. an die SB gerichtete Beschwerde nie orientiert worden sei. Er verlangte entsprechende Abklärungs- und Sicherstellungsmassnahmen in der Aufsichtsbeschwerde vom 2. Juli 2020. Diese ist pendent (Stand Juli 2021); die SB hat ihre Stellungnahme zum Vorgang am 18. Mai 2021 abgegeben. Darin hat sie festgehalten, dass «(e)ine Kontrolle durch die aktuelle Abteilungsleitung ad interim (…) ergeben (habe), dass die Schadenfälle mittlerweile alle behoben sind. Der Stadt Dübendorf ist durch die Arbeit von C.C. kein Schaden entstanden bzw. es wurde auf Rückforderungen verzichtet.» Vorliegend wird dazu aus den vorgenannten Gründen nicht Stellung bezogen – es soll jedoch an anderer Stelle auf die Abklärungen der SB und deren Verhältnis zur Springerfirma in diesem Zusammenhang eingegangen werden (dazu Rz. 184 ff.).
  • In der bislang auch noch nicht erledigten Aufsichtsbeschwerde (Stand Juli 2021) vom 6. Oktober 2020 brachte der Beschwerdeführer – um die Ergebnisoffenheit der vorliegenden Untersuchung zu wahren und um nicht in Verdacht zu geraten, er schütze jemanden – verschiedene Vorfälle vor. Als erstes verwies er darauf, dass die SB als Ganzes die Betreuung von Asylsuchenden und die Bewirtschaftung der Unterkünfte erledige. Die bezirksrätlich am 24. März 2020 angeordnete Neuausschreibung der Vergabe des entsprechenden Auftrags sei erfolgt, jedoch ohne Beschluss der SB. Zudem wies er auf die seiner Ansicht nach ungenügenden Inspektionen der Asylunterkünfte durch die SB. Weiter führte er an, die SB habe nie einen Fall des Ombudsmannes, der in zahlreichen Fällen an das Sozialamt gelangte, gesehen. Ebenso sei das seitens der Sozialhilfemitarbeitenden angewandte (interne) Behördenhandbuch nicht veröffentlicht, auch wenn es Gesetzescharakter aufweise. Sodann äusserte der Beschwerdeführer die Vermutung, dass die SB nicht alle Revisionsfälle, die jährlich vorzulegen sind, zu Gesicht bekäme. Bezüglich der parteipolitischen Zusammensetzung der SB monierte der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 72 GO Gemeinderat, der eine angemessene Berücksichtigung der Fraktionen verlange und regte eine Entlassung eines in eine andere Gemeinde umgezogenen Mitglieds der SB an. Schliesslich verwies er darauf, dass die Fristen für die Vernehmlassungen seitens der SB in seinen drei eingereichten Aufsichtsbeschwerden längst abgelaufen seien.
  • Mit Schreiben vom 16. September 2020 hat der Beschwerdeführer aufsichtsrechtlich gerügt, dass die SB Aufträge erteilt habe für Typographie- und Druckdienstleistungen an die Einzelfirma der Schwester der Präsidentin (bei welcher die Präsidentin Einzelunterschrift führe). Dies sei das Thema einer gemeinderätlichen Interpellation gewesen, bei welcher die SB die Antwort verfasst habe. Der entsprechende Beschluss über die Antwort an den Interpellanten sei weder traktandiert noch protokolliert worden. Zudem könnten sich weder seine Vorgängerin noch er selber – so der Beschwerdeführer weiter – daran erinnern, dass über die Ausgaben in der SB Beschluss gefasst worden sei. In der Vernehmlassung führte die SB an, dass die Interpellationsantwort an der Sitzung vom 21. Juli 2020 in Abwesenheit des Beschwerdeführers behandelt habe. Es sei kein Protokoll erstellt worden, wofür sie sich entschuldige. Auf den Vorwurf der fehlenden Traktandierung ging die SB nicht ein. Die erste Auftragsvergabe sei vor der Amtszeit des Beschwerdeführers erfolgt, die Vorgängerin des Beschwerdeführers habe an zahlreichen Sitzungen gefehlt. Die zweite Vergabe sei durch die Heimleitung im Rahmen deren Kompetenzen erfolgt.

174 Weiter fällt auf, dass unter der Ägide des Präsidiums der SB (Bereich Sozialhilfe) von Jacqueline Hofer immer wieder das Thema der Amtsgeheimnisverletzung aufkommt. So hatten die Mitglieder der SB eine sehr detaillierte «Vertraulichkeitserklärung» zu unterzeichnen, mit der in der Erklärung angeführten Androhung von Straffolgen im Verletzungsfall und einem rechtlich unhaltbaren Haftungsfolgenakzept für direkte und indirekte Schäden.Diese Erklärung wurde gemäss meinen Befragungen von allen Mitgliedern der SB unterzeichnet, mit Ausnahme der Sozialvorsteherin.Das Thema ist nicht nur im vorstehenden Zusammenhang aufgetaucht (Vermutung, ein Mitglied der SB habe zur Akteneinsicht seine Vorgängerin mitgenommen), sondern auch bei einem ausgeschiedenen Mitglied der SB. Dieses fühlte sich durch die dauernden Misstrauenskundgebungen eingeschüchtert; es sei praktisch keine Sitzung vergangen, an der ihr nicht mit Strafanzeigen gedroht worden
wäre.

175 Wieso es eine solche Vertraulichkeitserklärung überhaupt brauche, hat die Sozialvorsteherin in der E-Mail vom 7. April 2021 wie folgt erklärt:

  • Sensibilisierung der Behörde, da deren Mitglieder im Rahmen ihrer behördlichen Tätigkeit möglicherweise von sensiblen Daten Kenntnis erhalten. Ich kannte solche Vertraulichkeitserklärungen aus meiner eigenen Tätigkeit in anderen Behörden, z.B. beim Spital Uster, und fand es auch für die Sozialbehörde Dübendorf für passend.

Und wieso sie selber keine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnet hat, wurde seitens der Sozialvorsteherin folgendermassen erläutert:

  • Da die gesetzlichen Regelungen erfordern, dass ich automatisch der Vertraulichkeit unterstehe, existiert keine unterzeichnete Vertraulichkeitserklärung von mir. Selbstverständlich bin ich jederzeit gerne bereit, ein solches Formular zu unterzeichnen.

176 Diese Erklärung ist nicht nachvollziehbar22. Die Sozialvorsteherin unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht von den übrigen Mitgliedern der SB; alle unterstehen von Gesetzes wegen dem Amtsgeheimnis. Die Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung ist entbehrlich, auch wenn ein Hinweis hierauf für neue Mitglieder im Rahmen einer strukturierten Einarbeitung (die es so jedoch nicht gab) Sinn macht. Dass die Sozialvorsteherin einzig für sich eine zweifache Sonderstellung beanspruchte (keine Unterzeichnung und «automatische» Unterstellung unter die «Vertraulichkeit») offenbart nicht nur mangelnde Sensibilität gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen, verbunden mit einem latenten Misstrauen, sondern auch Unwissenheit über die elementaren, die Behördenarbeit prägenden gesetzlichen Regelungen. Diese Unwissenheit taucht dann auch in anderen Zusammenhängen auf, die wenig vertrauenserweckend sind (dazu im Detail Rz. 409 ff.). Eine eklatante Unwissenheit zeigte die Sozialvorsteherin dann auf meine schriftliche Anfrage vom 17. Mai 2021, wie die SB mit den in ihrer Verantwortung stehenden Notunterkünften umgegangen sei und verwies auf die entsprechende Verantwortung in Art. 6 GO SB. Am 24. Mai 2021 erhielt ich von ihr eine Darstellung von rund 2 Seiten, wie man mit den Wohnungen für Asylanten umgehe. Die Asylantenunterkünfte unterliegen einer anderen rechtlichen und faktischen Regelung und es verwunderte mich sehr, dass die Sozialvorsteherin diesen bedeutenden Unterschied nicht kennt. Dazu führte sie in Ihrer Stellungnahme vom 21. Juli 2021 an: «Das Sozialversicherungsgesetz ist eine sehr komplexe Materie. Ich habe nie gesagt, dass ich das Fachwissen eines Spezialisten im Bereich Soziales habe. Ich habe einen zweitägigen Grundkurs für neu gewählte Sozialbehördenmitglieder der KES Kompetenzzentrum für Erwachsenenschutzrecht und Sozialhilfe am Dienstag und Mittwoch 18/19. September 2018 in Winterthur besucht, verfüge aber über keine Profikenntnisse. Selbstverständlich bin ich gerne bereit, eine Fachausbildung in diesem Bereich zu absolvieren.» Dazu ist festzuhalten, dass die Unterscheidung zwischen Notunterkünften und Asylunterkünften zum unentbehrlichen Grundwissen eines Behördenmitglieds im Bereich der Sozialhilfe gehört. Es erscheint auch eigenartig, wenn die Sozialvorsteherin in ihrer Stellungnahme von Kenntnissen des «Sozialversicherungsgesetzes» spricht (das es so gar nicht gibt), wenn es vorliegend um den Bereich Sozialhilfe geht. Diese beiden Bereiche stehen sich bei vielen Fällen zwar nahe (und sind auch je – fachlich unabhängiger – Teil der Abteilung Soziales), erfassen jedoch doch gänzlich andere Lebenssachverhalte und Zuständigkeiten.

177 Aus meiner Sicht erscheint eine strukturierte Einarbeitung von neuen Stadträtinnen und Stadträten in die Amtsgeschäfte (mit externen Kursen, um Abhängigkeiten vom Kader zu vermeiden und einer Binnenkultur Einhalt zu gebieten) wichtig; dies gilt ebenso für die Mitglieder der SB.

178 Im Rahmen der Untersuchung kann kein abschliessender Befund über die Arbeitsweise und das Funktionieren der SB erstellt werden. Dazu sind die Akten zum einen zu dürftig und sind zu viele Vorhalte und Differenzen im persönlichen und täglichen Umgang angesiedelt. Dennoch lassen sich einige Feststellungen treffen:

  • Die SB ist stark polarisiert, dies zumindest in den Jahren 2018-2020. Unter dem Präsidium im Bereich Sozialhilfe durch André Ingold scheint sich eine Besserung eingestellt zu haben.
  • Die Polarisierung ist nach meiner Einschätzung auch ein Spiegelbild der Polarisierung der Ansichten über die Sozialhilfe in der Dübendorfer Politik, wie ich sie auf der Stufe Gemeinderat oder den Medien gesehen habe und die in den Befragungen ein häufiges Thema war.
  • Viele der Probleme erscheinen mir im kommunikativen Bereich zu liegen. Die Verantwortung für eine Integration aller Mitglieder der SB liegt beim Präsidium, das hier ausgleichend wirken muss. Ein wohlwollend-vertrauensvoller Zugang ist hier Voraussetzung. Der ausgleichende Einbezug aller Ansichten ungeachtet ihrer Herkunft ist ein Qualitätsmerkmal.
  • Die Integration wird durch eine professionellere Gestaltung der Einarbeitung und auch der Arbeitsabläufe einschliesslich einer Weiterbildung der Mitglieder erreicht. Hiervon habe ich nichts gesehen. Die Mitglieder der SB sollten auch Kontakt zu den Mitarbeitenden der Sozialhilfe haben, deren Arbeitsweise kennenlernen und sich mit diesen über die Fälle direkt auseinandersetzen. Bei Bedarf kann die Leitung der Sozialhilfe teilnehmen, um die Hierarchien zu wahren. Die Mitglieder der SB sollten mit dem Personal regelmässige Fallbesprechungen und Weiterbildungen durchführen, um sich auch Kenntnis über die fachlichen Fähigkeiten zu verschaffen, Vertrauen aufzubauen und Transparenz über die eigenen Beurteilungsmassstäbe zu geben. Die heute gepflegte strikte Trennung von Antragstellung und Entscheid erscheint mir sehr problemanfällig.
  • Die Protokollführung ist nicht auf das gesetzliche Minimum zu beschränken. Die Sozialhilfe ist wesentlich stärker politisiert als viele andere Bereiche der städtischen Verwaltung. Deshalb sollten Diskussionen, Minderheitsanträge usw. sorgfältig protokolliert werden. Dies dient der Vermeidung von Differenzen über das Gesagte, filtert unbedachte Äusserungen und verhilft letztlich zu einer professionelleren Geschäftserledigung und zur Vermeidung von aufsichtsrechtlichen Interventionen.
  • Wie in der Geschäftsordnung vorgesehen, sollte die SB über ihre Strategien diskutieren, dies regelmässig. Dazu gehört auch der interne Umgang untereinander.
  • Sodann wurde die Aufsicht der SB über die Abteilung Soziales nicht durchgehend korrekt und stringent ausgeübt, ansonsten wären zahlreiche kompetenzwidrige Entscheide des Leiters Soziales oder die Abläufe bei der Veröffentlichung des Behördenhandbuchs nicht zu erklären.

179 Ohne in die Beurteilungszuständigkeit des Bezirksrates einzugreifen, sei eine Anmerkung zur Erteilung der Aufträge für Typographie- und Druckdienstleistungen an die Einzelfirma der Schwester der Präsidentin (bei welcher die Präsidentin Einzelunterschrift führt) anzubringen: Ungeachtet dessen, ob hier allenfalls Ausstandsregeln zu beachten sind oder nicht, erscheint es mir ratsam, wenn der Stadtrat und die SB für vergleichbare Fälle gleichlautende Corporate Governance-Regeln erlassen würden. Die gesetzlichen Regelungen sollen die gravierendsten Fälle von Befangenheiten und Interessenskollisionen regeln. Der vorliegende Fall zeigt jedoch, dass auch eine allenfalls gesetzlich nicht zu beanstandende Vorgehensweise vertrauenszerstörend sein kann und Wellen in der Öffentlichkeit schlagen kann.

5. Aufsicht durch den Bezirksrat

180 Die Arbeit der SB wird durch den Bezirksrat beaufsichtigt, dies systematisch anhand der alle zwei Jahre stattfindenden Visitationen und punktuell aus Anlass von Rekursen und Aufsichtsbeschwerden. Die Vertreter der SB wie auch der Leitung Soziales und Sozialhilfe haben immer wieder vorgebracht, dass der Bezirksrat keine Vorbehalte oder Beanstandungen vorbringe und die Arbeiten der SB als qualitativ gut einstufe. Die Durchsicht der letzten Visitationsberichte zeigt ein leicht differenzierteres Bild:

  • 2016 (Beschluss vom 3. Oktober 2016): Keine Beanstandungen (der Beschluss weist auch keine weiteren Ausführungen auf und erfasst nicht allein die Sozialhilfe, sondern verschiedene weitere Abteilungen der Stadt).
  • 2018 (Bericht vom 16. Oktober 2018): Allgemein keine Beanstandungen, ausser bezüglich der internen Richtlinien im Zusammenhang mit dem Verkehr mit der Ombudsstelle. Hier heisst es: «Lediglich die äusserst restriktive Zurückhaltung der Sozialbehörde in Bezug auf die Handhabung der internen Richtlinien erscheint in diesem Zusammenhang nach wie vor übertrieben und irritierend.» Unter Handlungsbedarf heisst es: «Die Handhabung der internen Richtlinien gegenüber dem Stadtrat und der Ombudsstelle überprüfen.»
  • 2020 (Bericht vom 28. Dezember 2020). Dieser Bericht bezieht sich auf die auch hier untersuchten und medial bekannt gewordenen Vorgänge sowie die Personalfluktuation sowie vieles Mehr. Er ist entsprechend umfassend ausgefallen. Hier ist zu erwähnen, dass als einzige Auskunftsperson der Geschäftsleiter zur Verfügung stand, anders als in den Vorjahren, als der Vorstand und die Leitungen Soziales und Sozialhilfe Auskunft gaben. Nach einer Darlegung der Ereignisse (Konflikt Ombudsmann – Abteilung Soziales, Aufsichtsbeschwerden, Untersuchung der Personalcoaching-Firma und Medienberichterstattung) äusserte sich der Bezirksrat wie folgt zum Handlungsbedarf:
    • Treten in einer beaufsichtigten Organisation Ordnungswidrigkeiten auf, sind sie vom zuständigen Organ dieser Organisation zu beheben. Der Bezirksrat greift ein, wenn das zuständige Organ das Erforderliche zur Behebung der Ordnungswidrigkeit unterlässt (§ 166 Abs. 1 und 2 GG). Der Bezirksrat übt beim Einschreiten kraft Aufsichtsrecht allgemein Zurückhaltung. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten sind nach ständiger Praxis nur gegeben bei Verletzung klaren materiellen Rechts, bei Missachtung wesentlicher Verfahrensgrundsätze oder bei Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen (vgl. Bertschi, in: Kommentar VRG, Vorbem. zu §§ 19—28a, N. 81).
    • In erster Linie war also der Stadtrat Dübendorf gefordert, die Probleme in der Sozialabteilung Dübendorf anzugehen, was er nach Einschätzung des Bezirksrates auch tat. Für ein über die genannten Schritte hinausgehendes Einschreiten des Bezirksrates gab es keine Veranlassung. Er liess sich vom Stadtrat und der Sozialbehörde Dübendorf laufend informieren, um beurteilen zu können, ob ein härteres Eingreifen angezeigt war. Nach Meinung des Bezirksrates waren die eingeleiteten Schritte verhältnismässig und geeignet, die geforderte Verbesserung zu erreichen. Die geschilderten Umstände machen deutlich, dass die seit Jahren schwelenden Probleme in der Sozialabteilung nicht so sehr im fachlichen und in Verfahrensakten dokumentiertem Handeln lagen, sondern vielmehr im zwischenmenschlichen Bereich. Bereits der Ombudsmann schilderte in seinen Berichten die Schwierigkeit, Beschwerden bezüglich mangelnden Respektes der Sozialberater gegenüber den Klienten objektiv überprüfen zu können, da in der Regel Aussage gegen Aussage stehe. Die gleiche Problematik stellt sich natürlich auch dem Stadtrat und dem Bezirksrat. Um aufsichtsrechtliche Massnahmen treffen zu können, müssten die Vorwürfe mit einer genügenden Beweiskraft erstellt werden können, was – wie vom Ombudsmann richtig erkannt – in den Fällen zwischenmenschlichen Kontaktes unter vier Augen nicht gelingen kann.
    • Der Stadtrat Dübendorf hat an seiner Sitzung vom 17. September 2020 beschlossen, sich mit sofortiger Wirkung vom Leiter der Abteilung Soziales zu trennen und die politische Führung des Bereiches Sozialhilfe vorübergehend Stadtpräsident Andre Ingold zu übertragen. Bereits früher hatte die umstrittene Leiterin Sozialhilfe gekündigt. Die vakanten Leitungspositionen werden mit Springern überbrückt und sollen im Juli 2021 wieder definitiv besetzt werden. Der Bezirksrat war über diese Vorgänge informiert und teilweise auch in Einzelfragen beratend tätig. Er ist überzeugt, dass der Stadtrat Dübendorf die angemessenen Massnahmen getroffen hat und entschlossen ist, die Probleme aufzuarbeiten und der Sozialabteilung einen Neustart zu ermöglichen. Der Gemeinderat hat dazu auf Antrag des Stadtrates eine Spezialkommission eingesetzt (…).

181 Der Bezirksrat selbst weist in seinem Bericht 2020 auf seine beschränkten Möglichkeiten zur Abklärung sowie die Grenzen seines Einschreitens ein. Zu Recht weist er darauf hin, dass die Probleme zunächst innerhalb der Behörde oder der Stadtaufsicht gelöst werden müssten und der Bezirksrat erst einschreite, wenn diese nicht der Lage sei, das Problem zu lösen.

182 Von daher sind die bezirksrätlichen Berichte denn auch keine Grundlage, die eigenen Tätigkeiten zu rechtfertigen, wie dies etwa der frühere Sozialvorstand Kurt Spillmann immer wieder – dies auch in der vorliegenden Untersuchung – tat. Dies nur schon, weil die Visitationen nur alle zwei Jahre stattfinden und für den Bezirksrat kaum Möglichkeiten von Vertiefungen bestehen.

183 Hinzuweisen ist sodann auf die Ansicht des Bezirksrates, bei den Vorgängen des Jahres 2019 und 2020 sei an erster Stelle der Stadtrat zuständig gewesen, die Probleme anzugehen. Der Auslöser für die Personalprobleme war der Umgang der Mitarbeitenden der Sozialhilfe mit den Klienten und untereinander. Die entsprechenden Abklärungen hat zwar der Stadtrat dann angestossen, dies jedoch der SB zur Lösung überlassen (dazu eingehend Rz. 337 ff.), welche nichts unternahm. Aufsichtsrechtliches Vorgehen ist m.E. nicht nur bei einer klaren Beweislage nötig, sondern auch dort, wo – wie hier – verdichtete Anhaltspunkte bestehen, dass derartige Probleme bestehen. Letztlich muss mit dem aufsichtsrechtlichen Vorgehen auch präventiv der Ruf und das Ansehen des Gemeinwesens geschützt werden.

6. Beispiel: Behandlung des Falles C.C.

184 Die Arbeitsweisen der SB und der Abteilung Sozialhilfe zeigen sich gut am Beispiel der Abwicklung des Falles «C.C.».

185 Herr C.C. war als Springer seitens der Springerfirma bei der Stadt Dübendorf eingesetzt worden, dies ab Beginn 2020. C.C. stand in keinem Vertragsverhältnis zur Stadt, sondern wurde von der Springerfirma ausgeliehen. Nach dem Verständnis von C.C. wurde er vermittelt, was jedoch nichts daran ändert, dass er in keinem direkten vertraglichen Verhältnis zur Stadt stand. Für seinen Einsatz vereinbarte C.C. mit der Springerfirma eine Stundenentschädigung von CHF 120, die Springerfirma fakturierte der Stadt dann (nebst den Fahrkosten) CHF 170/Stunde, einen Aufschlag von mehr als 40%. Für den dann später strittig werdenden Monat März 2020 hat die Springerfirma der Stadt CHF 25’229.80 in Rechnung gestellt; intern hat C.C. der Springerfirma eine Rechnung von CHF 14’040 gestellt. Nach Erledigung der Streitigkeit zwischen C.C. und der Springerfirma mit Auszahlung von CHF 6‘450.00 an C.C. blieb die Springerfirma ein Saldo von CHF 18’779.80, wobei die Springerfirma hier verschiedene Schadenspositionen geltend machte (dazu nachfolgend im Detail).

186 Zu Beginn März 2020 kündigte C.C. seinen Einsatz bei der Stadt Dübendorf gegenüber der Springerfirma fristlos. Als Grund gab er an, dass die Springerfirma seine Abrechnungen manipuliert habe (was so nicht stimmte, die Springerfirma hatte mit der SB einen Vertrag vereinbart, bei dem Pauschalen vereinbart waren auch für Spesen, die so gar nicht anfielen). Die Springerfirma bat C.C. in einer E-Mail vom 9. März 2020 um Fortsetzung seiner Arbeiten bis Ende März 2020. Kurz nach Ausscheiden von C.C. Ende März schrieb die Springerfirma diesem am 1. April 2020 um 8:18 morgens mittels E-Mail:

  • Sie sind noch keinen Tag weg von Dübendorf und die Reklamationen gegen Sie und ihr Verhalten prasseln nur so hernieder. Es wurden bereits mehrere Fehler, Fehlleistungen und Falschauszahlungen von ihnen entdeckt! Auszahlungen entgegen klarer Beschlüsse und Anweisungen der Sozialbehörde! Wütende Klienten, welche jetzt merken, dass ihnen vorher einfach unbesehen ausbezahlt wurde und jetzt müssen ihre Verhaltensweisen wieder korrigiert werden. Und und und. Wir empfinden ihr Verhalten als unprofessionell, unverantwortlich und unachtsam. Durch ihr Verhalten sind der Stadt Dübendorf bereits jetzt erkennbar erhebliche Schäden entstanden. Die Springerfirma wird für Versäumnisse und ungenügendes Verhalten, die ihnen C.C. zugeschrieben werden, nun zur Rechenschaft gezogen. Wir mussten bereits jetzt (am 1. Tag!!!) zugestehen, alle Aufräumarbeiten und Mehrarbeiten kostenlos für die Stadt Dübendorf durchzuführen. Selbstverständlich werden wir die MärzAuszahlung zurückbehalten. Jede Mehrstunde, welche der Springerfirma wegen einem Fehlverhalten von ihnen entstehen, werden ihnen vom Lohn abgezogen. Was die finanziellen Schäden der Stadt Dübendorf betrifft, so werden diese nun gesammelt und können von der Stadt direkt in einem Verfahren gegen sie geltend gemacht werden. Die Springerfirma demgegenüber wird sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, welche sie uns zugefügt haben ebenfalls quantifizieren und mit dem März-Lohn verrechnen und uns rechtliche Schritte gegen sie vorbehalten. (…)

187 Hier erscheint es auf den ersten Blick eigenartig, dass man bereits einen Tag nach dem Ausscheiden von C.C. von wütenden Klienten spricht und offensichtlich ohne vertiefte Abklärungen von Fehlern, die man einräumen musste und die nun erheblichen Aufwand und Schaden verursachten. Demgegenüber hat der ehem. Leiter Soziales in seiner E-Mail vom 3. Juni 2021 dazu ausgeführt: «Im Grossen und Ganzen stimmt die Darstellung, der Textlaut ist mir nicht mehr vollständig präsent. Ca. zwei Wochen vor Beendigung des Arbeitseinsatzes von Springer C.C. erfolgten die Fallübergaben an erfahrene Sozialberater. Diesen sind die Unstimmigkeiten sofort aufgefallen und diese haben mir die Missstände sofort mitgeteilt. Ich als Leiter hatte Kontakt mit der Springerfirma.»

188 Ich habe hierzu diverse Personen befragt und auch von der Springerfirma eine Auskunft eingeholt. Die Lage lässt sich nicht gänzlich klären. Die für die Übergabe der Fälle an die Nachfolgerin von C.C. verantwortliche Sozialberaterin (ebenfalls eine Springerin der Springerfirma) führte an, dass die Übergabe in der Woche vom 1. April 2020 erfolgt sei; der 1. April war ein Mittwoch. Wann genau, wisse sie nicht. Doch habe man schon im Verlauf der vorangehenden Monate festgestellt, dass C.C. erhebliche Fehler machen würde. Die Nachfolgerin von C.C.führte an, man hätte ihr am 1. April 2020 ein Büro mit den vorhandenen Akten von C.C. zugewiesen. Sie hätte sich erst Mitte April in diese vertieft eingearbeitet. Sie habe bislang in der Fallaufnahme gearbeitet und hätte anhand der Fallübernahmen auch erst ihr Wissen prüfen müssen. Es sei für sie eine Herausforderung gewesen. Auf mein wiederholtes Nachfragen hin führte sie dann an, diverse ins Auge springende Fehler habe sie schon am 1. April 2020 beim laufenden Durchgehen der Dossiers festgestellt. Die Springerfirma hat im E-Mail vom 17. Juni 2021 bestätigt, dass deren Leiter «im Laufe der Zeit» über die Fehler von C.C. orientiert wurde. Gemeint ist damit der Zeitraum vom Januar bis März 2020; bekannt waren diese dem Leiter nach seiner Darstellung schon vor der Kündigung durch C.C. vom 6. März 2020, so hätte es seitens der Springer der Springerfirma bei der Stadt Dübendorf schon im Februar Meldungen zu den «Eigenheiten und Auffälligkeiten» von C.C. gegeben23. Dennoch habe man C.C. weiter beschäftigt – so in der E-Mail vom 17. Juni 2021 weiter –, da man nicht umgehend einen Ersatz zur Verfügung stellen konnte.

189 Am 22. April 2020 hat C.C. eine Aufsichtsbeschwerde gegen den ehem. Leiter Soziales eingereicht, dies beim Gemeinderat, mit cc an den Stadtrat und die SB. Dort verwies er u.a. auf Verstrickungen zwischen dem ehem. Leiters Soziales und der Springerfirma.

190 Am 30. April 2020 kündigte die Springerfirma per E-Mail an, dass zusammen mit der Stadt Dübendorf «Feststellungen im Gange sind, Ihre Fehlleistungen und Falschauszahlungen zum Schaden der Stadt Dübendorf und zum Schaden der Springerfirma festzuhalten, zu dokumentieren und zu quantifizieren.»

191 Die Abklärungen wurden nach Darstellung der Springerfirma angegangen, diverse Nachfragen von C.C. bei Springerfirma wurden nicht substanziell beantwortet. Der Tenor lautete bis zum Schluss, dass klar sei aufgrund der vielen Abklärungen bei der Sozialhilfe und bei Springerfirma, dass diese nicht geleistet würden, wenn keine Fehler passiert wären.

192 Es liegt mir zu den behaupteten Schäden eine nicht unterzeichnete Aufstellung datiert mit XY.08.2020 vor, diese die Namen von zwei Springern der Springerfirma, einer Mitarbeiterin der Sozialhilfe und des ehem. Leiters Soziales. Dann liegt eine Aufstellung vom 6. Mai 2020 vor, welche als Verfasser dieselben Personen nennt, jedoch ohne den ehem. Leiter Soziales, dafür mit Unterschriften. Die beiden Aufstellungen sind nicht völlig identisch, diejenige vom August 2020 scheint aktualisiert zu sein in Bezug auf die Abklärungen und die zwischenzeitlichen Erledigungen.

193 Die vorgenannte Aufstellung vom 6. Mai 2020 wurde dem Schreiben der Springerfirma an C.C. vom 27. Mai 2020 nicht beigelegt. Dagegen wurde ohne weiteren Beleg24 behauptet, C.C. habe seinen Vertrag gegenüber der Springerfirma mangelhaft erfüllt. Die Springerfirma habe der Stadt einen Betrag von CHF 4’500 erlassen müssen, um den Aufwand der Stadt für die Bereinigung der Fehler und Unterlassungen auszugleichen. Zudem werde der Springerfirma der Stadt für 10 Monate einen Springer zur Verfügung stellen zu einem CHF 20 tieferen Stundensatz, was einen Schaden für die Springerfirma von CHF 30’000 nach sich ziehe. Aus den Falschauszahlungen der Stadt resultiere ein Schaden von CHF 10’000.  Die Springerfirma offerierte C.C. einen Vergleich in der Höhe von CHF 6’540. Die Honorarforderung von C.C. für den März 2020 gegenüber der Springerfirma belief sich auf CHF 14’040.

194 Der um CHF 20 tiefere Stundensatz wurde seitens der Springerfirma – soweit aus den Unterlagen der Abteilung Soziales ersichtlich – nur für zwei Monate in Rechnung gestellt. Dies resultierend in Einnahmeausfällen von ca. CHF 5’700. Demgegenüber führte die Springerfirma 400.26 Stunden zu einem reduzierten Satz an, resultierend in CHF 8’005.20 Einnahmenausfall. Zuzüglich der Ausgleichszahlung an die Stadt Dübendorf von CHF 4’500 ergab dies einen Betrag von ca. CHF 10’200 bzw. 12’500; dies war der seitens der Springerfirma behauptete Schaden und auf dieser Grundlage hätte die Springerfirma ca. CHF 3’840 bzw. 1’540 an C.C. auszahlen müssen; letztlich einigte man sich auf einen Betrag von CHF 6’450.

195 Am 11. Juni 2020 antwortete der Gemeinderat C.C. auf seine Aufsichtsbeschwerde. Nach Rücksprache mit dem Bezirksratspräsidenten und der Bezirksratsschreiberin habe der Gemeinderat das Geschäft mangels Zuständigkeit dem Stadtrat überwiesen. Es handle sich in erster Linie um ein personalrechtliches Problem. Der Stadtrat werde sich diesbezüglich melden. Dies wurde mit dem Schreiben des Stadtrates vom 24. August 2020 erledigt, wonach der Aufsichtsbeschwerde keine Folge gegeben werde.

196 In der Folge kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Springerfirma und C.C. über dessen Anspruch aus seinem Springereinsatz. Strittig im Vorfeld des Vergleichsabschlusses war, ob und welcher Schaden der Stadt Dübendorf und welcher Aufwand der Springerfirma aus den Herr C.C. vorgehaltenen Pflichtverletzungen entstanden war. Dazu gibt es einen sich über Wochen und Monate hinziehenden E-Mail-Verkehr zwischen Herr C.C. und der Springerfirma. Ein direkter Kontakt zwischen dem ehem. Leiter Soziales und C.C. ist nicht dokumentiert. Die Korrespondenz zwischen der Springerfirma und C.C. wird hier nur auszugsweise wiedergegeben, soweit es um die hier interessierende Abklärung geht. Dabei steht im Vordergrund, welche Abklärungen zur Schadensfeststellung die SB machte; diese wirkten sich nach meiner Beurteilung auf das Verhältnis zwischen der Springerfirma und C.C. aus.

197 Im E-Mail vom 23. September 2020 hat die Springerfirma C.C. folgendes mitgeteilt:

  • Zusammenfassend noch ein letztes mal: Sie haben mit der Springerfirma ein Auftragsverhältnis unterzeichnet. Sie sind als «Profi» verpflichtet, korrekte, gute Arbeit zu leisten. Die Stadt Dübendorf hat Fehler in Ihrer Arbeit festgestellt und von der Springerfirma Schadenersatz gefordert. Unsere Profis haben die Sachlage geprüft und waren bedacht, den Aufräumaufwand so klein wie möglich zu halten. Es sind 35.5 Stunden Arbeit entstanden. Wir haben 30 Stunden ausgehandelt und an Dübendorf bezahlt = Fr. 4’500.00 Schaden. Für die Mindereinnahmen beim neuen Springer à Fr. 20.00 pro Stunde haben wir Ihnen entgegenkommenderweise nur 1 Monat à Fr. 3’000.00 als Schaden verrechnet. Den Restbetrag von Fr. 6’540.00 würden wir Ihnen seit eh und je überweisen, so wie wir Ihnen Januar und Februar auch anstandslos überwiesen haben. Das Ganze hat nichts mit den internen fachlichen und politischen Querelen der Stadt Dübendorf oder mit dem ehem. Leiter Soziales zu tun. Es geht einzig und allein um den effektiven, belegten und bezeugten Schaden, den Sie angerichtet haben. Danke für Ihre Kenntnisnahme. Erhalten wir die Vergleichserklärung nicht bis Ende Oktober unterzeichnet von Ihnen zurück, steht es Ihnen frei, mit der Klagebewilligung ans
    nächst höhere Gericht zu gelangen. Wie erwähnt, werden wir dann für unsere sämtlichen Aufwendungen Forderungen in umfassender Höhe in Form einer Widerklage/Verrechnung stellen. Es handelt sich dabei um mehrere Fr. 10’000.00, die wir dann gegen Sie einfordern können.

198 Dieser E-Mail ging eine Verhandlung vor dem Vermittlungsamt ZZ vom 22. September 2020 voraus. An dieser legte die Springerfirma das erste Mal die vorstehend genannte Aufstellung vom 6. Mai 2020 vor. Die Aufstellung erwähnt die Klientennamen und die Art und Grund des Fehlers, geht somit auf einzelne Umstände der Fallführung ein. Soweit ersichtlich bestand keine Entbindung der Dübendorfer Sozialbehörde oder des Leiters Soziales vom Amtsgeheimnis diesbezüglich. Nach übereinstimmender Darstellung des ehem. Leiter Soziales und der Springerfirma wurde diese Aufstellung vom ehem. Leiter Soziales an die Springerfirma übergeben.

199 Der Fall C.C. zeigt Folgendes:

  • Der ehem. Leiter Soziales bezog C.C. nicht in die Ermittlung der vorgehaltenen Schadensfälle mit ein; ihm wurde insbesondere nicht das rechtliche Gehör gewährt. Verfahrensrechtlich wäre dies zwingend gewesen, nachdem die Ermittlung Auswirkungen auf die Rechtsstellung von C.C. hatte.
  • C.C. hatte gegenüber dem ehem. Leiter Soziales eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht, welche ihm eine Verbindung zur Springerfirma unterstellte. Der ehem. Leiter Soziales hätte nur schon aus diesem Grund in den Ausstand treten müssen und hätte das Schreiben vom 26. Mai 2020 (dazu vorstehend Rz. 173, Bulletpoint 4) nicht unterzeichnen dürfen25 . Unklar ist allerdings, wann der ehem. Leiter Soziales von der Aufsichtsbeschwerde Kenntnis erhalten hatte – er selber kann sich an den Zeitpunkt nicht erinnern. Da die Aufsichtsbeschwerde in cc an die SB ging und der ehem. Leiter Soziales dort das Sekretariat führte, erscheint es wahrscheinlich, dass er mit Eingang der Beschwerde von dieser Kenntnis erhalten hatte. Falls dies entgegen diesem Anschein erst nach den Sachverhaltsermittlungen vom Mai 2020 war, so könnte man ihm hieraus keinen Vorwurf machen. Dieser wäre dann jedoch an die Sozialvorsteherin zu richten, welche es versäumt hätte, den ehem. Leiter Soziales hierauf aufmerksam zu machen. Der ehem. Leiter Soziales hat zu diesem Punkt festgehalten, dass es um eine Angelegenheit zwischen C.C. und der Springerfirma ging, weshalb er auch so nicht hätte in den Ausstand treten müssen. Dies gilt jedoch nicht für die hier angesprochene Schadenersatzforderung der Stadt Dübendorf.
  • An der Aufstellung wirkten zwei Personen von der Springerfirma mit, welche (auch) in einem Treuverhältnis zur Springerfirma standen. Die dritte Person war eine Sozialberaterin, die ihr Amt erst am 1. April 2020 angetreten hatte und bislang nur über Erfahrungen aus der Fallaufnahme verfügte. Die Ermittlung der Schadenspositionen durch Mitarbeitende von der Springerfirma innerhalb der Sozialhilfe war infolge von Interessenkollisionen m.E. unzulässig.
  • Die Aufstellungen führen nur vereinzelt Summen auf, welcher Schaden der Stadt Dübendorf entstanden sein sollte. Sie sind jedoch kein nachvollziehbarer Beleg für den stadtseitig behaupteten Schaden von CHF 10’000 bis 15’000.
  • Aus den Akten ist keine Amtsgeheimnisentbindung der Abteilung Soziales gegenüber der Springerfirma ersichtlich. Die Aufstellung ging vom ehem. Leiter Soziales an die Springerfirma, wie von beiden Seiten eingeräumt.
  • Die Fallabwicklung der Springerfirma zeigt deren Nähe zur Abteilung Soziales, eine Art indirekter Support durch die Sozialhilfe – dies ist allerdings eine Aussenbetrachtung, beruhend auf den Umständen des Falles26: Umgehend mit Ausscheiden von Springer C.C. und dann im Anschluss an dessen Aufsichtsbeschwerde gegen den ehem. Leiter Soziales hat die Springerfirma gegen diesen deutliche Vorwürfe geltend gemacht, dies unter Berufung auf Abklärungen der Abteilung Soziales, was wiederum durch deren Schreiben und Aufstellungen bestätigt wird.
  • Besonders fällt hier auf, dass seit Februar 2020 angebliche Fehler von C.C. von den Springern der Springerfirma festgestellt und an die Springerfirma gemeldet wurden, jedoch keine vorgängige Ermahnung an Springer C. C. oder ein Zusammensitzen mit Besprechung der Probleme evident ist. Vielmehr fällt auf, dass die Kündigung des Einsatzes durch Springer C.C. vom 6. März 2020 mit grossem Nachdruck wieder rückgängig gemacht wurde, da man nicht umgehend einen Ersatz zur Hand hatte. Dafür wurde Springer C.C. bereits um 8:18 Uhr früh am 1. April 2020 auf seine Fehler hingewiesen und es entstand dann hieraus ein arbeitsrechtlicher Streit, der verschiedenste Instanzen der Stadt Dübendorf über Monate beschäftigen sollte. Das ganze Vorgehen hinterlässt den eigenartigen Eindruck, wonach – die damals im Dienst der Stadt Dübendorf stehenden – Springer der Springerfirma zusammen mit der Springerfirma Fakten gesammelt haben, um dann gegen Springer C.C. Stunden nach dessen Ausscheiden gezielt und vehement vorgehen zu können.
  • Die Abteilung Soziales hat die internen Abklärungen vorgenommen, ohne je Springer C.C. das Ergebnis offengelegt zu haben.
  • Die mangelnde Transparenz hat dann auch begünstigt, dass die Springerfirma zunächst Schaden behaupten konnte, der so nicht entstanden war (Stundenhonarreduktionen von CHF 30’000, stattdessen lagen diese deutlich unter CHF 10’000).
  • Die Sozialvorsteherin hätte ihre Aufsicht über die Fallabwicklung wahrnehmen müssen, dies nur schon infolge der eingereichten Aufsichtsbeschwerde. Hierfür  war sie zwar nach dem Schreiben des Gemeinderates nicht zuständig, dies hat sie jedoch nicht entbunden, die Fallaufarbeitung mit der Schadensfeststellung (deren Grundlage in angeblich falsch abgewickelten Sozialhilfefällen bestand) zu kontrollieren. Nach ihrer Darstellung wusste sie auch vom Leiter der Abteilung Soziales, dass dieser «in eigener Zuständigkeit» das Schreiben zur Schadensabwicklung mit der Springerfirma verfasst und abgesandt hätte. Eine solche «eigene» Zuständigkeit gibt es nicht; die Unterschrift eines Mitglieds des Präsidiums ist zwingend erforderlich für alle externen Rechtshandlungen der Abteilung Soziales gegenüber Dritten (Art. 27 GO SB)27.
  • Zudem liefen die vertraglichen Beziehungen zwischen der Sozialbehörde und der Springerfirma über die Sozialbehörde und wurde die Aufarbeitung auch vom Leiter Soziales an die Hand genommen.
  • Hier nicht weiter untersucht habe ich die ökonomische Vertretbarkeit der Vereinbarung zwischen der Abteilung Soziales und die Springerfirma, die nicht nur bezüglich der Verrechnung der Reisezeiten und Reisekosten Fragezeichen aufwarf. Ebenso nicht untersucht wurde, ob die Springerfirma nicht ein Auswahlverschulden bei der Abordnung von C.C. getroffen hätte.

I. Funktionsweise Ombudsstelle

200 Die Ombudsstelle wurde als Folge der Medienberichterstattung des Jahres 2016 auf den 5. Dezember 2016 auf stadträtlichen Beschluss eingerichtet. Dies zunächst für eine Probephase bis Ende 2018. Die Stelle wurde mit dem dannzumal 69jährigen Herr Anton Frauenfelder besetzt, der in der Gemeinde Wallisellen eine vergleichbare Funktion wahrnahm und über eine reiche Erfahrung im kommunalen Bereich als früherer GemeindeschreiberRümlang und Leiter Soziales in Wallisellen besass.

201 Gemäss Medienmitteilung des Stadtrates vom 2. Dezember 2016 war die Stelle für «Kundinnen und Kunden der Stadtverwaltung Dübendorf» eingerichtet. Der Stadtrat sprach hierfür an seiner Sitzung vom 1. Dezember 2016 einen Kredit und wies darauf hin, dass für seine Funktion sinngemäss §§ 87 ff. VRG anwendbar seien (dazu vorstehend Rz. 60 ff.).

202 Auf verschiedene heikle Punkte bei der Umsetzung der Funktionsweise des Ombudsmannes wurde bereits vorstehend hingewiesen (Rz. 72). Hier besonders zu betonen sind zwei Elemente, die sich meines Erachtens bremsend und hinderlich erwiesen: Zum einen der formalisierte Informationsweg Ombudsmann <–> betroffene Behörde unter Einschaltung des Geschäftsleiters und Stadtschreibers. Sodann die unklare Kommunikation des Anwendungsbereichs. Aus der Öffentlichkeitsarbeit des Stadtrates in diesem Zusammenhang konnte nicht der Eindruck gewonnen werden, dass der Ombudsmann auch für interne Personalprobleme Anlaufstelle wäre. Die Untersuchung zeigte, dass beim Personal ein anderes Verständnis bestand.

203 Der Ombudsmann beschreibt seine Tätigkeit wie folgt: Er sei in erster Linie Zuhörer und Helfer zu Selbsthilfe. Er beurteilt auch, wo Beschwerden grundlos erfolgten und hole Bericht ein, wo er dies als nötig ansehe. Er vermittle und schreite ein, wo gesetzliche Vorgaben nicht eingehalten würden und leite Meldungen an die betroffenen Stellen, wenn Klagen zu Meldungen führten. 204 In seinem ersten Zwischenbericht vom 18. April 2017 listet er für den Zeitraum vom 5. Dezember 2016 bis zum 18. April 2017 31 Fälle auf, hiervon 25 aus dem Bereich Soziales, hiervon wiederum 18 auf Frauen28 entfallend. Die 6 Fälle aus den anderen Bereichen der Stadtverwaltung seien von untergeordneter Bedeutung. Er führte an, dass die Anzahl der Fälle unter seinen Erwartungen geblieben sei; er hätte mehr Fälle erwartet. Hervorgehoben hat er

  • die Beschwerden betreffend Verletzung der Menschenwürde, konkret den respekt– und achtungslosen Umgang der Mitarbeitenden mit den Klienten. Er hat der Sozialbehörde empfohlen zu prüfen, ob sie nicht Weisungen erlassen wolle über die Art und Weise, wie der Sozialdienst zu führen sei und ob es nicht wieder um sinnvoll wäre, wiederum der SKOS beizutreten.
  • Sodann verwies der Ombudsmann auf die vergeblichen Versuche, Einsicht in die internen Richtlinien zu erhalten. Die Leiterin der Sozialhilfe hätte ihm mitgeteilt hat, diese sollen gemäss Auffassung der Sozialbehörde nicht mehr zum Einsatz gelangen, da dies die Klienten verwirre. Der Ombudsmann entgegnete dem, dass die Richtlinien, sofern sie allgemein-verbindliche Regelungen enthielten, gestützt auf das Gemeindegesetz veröffentlicht werden müssten.
  • Sodann berichtet der Ombudsmann von verschiedentlich bemängelten ständigen Personalwechseln und stellt er die Frage, wer für das Auswahlverfahren von neuen Mitarbeitenden zuständig sei, nachdem er seitens der Leiterin der Sozialhilfe die Entgegnung erhalten hatte, die
    Personalwechsel seien auf den Einsatz von Springern zurückzuführen. Dies führte ihn zur
    Empfehlung, dass das Auswahlverfahren von neuen Mitarbeitenden zu überprüfen sei.
  • Aufgefallen ist dem Ombudsmann sodann, dass vor allem bei Diskussionsgeschäften der Sozialbehörde die Leiterin des Sozialdienstes den Betroffenen die Entscheide ohne Rechtsmittelbelehrung eröffne. Bei internen Diskussionen habe er dann festgestellt, dass die Beschlüsse der Sozialbehörde nicht durch den Abteilungsleiter, sondern durch die Leiterin der Sozialhilfe unterschrieben würden. Bei den Beschlüssen falle ihm sodann auf, dass diese häufig Weisungen enthielten, mit einer Androhung von Konsequenzen, falls diese nicht eingehalten würden. Dies könnte auch auf eine weniger aufdringliche Art geschehen. Er empfahl, die Beschlüsse
    klar und unmissverständlich, aber auch empfängerorientierter abzufassen.
  • In mehreren Gesprächen mit Hilfesuchenden habe er den Eindruck erhalten, die persönliche Hilfe würde nicht oder nur mangelhaft gewährt. Im Gespräch mit der Leiterin der Sozialhilfe habe er feststellen können, dass viele Angebote bestünden. Er empfahl deshalb, darüber besser zu informieren.
  • So dann verortete er aufgrund der Trennung der Zuständigkeiten zwischen Stadtrat und Sozialbehörde Probleme an deren Schnittstelle, insbesondere bei der Personalführung. Er empfahl diesbezüglich eine Klärung.

205 Auffallend ist, dass der Ombudsmann bereits wenige Monate nach seiner Tätigkeitsaufnahme eine treffende Situationsanalyse machen konnte über verschiedene strukturelle und operationelle Probleme, welche den Bereich Soziales in den nächsten Jahren belasten sollten und auch die vorliegende Untersuchung weitgehend prägen. Auch wenn ein solcher Befund aus der Retrospektive einfach gefällt werden kann, fällt doch auf, dass der Einsatz des Ombudsmannes im Anschluss an die Vertrauenskrise von 2016 keine Folgen auf der politischen Ebene zeigte. Es macht den Eindruck, dass die politischen Verantwortlichen nach der Einrichtung der Ombudsstelle zum Tagesgeschäft übergingen und darauf vertrauten, dass der Ombudsmann die gröbsten Problemfälle auffangen und lösen würde. Effektive Anstrengung, die von ihm angesprochenen Probleme im Kern anzugehen, sind nicht ersichtlich geworden – immerhin hatte der Stadtrat am 5. Oktober 2017 Empfehlungen an die Sozialbehörde gerichtet. Dies wiederholte er im Zusammenhang mit dem Bericht der Personalcoaching-Firma, zu dessen Auslösung ein Zwischenbericht des Ombudsmannes mit beigetragen hatte. Es wäre jedoch an der Sozialbehörde gewesen, sich an erster Stelle mit den Empfehlungen des Ombudsmannes zu befassen. Hier zeigt sich auch die Schwäche der Einrichtung der Ombudsstelle: Diese kann zwar aufgrund der Vielzahl von der von ihr geprüften Fälle wesentlich leichter als die politischen Organe «Konstruktionsfehler», Fehler in den Abläufen oder den Strukturen erkennen, kann jedoch nicht viel mehr tun, als dies in den Berichten aufzuzeigen.

206 Im Jahresbericht 2017 vom 19. November 2017 geht der Ombudsmann auf die 19 neu seit seinem Zwischenbericht eingegangenen Fälle aus dem Bereich Soziales ein. Er erwähnt hier – aufgrund der Häufigkeit der Meldungen – offensichtliche Probleme bei der Tätigkeit der Sozialberater und -beraterinnen, weist jedoch darauf hin, dass die psychologische Betreuung und die Unterstützung bei der Suche nach Arbeitsstellen ausserordentlich geschätzt würde. Die Prozessabläufe bei der Behandlung der Beschwerden seien geklärt und neu aufgesetzt worden. Die Zahl der Beschwerden müsse sich deutlich verringern. Der Ombudsmann anerkennt jedoch auch den grossen Druck, der seitens schwieriger Klienten entstehe. Das Personal müsse im Umgang mit diesen weitergebildet werden. Die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben habe sich gebessert, allerdings seien Androhungen von Strafanzeigen zu unterlassen. Die Zusammenarbeit mit den Sozialdiensten von Schulen und Kirchen sei zu verbessern. Gewisse Bedenken werden auch zur Zurverfügungstellung von Notwohnungen angebracht und zum Zustand einer solchen (dazu nachfolgend im Detail Rz. 312 ff.). Kritik wird sodann bezüglich der internen Richtlinien angebracht. Der Ombudsmann habe das Recht, diese einzusehen und habe dieses Recht immer noch nicht wahrnehmen können. So könne auch deren Übereinstimmung mit den SKOS-Richtlinien nicht überprüft werden. Der Ombudsmann schliesst seinen Bericht ab mit der Empfehlung, dass die Aufgaben und die Kompetenzen der Ombudsstelle auf der Webseite der Stadt Dübendorf zu publizieren seien.

207 In der Stellungnahme der Sozialbehörde vom 6. Februar 2018 zum Jahresbericht 2017 zeigt sich weitgehend, wie passiv und abwehrend diese die Bemerkungen und  Empfehlungen des Ombudsmannes entgegennahm. So führte sie bezüglich der fehlenden Rechtsmittelbelehrungen an, dass der SB kein einziger solcher Fall bekannt sei. Der Ombudsmann wurde aufgefordert, zur «Beweissicherung» die Fakten vorzulegen. Zur Zusammenarbeit mit anderen sozialen Institutionen wurde darauf hingewiesen, dass die Sozialhilfe individuell und mit zahlreichen Dritten zusammenarbeite. Über eine Zusammenarbeit mit Partnern in der Sozialhilfe entscheide abschliessend die SB. Sodann hielt die Sozialbehörde fest, dass in keinem der neuen 16 Fälle der Ombudsmann in Kontakt mit der Leitung Soziales oder mit der Sozialhilfe getreten sei. Somit gehe die SB davon aus, dass in keinem der Fälle Abweichungen aufgetreten seien.

208 Die Stellungnahme erscheint nicht nur passiv und abwehrend, sondern auch manipulativ: Der Ombudsmann hielt zu dem ihm bislang unbekannten Schreiben fest29, dass er in jenem Zeitraum in diversen Fällen mit der Leitung Soziales oder mit der Sozialhilfe in Kontakt getreten sei und er auch einmal in einem Fall mit einer fehlenden Rechtsmittelbelehrung zum Rechtsmittelweg geraten habe, was zu einem Verfahren vor dem Bezirksrat geführt habe. Er sei diesbezüglich von der ehem. Leiterin Sozialhilfe kontaktiert worden. Die Befragung von zwei Mitarbeiterinnen der sozialen Dienste der reformierten und der römisch-katholischen Kirche ergaben, dass kaum eine Zusammenarbeit zwischen diesen und der Sozialhilfe der Stadt bestand.

209 In der Stellungnahme vom 19. Juli 2021 hält der ehem. Leiter Soziales hierzu erstmals fest: «Die Sozialbehörde hat nach Einführung der Ombudsstelle und ca. ein halbes Jahr später (ca. im Jahre 2017 oder 2018) ein bis zwei Schreiben an den Bezirksrat Uster verfasst, in dem wahrheitsgetreu aufgelistet wurde, wie sich der Ombudsmann in seiner Tätigkeit verhalte bzw. ein unprofessionelles Verhalten, wenn es um Kontaktaufnahmen mit dem Sozialamt gehe im Zusammenhang mit Abklärungen bestehe. Bis die Sozialbehörde ein solches Schreiben aufsetzt, benötigt es doch schon relativ viele Ungereimtheiten in der Zusammenarbeit und mangelnde Professionalität der Ombudsstelle.» Ein solches – bislang unbekanntes – Schreiben liegt tatsächlich vor, datierend vom 9. März 201830. Es hat folgenden Wortlaut:

  • Dübendorf, 9. März 2018
  • Ombudsstelle Dübendorf Ihr Schreiben vom 8. Februar 2018 (SO.2017.50/4.03.00) Stellungnahme
  • Sehr geehrte Damen und Herren
  • Gerne nimmt die Sozialbehörde Stellung zu Ihren nachstehenden Fragen:
  • Wie das Jahr 2017 mit dieser neu geschaffenen Ombudsstelle und den Kontakt mit dessen Leiter erlebt wurde? Wie gestaltet sich der Kontakt zwischen Ihnen und dem Leiter der Ombudsstelle?
  • Antwort Sozialbehörde: Die Zusammenarbeit gestaltete sich, wenn sie überhaupt zu Stande kam, recht schwierig und hier verweisen wir auf die Stellungnahmen der Sozialbehörde vom 8. August 2017 und 6. Februar 2018 an den Stadtrat, sowie unter Berücksichtigung des Abklärungsberichtes vom 18. September 2017 des Stadtrates. Diese Dokumente haben wir Ihnen am 6. Februar 2018 zugestellt.
  • Weshalb werden dem Leiter der Ombudsstelle die gesamten internen Richtlinien vorenthalten?
  • Antwort Sozialbehörde: Der Ombudsstelle werden die Richtlinien nicht vorenthalten, im Zusammenhang mit Anfragen für eine Sachverhaltsabklärung nach § 92 VRG wird der Ombudsstelle in jedem betroffenen Fall die Akten vorgelegt und fallspezifische Angaben aus dem Handbuch kopiert und zugestellt.
  • Ist es richtig, dass Entscheidungen von der Leiterin des Sozialdienstes ohne Rechtsmittelbelehrung getroffen wurden respektive werden?
  • Antwort Sozialbehörde: Nein, diese Aussage ist nicht richtig. Der Sozialbehörde ist kein einziger Fall bekannt, in dem ein Entscheid und/oder eine Auflage in der Sozialhilfe durch die Leitern Sozialhilfe nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen ist. Behauptungen der Ombudsstelle in dieser Form sind mit Fakten zu belegen.
  • Von wem werden die Beschlüsse der Sozialbehörde unterzeichnet und bestehen betreffend dieser Zuständigkeitsregelung Richtlinien?
  • Antwort Sozialbehörde: Die Protokollauszüge der Sozialbehörde (Beschlüsse der Sozialhilfe) werden durch die Leitung Sozialhilfe unterzeichnet. Die Kompetenzen sind gem. Geschäftsordnung der Sozialbehörde vom 1. Januar 2013 geregelt.
  • Weiter bitten wir Sie insbesondere zu der Thematik der Notwohnungen Stellung zu nehmen.
  • Antwort Sozialbehörde: Zurzeit besitzt die Stadt Dübendorf für die Sozialhilfe keine eigenen Notzimmer. Hat jemand bedarf, wird aufgrund der Einzelfallbeurteilung geprüft und wenn nötig (Einzelpersonen / Familien/ Personen mit Suchtproblemen/ Psychisch kranke Personen / Jugendliche usw) mögliche Lösungen organisiert sofern die Leute nicht selber eine Lösung finden. Die Gemeinden sind zur Notunterbringung verpflichtet, das heisst eine Übergangslösung bis die Person wieder eine eigene Lösung gefunden hat. Schafft es die Person nicht selber eine neue Unterkunft zu organisieren, wird auch mal die Wohnhilfe zur Unterstützung organisiert. Die Stadt Dübendorf besitzt ein gutes Netzwerk für die Beschaffung von Notzimmern, über den Sozialdienst Bezirk Uster (reine Notzimmer oder Begleitetes Wohnen), Appartements zur Monatsmiete / Jugendherbergen / Hotels zur Monatsmiete / die Notschlafstelle / Netzwerk Pfarrer Sieber / Nemo/ Männerheim usw. Gleichzeitig wird auf das Handbuch über die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe der Sozialbehörde Dübendorf, Punkt 3.23 Notunterkunft, verwiesen.
  • Gerne hoffen wir, Ihnen mit diesen Angaben zu dienen und stehen für weitere Auskünfte jederzeit gerne offenkundig zur Verfügung.
  • Freundlich grüssen
  • SOZIALBEHÖRDE DÜBENDORF

210 Der Ombudsmann hielt hierzu am 5. August 2021 Folgendes fest, wobei hier auffällt, dass er von diesem Schreiben vorliegend das erste Mal erfahren und es der Bezirksrat nicht als angebracht gesehen hatte, ihn zu den Ausführungen der SB anzuhören (Anonymisierungen durch den Untersuchungsführer):

  • Zusammenarbeit
  • Den von der Sozialbehörde an den Bezirksrat gerichteten Brief vom 9.3.18 habe ich nie gesehen. Die Ombudsstelle ist auch nicht auf dem Verteiler aufgeführt. Der Bezirksrat hat bei mir nie eine Stellungnahme eingefordert. Das Vorgehen der Sozialbehörde und auch des Bezirksrates erstaunt mich ein weiteres Mal.
  • Die Zusammenarbeit zwischen der Sozialbehörde und der Ombudsstelle erwies sich immer als schwierig. Eine solche hat eigentlich gar nie stattgefunden.
  • Interne Richtlinien
  • Für meine Arbeit wäre es wichtig gewesen, die internen Richtlinien zu kennen. In den Beschlüssen der Sozialbehörde wurde immer wieder auf diese hingewiesen. Weshalb mir in diesem Fall die Akteneinsicht nicht gewährt wurde, ist für mich auch heute noch unerklärlich. Auszug aus meiner Aktennotiz über das Gespräch vom 12.4.17 mit der ehem. Leiterin Sozialhilfe:
  • “Ich spreche die ehem. Leiterin Sozialhilfe auf die internen Richtlinien an. Sie sagt mir, dass sie mir diese nur fallbezogen herausgeben dürfe. Dies haben der ehem. Leiters Soziales und die Sozialbehörde entschieden. Sie erklärt mir auch, dass in den Beschlüssen der Sozialbehörde nicht mehr auf diese Richtlinien hingewiesen werde. Dieser Hinweis sei für die Leute verwirrend. Ich frage die ehem. Leiterin Sozialhilfe, ob sie unter den Richtlinien Kompetenzdelegationen verstehe, wie solche in allen Gemeinden erlassen werden. Sie bejahte die Frage. Ich drücke ihr gegenüber aus, dass ich die Haltung des
    ehem. Leiter Soziales und der Sozialbehörde nicht verstehe und dies auch meine Arbeit erschwere. Es komme mir vor, als wolle etwas vertuscht werden“.
  • Rechtsmittelbelehrung
  • Auszug aus meiner Aktennotiz des Gespräches mit die ehem. Leiterin Sozialhilfe vom 12.4.17:
  • “Bei der Akteneinsicht stelle ich auch fest, dass der Sozialbehörde oft Diskussionsgeschäfte vorgelegt werden. Es erfolgt kein Beschluss. Das Ergebnis der Diskussion wird dann von der ehem. Leiterin Sozialhilfe den betreffenden Leuten schriftlich mitgeteilt ohne Rechtsmittelbelehrung. In diesem Punkt erfolgt zwischen mir und der ehem. Leiterin Sozialhilfe eine längere Diskussion. Sie vertritt die Auffassung, dass die Leute jederzeit einen Beschluss mit Rechtsmittelbelehrung verlangen können. Ich erkläre ihr, dass im Falle X viele Diskussionen hätten verhindert werden können, wenn er gegen Beschlüsse hätte rekurrieren können. Beschlüsse ohne Rechtsmittel werden nie rechtskräftig. Die ehem. Leiterin Sozialhilfe erklärt mir, dass sie diesem Punkt in Zukunft mehr Beachtung schenken werde. Sie könne ja auch den Hinweis anbringen, dass wenn jemand mit dem Entscheid nicht einverstanden sei, dieser einen Entscheid mit Rechtsmittelbelehrung anfordern könne. Ich sage ihr, dass ein solches Vorgehen besser wäre“.
  • U.a. habe ich folgenden Personen empfohlen, Entscheide mit Rechtsmittelbelehrung zu verlangen:
  • Frau A, Aktennotiz vom 16.12.16
  • Frau B, Aktennotiz vom 31.1.17
  • C, Aktennotiz vom 31.10.17
  • Frau D, Aktennotiz vom 7.12.19
  • Frau E, Aktennotiz vom 24.1.18
  • Unterzeichnung Behördenbeschlüsse
  • Unterschriftsberechtigt einer Behörde sind der Präsident und der Sekretär. Für mich stellt sich die Frage, ob eine Kompetenzdelegation möglich ist.
  • Notwohnungen
  • Ein Beistand des Kinder- und Jugendhilfezentrums Dübendorf hat mir am 3.1.17 folgendes gesagt: (Auszug aus meiner Aktennotiz)
  • “Er stehe als Beistand bei der Sozialbehörde Dübendorf oft an, dies vor allem bei Kindsgefährdungen. Das Sozialamt helfe bei der Wohnungssuche erst dann, wenn Mütter mit ihren Kindern und dem Hausrat auf dem Trottoir stehen. Dies sei schon vorgekommen. Die persönliche Hilfe wäre ein zentraler Punkt, diese finde aber in Dübendorf nicht statt. Das Sozialamt sieht als wichtigste Aufgabe den Sozialmissbrauch zu verhindern. Die Existenzsicherung sei aber Aufgabe des Sozialamtes“
  • Das Thema Notwohnungen ist in Dübendorf ein leidiges Thema. Ich habe in mindestens drei Fällen ähnliches erlebt.

211 Nach meiner Einschätzung zeigen die vorgenannten Schreiben, wie verfahren die Situation war und welche Hürden der Ombudsmann zu nehmen hatte, selbst wenn man nicht alle Differenzen klären kann. Der Verweis der SB auf die bisherigen Dokumente zeigt, dass die Probleme auf der Ebene der SB lagen. Es verwundert sodann und ist bedauerlich, dass der Bezirksrat den Ombudsmann nicht zu einer Stellungnahme zum vorstehenden Schreiben der SB einlud. Ebenso bedauerlich ist, dass die SB eine Art Schattenboxen mit der Ombudsstelle führte und es zu keiner direkten Bereinigung der Anstände kam. Die vorgenannten Punkte hätten dort vertieft besprochen werden können. So ist etwa auf den ersten Blick ersichtlich, dass die Antwort der SB bezüglich der Unterschriftsberechtigung an den Bezirksrat Art. 27 GO SB widerspricht und die Unterschriftsberechtigung nicht delegierbar ist. Ebenso hätten die fehlenden Rechtsmittelbelehrungen thematisiert werden können.

212 Der Stellungnahme vom 6. Februar 2018 ging eine Klärung der aufgelisteten Fälle des Ombudsmannes in seinem Zwischenbericht vom 18. April 2017 voraus. Hiermit wurde der Geschäftsleiter mit Stadtratsbeschluss vom 24. August 2017 beauftragt. Die Abklärung sollte sich dem Umgang mit den Klienten und der Wahrung der Menschenwürde befassen. An einer gemeinsamen Besprechung vom 4. September 2017 – somit rund 5 Monate nach Erstattung des Zwischenberichts – zwischen dem Geschäftsleiter, dem Ombudsmann, dem Abteilungsleiter Soziales und der Bereichsleiterin Sozialhilfe wurden die 14 von diesen Vorwürfen betroffenen Fälle besprochen. Das Protokoll zeigt zum Teil eine eher angespannte Auseinandersetzung, insbesondere die Bemerkungen der Bereichsleiterin Sozialhilfe zeigen auf, dass sie einige Vorhalte als persönliche Angriffe verstand und auch auf politische Hintergründe der Anwürfe «auf eine andere Person» verwies. Die Fälle zeigen eine breite Skala auf, zwischen verschiedenen unberechtigten Vorwürfen von Klienten bis zu vereinzelt nicht übersehend rechtlich unhaltbaren Vorgehensweisen der Sozialhilfemitarbeitenden. Auffällig ist die Häufung der Vorwürfe, welche die Tonalität und die Hilfestellung betreffen. Sodann wurde nebst der Bereichsleiterin Sozialhilfe mehrfach ein bestimmter Mitarbeiter der Sozialhilfe genannt. Der Geschäftsleiter führte an:

  • Bei den Falluntersuchungen liegen keine gravierend, materielle Prozessfehler vor.
  • Der Umgang mit Kunden muss besprochen und das Team sensibilisiert werden.
  • Das Thema Kultur und Ausbildung der Mitarbeitenden muss angegangen werden.
  • Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung (AKV) muss zwischen dem Stadtrat und der Ombudsstelle nochmals definiert werden.

213 Sodann empfahl er zusammenfassend:

  • Fachseminare für den sozialarbeiterischen kompetenten Umgang mit psychisch erkrankten Menschen. Wichtig ist die Wissenserweiterung zur Pathologie und Diagnostik der häufigsten psychischen Störungen. Das erarbeitete Wissen für Beratung und Beziehungsgestaltung mit dem Klienten. Die Ausbildungen sind anzugehen und umzusetzen (Schulungsangebot der Hochschule Luzern liegt bereits vor).
  • Motivation der Mitarbeitenden für Supervisionen (Pflege der Nachhaltigkeit).
  • Der Leiter Ombudsstelle nimmt bei Beschwerden immer zuerst Kontakt mit der Abteilungsleitung auf
  • Anlaufstelle/Schnittstelle betreffend Asylbewirtschaftung sollte der Leiter Soziales sein (keine direkten Fremdkontakte zur Firma 1 aus dem Asylbereich).
  • Das Angebot der persönlichen Hilfe ist zu kommunizieren; dabei sind auch die fehlenden Ressourcen einzufordern.
  • Ansprechperson aus der Verwaltung für den Leiter Ombudsstelle klar definieren. Dies sollte der Stadtschreiber sein; da Auftraggeber Ombudsstelle der Stadtrat war/ist.
  • Aufgaben, Kompetenz, Verantwortung (AKV) des Leiters Ombudsstelle klar definieren Optional: – Gemeinsames und einheitliches Verständnis über Kultur und Umgang mit schwierigen, psychisch kranken Kunden/Klienten schaffen. Dabei könnte als Beispiel, nebst der obenerwähnten Ausbildung, gemeinsam ein Verhaltenscodex erarbeitet werden. (Beispiel: Richtlinien für ein integres Geschäftsverhalten der Direktion der Justiz und des Innern).

214 Der Stadtrat folgte dem Bericht des Geschäftsleiters, übernahm seine Folgerungen und beschloss folgende Empfehlungen zu Handen der Sozialbehörde sowie zur Vorgehensweise bei der Behandlung der Beschwerden am 5. Oktober 2017:

Empfehlungen Geschäftsleiter vom 5. Oktober 2017

Empfehlungen Geschäftsleiter vom 5. Oktober 2017

215 In der Folge hat der Geschäftsleiter im Auftrag des damaligen Stadtpräsidenten ein Formular «Abklärungsauftrag» geschaffen, mit dem der Kontakt zwischen der Ombudsstelle und der Abteilung Soziales festgelegt wurde. Dieses Formular wurde ausgefüllt – mit Beilagen versehen ging es dann auch an den Stadtschreiber oder den Geschäftsleiter. Hierzu holte der Ombudsmann gemäss meiner Rückfrage jeweils das Einverständnis der Ratsuchenden ein31. Auch wenn damit formal das Amtsgeheimnis nicht verletzt wurde, war der Weg doch eine im System angelegte Abweichung vom gesetzlich vorgesehenen Schutz der Ratsuchenden und konnte auch den einen oder anderen von einem solchen Vorgehen abhalten.

216 Hier das Beispiel eines ausgefüllten Formulars, wobei die Schwärzungen im Original nicht vorhanden sind:

Beispiel Formular Abklärungsauftrag

Beispiel Formular Abklärungsauftrag

217 Die Ereignisse aus Anlass des Zwischenberichts und des ersten Jahresberichts des Ombudsmannes führen zu folgenden wichtigen Zwischenfolgerungen:

  • Die Einrichtung der Ombudsstelle war ein wichtiger Akt zur Wiederherstellung des Vertrauens der Bevölkerung in die Funktionsweise der Verwaltung im Bereich Soziales.
  • Die Berichte des Ombudsmannes verwiesen auf einige heikle Punkte. Diese wurden dann aufgenommen und näher untersucht, dies jedoch allein vom hierfür letztlich nicht zuständigen Stadtrat.
  • Die wahrnehmbaren Reaktion(en) des Stadtrates setzten allerdings recht spät ein, dies rund fünf Monate nach Erstattung des Zwischenberichts.
  • Die geltende Kompetenzaufteilung zwischen Stadtrat und SB bedingte ein Handeln der Sozialbehörde, die in diesem Punkt nicht mehr als Empfehlungen empfangen musste. Die Reaktion der SB vom 6. Februar 2018 zeigt, dass kaum ein Eingehen auf die Aufforderung erfolgte. Die Wortwahl in jenem Schreiben erinnert eher an einen emotional gefärbten Schriftenwechsel vor Gericht als an eine abgeklärte und sachliche Reaktion. Zudem enthält das Schreiben der SB vom 6. Februar 2018 nach meinen Feststellungen in wesentlichen Punkten Unwahrheiten. Gleich verhält es sich mit dem Schreiben der SB vom 9. März 2018 an den Bezirksrat. Die angespannt negative und abwehrende Position der SB musste die Empfehlungen des Stadtrates ungenutzt verpuffen lassen.
  • Schliesslich hat der Stadtrat die Handlungsweise des Ombudsmannes nach meiner Einschätzung durch die Schaffung des Formulars unnötig in ein enges Korsett gedrängt, da die gesetzliche Regelung diesem gerade bewusst ein suchendes, offenes Vorgehen zur Verfügung stellt und er in Überspringung aller Hierarchiestufen direkt mit den betroffenen Verwaltungsstellen kommunizieren kann und häufig auch sollte. Zudem wurde das Amtsgeheimnis durch das Reporting an den Stadtrat faktisch ausgehebelt, auch wenn formal jeweils eine Zustimmung der Ratsuchenden eingeholt wurde.

218 Im Jahre 2017 hatte der Ombudsmann 44 Fälle aus dem Sozialbereich zu betreuen. Im Jahre 2018 waren es dann noch 21 Fälle. In seinem Jahresbericht 2018 vom 20. Februar 2019 hielt der Ombudsmann fest, dass die Abteilung Soziales fachlich gute Arbeit leiste und seine Anfragen vom Leiter Soziales rasch und belegt beantwortet würden. In den nicht einfachen zwei Jahren 2016 und 2017 hätten sich im Team Sozialdienst wenige personelle Wechsel ergeben. Dies spreche für das gute Einvernehmen im Team. Verbesserungspotenzial sieht der Ombudsmann aufgrund der Häufigkeit der Klagen im Umgang des Sozialdienstes mit den Hilfesuchenden. Diese fühlten sich häufig nicht ernst genommen und schikaniert. Da die Hilfesuchenden zum Teil schwierig im Umgang seien, riet der Ombudsmann zur Weiterbildung. Der Stadtrat habe dies in seinem Beschluss vom 5. Oktober 2017 der SB auch empfohlen, wie auch die Schaffung eines Verhaltenskodexes. Dem Ombudsmann sei nicht bekannt, ob hier etwas erfolgt sei. Gleiches gelte für die stadträtliche Empfehlung an die SB, im Bereich der persönlichen Hilfe das Angebot zu definieren. Sodann berichtete der Ombudsmann von Hinweisen an die SB zur Problematik der Hausbesuche (Rechtsgrundlage, Häufigkeit, Gründe für Nichtanmeldung der Kontrollen und fehlende Regelung der Abläufe).

219 Die Jahresberichte 2019 und 2020 beschränken sich auf die statistischen Angaben und ganz wenige Sätze zur Tätigkeit. Hier fällt auf, dass der Rückgang des Jahres 2018 keine Fortsetzung fand. Im Jahre 2019 waren 31 Fälle aus dem Bereich Soziales zu behandeln, im Jahre 2020 deren 26. Im Jahre 2019 wandten sich erstmals Mitarbeitende an den Ombudsmann. Dies hatte zur Folge, dass der Jahresbericht 2018 mit dem Zusatzbericht vom 26. März 2019 ergänzt wurde. Der Bericht wurde am 24. Oktober 2019 durch den Stadtrat der GRPK streng vertraulich zugestellt. Die SB hat zu diesem Brief nie Stellung genommen.

220 Konsequent war dann die Angliederung der Ombudsstelle an den Gemeinderat, mit welcher eine bessere Verankerung der Unabhängigkeit gewährleistet werden konnte.

221 Die Wirkungsweise der Ombudsstelle aus der Sicht der Ratsuchenden kann aufgrund der wenigen untersuchten Fälle nicht beurteilt werden. In den nachfolgend näher dargelegten zwei Fällen (siehe Rz. 280 ff.) wurde der Einsatz des Ombudsmannes in einem Fall als sehr gut beurteilt, im anderen Fall als schwach. Die Beurteilungen sind zum einen davon abhängig, wie man den Ombudsmann mit welchem Anliegen und welcher Erwartung anging. In einem Fall wurde Beratung und Hilfestellung angenommen, im anderen wurde lediglich informiert und dann selbst auf anderen Kanälen eine Verbesserung der eigenen Situation gesucht; der Ombudsmann wurde hier «on hold» gehalten.

222 In einer zusammenfassenden Würdigung zeigt sich jedoch, dass das Potenzial der Ombudsstelle nicht optimal genutzt wurde. Dies hatte mehrere Ursachen. Zum einen blieb die Ombudsstelle verfangen in den unklaren Zuständigkeitsabgrenzungen zwischen Stadtrat und Sozialbehörde. Der direkte Kontakt zu den Sachbearbeitenden war nicht möglich oder wurde als verwirrend angesehen. Dies hat sich nunmehr geändert und der an sich direkte Zugang zwischen der Ombudsstelle und der Sozialhilfe ist etabliert. Die Sozialbehörde selbst ging auf Abwehr aus. Eine direkte Kommunikation zwischen dem Ombudsmann und der Sozialbehörde war äusserst selten. Allgemein fällt auf, dass Rückmeldungen an den Ombudsmann eher selten waren; nicht einmal der Bezirksrat hat ein Angehen des Ombudsmannes als angebracht angesehen nach der erkennbar falschen bzw. dürftigen Antwort der SB vom 9. März 2018. Das aus der Behandlung und Erörterung von derart vielen Problemfällen gewonnene Know-how des Ombudsmannes hätte weit besser fruchtbar gemacht werden können. Unglücklich war auch die Ansiedlung des Ombudsmannes beim Stadtrat, was dessen Unabhängigkeit in Frage stellte, gleichfalls wie die Ausgestaltung der Fallmeldungen. Nicht optimal war auch, dass die Zuständigkeit des Ombudsmannes im Bereich Personal umstritten war. Oder anders gesagt: Der Ombudsmann hat mit seinem Einsatz den Grossbrand eindämmen geholfen, ohne die Brandursachen auf Dauer beseitigt zu haben.

223 Im Untersuchungsauftrag enthalten ist die Frage, ob der Ombudsmann seine Kompetenzen überschritten habe. Dies konnte ich nicht feststellen, wobei ich nicht alle seiner Fälle untersucht habe. Insbesondere ist zu betonen, dass die Möglichkeiten des Ombudsmannes soweit reichen, dass er strukturelle oder anderweitige Verbesserungsvorschläge machen kann; darin liegt keine Kompetenzanmassung. Mein aus den untersuchten Fällen und Abläufen gewonnene Eindruck geht eher in die Richtung, dass die Arbeiten der Ombudsstelle unnötig erschwert wurden; dazu verweise ich auf die obigen Ausführungen.

J. Auslagerung Asyl- und Flüchtlingskoordination

1. Historie

224 Die Auslagerung der Betreuung von Asylbewerbern hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Auf den 1. Januar 2012 wurden die vorläufig aufgenommenen Personen und Flüchtlinge neu der Sozialhilfegesetzgebung unterstellt. Aufgrund der damit verbundenen Fallzahlen entschied der Stadtrat, die notwendige zusätzliche Kapazität nicht durch eine Erhöhung der Stellenprozente abzudecken, sondern die Betreuung extern erledigen zu lassen. Soweit ersichtlich wurde die Frage, ob es hierfür nicht einer Grundlage in der Gemeindeordnung bedürfte, nicht weiter geprüft. Im Beschluss des Stadtrates vom 22. März 2012 heisst es dazu: «Die Zuständigkeit für die Festsetzung des Stellenplanes liegt gestützt auf Art. 36 Ziff. 2.6 der Gemeindeordnung beim Stadtrat. Der Stadtrat ist von der Übernahme der Aufgabe durch die Abteilung Soziales nicht überzeugt. Er ist der Ansicht, dass eine Auslagerung an die Firma 2 aus dem Asylbereich hinsichtlich des Personalbedarfs, der Kosten oder des Know-hows eine flexiblere Lösung darstellt, umso mehr als sie kostenmässig gegenüber einer internen Lösung ebenbürtig ist.» Er beschloss hierauf im selben Beschluss:

  • «1. Der Stellenplanerhöhung um 80 Stellenprozente in der Abteilung Soziales für die Fallführung der vorläufig aufgenommenen Personen aus der Asylfürsorge und die vorläufig aufgenommenen und anerkannten Flüchtlinge mit Arbeitsvermittlung wird abgelehnt.
  • 2. Die Sozialbehörde wird ersucht, ihren Beschluss in Wiedererwägung zu ziehen und gestützt auf Art. 53 Ziff. 2 der Gemeindeordnung in eigener Kompetenz eine Auftragserteilung an die Firma 2 aus dem Asylbereich zu beschliessen.»

225 Dem hat die SB in der Folge mit Beschluss vom 3. April 2012 wiedererwägungsweise stattgegeben:

  1. Mit Wirkung ab 01.05.2012 wird die Fallführung der vorläufig aufgenommenen Personen aus der Asylfürsorge und vorläufig aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen an die Firma 2 aus dem Asylbereich übertragen.
  2. Für das Rechnungsjahr 2012 (Mai – Dezember 2012) wird für die Firma 2 aus dem Asylbereich ein Nachtragskredit von Fr. 90‘000.00 (Kto. 1680.3186) bewilligt.
  3. Die Aufwendungen für die Firma 2 aus dem Asylbereich sind im Budget ab 2013 unter Kto. 1680.3186 einzustellen.
  4. Der Präsident der Sozialbehörde und der Leiter Soziales werden ermächtigt, den
    Anschlussvertrag mit der Firma 2 aus dem Asylbereich zu unterzeichnen.

226 Im Hinblick auf das altersbedingte Ausscheiden des bisherigen Stelleninhabers im Februar 2013 entschied sich die SB, die Stelle angesichts des schwierigen Arbeitsmarktes nicht mehr intern zu besetzen, sondern die Betreuung von Asylanten und Flüchtlingen auszulagern. Dazu wurden von der Firma 2 aus dem Asylbereich und der Firma 1 aus dem Asylbereich Offerten eingeholt und im SBBeschluss vom 18. Dezember 2012 beschrieben. Ohne weitere Begründung wurde dann der Zuschlag der Firma 1 aus dem Asylbereich gegeben:

  1.  Mit Wirkung ab 1. Februar 2013 wird das Asylwesen, Betreuung für Asylsuchende mit Status N, Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung mit Status S, Personen mit einer Wegweisungsverfügung und Personen mit einem Nichteintretensentscheid, vollumfänglich ausgelagert.
  2. Die Durchführung des Asylwesens für die Stadt Dübendorf wird an die Firma 1 aus dem Asylbereich vergeben.
  3. Der Vertrag ist auf ein Jahr zu befristen, kann verlängert werden und kann von
    beiden Parteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten auf Ende
    eines Quartals schriftlich gekündigt werden.
  4. Der Präsident der Sozialbehörde und der Leiter Soziales werden ermächtigt, den
    Vertrag zu unterzeichnen.
  5. Die Erbringung der vollumfänglichen Sozialhilfedienstleistung für vorläufig aufgenommene Personen und vorläufig aufgenommene Flüchtlinge oder anerkannte Flüchtlinge ist separat nach Ablauf eines Vertragsjahres zu überprüfen, erstmals im April 2013 mit der Firma 2 aus dem Asylbereich, und mit einem eigenständigen Vertragswerk zu regeln.

227 Weiter heisst es im selben Beschluss: «Mit einer Auslagerung des Asylwesens würde sich der Stellenplan der Abteilung Soziales um 90 Stellenprozente reduzieren.» Tatsächlich stiegen die Stellenprozente im Bereich Sozialhilfe zwischen 2012 und 2013 um 90 % an, wobei hier nicht geklärt wurde, ob der Anstieg (dann – nach der Reduktion von 90% – um 180%) nicht auf anderweitige Umstände zurückzuführen ist32.

228 Mit Beschluss vom 8. September 2015 kündigte die SB den Vertrag mit der Firma 2 aus dem Asylbereich auf Ende des Jahres 2015. Dies aufgrund von Problemen in der Zusammenarbeit von der Firma 2 aus dem Asylbereich mit der Firma 1 aus dem Asylbereich. Hier war die Verantwortlichkeit für die Unterkünfte auch ein Thema, wie der Beschluss der SB zeigt:

  • Die Zusammenarbeit mit der Firma 2 aus dem Asylbereich dauert mittlerweile mehr als drei Jahre und kann grundlegend als erfüllt betrachtet werden. Die Zusammenarbeit der Firma 2 aus dem Asylbereich mit der Durchführungsstelle für Asylwesen in der Stadt Dübendorf, der Firma 1 aus dem Asylbereich, funktioniert nicht zufriedenstellend. Die Firma 2 aus dem Asylbereich betreut sämtliche Personen, welche vorgängig in der Asylkoordination Dübendorf, sprich bei der Firma 1 aus dem Asylbereich, untergebracht waren. Mit dem Statuswechsel der Klienten veränderte sich die Betreuungsform, der Leistungsanspruch erfolgt aus der Asylfürsorge in die Sozialhilfe und organisationstechnisch von der Firma 1 aus dem Asylbereich zur Firma 2 aus dem Asylbereich. Die Wohnsituationen und die Vorortbetreuung waren immer wieder das grosse Thema: die Firma 2 aus dem Asylbereich betreue keine Unterkünfte lautet es immer wieder obwohl sehr viele Klienten der Firma 2 aus dem Asylbereich in Unterkünften der Firma 1 aus dem Asylbereich bzw. der Asylfürsorge leben, dies sei Aufgabe der Gemeinde! Diese Haltung kann und will die Sozialbehörde nicht tolerieren, werde die Firma 2 aus dem Asylbereich auch recht gut entschädigt für die Dienstleistungen und eine kooperative Haltung gegenüber der Firma 1 aus dem Asylbereich erwartet man.
  • Im Rahmen der ganzheitlichen Betreuung von Asylsuchenden und der Fallführung von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Ausländern mit Wohnsitz in der Stadt Dübendorf besteht für Dübendorf die Option sämtliche Dienstleistungen von einem Anbieter, der Firma 1 aus dem Asylbereich, in Anspruch nehmen zu können. Das Dienstleistungsangebot der Firma 1 aus dem Asylbereich kostet etwa gleich viel wie die bisherigen Dienstleistungen der Firma 2 aus dem Asylbereich.

229 Auf das unterlassene bzw. nicht korrekt durchgeführte Vergabeverfahren wird nachfolgend näher eingegangen.

2. Mietverhältnisse

230 Zunächst ist festzuhalten, dass erst die ad interim Leiterin Soziales erstmals ein Verzeichnis der von der Abteilung Soziales genutzten Bauten erstellte, mit diversen Angaben zur Miete, Mietdauer, Belegung, baurechtlichen Situation u.a.m. Bislang fehlte ein Überblick, der nur schon eine halbwegs vernünftige Liegenschaftsbewirtschaftung – aber auch eine Kontrolle durch die SB – ermöglicht hätte.

231 Der Abschluss von Mietverträgen setzt ein zweistufiges Verfahren voraus: (1) Beschluss der SB über den Abschluss eines Mietvertrages im Rahmen deren Sachkompetenz (Vollzug Asyl- und Flüchtlingshilfe) sowie (2) Unterzeichnung der Mietverträge durch das «Präsidium (…) gemeinsam mit dem Sozialsekretär» (Art. 27 Abs. 1 GO SB). Vorliegend wurden in den Jahren 2012-2020 insgesamt 16 unbefristete Mietverträge ohne SB-Beschluss abgeschlossen; diese sind vom damaligen Leiter Soziales allein unterzeichnet, mit Ausnahme von zwei Mietverträgen, bei welchen sogar dessen Unterschrift fehlt.Die SB hat die fehlende Beschlussfassung an der Sitzung vom 23. Februar 2021 nachgeholt. Nach Mitteilung vom ehem. Leiter Soziales in seiner E-Mail vom 31. Mai 2021 erfolgte diese Vorgehensweise zur Unterzeichnung der Mietverträge in Absprache/Anweisung mit dem Sozialvorstand schon immer ohne Beschluss der SB. Seiner Meinung nach existiert für jeden einzelnen Vertrag eine unterschriftliche Fixierung.

232 Der Leiter Soziales hatte im Mai 2016 – ebenfalls ohne Beschluss der SB – einen Mietvertrag für eine Unterkunft an der T-strasse abgeschlossen (zu einem Mietzins von 3’241 CHF inkl. NK für 191 m2 Wohnfläche), für eine Unterkunft in der Industriezone. Eine dauernde Umnutzung zu Wohnzwecken wurde von der Bauabteilung abgelehnt. Die Wohnung wird nunmehr im Sinn einer Notsituation vorübergehend weiter genutzt, dies aufgrund eines ab 1. April 2021 laufenden Mietvertrages, der von der SB nunmehr an der Sitzung vom 2. Februar 2021 korrekt genehmigt worden ist.

233 Aus den – offenbar nicht vollständig – vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass die bauliche Nutzung als Wohnraum im Jahre 2017 in Frage gestellt wurde und baubehördenseitig die Eingabe einer zeitlich befristeten Umnutzung verlangt wurde; diese wurde in einer E-Mail der Bauabteilung vom 11. Juli 2017 bis Ende 2020 in Aussicht gestellt, bei entsprechender Dokumentation fehlender Unterbringungsalternativen für die Asylanten. Es wurde eine rasche Baueingabe verlangt.

234 Am 12. Februar 2018 wurde das Bauchgesuch (im Anzeigeverfahren) eingereicht, von der Grundeigentümerin unterzeichnet, wie auch vom Leiter Soziales, wobei die Abteilung Soziales als Projektverfasserin bezeichnet wurde.

235 Für den Zeitraum bis zum 4. November 2020 sind in den Unterlagen der SB keine weiteren Akten vorhanden. Vom 4. November 2020 datiert dann ein Schreiben der Abteilung Hochbau Dübendorf. Darin wird ausgeführt, dass die Gesuchstellerin (Grundeigentümerin) mit Schreiben vom 21. Februar 2018 aufgefordert worden sei, diverse Unterlagen nachzuliefern. Bis heute sei nichts eingetroffen. Aufgefordert wird, fehlende Unterlagen und Informationen nachzureichen und insbesondere aufzuzeigen, was bei der Suche nach einem anderen Standort bislang unternommen wurde. Eine unbefristete baurechtliche Bewilligung könne nicht in Aussicht gestellt werden. Das Schreiben schliesst mit dem Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen einer baurechtswidrigen Umnutzung der Liegenschaft.

236 Im Antwortschreiben vom 16. November 2020 führte die Grundeigentümerin an, dass mit der Abteilung Soziales vereinbart worden sei, dass deren Leiter mit der Abteilung Hochbau Kontakt aufnehme und Stellung zum Schreiben vom 21. Februar 2018 beziehe. Dies sei dann offensichtlich nicht geschehen. Aktuell soll die Situation unter der neuen Leitung Soziales bereinigt werden. Mit E-Mail vom 4. Februar 2021 verweist die Abteilung Hochbau darauf hin, dass eine Verlängerung des bisherigen baurechtswidrigen Zustandes bis Ende 2021 nicht in Aussicht gestellt werden können. Mit ein Grund sei, dass der baurechtswidrige Zustand seit bereits drei Jahren bestehe und die Baute fragliche wohnhygienische Zustände aufweise.

3. Zustände in den Unterkünften

237 Nach dem Vertrag zwischen der SB und Firma 1 aus dem Asylbereich vom 17./22. Januar 2013 (Ziff. 15) obliegt die Kontrolle der Wohnobjekte für Asylanten bezüglich Sauberkeit und Schäden der Firma 1 aus dem Asylbereich. Diese ist auch für den kleinen Mietunterhalt zuständig.

238 Miserable Zustände in den Unterkünften für Asylanten und Flüchtlinge waren bereits ein Thema in den Medien, so in der Limmattaler Zeitung vom 7. Dezember 2014. Angesprochen war die X-strasse in Dübendorf.

239 An der gemeinsamen Sitzung des Stadtrates und der SB vom 21. Mai 2015 wird der Zustand der Unterkünfte angesprochen. Dazu aus dem Protokoll:

  • StP orientiert über eingegangenes Schreiben „IG Flüchtlinge“: Anschuldigungen betreffend Zustand Asylunterkünfte. SR ist Adressat des Schreibens, deshalb hat er Stellungnahme abzugeben. Notwendig: Informationen über Zustand der Unterkünfte. ehem. Leiter Soziales orientiert über Zustand der Unterkünfte. ZSA: Übergangslösung, Unterkunft bietet Platz für 42 Personen, aktuell 23 Personen untergebracht. Unterkunft ist während 24 Stunden betreut. X-strasse: Durch MA der Firma 1 aus dem Asylbereich wird Unterkunft als sehr gut empfunden. Neue Unterkünfte werden mit Hochdruck gesucht. Y-strasse: Feuerpolizeilich für 50 Personen zugelassen; belegt mit 40 Personen. Sanierung angedacht.
  • Auslegeordnung notwendig, damit adäquat auf das Schreiben reagiert werden kann. Allenfalls wäre eine Begehung der Unterkünfte durch SR sowie ein Gespräch mit Vertretung der IG Flüchtlingswesen sinnvoll.
  • Auch wenn Zuständigkeit bei Sozialbehörde liegt, ist ein gemeinsames Auftreten wichtig.

240 Das Thema der Wohnunterkünfte ist dann auch ein Thema, das an der Schnittstelle von der Firma 2 aus dem Asylbereich und der Firma 1 aus dem Asylbereich besteht und letztlich zur Kündigung des Vertrages der SB mit der Firma 2 aus dem Asylbereich führte (dazu vorstehend Rz. 228).

241 Wie aus einer E-Mail vom 21. August 2020 eines Mitglieds der SB an die weiteren SB-Mitglieder hervorgeht, wurde rund 1 ½ Jahre vorher einmal eine solche Wohnung inspiziert. Ansonsten fanden keine weiteren aktenmässig belegten Inspektionen statt33 . Dieses Thema ist sodann Gegenstand einer Aufsichtsbeschwerde, die aktuell beim Bezirksrat hängig ist (dazu Rz. 173). Dass es um den Zustand der Asylunterkünfte nicht optimal bestellt ist, kann man sodann aufgrund einer Mitteilung der Firma 3 aus dem Asylbereich vom 8. Juni 2021 an die SB zum Verzicht auf eine Teilnahme an der Submission Betreuung Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge entnehmen. Dort wird ausgeführt, dass die Vorstellungen der Firma 3 aus dem Asylbereich über die korrekte Unterbringung mit dem aktuellen Ist-Zustand zu grosse Differenzen aufweisen.

242 In einer E-Mail der ad interim Leiterin Soziales vom 6. Januar 2021 an die SB wurden die teilweise desolaten Zustände in Teilen der Liegenschaft U-strasse aufgezeigt und eine Diskussion der teilweisen Instandstellung beantragt.

243 Die gesichteten Unterlagen zeigen, dass die SB die Inspektionen der Unterkünfte vernachlässigte. Die Auslagerung dieser Tätigkeit an ein privates Unternehmen entbindet die auslagernde Behörde nicht davon, die Kontrolle der Vertragserfüllung anzugehen. Dies insbesondere in einem Bereich, der für den Ruf und das Ansehen der Stadt Dübendorf heikel ist.

4. Vergabeverfahren

244 Im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde fasst der Bezirksrat Uster am 24. März 2020 folgenden Beschluss:

  • Es wird festgestellt, dass die Auftragsvergabe im Bereich Asylwesen an die Firma 1 aus dem Asylbereich AG per Februar 2013 nicht den gesetzlichen Vorgaben des Submissionsrechtes entsprach.
  • Die Sozialbehörde wird angewiesen, den Auftrag im Bereich Asylwesen in Beachtung der Submissionsvorschriften auszuschreiben und dem Bezirksrat darüber alle drei Monate, erstmals per Ende April 2020, schriftlich und unter Beilage der entsprechenden Unterlagen, Bericht zu erstatten.

245 Mit Schreiben vom 28. April 2020 orientierte die Sozialvorsteherin und der Leiter Soziales den Bezirksrat, dass die Submission der Asyl- und Flüchtlingskoordination auf www.simap.ch publiziert worden ist, wobei man im Hinblick auf ein «offenes Verfahren» auf detailreiche Vorgaben in Form einer Dokumentation verzichtet habe. Es hätten sich drei Bewerber gemeldet (Firma 3 aus dem Asylbereich, Firma 2 aus dem Asylbereich und die Firma 1 aus dem Asylbereich). Das am 16. April 2020
veröffentlichte Verfahren wurde dann auf Geheiss des Stadtrates abgebrochen. Der Abbruch wurde am 3. November 2020 von der SB formell beschlossen – es wurde gleichzeitig beschlossen, mit Begleitung eines Anwaltsbüros ein neues Verfahren einzuleiten. Den Vollzug übernahm der Geschäftsleiter. Soweit ersichtlich, wurden dem Bezirksrat seitens der SB nach der ersten Berichterstattung keine weiteren Berichte geliefert34.

246 Gemäss den mir vorliegenden Unterlagen wurde über die Veröffentlichung der Ausschreibung vom 16. April 2020 kein Beschluss der SB gefasst, obschon diese in diesem Bereich nach Art. 6 Abs. 3 GO SB zuständig ist. Einen Grund für einen präsidialen Entscheid infolge Dringlichkeit im Sinn von Art. 13 GO SB sehe ich nicht.

247 Wie unter Rz. 75 ausgeführt, wurde mit der freihändigen Vergabe des Auftrags an die Firma 1 aus dem Asylbereich das Vergaberecht verletzt. Dies offenbar derart gravierend, dass sogar der Bezirksrat dies in einem aufsichtsrechtlichen Verfahren sieben Jahre später feststellen musste und die Durchführung eines korrekten Verfahrens anordnete (zu diesem Punkt vgl. auch Rz. 400 ff.). K. Handbuch Sozialhilfe Dübendorf

248 Nach § 7 GG sind Erlasse, allgemeinverbindliche Beschlüsse und Wahlergebnisse zu veröffentlichen. Verwaltungsverordnungen gehören nicht zu den zu veröffentlichenden Erlassen35. Ob eine Regelung als Verwaltungsverordnung einzustufen ist, beurteilt sich nicht nach deren Bezeichnung. Massgeblich ist allein, welchen Zwecken die Regelung dient. Legt die Regelung Pflichten und Rechte der
Privaten fest, so liegt eine Rechtsverordnung vor, die dann auch zu veröffentlichen wäre. Demgegenüber richtet sich die Verwaltungsverordnung an die vollziehende Verwaltung. Deren primärer
Zweck besteht darin, «eine einheitliche, gleichmässige und sachrichtige Praxis des Gesetzesvollzugs
sicherzustellen»
36. Es können auch Zuständigkeitsregeln aufgenommen werden. Es muss jedoch
festgehalten werden, dass diese Grenzziehung in Einzelfällen nicht einfach ist und in der neueren
Lehre auch in Frage gestellt wird.

249 Das Handbuch der Sozialbehörde in der Version 2018-2/23.10.2018 (es handelt sich hier um die interne «Vollversion» von 121 Seiten mit dem Titel: «Kompetenzenordnung über die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe der Sozialbehörde Dübendorf») enthält grossteils verwaltungsinterne Anweisungen, Richtlinien und Handhabungen. Zudem legt es Kompetenzen fest für bestimmte Verfahrensschritte oder Ausgaben. Sie enthält jedoch auch die anrechenbaren maximalen Richtsätze für Mietwohnungen, welche auf einem Beschluss der SB beruhen. Diese haben m.E. Rechtssatzcharakter, soweit sie den Regelfall betreffen, also die Fälle, in denen das Maximum nicht überschritten wird. Allerdings ist das Verwaltungsgericht Zürich hier anderer Ansicht: «Rechtlich sind die Mietzinsrichtlinien indessen lediglich als Dienstanleitung zu qualifizieren und vermögen gegenüber den hilfesuchenden Personen keine direkte Wirkung zu entfalten. Darauf gestützte Behördenentscheide müssen demnach primär dem kantonalen Sozialhilferecht und den SKOS-Richtlinien entsprechen (VGr, 7. Februar 2019, VB.2018.00257, E. 2.2).»37

250 Aus Art. 7 lit. c GO SB, wonach die SB «Richtsätze über die Gewährung von wirtschaftlicher Hilfe als Ergänzung zur kantonalen Gesetzgebung» erlässt, kann jedoch entnommen werden, dass die SB hier einen höheren Standard setzt. Hierfür spricht auch, dass das Handbuch auf einem Beschluss der SB beruht und nicht etwa durch den Leiter Soziales abgenommen wurde. Damit bindet sich die SB bei der Behandlung der Fälle in genereller Natur, was ein Hinweis auf den Rechtssatzcharakter der Regelungen ist. Dies heisst jedoch nicht, dass damit das Handbuch als Ganzes hätte kraft § 7 GG veröffentlicht werden müssen. Dies gilt nur für die Bereiche, in denen der Gemeinde ein Regelungsspielraum zukommt, somit keine abschliessende übergeordnete gesetzliche Regelung vorliegt.

251 Man muss jedoch ungeachtet dessen berücksichtigen, dass die Gemeinden solche Richtlinien kaum je veröffentlichen und auch das kantonale Handbuch unter «7.2.03. Mietzinsrichtlinien von Sozialbehörden» festhält, dass es bei den entsprechenden Richtlinien um Dienstanleitungen und nicht um Richtsätze geht. Angesichts dessen kann man m.E. aus der nach meinem Verständnis nicht durchdachten Regelung von Art. 7 lit. c GO SB nichts zu Lasten der SB abgeleitet werden. Die SB musste sich nach meiner Beurteilung nicht verpflichtet sehen, die Richtsätze zur Gewährung wirtschaftlicher Hilfe in der städtischen Rechtssammlung zu veröffentlichen.

252 Allerdings ergibt sich ein Anspruch auf Zugang zum Handbuch aus § 20 Abs. 1 des Gesetzes über die Information und den Datenschutz (IDG)38. Das Gesuch kann von jeder Person gestellt werden; eine besondere Legitimation ist nicht erforderlich. Dies schliesst den Stadtrat, den Ombudsmann oder politische Akteure ein, die entsprechende Begehren offenbar mehrfach gestellt hatten. Allerdings gilt der Anspruch nicht unbeschränkt. Soweit überwiegende öffentliche oder private Interessen vorliegen, kann der Informationsanspruch gänzlich oder teilweise eingeschränkt werden (§ 23 IDG). Das Gesuch muss allerdings schriftlich gestellt werden (§ 24 Abs. 1 IDG). Ein solches schriftliches Gesuch wurde offenbar von niemandem gestellt, obschon der Ruf nach einer Zugänglichmachung des Behördenhandbuchs recht laut war.

253 Ein damit zusammenhängendes, jedoch rechtlich anders gelagertes Thema ist die dann freiwillig erfolgte Veröffentlichung des Behördenhandbuchs am 28. Februar 201939 gemäss Anweisung der Sozialvorsteherin vom Februar 2019. Die unter dem Titel «Interne Unterstützungsrichtlinien der Sozialhilfe» (!) veröffentlichte externe Fassung «12.4.2019» umfasst rund 50 Seiten weniger als das interne Behördenhandbuch; die Divergenz ist augenfällig.

254 Die Stossrichtung der Veröffentlichung wurde von der Sozialvorsteherin in ihrer Medienmitteilung vom 28. Februar 2019 wie folgt umschrieben:

  • «Mit der heute angeordneten Veröffentlichung soll die im laufenden Wahlkampf von gewissen politischen Kreisen mit polemischen Argumenten angeheizte Diskussion über die Leistungen der Sozialhilfe der Stadt Dübendorf versachlicht und vorschnellen Schuldzuweisungen begegnet werden.»

255 Dies ist nur schon für sich genommen problematisch, als eine amtliche Veröffentlichung für persönliche Wahlzwecke auf kantonaler Ebene verwendet wurde – gerade bei Wahlen gilt der Grundsatz der staatlichen Neutralität und erscheint die Indienststellung der Veröffentlichung für solche Zwecke nicht haltbar. Nicht anders verhält es sich mit dem Umstand, dass mit keinem Wort erwähnt
wurde, dass die Veröffentlichung des Handbuchs eine stark gekürzte Version umfasste. Dies wurde erst durch den Geschäftsleiter an einer Sitzung mit dem Leiter Soziales im Spätsommer 2020 entdeckt.

256 Gemäss der Befragung des Leiters Sozialamt kam der Auftrag zur Veröffentlichung des Behördenhandbuchs von der Sozialvorständin, was unbestritten ist. Er hätte dann zusammen mit der Leiterin der Sozialhilfe im Handbuch die für die Öffentlichkeit weniger interessanten Teile sowie die internen Kompetenzregelungen gestrichen. Sowohl die Sozialvorsteherin wie auch die SB als Ganzes seien informiert gewesen und hätten das Handbuch auch so in der gekürzten Version abgenommen –
diese Version wird von der Sozialvorsteherin jedoch bestritten40.

257 Dem stellte ein seit 2010 tätiges Mitglied der SB in der Befragung entgegen, dass die Veröffentlichung der Richtlinien zwar von der Sozialvorsteherin zusammen mit dem Leiter Soziales und Leiterin der Sozialhilfe bearbeitet worden sei, aber diese seien von der SB nicht abgenommen worden und sie selber hätte auch bis zur Information nicht gewusst, dass die externen Richtlinien eine wesentlich gekürzte Version des Behördenhandbuchs gewesen seien. Die Sozialvorsteherin stellte dem in ihrer Vernehmlassung vom 21. Juli 2021 entgegen, dass sie nichts von den Kürzung gewusst haben, geschweige denn diese gebilligt hätte.

258 Eine andere Version findet sich dann im Stadtratsbeschluss vom 11. September 2020, wo festgehalten wird, dass die Sozialvorsteherin beim Leiter Soziales keine Mitwirkung sah41:

  • lm Rahmen der heutigen ausserordentlichen Sitzung hat die Sozialvorständin unmissverständlich und glaubhaft zum Ausdruck gebracht, dass sie davon ausgegangen sei, dass bei den publizierten Richtlinien lediglich auf die Angaben der internen Kompetenzen verzichtet werde, sie jedoch in keiner Wei- se über die Anpassung des materiellen Inhalts des Dokumentes und die damit verbundene Einschränkung des lnformationszugangs für Klientinnen und Klienten informiert gewesen sei. Verantwortlich für diese Handlung, die sie ebenfalls verurteile, sei dabei alleine die damalige Bereichsleiterin, die ohne ihr Wissen und ohne Wissen des Abteilungsleiters eigenmächtig gehandelt habe.

259 An der Folgesitzung vom 17. September 2020 bezeichnete der Stadtrat diese Darstellung als wenig glaubhaft (der ehem. Leiter Soziales hatte das Arbeitsverhältnis bereits am 14. September 2020 gekündigt). Dazu äusserte sich der Stadtrat wie folgt:

  • Gemäss Angaben der Sozialvorständin ist die festgestellte Anpassung des Dokumentes und damit die Täuschungshandlung ohne Anordnung und ohne Kenntnisnahme der Sozialbehörde bzw. ihrer Präsidentin und somit auf eigenständiges Handeln auf Verwaltungsebene zurückzuführen. Liegt ein Handeln solcher Schwere vor, ist die für eine weitere Zusammenarbeit mit dem verantwortlichen Abteilungsleiter Soziales notwendige Vertrauensbasis nicht mehr gegeben. Auch wenn er tatsächlich nichts von der Täuschungshandlung gewusst haben sollte, was aufgrund der engen Zusammenarbeitzwischen ihm und der damaligen Bereichsleiterin kaum vorstellbar ist, bleibt er für die Handlung verantwortlich. Zudem hätte er in diesem Fall seine Pflichten als Vorgesetzter massiv und unentschuldbar verletzt, indem er die Publikation der Richtlinien ohneKontrolle zugelassen hätte; insbesondere da er als Abteilungsleiter zuvor bereits während Jahren in die Streitigkeiten rund um die Richtlinien involviert war. 

260 Die Sozialvorsteherin hat dazu in ihrer Befragung festgehalten, dass sie von der ehem. Leiterin Sozialhilfe getäuscht worden sei, da sie davon ausgegangen wäre, dass jede Seite 1:1 abgedruckt würde. Sie führte dazu an:

  • Ich hatte mich immer dafür eingesetzt, dass das Handbuch einschliesslich aller Kompetenzen veröffentlicht wird. Die ehem. Leiterin Sozialhilfe hat sich immer dagegen gewehrt und es brauchte viele Anläufe, bis ich sie bewegen konnte, es zu veröffentlichen. Sie hatte die Anweisung, das Handbuch 1:1 zu veröffentlichen. Sie wollte noch näher prüfen, ob alles richtig ist, was ich eigenartig fand, da jede Seite ja von der Behörde abgenommen ist. Die jetzige Version, die aufgeschaltet ist, weist Stempel und Angaben der Sozialbehörde aus, was jedoch nicht stimmen kann, da die Sozialbehörde diese Version nie abgenommen hat. Mir war nicht bewusst, dass eine gekürzte Version veröffentlicht wurde.

261 Die Differenzen zwischen dem (internen) Behördenhandbuch und der (externen) Veröffentlichung fangen bereits beim Titel an. Die (intern gebliebene) «Kompetenzenordnung über die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe der Sozialbehörde Dübendorf» von 121 Seiten wechselt den Titel bei der publizierten Fassung (irreführend) zu «Interne Unterstützungsrichtlinien der Sozialhilfe» mit einem Umfang von 71 Seiten. Die Differenz von rund 50 Seiten beruht

  • zum einen darauf, dass in der externen Fassung die Kompetenzzuweisungen fehlen.
  • Anderseits fehlen ganze Kapitel. So finden sich im Original im ersten Kapitel «Voraussetzungen und Grundsätze» 15 Abschnitte zu diversen Themen; in der externen Fassung sind es nur noch 6 Abschnitte. So fehlen die wichtigen ersten wichtigen 6 Abschnitte (links das Original, rechts die gekürzte, externe Version).
Vergleich internes und öffentliches Sozialhilfe-Handbuch

Vergleich internes und öffentliches Sozialhilfe-Handbuch

  • Ähnlich sieht es in den folgenden Kapiteln aus. So fehlen im zweiten Kapitel 8 Abschnitte, darunter etwa der erste, wichtige Abschnitt mit der Überschrift «Grundbedarf für den Lebensunterhalt». Im dritten Kapitel fehlen 7 Abschnitte, darunter die Information zur Kostenübernahme bei Empfängnisverhütungsmassnahmen. Im vierten Kapitel fehlen 7 Abschnitte und
    im fünften und letzten Kapitel deren 6.

262 Insgesamt weist die veröffentlichte Fassung 34 Abschnitte mit unterschiedlichen Regelungen weniger auf als die intern verwendete Fassung. Nebst dem erheblich reduzierten Umfang hätte dies bei einer Kontrolle von der Sozialvorsteherin leicht und umgehend festgestellt werden müssen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass gar keine Kontrolle erfolgte. Diese hätte auf der Stufe der SB stattfinden müssen, wobei die Sozialvorsteherin dieses ihr persönlich wichtige Geschäft auch hätte vorprüfen müssen. Hierzu hätte es auch eines Beschlusses der SB bedurft, welcher die Veröffentlichung geregelt hätte – dies als Gegenstück zur bislang vertretenen Auffassung, das Handbuch sei intern zu halten.

263 Sodann zeigt sich hier die bereits angesprochene Trennung der Funktion von Stadtrat und SB. Es fehlt an einheitlichen Ablaufregelungen und einer zentralisierten Stelle, welche für die Veröffentlichungen der Stadt Dübendorf zuständig wäre, ungeachtet dessen, von wem diese ausgehen. Bei einer zentralisierten Publikationsstelle hätte auch eine Qualitätskontrolle einsetzen können. Ob diese dann jedoch auch auf die Divergenz von 50 Seiten gestossen wäre, erscheint mir jedoch nicht sicher; hierzu hätte man ihr auch das Ausgangsdokument vorlegen müssen, was in Kenntnis der Vorgeschichte vermutlich nicht geschehen wäre. Immerhin hätte man jedoch zumindest einen SB-Beschluss für die Veröffentlichung verlangen müssen.

L. Finanzflüsse und Finanzkontrolle

264 Nach Art. 4 Abs. 1 GO SB wird das «Rechnungswesen (der Sozialbehörde) durch die Finanzabteilung besorgt.» Dieser Regelung wurde – wie meine Abklärungen ergaben – nicht nachgelebt. Die Erläuterungen der Leiterin der Finanzabteilung zu einer Zahlung der Abteilung Soziales lauten (gekürzt): «Seitens Finanz- und Controllingdienste (FCD) (sind wir) nicht für das Tutoris zuständig. Diese Zahlung wurden nicht durch FCD ausgelöst, sondern vom Sozialamt durch die Buchung im Tutoris. Wie das Sozialamt diese Belege kontiert und visiert, wissen wir nicht. Diese Belege sehen wir nicht, wir geben nur die täglichen Zahlläufe im Tutoris frei. Kontrollschritte haben wir von FCD-Seite her keine, dies liegt vollständig in der Verantwortung des Sozialamtes zusammen mit der Applikationsverantwortung in Tutoris. Das heisst, Tutoris ist ein Modul im Finanzsystem Abraxas, für das nicht FCD, sondern das Sozialamt zuständig ist.» Ergänzend ist zu bemerken, dass jedoch anderseits die Lohnzahlungen sowie Zahlungen für Leistungen Dritter mit der Prüfung der Rechtsgrundlagen und der Verbuchungen über das Finanzamt liefen.

265 Sodann sieht Art. 24 GO SB vor, dass gewisse finanzielle Kompetenzen an die Leitung Sozialhilfe delegiert werden. Dies wie folgt: «Die Sozialbehörde delegiert ihre Entscheidungsbefugnis an die Leitung Sozialhilfe bezüglich: (…) Gewährung bzw. Nichtgewährung wirtschaftlicher Hilfe im Rahmen des internen Handbuches über die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe der Sozialbehörde Dübendorf.» Damit konnte dann auch nicht kontrolliert werden, was in den nicht delegierten Entscheidungsbereich der SB fiel und was in den delegierten Bereich der Sozialhilfe. Die Triage wurde immer von der Leitung Sozialhilfe vorgenommen.

266 Mit dem Ausscheiden des bisherigen Leiters der Abteilung Soziales wurden verschiedene Fälle entdeckt, bei denen Ausgabebeschlüsse der SB fehlten und Verträge ohne Wissen der SB abgeschlossen wurden:

  • So wurden die Verträge mit der Springerfirma in vielen Fällen auf diesem Weg abgeschlossen, zum Teil nicht einmal schriftlich42.
  • Die Mietverträge für die Asylunterkünfte wurden einzig vom Leiter der Abteilung Soziales abgeschlossen, ohne Beschluss der SB. In zwei Fällen besteht nicht einmal eine unterschriftliche Fixierung des Vertrags.
  • Die Entschädigungen für die Sozialdetektive wurden den Konten der Sozialhilfeempfänger zugeordnet, obschon es sich um Leistungen Dritter und nicht um Leistungen der Sozialhilfe handelte.

267 Die Verantwortung für diese Vorgänge liegt beim ehemaligen Leiter der Abteilung Soziales bzw. der ehem. Leiterin der Sozialhilfe. Diese waren verantwortlich für die Einholung der entsprechenden Beschlüsse der Sozialbehörde, der Unterschriften und auch der korrekten Buchungen.

268 Für die Entschädigung der Sozialdetektive ergibt sich dies nicht nur aus Ziff. 3.3.3 lit. g und Ziff. 3.4 FO sowie aus Ziff. 3.10 der Kompetenzordnung der Sozialbehörde (Sozialbehördenhandbuch):

Sozialhilfehandbuch: Auszug Detektive

Sozialhilfehandbuch: Auszug Detektive

269 Durch die Falschbuchung wurde die stadtinterne Kontrolle erschwert. Da die entsprechenden Ausgaben kaum je die Grenze von CHF 10’000 (Kompetenzgrenze des Abteilungsleiters) überschritten haben konnten, hätte die stadtinterne Kontrolle jedoch kaum gegriffen.

270 Ob damit auch der Straftatbestand der ungetreuen Amtsführung erfüllt wäre im Sinn von Art. 314 Strafgesetzbuch, erscheint mir fraglich. Mit Strafe bedroht werden danach Mitglieder einer Behörde sowie Beamte, die bei einem Rechtsgeschäft die von ihnen zu wahrenden öffentlichen Interessen schädigen, um sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Dies bedingt nicht nur eine Verletzung von Amtspflichten, wie hier die Nichteinhaltung der Buchungsvorschriften und der formellen Zuständigkeiten, sondern auch die unrechtmässige Vorteilsverschaffung. Diese scheint mir nicht offensichtlich.

M. Umgang mit Hilfesuchenden

1. Grenzen der Abklärung

271 Dem Untersuchungsführer ist die Komplexität der Aufgaben im Bereich der Sozialhilfe bewusst und er hat auch Respekt vor der entsprechenden Aufgabenerfüllung. Ihm ist auch bewusst, dass die Klientel mitunter schwierig und sogar sehr schwierig werden kann. Es gibt auch Fälle, wo Leistungen erschlichen werden oder sich die Hilfesuchenden nicht an die Vorgaben und Abmachungen halten. Dies wurde auch von verschiedener Seite – so etwa vom Ombudsmann – immer wieder betont.

272 Ungeachtet dessen fällt der zuweilen schroffe, wenig freundliche, kaum empathische Umgang auf, den ich in den fünf von mir konsultierten Dossiers feststellen konnte. Ich zeige dies anhand von zwei Fällen auf, welche ich als «Alltagsfälle» ansehe, Personen, die keine psychischen Auffälligkeiten, keine besonderen Lebensgeschichten aufweisen, sondern unauffällig durchs Leben gingen. Diese Fälle werden aus Gründen der Anonymisierung vereinfacht dargestellt – dies im Einverständnis mit den betroffenen Personen.

273 Damit will ich auch keinen Überblick über die Behandlung der Fälle geben, sondern Einblick geben in den Umgang der Sozialhilfe mit den Hilfesuchenden, dies in Verbindung mit den Erkenntnissen, die ich aus den Befragungen und anderen Dokumenten gewonnen habe. Zu bemerken ist, dass es sich dabei – zufällig – um zwei Fälle handelt, die vom selben Sozialberater betreut wurden. Mir ist auch bekannt und bewusst, dass die SB an jeder Sitzung 30 bis 40 Fälle behandelt und je nach Konstellation die Fallführenden bis zu 100 Fälle zu betreuen haben. Dies bedingt rationalisierte und schematisierte Abläufe. Hinzu kommt, dass es bis zum Antritt der ad interim Leiterinnen Soziales und Sozialhilfe im Herbst 2020 keine standardisierten Abläufe und vereinheitlichten Vorgehensweisen gab. Dies wird nun nach den mir gegebenen Auskünften aufgearbeitet.

2. Aktenführung

274 Die Aktenführung befindet sich in einem etwas handgestrickten Zustand. Es fehlen – entgegen den bundesgerichtlichen Vorgaben – Aktenverzeichnisse, aber immerhin werden die Akten thematisch gegliedert und sind chronologisch abgelegt, sind jedoch dann nicht vollständig vorhanden (dazu nachfolgend). Für die Ablage werden die Klienten in Word-Verzeichnissen (!) geführt. Dazu nachfolgendes Zitat aus einer E-Mail eines Sozialberaters vom 6. April 2021. Dabei ging es darum, dass ich in den mir – mit dem Einverständnis der betroffenen Person – zugestellten Akten nicht alle Dokumente vorfinden konnte, welche mir diese präsentierte. Es ging unter anderem um ein Empfehlungsschreiben für die Wohnungssuche (Typos im Original):

  • «Es gibt keinen Grund, warum diese Schriftstücke nicht abgelegt werden sollten. Sie wurden ja verfasst und versendet. Das Empfehlungsschreiben wird regelmässig angepasst bzw. das Datum aktualisiert, damit es nicht „alt“ ist. Diese habe ich nie in den Akten abgelegt.
  • Das Schreiben mit den fehlenden Unterlagen wurde bei der Aufnahme versendet. Diese/s Schreiben lege ich bei den Akten eigentlich immer ab. Vermutlich ist dies aber einfach untergegangen. Wir führen alle Fälle bei uns ja unter den entsprechenden Klienten in Word-Ordnern. Dort sind die beiden Schreiben abgelegt. Grundsätzlich hatte es aber ja keine negative Auswirkung auf den Prozess gehabt. Die Klientin hatte nach meinem Wissen daraus keinen Schaden.
  • Ich lege Ihnen aber einen PDF-Dokument bei (Printscreen) mit den beiden Aktenstücken im Word-Ordner. Da die Daten bei den alten Dokumenten sich bei jeder Öffnung oder Weiternutzung auf das aktuelle Datum anpassen und so hinterlegt sind (sicher eine Einstellungssache), erscheint beim Ausdruck immer das heutige Datum. Im PDF sehen Sie aber das Erstellungsdatum und den Titel des Dokuments.
  • Von der Beweispflicht her sind auch Aktennotizen relevant. Diese legen wir auch nicht im Dossier ab. Sie sind aber im Word oder Tutoris abgelegt und jederzeit Abruf- oder Ausdruckbar. Es ist vor allem ein Platzproblem (Dossiers sind teilweise extrem Dick und fast nicht mehr händelbar).»

275 Die Ausführungen zeigen die Problematik auf: Nicht abgelegte und unterzeichnete Dokumente weisen keinen Zeitstempel auf und sind abänderbar, zumindest soweit die Ablage in Word erfolgt. Sodann kann eine Akteneinsicht – auf welche jederzeit Anspruch besteht – so gar nicht gewährleistet werden.

3. Einsatz von Sozialdetektiven

276 Der Einsatz von Sozialdetektiven wird nachfolgend am Beispiel von Frau A.A. aufgezeigt, die aus Anlass eines Hausbesuchs. Als Grundlagen für deren Einsatz wurden bei den Akten der SB zwei Dokumente gefunden. Ein zeitlich beschränkter Rahmenvertrag sowie eine Art Attest, wonach diese befugt sind, die Abklärungen vorzunehmen.

277 Die Rahmenvereinbarung wurde im Einklang mit der GO SB vom Sozialvorstand und dem Leiter Soziales unterzeichnet:

Vertrag Pilotprojekt Hausbesuche 2015

Vertrag Pilotprojekt Hausbesuche 2015

278 Die Vollmacht und Legitimation für die Sozialinspektoren wurde sodann vom Sozialvorstand unterzeichnet:

Vollmacht Sozialinspektoren

Vollmacht Sozialinspektoren

279 Die Rechnungen wurden bis zur Ablösung des ehem. Leiter Soziales im Jahre 2020 auf die einzelnen Klientenkonti gebucht. Dies war nicht korrekt, denn es handelte sich nicht um Sozialhilfeleistungen, sondern um Dienstleistungen Dritter43. Damit waren diese Zahlungen in der städtischen Buchhaltung auch nicht ersichtlich und wurde über die Jahre eine mutmasslich erhebliche Summe an Detektivaufwänden der wirtschaftlichen Hilfe belastet, obschon es hätte den Verwaltungskosten zugerechnet werden müssen – abgesehen davon, dass damit kantonale Beiträge ausgelöst wurden. Hier ein Beispiel:

Rechnung Observation

Rechnung Observation

4. Zwei Beispielfälle

4.1 Frau A.A.

280 Die im Zeitpunkt der Anmeldung als Sozialhilfefall am 21. November 2018 55jährige A.A. war alleinstehend und seit rund 30 Jahren wohnhaft in Dübendorf, davon seit 18 Jahren an der selben Adresse in einer 3-Zimmer-Wohnung mit Mietzins von ca. 1’600 CHF. Der Anmeldung ging eine langjährige Beschäftigung im administrativen Bereich diverser Unternehmen und Gemeinwesen voraus, so zuletzt auch bei der Universität Zürich und der Stadt Zürich. A.A. führte ein unauffälliges Leben, fuhr ein fast 20 Jahre altes Auto, hatte keine Strafregistereinträge etwa. Ihre letzte Stelle war befristet und die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle erwies sich als schwierig. A.A. meldete sich dann – an sich mit dem Begehren um Unterstützung bei der Anstellung bei der Schulgemeinde Dübendorf – an das Sozialamt, musste jedoch zunächst eine Anmeldebogen von 19 Seiten ausfüllen und zahlreiche Unterlagen einreichen. Mit der Anmeldung war auch folgende zu unterzeichnende Erklärung verbunden (zu beachten ist die Passage über die Hausbesuche in Zeile 5-7):

Ankündigung Hausbesuch

Ankündigung Hausbesuch

281 Noch bevor der erste Besprechungstermin mit dem Sozialberater X vereinbart war, standen am 29. November 2018 morgens kurz nach 10h zwei Sozialdetektive vor der Haustüre von A.A. Diese äusserten gemäss A.A., dass man sie nicht hereinlassen müsse, aber was würde die Behörde davon halten, wenn dies geschehe. Sie wollten gemäss A.A. dann auch prüfen, ob A.A. noch einen Kasten oder einen Schreibtisch brauche, was nach A.A. offensichtlich ein vorgeschobener Grund war. Ihre Wohnung sei vollständig eingerichtet. Dennoch visitierten die beiden Sozialdetektive die gesamte Wohnung. Dies belegt dann auch der Visitationsbericht:

Protokoll Hausbesuch Sozialdetektive

Protokoll Hausbesuch Sozialdetektive

282 Die Banalität der Abklärungen ist offensichtlich. Frau A.A. hat in ihrer E-Mail vom 30. April 2021 an mich zudem auf zahlreiche Fehler im Bericht verwiesen:

  • Ausserordentlich geschockt hat mich der Bericht der Detektive: Man könnte meinen, ich sei eine Alkoholikerin so wie die Detektive sich formulieren. Hätte ich bereits schon ein Bier vor dem Detektivbesuch um die 10 Uhr getrunken, hätte man dies bestimmt riechen können. Betreffend Bierdosensammlung auf dem Holzgestell im Bad (nein, ich sammle keine Bierdosen im Bad bevor ich sie entsorge): Bei diesen Bierdosen handelt es sich um echte (importierte) Australische Bierdosen. Das Holzgestell ist an die Wand des Gäste-WCs angebracht. Nebst diesen Bierdosen befindet sich AboriginalKunst im selbigen Gestell und ein Boomerang auf dem Gestell. Und: Bei diesem Raum handelt es sich nicht um ein Bad sondern um das Gäste-WC. (Im Bericht wurde nicht festgehalten, dass meine Wohnung über ein Gäste-WC und einem Bad-WC verfügt. Auch nicht, dass es sich um eine 3stöckige Maisonette-Whg handelt.) Dieses Gäste-WC ist Orange gestrichen. Die Wohnküche (man gelangt von aussen direkt in die Küche) ist in den Farben Hellblau, Olivgrün und Orange gestrichen. Das Wohnzimmer wurde mit 2 verschiedenen Tönen der Farbe Magenta gestrichen – also eindeutig nicht Rot. Des Weiteren war (und ist) mein damaliges Fernsehzimmer (heutiges Schlafzimmer) an einer Wand mit Bordeaux und an 3 Wänden mit Viollet bemalt. Das Schlafzimmer (das heute vermietete Zimmer als Büro) und das Bad-WC wie auch der Treppenflur sind weiss geblieben. Ja meine Wohnung ist farbig gehalten. Mit Stolz kann ich verkünden, dass mich meine Besucher*innen deswegen ganz toll kreativ halten und die eine oder andere Wohnung hier in der Siedlung oder bei Freunden mittlerweile auch einen Farbanstrich erhalten hat. Um beim Thema zu bleiben: In meiner Wohnung lässt sich die sogenannte domierende Farbe Rot nicht finden – nicht einmal als klitzekleines Tüpfchen … Wegen der Farbe gibt es in meiner Wohnung praktisch keine Bilder. So gibt es im Wohnzimmer kein einziges. Habe also keine Ahnung, wo die Herren Detektive die diversen Bilder im Wohnzimmer gesehen haben wollen. In der Wohnung gab es damals 3 (!) Bilder: Eines davon hängt im Besucher-WC, ein kleines im Bad-WC und eines im damaligen Fernsehzimmer. Nach dem Besuch der Detektive ist ein weiteres Bild dazugekommen welches ich von einer Nachbarin bei deren Auszug geerbt habe. Schlafzimmer Nr. 1 war mein damaliges Schlafzimmer und ist das heute vermietete Zimmer als Büro. Nun, es hatte nebst dem Bett 3 Lateralschränke mit Schubladen, einen kleinen Schrank und einen eingebauten Kleiderschrank … Und ja, es gibt darin auch eine kleine Treppe. Diese führt hinauf zum selbstgebastelten ‚Podest‘ (Das Zimmer ist auf einer Seite 4 Meter hoch). Ich meine, wenn man schon eine Zimmerbeschreibung abgeben will ….Ah, und da haben diese Herren noch meinen Büsten gesprochen. Da wird es mir doch gleich noch ’ne Runde mehr Angst und Bange, wenn Detektive nicht einmal fähig sind, Mann und Frau zu unterscheiden. Denn bei diesen Büsten handelt es sich (ganz klar zu erkennen) um ein Abbild (Kopf bis Oberschenkel) von einem muskulösen Mann und einer grazilen Frau – die Frau steht sogar noch vor dem Mann. Und nein, sie sind nicht aus Gips. Und niemand würde Gips vermuten. Und zu guter Letzt: Ich habe ein Pyjama angehabt, sagen die Herren Detektive. Auch dies trifft nicht zu. Ich besitze seit Jahrzehnten weder ein Pyjama, noch ein Nachthemd. Ich kann mich natürlich nicht erinnern, was ich angehabt habe. Ich vermute eine Jogginghose und ein Sweatshirt. Irgendetwas halt, wo ich auch den angekündigten Besuch des Eigentümers der Siedlung und der Fensterspezialisten habe empfangen können.

283 Sollten diese – hier nicht überprüfbaren Angaben stimmen – so stellte sich die Frage, für welche Qualität der Abklärungen die Abteilung Soziales bezahlt hatte und wie sie die Tragfähigkeit der Beobachtungen und Mitteilungen geprüft hatte.

284 Aus den Unterlagen geht sodann nicht hervor, ob den Sozialdetektiven zum Voraus das ausgefüllte Anmeldeformular von Frau A.A. zugestellt wurde, wie es offenbar standardmässig erfolgte (Die Zustellung des Formulars erfolgte in solchen Fällen gemäss dem Ergebnis der Befragungen vollständig, mit zahlreichen Angaben, welche für die Arbeit der Sozialdetektive gar nicht notwendig waren).

285 Am 4. Dezember 2018 fand die erste Besprechung mit dem Sozialberater X statt. Dem geht ein Schreiben vom 29. November 2018 voraus. Darin wird Frau A.A. aufgefordert, umgehend auf Wohnungssuche zu gehen, da ihre Wohnung über dem Richtwert der Gemeinde liege; die Wohnungssuche sei auf andere Gemeinden und Kantone auszudehnen. Sodann wird Frau A.A. aufgefordert, die Suchbemühungen nach anderen Wohnungen und Arbeitsstellen im November 2018 mit Unterlagen
zu dokumentieren. Weiter heisst es (Typos im Original):

  • Des Weiteren finden Sie a) ein Schreiben, welches Sie bei der Wohnungssuche unterstützt soll (bitte dieses. bei allen Bewerbungen mitschicken / Kopie machen) und b) ein Formular zur Dokumentation der Wohnungssuche.

286 Dieses Schreiben lautet wie folgt (gelbe Hervorhebungen durch Frau A.A. erstellt):

Empfehlungsschreiben Wohnungssuche

Empfehlungsschreiben Wohnungssuche

287 Dieses Schreiben ist im Dossier von Frau A.A. nicht abgelegt worden, aber dessen Zustellung wurde von Sozialberater X. bestätigt. Dieser hat dazu auch angeführt, dass solche Schreiben standardmässig erfolgen: «Die positive Bewertung habe ich bei den meisten Klientinnen und Klienten abgegeben, um sie im Wohnungssuchprozess zu unterstützen. Im Fall von Frau (…) aufgrund der sauberen und korrekt eingereichten Unterlagen (erster Eindruck) und da keine negativen Anzeichen da waren. Ausnahmen, wenn es tatsächlich jemand war, wo wir wussten, dass es eine schwierige Person ist bzw. wo es ev. schon im Vorfeld Probleme gab.

288 Es fällt auf, dass ohne nähere persönliche Kenntnis sehr weitgehende positive Bestätigungen abgegeben wurden und der Eindruck vermittelt wird, diese beruhten auf persönlichen Erfahrungen. Auch bezüglich der Arbeitssuche wird eine positive Einschätzung abgegeben, die jedoch nicht berücksichtigt, dass Frau A.A. ein gesundheitliches Gebrechen aufweist, das die Arbeitssuche erschwert, aber auch – wie von Frau A.A. später geltend gemacht – ihre Suchbemühungen nach einer billigen Wohnung erschwert.

289 In der Folge schildert Frau A.A. sich über lange Zeit hinziehende Dispute mit Sozialberater X. zum Nachweis der Wohnungssuche. Dieser verlangte – so Frau A.A. – am Kontrolltermin vom 23. Januar 2019 den Wohnungssuchenachweis für die gesamte Schweiz44. Frau A.A. meinte, dass eine Suche mit Beschränkung auf Dübendorf und angrenzende Gemeinden vereinbart worden sei. Doch habe sich der Sozialberater X. hieran nicht mehr erinnern können, eine Situation, die sich in der Folge mehrmals wiederholt hätte. Weiter wurde in der Folge der Nachweis von acht Suchbemühungen für eine Wohnung verlangt. Frau A.A. verwies hierbei mehrfach darauf, dass dies sehr zeitaufwändig sei und ihre Arbeitstätigkeit (von 60%) dies stark erschwere. Zudem sei sie gesundheitlich beeinträchtigt. Gemäss der Darstellung von Frau A.A. wurde dann bei einer Besprechung vom 3. Juni 2019 eine Reduktion der Nachweise auf deren vier mit Beschränkung auf Dübendorf und die Nachbargemeinden vereinbart, wobei Frau A.A. zu dieser Besprechung einen Beistand mitnahm. Dazu fehlen in den Akten des Falles Angaben. Es heisst einzig in einem Sammeldokument, betitelt als «Falldokumentation/Aktennotiz», die Bezugsperson «will nun mit Frau (A.A.) schauen, dass sie die Auflagen künftig einhält.» Frau A.A. bestätigt die Besprechung mit E-Mail vom 13. Juni 2019, nicht jedoch die damit verbundene Festlegung der Suchbemühungen. Die Akten zeigen dann jedoch, dass die Suchbemühungen in den kommenden Monaten auf vier Nachweise beschränkt bleiben, was für die Richtigkeit der Darstellung von Frau A.A. spricht.

290 Der Sozialberater hat sich dazu am 29. Juni 2021 wie folgt geäussert:

  • Am 3.6.2019 kam sie mit der Bezugsperson zur Besprechung. Sie hatte erneut keine Wohnungsbemühungen dabei uns sagte, dass sie keine Wohnungsbemühungen machen werden, da sie sich sowieso demnächst ablöse, da sie eine 80% antreten bzw. bei der laufenden Stelle auf 80% aufstocken könne. Sie wurde angewiesen, solange sie in der Sozialhilf sei, die Suchbemühungen zu machen. Auch die Bezugsperson sagte ihr, dass dies nicht gehen und sie die Auflagen einhalten müsse. Es wurde vereinbart, dass sie künftig mindestens 4 Suchbemühungen (nicht mehr 8) machen müsse. Die Reduktion auf die Wohnungssuche war ein Entgegenkommen Seitens des Sozialdienstes. Da Frau A.A. die Suchbemühungen nicht wie angewiesen vorwiese, drohte eine Kürzung und noch mehr Spannungen. Sie erklärte sich dann bereit, diese so wie verlangt vorzulegen. Wir sagten aber nie, dass sie nur fix 4 und nicht mehr vorweisen muss. Vielmehr zeigte sich, dass sich mit dem Entgegenkommen die Suchbemühungen auf tiefen Niveau bewegten oder dann wieder ganz ausblieben. Als Begründung bracht sie die gleichen Argumente vor, wie zuvor. Sie wolle keine Wohnung suchen, da ihr die Wohnung gefalle und sie sich in Dübendorf wohl fühle. Von den Schicksalsschlägen erzählte sie nicht. Sie wurde daraufhin aufgefordert, wie im Erstbeschluss erwähnt, sich intensiv (es war dort nie von einer fixen Anzahl die Rede) um Wohnungen zu bemühen.»

291 Im Oktober 2019 ist Frau A.A. infolge diverser Vorfälle (Absagen bei Bewerbungen, Pfändungsandrohung infolge Steuerschuld und Tod eines guten Freundes, allgemeiner Schwächezustand mit
psychischer Erschöpfung) nach ihrer Darstellung so geschwächt, dass sie statt der vier nur eine Suchbemühungen zur Besprechung vom 30. Oktober 2019 mitbringen kann. In der Folge fordert der Sozialberater wieder acht Suchbemühungen, mit Schreiben vom 15. November 2019, dies mit der Androhung von Kürzungen für den Wiederholungsfalls.

292 Diese Auseinandersetzungen können hier nicht im Detail aufgezeigt werden; vieles beruht auf der Darstellung von Frau A.A. und findet kein Gegenstück in den Verfahrensakten. Sicherlich ist die Sozialhilfe verpflichtet, die Mietzinsaufwendungen auf die gesetzlichen Vorgaben zu minimieren; doch soll dies im Rahmen der Verhältnismässigkeit erfolgen. Dabei muss eine Balance gesucht werden zwischen den Möglichkeiten der Wohnungssuche, dem Arbeitsmarkt und der persönlichen Situation der Hilfesuchenden. Sodann darf das Ergebnis nicht darauf hinauslaufen, dass die Sozialhilfe am Schluss infolge der Verpflichtung zur Wohnungssuche mehr bezahlt, als wenn die bisherige Wohnung weiter genutzt wird. Das Grundproblem liegt darin, dass keines der zahlreichen Handbücher und Richtlinien näher festlegen, was eine genügende Suchbemühung ist. Hier bleibt ein grosser Spielraum für die Fallführung, was für sich genommen nicht falsch ist. Dennoch muss man verlangen, dass die Prüfung der Angemessenheit der gestellten Anforderungen (Anzahl und Rayon der Suche) dokumentiert und begründet wird. In den Akten des Falles findet sich dazu nichts. So findet sich umgekehrt etwa die Aussage, dass bei einer 60%-Anstellung eine Suche möglich sein muss. Es fehlt dann jedoch eine Erfassung der Arbeits- und Freizeiten, die vorliegend nicht etwa auf volle Tage aufgeteilt waren. Frau A.A. war jeweils nachmittags/abends in der Arbeit, was dann auch die Wohnungssuche erschwerte.

293 Eine weitere Auseinandersetzung gab es dann im Zusammenhang mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Frau A.A. Diese begab sich auf Anraten des Psychologen der Sozialhilfe – zu dem sie sich erst nach entsprechendem Rat des Ombudsmannes und gegen den Widerstand des Sozialberaters Zugang verschafft haben soll – in hausärztliche Abklärung. Dies aufgrund allgemeiner Niederschlagenheit und Gewichtsabnahme von 10 kg. Zu ihrer Vorerkrankung
COPD/Asthma kam eine Unterfunktion der Schilddrüse hinzu. Am Kontrolltermin vom 17. Dezember 2019 legte sie ihrem Sozialberater das ärztliche Zeugnis vor, wonach sie nicht in der Lage sei, bis Ende Januar 2020 die erhöhten Auflagen bei der Wohnungssuche zu erfüllen. Nach der Darstellung von Frau A.A. habe der Sozialberater dieses als ungültig deklariert und gesagt, Ärzte wüssten nicht,
was sie schrieben. Aus den Akten ergibt sich jedoch, dass der Sozialberater beim Arzt detailliertere Angaben anforderte. Diese wurden vom Arzt geliefert, wobei Frau A.A. mittlerweilen aufgrund COPD 9 Tage nach dem Kontrolltermin bei der Sozialhilfe ins Spital zur Behandlung eingeliefert werden musste. Der Arzt gibt an, dass die Wohnungssuche in der Freizeit infolge COPD/Erschöpfungsdepression erschwert sei, lässt die Rubrik zur Arbeitsunfähigkeit offen. Dies führt dann zu den folgenden Aktennotizen des Sozialberaters:

  • 27.01.2020
  • Informiere Klientin, dass wenn Sie krank ist und keine Wohnungen suchen kann, eine Psychotherapie besuchen muss und Dr. Y dies empfehle. Sie reagiert leicht gereizt.
  • 23.01.2020
    Tel. Dr. Y. Er denkt auch, dass Frau A.A. eine Therapie guttun würde und wird dies mit ihr besprechen. Er würde sie der ACAMED zuweisen. Ich darf und soll ihr nächstes Mal sagen, dass wir das so mit Dr. Y besprochen haben.
  • 08.01.2020
  • Dr. Y antwortet auf unsere Anfrage. Klientin leide an COPD (Atemwegsbeschwerden) und an Erschöpfungsdepression. Er schreibt aber, dass sie zu 100% arbeitsfähig sei. Warum sie dann die 40%, wo sie nicht arbeitet, keine Wohnungsbemühungen machen kann, obschon Sie arbeitsfähig und ja 60% arbeitet, ist nicht klar. Wenn Sie an einer Erschöpfungsdepression leidet und keine Wohnungen suchen kann, muss sie eine Psychotherapie besuchen, da das Ziel ja ist, das Leiden zu beenden und wieder normal Wohnungen zu suchen.

294 Dazu führte der Sozialberater in der Stellungnahme vom 29. Juni 2021 an:

  • Auch diese Aussage stimmt nicht. Wir hätten sie daran gehindert (oder Wiederstände gehabt), bei unserem Psychologen (welcher ja eben genau aus diesem Grund hier angestellt ist) vorzusprechen. Ganz im Gegenteil weisen wir die Klienten bei gesundheitlichen Vorkommnissen (psychischer) Art an, sich beim Psychologen zu melden. Als Frau A.A. in einer späteren Phase gesundheitlich Probleme vorbrachte uns aus diesem Grund keine Wohnungssuchbemühungen vorbringen konnte, wurde u.a. ein Termin mit dem Psychologen notwendig, da in diesen Fällen ja wie erwähnt abgeklärt werden muss, was die Folgen sind bzw. die Klienten entsprechende therapeutische Massnahmen in Angriff nehmen müssen. Diesbezüglich wandten wir uns auch noch an den Arzt, welcher das Arztzeugnis (Dispens) zur Wohnungssuche ausstellte. Dieser war auch klar der Meinung, dass wenn Frau A.A. aufgrund psychischer Belastungen keine Wohnungen suchen könne, sie unbedingt eine Therapie besuchen müsse. Dies sprachen wir mit Frau A.A. auch an. Davon war sie aber überhaupt nicht angetan und weigerte sich, solche Schritt vorzunehmen. Da wurden ihr erneut Konsequenzen angedroht (Vertrauensuntersuch). Dieser Hinweis führte wieder zu neuen Spannungen, worauf sie innert weniger Tagen einen Untermietvertrag vorlegen und sich die Wohnungssuche bzw. vor allem die Psychotherapie damit erledigte.

295 Exkurs: In den Akten ist nicht ersichtlich, dass Frau A.A. ihren Arzt gegenüber dem Sozialberater spezifisch für die konkrete Anfrage vom Berufsgeheimnis entbunden hätte. Bei den Akten liegt eine allgemeine Entbindung für verschiedenste Arten von Berufsgeheimnissen, die bei der Anmeldung zur Fürsorge zu unterzeichnen ist. Eine solch allgemein gehaltene Entbindung vermag nach meiner Beurteilung nicht den Anforderungen an eine Entbindungserklärung (diese müsste aktuell und für eine spezifische Konstellation erfolgen) zu genügen.

296 Eine gesetzliche Grundlage könnte in § 18 Abs. 4 Sozialhilfegesetz gefunden werden: «Die Fürsorgebehörde ist berechtigt, auch ohne Zustimmung des Hilfesuchenden und der weiteren in Abs. 1 genannten Personen Auskünfte bei Dritten einzuholen, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, wenn Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben oder Unterlagen bestehen.» Dies ist jedoch keine Ermächtigung, Informationen jedwelcher Art einzuholen. So berechtigt dies m.E. etwa nicht, dass man mit dem Arzt über die verschiedenen Therapiemöglichkeiten diskutiert und somit zum gesundheitlichen Mitberater wird.

297 Der Auszug aus dem Sozialhilfehandbuch ZH scheint sodann zu verlangen, dass im Bedarfsfall eine konkrete Entbindung vorliegen muss:

  • Ausserdem können sich auch in Bezug auf die körperliche oder psychische Belastbarkeit Einschränkungen ergeben, die aber nicht für alle Massnahmen gleichermassen ins Gewicht fallen. In solchen Fällen ist es gerechtfertigt, von der betroffenen Person ein Arztzeugnis mit Diagnose zu verlangen, welches zu diesen Fragen Auskunft gibt (vgl. dazu auch Kapitel 14.1.01). Dafür ist es nötig, dass die betroffene Person ihren Arzt bzw. ihre Ärztin von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet.

298 Eine gerichtliche Klärung dieser Punkte ist mir nicht bekannt.

299 Meine Abklärungen beim behandelnden Arzt von Frau A.A. ergaben sodann, dass dieser tatsächlich am 23. Januar 2020 mit dem Sozialberatertelefonierte und über eine psychologische Betreuung wegen Erschöpfungsdepression gesprochen wurde. Aus der Krankengeschichte geht nicht hervor, ob dies die beidseitige Ansicht war. Es geht jedoch auch daraus hervor, dass dann bereits die Untermiete seitens Frau A.A. feststand, der Sozialberater hiervon jedoch noch nichts wusste. Die vom Sozialberater angeführten Spannungen konnten somit kaum der Grund für die Untermiete gewesen sein.

300 Zur «Gereiztheit» an der Besprechung vom 27. Januar 2020 führte Frau A.A. dann in einer E-Mail vom 30. April 2021 an mich an:

  • X bemerkt, ich reagierte leicht gereizt. Nun, es war ein mehrmonatiger Kampf um etwas, dass er mir jetzt in einer Selbstverständlichkeit anbot. Gereizt war ich bestimmt nicht. Angewidert von seiner Person, bestimmt. Zumal es auch der Kontrolltermin war, an dem ich meinen Untermietvertrag vorlegte. Wie im Bericht beschrieben: X zeigte keine Freude darüber. Und ein neues Streitthema fand seinen Anfang.

301 Und in der selben E-Mail zur 60%-Arbeitsfähigkeit:

  • Betreffend Arbeitsunfähigkeitszeugnis: Dieses wollte ich nicht haben weil ich keine Kündigung riskieren will. Gerade zum aktuellen Zeitpunkt bin ich im Besitze eines Arbeitsunfähigkeitszeugnisses vom Spital: Hier heisst es, 60 % sind empfohlen. Zurzeit arbeite ich jedoch 80-100 % und habe dadurch wieder grosse Probleme mit der Lunge. Mein Arzt im Spital Uster regt sich mächtig darüber auf, will mich zum HR (dass es nicht gibt/es gibt nur 1 Chefin) senden, usw. usf. Auch jetzt mag ich nicht für mein Recht kämpfen weil ich die Anstellung nicht verlieren will (ich habe um weniger Arbeitsstunden gebeten und man hat mir mit einer Kündigung gedroht). Bald ist der Juni da, wo die erlösende Operation statt findet.

302 Dazu ist zu bemerken, dass mir Frau A.A. kurz darauf mitgeteilt hat, dass sie soeben genau aus diesem Grund ihre bisherige Arbeitsstelle verloren hat. Diese Angaben können im Rahmen der Untersuchung nicht näher geprüft werden, erscheinen jedoch plausibel. Sie zeigen einerseits das Dilemma auf, in dem Arbeitswillige stecken, wenn sie Sozialhilfe beanspruchen. Anderseits darf nicht übersehen werden, dass die Sachbearbeiter der Sozialhilfe nur beschränkte Mittel der Prüfung der Glaubwürdigkeit der Angaben haben. Dies erlaubt jedoch auch nicht eine mechanistisch-misstrauende Vorgehensweise, wie sie im vorliegenden Ablauf erkennbar ist.

303 Dazu ein Exkurs: In seiner Vernehmlassung zum vorliegenden Fall hat der Sozialberater angeführt:

  • «Grundsätzlich kann ich sagen, dass sehr vieles, was die Klientin AA sagt, einfach nicht stimmt. Sie interpretiert oder äusserst sich so, wie es für sie stimmt. Dies erleben wir immer wieder, da das, was die Sozialhilfe von den Sozialhilfebeziehenden verlangt und das, was die Sozialhillfebeziehenden sich vorstellen oder was sie wollen, oft nicht überreinstimmt. Bezüglich Glaubwürdigkeit ist zu vermerken, dass Frau A.A. beim Erstgespräch gefragt wurde, ob sie eine Fahrzeug habe oder benutze. Dies verneinte sie. Beim Verlassen des Hauses wurde sie gesehen, wie sie mit einen Auto wegfuhr, welches auf sie eingelöst war. Als sie damit konfrontiert wurde, ergaben sich erste Spannungen.»

304 Die angebliche Nichtdeklaration des Autos war ein wiederkehrendes Thema in den Auseinandersetzungen zwischen Frau A.A. und dem Sozialberater. Frau A.A. hatte ihn nach ihren Angaben darauf verwiesen, dass sie es bei der Selbstdeklaration vom 21. November 2018 angeführt hatte. Dies ist auch korrekt; das Fahrzeug ist dort bei der Anmeldung deklariert worden. Dem Sozialberater hätte dies bei einer korrekten Durchsicht der Verfahrensakten auffallen müssen, insbesondere hätte er dies vor der Äusserung eines Vorhaltes verifizieren sollen. Dass er diesen Vorhalt nun wider besseren Wissens und nach eigenem Fehler nochmals äussert, um die Glaubwürdigkeit von Frau A.A. in Frage zu stellen, erschüttert seine eigene Glaubwürdigkeit.

305 Zurück zum Ablauf: Nach Darstellung von Frau A.A. haben sie u.a. die Auflagen bezüglich der Wohnungssuche erst in diese Erschöpfungssituation gebracht und hat sie sich beim Sozialberater um psychologischen Beistand der Sozialhilfe schon länger bemüht, was ihr dieser verweigert habe. In den Akten ist dazu nichts verzeichnet. Die Schilderung des Vorgangs aus der Sicht von Frau A.A. ist folgende:

Schilderung Mediation

Schilderung Mediation

306 Aus den sonstigen zahlreichen Differenzen ist vorliegend noch auf eine weitere einzugehen. Am Kontrolltermin vom 29. Januar 2020 legte Frau A.A. einen Untermietvertrag vor für eine Büromiete. Damit soll ihre Miete nicht mehr als unangemessen hoch gelten. Ihr Sozialberater ging davon aus, es gehe um eine Zweckgemeinschaft, welche zu folgendem Schluss Anlass gebe (Schreiben vom 25. März 2020):

  • «Aus dem Untermietvertrag geht für uns nicht klar hervor, um was für ein Untermietverhältnis es sich handelt, weshalb wir von einer Zweck-Wohngemeinschaft ausgehen. Sollte es sich um ein reguläres Mietverhältnis handeln, würde der Grundbedarf auf Basis eines 2-Personen-Haushaltes berechnet. Der Grundbedarf der unterstützten Person beliefe sich dabei auf Fr. 763.00 pro Monat.»

307 Dies hätte für Frau A.A. eine deutliche Kürzung des Grundbedarfs nach sich gezogen. Im selben Schreiben wird dann von einer Kürzung Abstand genommen, jedoch eine angekündigte Kontrolle in Aussicht gestellt. In der Aktennotiz heisst es dazu:

  • «29.01.2020 Klientin legt einen Untermietvertrag – für eine Untermiete von Fr. 600.00 – ab 01.04.2020. Untermieter E.E., vor. Es handelt sich dabei um eine Firma, welche in Zürich ein Geschäft am Escherwiesplatz an bester Lage hat. Warum diese ein Büro bei ihr mietet, ist eher ungewöhnlich. Es erstaunt auch, dass sie genau jetzt den Untermietvertrag vorlegt (innert 3 Tagen einen Untermieter gefunden hat), wo ihr von Dr. Y betreffend der Unfähigkeit, aus gesundheitlichen Gründen eine Wohnung zu suchen, eine Therapie verordnet wurde.»

308 Das Schreiben schliesst mit einer Rechtsmittelbelehrung, womit der Sozialberater kompetenzwidrig Verfügungskompetenz beansprucht hat45. Nach Darlegung von Frau A.A. hatte der Sozialberater den Fall mit der Sozialbehörde besprochen und legte ihr am Kontrolltermin vom 28. Februar 2020 einen Auszug aus dem kantonalen Behördenhandbuch zu den Zweck-Wohngemeinschaften vor. Weder die Konsultation der SB noch das Kontrollgespräch vom 28. Februar 2020 sind aktenkundig. Frau A.A. liess sich hiervon nicht beeindrucken und beanspruchte eine unabhängige Beratungsstelle, die ihr dann beim Verfassen eines Antwortschreibens half. Dieses Schreiben vom 10. März 2020 führte dann offensichtlich zu einer veränderten Vorgehensweise des Sozialberaters, der sich – wie erwähnt – dann aber Verfügungskompetenz anmasste.

309 Immerhin ist hier als Annex anzufügen, dass am Kontrollgespräch vom 31. Juli 2020 der Sozialberater im Anschluss an das Gespräch Frau A.A. an zwei Sozialdetektive übergeben will, die vor dem Büro auf dem Parkplatz warten. In der Aktennotiz dazu heisst es:

  • 31.07.2020
  • Hausbesuch findet heute statt, da Klientin sonst nie zu Hause angetroffen werden
    konnte. Detektei begleitet Klientin heute nach dem Gespräch nach Hause.
  • Lehnt Hausbesuch im Moment ab! Will diesen nur annehmen, wenn vorher angekündigt ist.

310 Da in seinem Schreiben vom 25. März 2020 ein angekündigter Kontrollbesuch vor Ort in Aussicht gestellt wird, waren die aktenkundigen Besuche wie auch das überfallartige Vorgehen am 31. Juli 2020 nicht korrekt. Frau A.A. hat hierzu in ihren – vom Sozialberater in seiner Stellungnahme vom 29. Juni 2021 bestrittenen – Ausführungen zum Vorgang festgehalten, dass der Sozialberater dazu gesagt hätte, das hätte er so nie geschrieben, nach Vorhalt dieses Schreibens dann festgehalten hätte, man dürfe nicht alles ernst nehmen, was er schreibe, eine angekündigte Kontrolle mache keinen Sinn.

311 Der Fall A.A. kann hier nicht vollumfänglich beurteilt werden. Verschiedene Feststellungen sind gegensätzlich, die Akten erlauben keine klaren Schlussfolgerungen. Formal sind die Vorgehensweisen nicht zu beanstanden, so das Beharren auf der Suche nach einer günstigeren Wohnung, die Abklärungen zum Gesundheitszustand oder die Klärung, ob eine Zweck-Wohngemeinschaft vorliegt. Die Umsetzung wirft jedoch Fragezeichen auf, so bezüglich der Verhältnismässigkeit der Auflagen bei der Wohnungssuche, der Vorstellung, dass eine Psychotherapie die Wohnungssuche erleichtere oder der Missachtung der eigenen Vorgaben bei der Kontrolle der Untermiete. Wieso hier nicht etwa telefonische Abklärungen beim Untermieter gemacht wurden, ist unklar. Die Aktennotizen hinterlassen auch nicht immer den Eindruck, dass objektiv und mit Sachverstand Abklärungen vorgenommen wurden.

4.2 Herr B.B.

312 Herr B.B. stellte im Frühjahr 2017 einen Unterstützungsantrag, im Alter von 51 Jahren. Er schloss eine höhere Schulbildung ab, arbeitete in einem Produktionsunternehmen und war im Jahre 2017 seit 11 Jahren in Dübendorf wohnhaft. Nach Verlust der Arbeit wurde er im Dezember 2016 ausgesteuert. Zudem befand er sich in Scheidung und wohnte in einer 4 ½ Zimmer-Wohnung (bisherige Familienwohnung) zu einem monatlichen Mietzins von 2’160 CHF. In seiner Anmeldung bei der Sozialhilfe vom 21. März 2017 führte Herr B.B. an, dass er bereit sei, zur Reduktion der Mietzinsaufwendung einen Untermieter aufzunehmen. Dies hat er dann am 30. März 2017 unterschriftlich bestätigt.

313 Mit Schreiben vom 12. Mai 2017 wurde Herr B.B. die Mietwohnung auf Ende Juni 2017 gekündigt. Nach Darlegung seines Sozialberaters in seiner E-Mail vom 24. April 2021 war diese Situation durch Herr B.B. verschuldet:

  • So auch beim Verlust seiner ehemaligen Wohnung. Dort erhielt er die Miete von uns direkt, wies diese dem Vermieter aber nicht an und verwendete diese für andere Zwecke (Zweckentfremdung). Da er beim Vermieter aus alten Ausständen bereits eine Abzahlung hatte, welche er auch nicht einhielt (obschon vorher noch Einnahmen hatte), war dieser nicht mehr bereit, ihn als Mieter zu akzeptieren und kündigte ihm.

314 Herr B.B. stellte dies anders dar:

  • Es trifft zu, dass ich 2 Mietrückstände hatte. Diese wurden jedoch später von meiner ex-Frau ausgeglichen. Der Vermieter kannte meine Situation und wartete wie ich, ob ich mittels Untermieter weiterhin in der Wohnung bleiben könne. Das war eine zum Zeitpunkt provisorische Abmachung zwischen mir, meiner ex-Frau und dem Vermieter. Hätte ich einen Untermieter gehabt, der ab einem gewissen Zeitpunkt die Miete teilt, hätte ich nach Mietausgleich bleiben können. Da ich jedoch kein Untermieter vorschlagen konnte, blieb es bei der Rückzahlung der Rückstände. Ich habe mit dem Vermieter nie ein schlechtes Verhältnis gehabt. Als ich ausgesteuert wurde, wohnte ich schon seit 7 1/2 Jahren dort und hatte nie Mietrückstände. Der Vermieter hat letztlich nicht anders machen können als mir zu künden.

315 Zum Vorwurf der Zweckentfremdung führte Herr B.B. an:

  • Als ich die Hilfe der Sozialhilfe in Anspruch nahm, hatte ich ein Minus auf der Bank von CHF 800.00. Auch das wusste das Sozialamt aus den Dokumenten die ich abgeben musste! Als dann die erste Zahlung des Sozialamtes eintraf, wurde dieses Minus automatisch ausgeglichen. Hatte lediglich CHF 800.00 weniger im Plus. Ich kann mich an diesen Vorwurf der Zweckentfremdung erinnern, Diesbezüglich massregelte ich die ehem. Leiterin Sozialhilfe und drohte ihr mit einer Ehrverletzungs- und Verleumdungsklage sollte sie weiterhin versuchen mir vorsätzliche Handlungen zu unterbreiten die ich nicht begangen habe.

316 Das oben erwähnte E-Mail an die ehem. Leiterin Sozialhilfe von Herr B.B. vom 30. Juni 2017 liegt mir vor. Der ganze Vorgang ist jedoch in den Akten des Falles nicht verzeichnet. Es findet sich jedoch folgende Aktennotiz:

  • 28.04.2017 Klient hat die Miete März in Höhe von Fr. 1‘500.00, die Miete April 2017 vollumfänglich einbezahlt und mit dem Rest gelebt. Somit die Gelder zweckentfremdet. Er hat dem Vermieter ein Schreiben gemacht und versprochen, den Ausstand in Raten zurückzubezahlen. Die Antwort des Vermieters muss er uns umgehend nachreichen!! Danach muss er uns monatlich eine Quittung der Raten an den Vermieter nachreichen!

317 Die Akten und Darstellungen sind gegensätzlich und lassen sich von Aussen nicht richtig beurteilen. Differenzen bestehen auch auf einem anderen Gebiet: Herr B.B. gibt an, dass die (letztlich nicht realisierte) Idee der Untermiete von ihm stammte (was seitens des Sozialberaters als irrelevant angesehen wird in seiner Stellungnahme vom 29. Juni 2021), wovon schon die Anmeldung seines Falles spricht, welche dies vermerkt. Sein Sozialberater führte demgegenüber an, die Idee – mit welcher die spätere Unterbringung von Herr B.B. in einer Notwohnung hätte vermieden werden können – von der Sozialhilfe ausging. Sodann wirft Herr B.B. seinem Sozialberater vor, dass dieser nicht Untermieter gesucht hätte (er war der Meinung, man könnte jemand aus dem Kreis der anderen Hilfesuchenden finden) und hätte sich auch nicht rechtzeitig um eine Notwohnung bemüht. Die Akten sind diesbezüglich nicht einschlägig, zeigen jedoch, dass der Sozialberater davon ausging, dass Herr B.B. Suchbemühungen für eine billigere Wohnung mache. Diese seien nicht erfolgt, da Herr B.B. im Mai 2017 eine Anstellung mit Umzug in Aussicht gehabt hätte. Am 3. Juli 2017 zieht Herr B.B. dann in eine Notunterkunft im Hotel Y in Schwerzenbach ein. Den Umzug muss er nach eigenen Angaben – ohne Auto – selber organisieren, seine Möbel mit Hilfe eines Unternehmens bei einem (vom Sozialamt organisierten) Lagerraum einlagern und das ungereinigte Zimmer von 15,7 m2 Grösse beziehen46. Der von der Sozialhilfe übernommene Mietzins liegt bei CHF 1’400/Monat, die Lagerungskosten für die Möbel betragen nochmals über CHF 300/Monat.

318 Die von Herr B.B. gemachten Fotos des Zimmers zeigen einen stark heruntergekommenen, hygienisch und vermutlich auch sicherheitsmässig (Stromversorgung) unhaltbaren Zustand:

Zustand Wohnung B.B.

Zustand Wohnung B.B.

Zustand Wohnung B.B.

Zustand Wohnung B.B.

319 Nach Darstellung von Herr B.B. war das Zimmer nicht beheizt, hatte keine Wasch- und Kochgelegenheit und er musste sich mit (im Verlauf seines Aufenthalts) vier Heizlüftern behelfen. Herr B.B. wandte sich diesbezüglich an den Ombudsmann am 11. Juli 2017 unter Beilage diverser Fotos zum baulichen Zustand, der den Fall gemäss seinen Notizen am 19. September 2017 mit dem Stadtschreiber und dem Geschäftsführer anlässlich einer grösseren Aussprache über die Funktion der Ombudsstelle und die bisherigen Erfahrungen besprochen hatte. Wie der Fall dann weiter behandelt wurde, hat der Ombudsmann nicht mehr verfolgt, da er von Herr B.B. die Mitteilung zur Kenntnisnahme erhalten hatte, dass dieser eine Stelle gefunden habe und er den Fall mit einem Anwalt weiter verfolgen werde (E-Mail vom 10. September 2017). Nach dem damaligen Ablauf hätte der Ombudsmann den Fall direkt mit dem Abteilungsleiter – ohne Einbezug des Stadtschreibers und Geschäftsleiters – besprechen sollen. Die Fotos wurden offenbar nie der Sozialhilfe zugeleitet, doch hatte sich Herr B.B. bei einer Sitzung mit der Leiterin Sozialhilfe und seinem Sozialberater über den baulichen Zustand des Hotels beschwert. Der Sozialberater konnte sich hieran nach meiner Rückfrage nicht mit Sicherheit erinnern. Die Akten halten ein solches Gespräch nicht fest, doch ist es in einer E-Mail vom 28. August 2017 an den Ombudsmann geschildert.

320 Im September 2017 fand Herr B.B. eine Arbeitsstelle. Er richtete dann am 15. Oktober 2017 eine Beschwerde an den Sozialvorsteher, wo er auf den schlechten baulichen und hygienischen Zustand des Hotelzimmers einging. Zudem verwies er darauf, dass er nun für diese unhaltbare Unterkunft selbst aufkommen müsse (worauf ich nachfolgend noch eingehen werde). Im Antwortschreiben des Sozialvorstehers vom 18. Oktober 2017, das vom zuständigen Sozialberater – der Gegenstand der Beschwerderüge war – mitunterzeichnet wurde, wird auf den Zustand des Zimmers mit keinem Wort eingegangen. Statt dessen wird darauf verwiesen, dass Herr B.B. noch gewisse Dokumente (die mit dem Zimmer keinen Zusammenhang aufwiesen) liefern solle und es ihm – da nicht mehr von der Sozialhilfe abhängig – frei stehe, sich eine andere Wohnunterkunft zu suchen.

321 In der Folge verschärfte Herr B.B. seine Wortwahl und kam es nochmals zu einem Schriftenwechsel, in dem seitens des Sozialvorstehers jedoch der Wohnungszustand immer noch nicht thematisiert wurde. In einer auch an den Stadtpräsidenten in Kopie gerichteten Zuschrift vom 14. November 2017 wurde das Ganze nochmals von Herr B.B. thematisiert und wurde (zum wiederholten Male) der Gang an die Medien angekündigt, zu dem es in der Folge jedoch nicht kam. Das Schreiben wurde mit EMail vom 17. November 2017 von der Stadtkanzlei dann auch dem damaligen Leiter Soziales zugeleitet. Der Stadtrat verlangte dann vom Sozialvorsteher eine Kopie seines Antwortschreibens vom 18. November 2017. Dieses lautet wie folgt:

  • lch habe lhr Schreiben vom 14.11.2011 zur Kenntnis genommen.
  • Wie bereits in unserem Schreiben vom 19.10.2017 erläutert, möchte ich Sie nochmals daran erinnern, dass es lhnen jederzeit freisteht, sich eine andere Wohnmöglichkeit zu suchen. lch nehme Sie ernst und gehe davon aus, dass lhnen das auch bewusst ist und erwarte in diesem Zusammenhang Eigenverantwortung lhrerseits. lch möchte Sie nochmals daran erinnern, dass nicht das Sozialamt Dübendorf schuld daran ist, dass lhnen die Wohnung gekündigt wurde. Das Sozialamt Dübendorf hat jedoch in sehr kuzer Zeit eine Notlösung für Sie gefunden, was unter den Umständen nicht einfach war. Weiter wurden Sie bereits zu Beginn der Unterstützung mit einem Mietzinsschreiben bei der Wohnungssuche wohlwollend unterstützt.
  • Gemäss eigenen Aussagen gehen Sie seit mindestens September 2017 einer Arbeit nach, welche es lhnen ermöglicht, ohne Sozialhilfeleistungen auszukommen (Sie wurden letztmals für September 2017 sozialhilferechtlich unterstützt), Sie verfügen über die nötigen Mittel, sich eine andere Wohnmöglichkeit nach Ihren Bedürfnissen zu finanzieren.
  • lch erwarte von Ihnen, dass Sie dem Sozialamt Dübendorf die noch immer ausstehenden und mehrmals verlangten Unterlagen (Arbeitsvertrag und erste Lohnabrechnung) umgehend zustellen. Sollten Sie danach an einem persönlichen Gespräch interessiert sein, lassen Sie mich das bitte wissen.
  • lch bitte Sie, sich in Ihren Aussagen und Äusserungen zu mässigen. Weder die Mitarbeiter des Sozialamtes Dübendorf noch ich als Person waren Ihnen gegenüber jemals respektlos, weshalb auch wir von Ihnen den gebührenden Respekt erwarten.

322 Herr B.B. fand erst im Frühjahr 2021 eine andere Wohnung, dies nach seinen Angaben rasch, nachdem er die Sozialhilfe Schwerzenbach kontaktiert hatte. Er führte dazu an, dass ihm eine vorgängige Wohnungssuche nicht möglich gewesen sei, dies infolge eingetragener Betreibungen. Er sei so auf die bisherige Hotelunterkunft mit den dargestellten Mängeln und dem seiner Einschätzung nach zu hohen Mietzins gebunden gewesen; hinzu gekommen sei der Aufwand für die Lagerung seiner Möbel. Dies erscheint nicht ausgeschlossen, doch hat Herr B.B. in seinen Schreiben an den Sozialvorstand selbst ausgeführt, dass er für CHF 1’000 Monatszins in ein sauberes Zimmer in Dübendorf wechseln könnte. Auf die Wechselmöglichkeit wurde er dann auch mehrfach hingewiesen.

323 Herr B.B. macht dann geltend, er habe auch keinen Mietvertrag erhalten und fühlte sich von der Sozialhilfe «deportiert» und allein gelassen. Meine Rückfrage beim zuständigen Sozialberater hat zur Antwort geführt, bei Hotelzimmern würde kein Mietvertrag abgeschlossen. Dies mag für eine kurze Unterbringung von einigen Tagen stimmen, für längere Aufenthalte wäre jedoch ein Mietverhältnis einzugehen. Hier hätte es Herr B.B. in der Hand gehabt, einen Mietvertrag zu verlangen, oder – wie vorstehend ausgeführt – an einen anderen Ort zu wechseln.

324 Der Fall von Herr B.B. weist viele weitere Facetten auf, auf welche hier nicht eingegangen werden kann. Die Auseinandersetzungen wurden von Herr B.B. häufig in sehr klarer Sprache geführt, er ist offensichtlich eine Person, die sich nicht einfach überfahren oder mit anderweitigen Argumenten überzeugen lässt. Wenn man den Fall von all diese Begleitumständen befreit, so bleibt ein gewichtiger Umstand: der Zustand der Notwohnung.

325 Diesen Zustand hatte – soweit dies aus den Akten hervorgeht – am klarsten der Ombudsmann zur Kenntnis erhalten, dem Herr B.B. entsprechende Fotos zugestellt hatte. Allerdings verlangte Herr B.B. von diesem nicht oder nicht klar genug eine Intervention, sondern verwies auf den Beizug eines Rechtsanwalts seinerseits und die Einreichung einer Beschwerde an die Stadt, auch zum Punkt des Wohnungszustands. Im Rahmen meiner Abklärungen habe ich keinen Beleg gefunden, dass die Fotos je bei der Abteilung Soziales eingetroffen wären. B.B. hat diesen offensichtlichen Weg nicht auf sich genommen.

326 Dennoch gab es klare Hinweise in seinen Gesprächen mit seinem Sozialberater und der Leiterin Soziales, zumindest geht dies aus dessen glaubhaften Schilderungen hervor. Sodann hat auch der Sozialvorsteher dieses Thema in seinen Antworten auf seine Beschwerde zweimal umschifft. Auf meine Anfrage – unter Beilage der Beschwerde vom 15. Oktober und der Antwort der Sozialhilfe (Amtsvorsteher und Sozialberater) vom 18. Oktober 2017- hin, wie der Zustand der Wohnungen kontrolliert werde, hat der damalige Sozialvorsteher wie folgt mit E-Mail vom 4. Mai 2021 geantwortet:

  • Wie wurden Notwohnungen hinsichtlich Sicherheit und Hygiene unter Ihrer Vorsteherschaft inspiziert und kontrolliert? – Wenden Sie sich bitte mit dieser Frage an den damaligen Verantwortlichen und Leiter des Sozialamtes, den ehem. Leiter Soziales. Er wird ihnen eine kompetente und vollständige Antwort geben können.
  • Haben Sie sich bezüglich des Hotels (X) nach Zugang des angefügten Schreibens hierum gekümmert?Nein, in operative Bereiche habe ich mich nie eingebracht. War auch nicht nötig! Dafür waren die auf operativ verantwortlichen und sehr kompetenten Angestellten zusammen mit dem
    Leiter Soziales zuständig.

327 Auf die entsprechenden Fragen und Beilagen hat der damalige Leiter Soziales mit E-Mail vom 6. Mai 2021 geantwortet:

  • Wie wurden Notwohnungen hinsichtlich Sicherheit und Hygiene unter Ihrer Leitung inspiziert und kontrolliert? Die Kompetenzen und Aufgaben zur Verfügungstellung von Notunterkünften im Sozialhilfebereich lag im Bereich Sozialhilfe. Aufgrund von Informationen durch die Leitung Sozialhilfe war mir jedoch nur am Rande und in wenigen Einzelfällen bekannt, dass je nach Bedarf eine Notunterkunft auf Sicherheit und Hygiene kontrolliert werden musste.
  • Hatten Sie Kenntnis vom in den Beilagen erwähnten Schreiben? Nein.
  • War es üblich, dass der Vorsteher mit dem zuständigen Sozialberater Schreiben verfasste als Antwort auf eine Beschwerde, die sich gegen diesen Sozialberater richtet? Wieso wurden Sie nicht einbezogen? Meines Erachtens war es nicht üblich, dass der Vorsteher mit dem Sozialberater eine Beschwerde beantwortet. Beschwerdeantworten sind Führungssache und sollten auch von diesen unterzeichnet werden. Es entzieht sich meiner Kenntnis, warum ich nicht miteinbezogen wurde.

328 Der für den Fall zuständige Sozialberater hat den Zustand der Notwohnung nach seinen Angaben weder gekannt – was von Herr B. B. gänzlich anderes gesehen wird – noch kontrolliert. Es gab offensichtlich keine Arbeitsanweisung diesbezüglich. Er hat diesbezüglich für sich keine Zuständigkeit oder Verantwortung gesehen47; dies sei Sache der Amtsleitung oder des Abteilungsleiters.

329 Dies führt zur Folgerung, dass

  • der Sozialvorsteher die Zuständigkeit beim Leiter Soziales und den Angestellten sah,
  • der zuständige Sozialberater hier für sich keine Zuständigkeit erkannte (aber das Schreiben an Herr B.B. dennoch mit unterzeichnete),
  • der Leiter Soziales den Bereich Sozialhilfe dann hierfür als zuständig ansah, aber in diesem Fall jedoch doch eine Führungsverantwortung für sich in Anspruch genommen hätte.

330 Das Thema der Notwohnungen scheint auch aktuell nicht besondere Aufmerksamkeit zu geniessen. Die Sozialvorsteherin führte auf meine Frage, wie unter ihrer Leitung die SB ihrer Pflicht zur Kontrolle der Notwohnungen nach Art. 6 GO SB nachkomme, in Ihrer Stellungnahme vom 24. Mai 2021 auf mehr als einer Seite lange Ausführungen zu verschiedenen Projekten im Bereich der Asylwohnungen gemacht. Es ist mehr als erstaunlich, dass die Vorsteherin des Bereichs Soziales diese unterschiedlichen Aufgabenbereiche nicht kennen sollte, was sie in ihrer  Stellungnahme vom 21. Juli 2021 dann auch abstritt48
.
331 Erst auf mein zweimaliges Nachfassen erläuterte sie die Lage in der E-Mail vom 22. Juni 2021 wie folgt:

  • In diesem höchst anspruchsvollen, schwierigen und hochkomplexen Segment der drohenden Obdachlosigkeit wird professionelles und schnelles Handeln erwartet. In Notfällen ist die Leitung Soziales befugt, sofort zu handeln. Diese hat der Behörde Bericht zu erstatten. Das Wohl der betroffenen notleidenden Person/Personen hat höchste Priorität. Nach erfolgter Anmeldung / Abklärung wird erst durch die Leitung Soziales entschieden, welches soziales Angebot der Stadt Dübendorf oder soziale Angebote von privaten Institutionen in Frage kommt. Sei es eine Notschlafstelle, Notunterkunft oder eine Übergangslösung für eine Einzelperson oder für Familien, ausserfamiliäre Platzierungen und stationäre Suchttherapien wie z.B. F, G, H, I etc. Die Abteilung Soziales verfügt über eine entsprechende Hotelliste (Platzierungen erfolgten z.B. im Hotel J etc.), Adressen von Wohnungen und Wohngruppen (z.B. K und L) und Adressen von privaten Anbietern etc. Solche Geschäfte werden jeweils in der Behörde traktandiert, behandelt und begleitet. Bei Bedarf wird die Zuteilung geändert oder verlängert. Die Delegation der Verantwortung für die Notunterkünfte an die Leitung Soziales erfolgte bereits unter meinem Vorgänger und wurde, da es nie von einer Stelle kritisiert worden war und sich offenbar in der Vergangenheit bewährt hatte, von mir fortgeführt (seit 2017 konnten Abklärungsaufträge auch von der Ombudsstelle via den Geschäftsführer der Stadt Dübendorf zuhanden der jeweiligen Abteilungsleitung erteilt werden). Die SB wurde von der für die Notunterkünfte zuständigen Leitung Soziales jeweils über aktuelle Anliegen informiert und konnte so in ihrem Zuständigkeitsbereich ggf. die nötigen Beschlüsse fassen.

332 Die Darstellung zeigt, dass damit nach wie vor keine aktive Kontrolle gehandhabt wird. Tatsächlich obliegt nach Art. 6 GO SB die Kontrolle über den Betrieb und Bewirtschaftung der Notunterkünfte der SB. Diese Aufgabe kann man delegieren (was in der GO SB dann auch generell erfolgte, mit Delegation an die Leiterin der Sozialhilfe, wie vom Leiter der Abteilung Soziales richtig ausgeführt wurde und von der Sozialvorsteherin entgegen der Regelung von Art. 24 Abs. 2 lit. c GO SB anders dargestellt wird), was jedoch die Kontrolle und die Letztverantwortlichkeit nicht ausschliesst, sondern bedingt. Gerade bei bekannt gemachten Missständen hätte der Sozialvorsteher hier nachhaken müssen; stattdessen hat er in seinem Antwortschreiben die Fehler des Hilfesuchenden in den Vordergrund gerückt.

333 Es fehlte im Fall von B.B. bezüglich der Kontrolle der Qualität der Notwohnungen (für welche im vorliegenden Fall ein doch erheblicher Mietzins aufgebracht wurde im Vergleich zur bezogenen Leistung) eine strukturierte Vorgabe. Der vorliegende Fall zeigt sodann, dass selbst bei konkreter Rüge keine Anstrengungen für eine Kontrolle gemacht wurden; dies in einem Bereich, der notorisch von den Medien unter Beobachtung steht und wo eine negative Berichterstattung einen hohen Imageschaden verursachen kann.

5. Suizidfall

334 Im Bericht des Tages Anzeigers vom 31. August 2020 wird der Suizid eines Sozialhilfeempfängers mit dem Umgang der Sozialhilfe mit ihren Klienten in Verbindung gebracht. Es ging um den Tod eines jungen Sozialhilfeempfängers Ende Dezember 2018. Die Mutter des Verstorbenen hatte Vorwürfe gegen das Sozialamt Dübendorf bei der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich erhoben, welche die Angelegenheit am 8. und 19. Februar 2019 als Aufsichtsbeschwerde dem hierfür zuständigen Bezirksrat Uster überwies. Der Bezirksrat forderte die SB am 1. März 2019 auf, sich zu den Vorwürfen zu äussern und die vollständigen Akten einzureichen. In der Folge kam es zu verschiedenen weiteren Eingaben der Mutter des Verstorbenen. Die Akten des Sozialamtes wurden am 2. April 2019 dem Bezirksrat eingereicht und am 21. August 2019 wurden fehlende Akten nachgereicht. Mit Beschluss vom 11. November 2019 gab der Bezirksrat der Aufsichtsbeschwerde keine Folge. Er führte u.a. an, dass er von Aussen den zwischenmenschlichen und persönlichen Umgang auf der SH praktisch nicht prüfen könne.

335 Die Beschränkungen der Überprüfung gelten im Administrativverfahren; eine nähere Abklärung würde nicht nur die Grenzen der Administrativuntersuchung sprengen, bedürfte sie doch der Klärung vieler Umstände (familiäre, biologische, gesundheitliche, soziale und die konkrete Situation am 27. und 28. Dezember 2018). Hinzu kommt, dass ein Suizid – insbesondere eines jungen Menschen – Bedauern und Betroffenheit auslöst, doch auch für erfahrene Psychologen und Psychotherapeuten schwer voraussehbar ist und kaum einer einzigen Ursache unterliegt. Vielmehr wirken komplexe Verhältnisse auf das Verhalten ein und müssen psychosoziale Umstände nicht alleinverursachend sein. Somit könnte auch eine eingehende, aufwändige Untersuchung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht den Anteil des Umgangs der Sozialhilfe Dübendorf am Suizid klären. Angesichts dieser Umstände, und auch um die Hinterbliebenen nicht erneut zu belasten, wurde auf eingehendere Abklärungen verzichtet.

336 Am 1. September 2020 reichte ein Mitglied der SB eine Aufsichtsbeschwerde beim Stadtrat gegen einen Mitarbeiter der Sozialhilfe ein; offenbar handelt es sich um den betreuenden Sachbearbeiter. Der Aufsichtsbeschwerde wurde mit Stadtratsbeschluss vom 19. November 2020 unter Hinweis auf den vorstehend angeführten Beschluss des Bezirksrates keine Folge gegeben und es wurde auf die vorliegende Untersuchung verwiesen.

N. Personalbeschwerden

1. Leitungen Amt für Soziales und Abteilung Sozialhilfe

337 Verschiedene der Personalbeschwerden drehen sich um die ehem. Leiterin Sozialhilfe wobei ihr Vorgesetzter der ehem. Leiter Soziales in die Behandlung der Beschwerden einbezogen war. Vorweg wird zu deren Werdegang im Bereich des Amtes Soziales der Stadt Dübendorf aufgezeigt, um eine bessere Einordnung der Ereignisse zu erlauben.

1.1 Ehemaliger Leiter Soziales

338 In seiner letzten Mitarbeiterbeurteilung vom 15. Oktober 2019 wies der ehem. Leiter Soziales durchwegs eine sehr gute Beurteilung auf. Er verwies darauf, dass infolge der Gesprächsverweigerung des Ombudsmannes im Februar 2019 eine Zusammenarbeit mit diesem nicht mehr möglich sei. Allerdings ist zu bemerken, dass die Beurteilung – abweichend von der sonstigen Regelung – vor allem durch die Sozialvorsteherin gemacht wurde49. Dazu in den Bemerkungen zur MAB:

  • (Ressortvorständin) Der ehem. Leiter Soziales hat sich als verlässliche Führungsperson besonders in den letzten Monaten ausserordentlich bewährt, als die Sozialhilfe unter medialem und politischem Dauerbeschuss stand. Er hat mit seiner Führungs- und Sozialkompetenz sichergestellt, dass die Sozialhilfe und die Berufsbeistandschaft immer ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen und die Sozialhilfe wie auch die Berufsbeistandschaft als funktionierende Ämter bestehen konnten. Durch seit langem bestehenden Druck auf und die jetzt erfolgte Freistellung der Leiterin der SH ist ein Führungsvakuum entstanden, das der ehem. Leiter Soziales kraft seiner Person und seinen Fähigkeiten füllen konnte. Für die kommende Zeit wird er ganz vorrangig mit der Wiederherstellung des Vertrauens der Sozialhilfe nach innen und aussen beauftragt sein. Er steht damit vor einer ausserordentlichen Verantwortung und ist in der Lage und gewillt, die Sozialhilfe sowie die Berufsbeistandschaft neu aufzubauen. Das soll auch lohnmässig wertgeschätzt werden. (Geschäftsleiter) Die Vorgesetzten-Bewertung erfolgt dieses Jahr mehrheitlich durch die Ressortvorständin, da der Geschäftsleiter von März bis anfangs Oktober für den Bereich Sozialhilfe nicht zuständig war und auch im Prozess mit der Personalcoaching-Firma-Coaching nie involviert war. Als Geschäftsleiter bedanke ich mich bei ehem. Leiter Soziales für die stets lösungsorientierte u. professionelle Zusammenarbeit.

339 Im Schreiben vom 17. Oktober 2019 hielt die Sozialvorsteherin im Zusammenhang mit dem Mitarbeitergespräch zum ehem. Leiter Soziales fest:

    • Ich bin sehr zufrieden.
    • Ich habe ihn immer als loyal und korrekt gegenüber seinem Arbeitgeber erlebt.
    • Qualität der Arbeit / Effizienz ist super.
    • Er ist ein sehr wertvoller Mitarbeiter.
    • Er ist eine verlässliche Führungsperson.
    • Er besitzt Führungs- und Sozialkompetenz.
    • Er hat ein hohes Pflichtgefühl.
    • Er macht alles sehr professionell.
    • Er arbeitet sehr strukturiert und prozessorientiert.
    • Er recherchiert genau, klärt ab.
    • Kritik nimmt er an.
    • Er hat ein sicheres Auftreten, besitzt gutes Verhandlungsgeschick und Durchsetzungsvermögen.
    • Er ist offen für Änderungen. Er kann schwierige Personalsituationen lösen.
    • Er orientiert sich über Sachen, die wichtig sind. Er arbeitet sonst sehr selbstständig.
    • Er lebt eine offene wertschätzende Grundhaltung den Menschen gegenüber, unabhängig ihrer Herkunft, Kultur und gesellschaftlicher Stellung.
    • Er ist ein betriebswirtschaftlicher Generalist und guter Organisator
    • Ich kann ihm zu hundert Prozent vertrauen.
    • Ich habe ihn immer als konstruktiv und angenehm erlebt.
  • In diesem Sinne kann ich die folgenden Punkte mit der Bestnote bewerten.
    • Interesse an der Arbeit
    • Zuverlässigkeit
    • Pünktlichkeit
    • Loyalität
    • Verhalten/Charakter
    • Belastbarkeit
    • Selbstständigkeit, nimmt wenn nötig Rücksprache
    • Initiative
    • Auffassungsgabe
    • Flexibilität
    • Kooperationsbereitschaft
  • Ich bedanke mich beim ehem. Leiter Soziales für seine hervorragende und professionelle Arbeit für die Stadt Dübendorf und freue mich auf eine weiterhin angenehme Zusammenarbeit.

340 An der Sitzung vom 30. Januar 2020 hat der Stadtrat den Antrag der Sozialvorsteherin auf Lohnerhöhung in der Richtgrösse von CHF 175’000 abgelehnt und den Lohn auf CHF 160’000/Jahr festgesetzt. Sollte bis Ende 2020 die Abteilung Soziales auf Zielkurs sei, würde eine rückwirkende Erhöhung auf CHF 165’000 neu beurteilt.

341 Am 14. September 2020 kündigte der ehem. Leiter Soziales sein Arbeitsverhältnis auf Ende Dezember 2020. In seiner Kündigung verwies er darauf, er sei in der vergangenen Zeit zu einem politischen Spielball geworden, er hätte in den letzten 16 Monaten ein zusätzliches Pensum von 180% geleistet, hätte also im Total zu 280% gearbeitet. Dies ohne zusätzliche Springerstellen und Lohnforderungen. Er verlangte eine Abgangsentschädigung von sechs Monatslöhnen. In der Kündigungsbestätigung vom 15. September 2020 bescheinigte ihm der Geschäftsleiter die Kündigung, eine sofortige Freistellung unter Lohnfortzahlung und die Auszahlung von 799.1 Stunden Zeitguthaben, davon 290:13 Stunden Mehrzeit. Die Abgangsentschädigung müsse der Stadtrat beurteilen.

1.2 Ehemalige Leiterin Sozialhilfe

342 Die ehem. Leiterin Sozialhilfe wurde am 1. Februar 2003 für das Sekretariat Fürsorgeamt und Asylwesen bei der Stadtverwaltung Dübendorf angestellt. Per 30. April 2007 kündigte sie ihre Funktion als Sozialberaterin, um in ihren alten Beruf als Polizeibeamtin zurückzukehren. Am 1. Juli 2008 nahm sie die Stelle als Sozialberaterin wieder bei der Stadtverwaltung Dübendorf an. Am 1. August 2011 wurde die ehem. Leiterin Sozialhilfe zur Bereichsleiterin Sozialhilfe befördert.

343 Im Zusammenhang mit der Entdeckung der Facebook-Einträge von der ehem. Leiterin Sozialhilfe im Herbst 2016 (dazu Rz. 94 ff.) wurde diese vom Stadtrat verwarnt; die Verwarnung wurde ihr am 9. November 2016 mündlich eröffnet. Dazu wird ausgeführt:

  • Der ehem. Leiterin Sozialhilfe werden die Rahmenbedingen für ihre Funktion als Leiterin Sozialhilfe sowie den daraus resultierenden Aufgaben, Fürsorgepflichten und der erhöhten Treuepflicht durch den ehem. Leiter Sozialesim Beisein der Leiterin Personaldienste persönlich kommuniziert. Als Grundlage dient das Protokoll vom 9. November 2016 (siehe Beilage). Diesbezüglich erfolgt hiermit eine schriftliche Verwarnung. Eine weitere Verfehlung, welche der Stadt Dübendorf finanziell, im Image oder im Sinne der einheitlichen Führung schadet, wird von der Stadt Dübendorf als Arbeitgeberin nicht mehr toleriert.

344 In derselben Besprechungsnotiz wird die folgende, von der ehem. Leiterin Sozialhilfe mit Unterschrift bestätigte Vereinbarung getroffen:

  • Die ehem. Leiterin Sozialhilfe verpflichtet sich, ihr Arbeitsverhalten resp. ihre erhöhte Treuepflicht gemäss folgenden Punkten zu beachten:
    • Die ehem. Leiterin Sozialhilfe muss als Leiterin Sozialhilfe eine neutrale Meinung vertreten und handelt stets im Auftrag der Sozialbehörde.
    • Keine Verfehlungen gegenüber Klienten/Kunden durch diskriminierende oder rassistische Aussagen sowie in sozialen Medien, Gremien und am Arbeitsplatz.
    • Gleichbehandlung aller Klienten/Kunden.
    • Die Kommunikation erfolgt in Zukunft vollumfänglich durch den Kommunikationsbeauftragten. Offenheit gegenüber Anliegen/Kritik von sozialen Partnern und Anspruchsgruppen im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
    • Das Merkblatt F305-M01 Umgang mit Social Media dient als Grundlage und muss eingehalten werden.
    • Aufgrund ihrer Funktion entsteht eine erhöhte Treuepflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber.
    • Diese Funktion kann Einschränkungen im Privatleben nach sich ziehen.

345 Die Unterlagen zum stadträtlichen Entscheid zeigen eine umfassende Interessenabwägung des Stadtrates auf. Der Stadtrat entschied sich an der Sitzung vom 7. November 2016 im Rahmen der Verhältnismässigkeit, von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzusehen und stattdessen eine Verwarnung mit den vorstehend gezeigten Auflagen auszusprechen.

346 Die Mitarbeiterbeurteilung vom 19. September 2017 offenbart verschiedene Kritik von der ehem. Leiterin Sozialhilfe an der städtischen Politik, die sie dort als Anmerkung anbringt:

  • Im Zusammenhang mit der Thematik ehem. Leiterin Sozialhilfe/Facebook fehlt die Unterstützung der Stadt gegen aussen und die Stadt stellt sich nicht konsequent genug hinter das Personal. Belastend sind ebenfalls die Herausschiebung/Verzögerung der Beantwortungen politischer Anfragen in dieser Thematik und ständige Diskussionen (Ombudsstelle) obwohl an der ganzen Angelegenheit nichts dran ist.

347 Zu ihren Selbstkompetenzen heisst es seitens des Leiters Soziales:

  • Reflektiert und versucht laufend den KVP zu fördern. Ist äusserst bestrebt ein positives Arbeitsklima zu schaffen; Anmerkung ehem. Leiter Soziales: nicht einfach nach so einem Jahr (Haltlose Anschuldigungen gegen die Person der ehem. Leiterin Sozialhilfe und über den Bereich Sozialhilfe über Medien, Politik, Gesellschaft, Klienten, Ombudsstelle, Mitarbeitende der Stadtverwaltung Dübendorf, etc.) Nimmt Vorbildfunktion gekonnt ein und verbreitet ein positives Arbeitsklima nach einem sehr turbulenten Jahr 2017 ohne Personalveränderungen.

348 In der (letzten) Mitarbeiterbeurteilung vom 11. Oktober 2018 heisst es in der Rubrik Sozialkompetenz:

  • Positioniert sich klar im Bereich und verhält sich entsprechend loyal. Verbesserungsvorschlag: die ehem. Leiterin Sozialhilfe darf sich noch weiter als Führungsperson entwickeln und entsprechend auftreten. Offene und direkte Kommunikation mit dem nötigen Respekt. Geht fair mit den Kollegen um und verhält sich entsprechend.

349 Zum «Agieren im politischen Umfeld» ist festgehalten:

  • Verhält sich neutral im Umgang mit politischen Themen und Schnittstellen! Geht mit unterschiedlichen Anforderungen gekonnt um. Beschlüsse wurden in diesem Jahr überarbeitet und den neusten Standarts angepasst (unabhängig von den Beanstandungen der Ombudsstelle).

2. Beschwerden betreffend Sozialhilfe-Amtsführung

350 Einen wichtigen Block im Rahmen der vorliegenden Untersuchung bilden die Beschwerden eines Teils des Personals im Zusammenhang mit der Fallführung im Sozialhilfebereich, insbesondere zum Umgang mit den Hilfesuchenden. Diese werden nachfolgend im Überblick dargestellt, wobei zu beachten ist, dass ich verschiedene ehemalige Mitarbeitende der Sozialhilfe nicht befragen konnte. Teilweise werden detaillierte Auszüge über die Art und Weise der Spannungen im Team wiedergegeben, da damit ein plastische(re)s Bild über die Zustände gegeben werden kann.

351 Die Chronologie präsentiert sich in Kürze wie folgt:

2.1 Februar 2019
  • Ende Februar 2019 wandte sich die in der Sozialhilfe tätige Mitarbeiterin A an den Geschäftsleiter mit dem Anliegen nach einem persönlichen, vertraulichen Gespräch. Es ging um die Frage, wie die Stadt Dübendorf mit einer bestimmten Situation als Arbeitgeberin umgehe und ihre Fürsorgepflicht wahrnehme. Es kam zu einem Gespräch in Anwesenheit des Stadtpräsidenten. Ein weiterer Mitarbeiter wandte sich an den Geschäftsleiter und führte mit diesem in Anwesenheit des Stadtschreibers ein Gespräch. In einer E-Mail vom 12. März 2019 attestierte der Geschäftsleiter beiden ein korrektes Vorgehen. Zu den Beanstandungen führte er im selben E-Mail an:
Email Arbeitsklima

Email Arbeitsklima

  • An der Stadtratssitzung vom 14. März 2019 wurde folgendes seitens der Sozialvorsteherin mitgeteilt:
    • Information über vorliegende interne Kritiken von einzelnen Mitarbeitenden gegenüber Leiterin Sozialhilfe: „Es hat gewisse interne Kritik von Mitarbeitenden des Sozialamtes an der Leitung gegeben. Diese betrifft Soft-Factors. Ich nehme diese Kritik ernst und habe in Absprache mit dem Stadtpräsidenten den ehem. Leiter Soziales damit beauftragt, die Kritikpunkte zu überprüfen und mir Bericht zu erstatten. Der Geschäftsleiter übergibt die Akten an den ehem. Leiter Soziales. Über die Resultate seiner Überprüfung und die allfällig von mir getroffenen Massnahmen, werde ich den Stadtrat zu gegebener Zeit informieren.“
    • Die Notwendigkeit einer externen Überprüfung wird von der SoV auf Anfrage aus dem SR verneint.
    • Es wird festgehalten, dass der Geschäftsleiterseiner Meldepflicht ordnungsgemäss nachgekommen ist und mit der Übergabe der Angelegenheit durch die SoV an den AL Soziales von jeglicher Verantwortung in diesem Fall entbunden worden ist.

352 Hierzu äusserte sich die Sozialvorsteherin dann in einer E-Mail vom 13. Mai 2019 wie folgt: «Problematisch erscheint mir schliesslich, den Geschäftsleiter im Rahmen des vorgeschlagenen Stadtratsbeschlusses von jeglicher Verantwortung zu entbinden, noch bevor die Personalcoaching-Firma überhaupt mit ihrer Untersuchung begonnen hat. Denn es wird sich erst im Laufe dieser Untersuchung zeigen, ob alle Melde- und Aktenübergabepflichten erfüllt sind. Ich ersuche Euch deshalb, die betreffende Entlastung im Abschnitt «Ausgangslage» zu streichen.»

353 Zum ersten Vorhalt bei den Führungsmängeln (keine Weiterverfolgung der Nötigung und Drohung eines Mitarbeitenden der Sozialhilfe durch einen Politiker) ist festzustellen, dass sowohl die damalige Leiterin der Sozialhilfe wie auch der Mitarbeitende hierzu nicht befragt werden konnten. Die Akteneinsicht ergab keine Anhaltspunkte für eine Nötigung oder Drohung. Der erwähnte Politiker ist vor einigen Jahren verstorben und hatte keine Verbindungen zu Dübendorf.

354 Gemäss dem Stadtpräsidenten wurde dieser Punkt im Stadtrat nicht besonders beraten. Die Akten des Falles wurden dem ehemaligen Leiter Soziales zur näheren Klärung gegeben und später extern zur Abklärung gegeben (dazu nachfolgend Rz. 358 ff.). Die Akten des Falles gingen vom ehemaligen Leiter Soziales auf die Personalcoaching-Firma über. Diese äusserte sich in ihrem Bericht nicht besonders zu diesem Vorgang, sondern erwähnte diesen als einen von mehreren Punkten bei der Zusammenfassung der im Rahmen der Interviews geäusserten Rügen. Dass dieser Punkt weder vom ehemaligen Leiter Soziales noch von der Personalcoaching-Firma weiter verfolgt wurde, erscheint angesichts der bei den Akten des Falles liegenden Dokumentation durch den fallführenden Mitarbeitenden der SH nachvollziehbar.

2.2 Juni 2019

355 Im Zusammenhang mit der Schwangerschaft einer Mitarbeiterin der Sozialhilfe wurde von der Ärztin der Mitarbeiterin dem Personaldienst ein Zeugnis zugeleitet, wonach diese u.a. infolge Mobbings am Arbeitsplatz gesundheitlich gefährdet sei. Es sei auch das Arbeitsinspektorat orientiert worden. Am 3. Juni 2019 fand eine Besprechung unter Teilnahme des ehem. Leiters Soziales, der ehem. Leiterin Sozialhilfe, des Stadtschreibers, des Geschäftsleiters und der Leiterin Personaldienste statt. Dazu wird in einer Aktennotiz festgehalten:

  • die ehem. Leiterin Sozialhilfe erklärt, dass sich Mitarbeiterin D seit Beginn der jetzigen Schwangerschaft mehr und mehr von der Mehrheit der Mitarbeitenden abgekapselt habe. In letzter Zeit habe sie fast nur noch Kontakt zu A, B und C gepflegt. Auf die mündliche Anfrage der ehem. Leiterin Sozialhilfe hin, ob Mitarbeiterin D nach dem Mutterschaftsurlaub weiterhin arbeiten wolle, habe sie geantwortet, dass sie schon weiterhin arbeiten wolle, aber nicht mehr hier. Dieser Punkt sei auch jetzt noch offen und müsse nach der Geburt des Kindes geklärt werden. Die ehem. Leiterin Sozialhilfe wird nach der Geburtsmeldung Kontakt mit den Personaldiensten für die weitere Bearbeitung aufnehmen. Die ehem. Leiterin Sozialhilfe weist darauf hin, dass die aufgrund von Meldungen einzelner Mitarbeitenden eingeleitete Untersuchung im Bereich Sozialhilfe bei einem Teil der Mitarbeitenden zu grossen Unsicherheiten und Spannungen geführt habe. Vor allem sei es für die Team-Mitglieder unerträglich, dass die Personen, welche mit der Situation unzufrieden seien, sich nicht offen dazu geäussert hätten.
  • Vor allem die Garantie zur Anonymität bei diesem Untersuchungsprozess habe im Team zu Misstrauen und daraus resultierenden Konflikten geführt. Am Dienstag, 28. Mai 2019 sei es zu einem Disput im Gang zwischen E Mitarbeiter Sozialhilfe, und Mitarbeiterin D gekommen. Nachdem E die Mitarbeiterin D aufgefordert habe, ein freundlicheres Gesicht zu machen, habe sie unwirsch reagiert, was ihn dazu brachte, ihr mitzuteilen, dass sie jetzt lieber in ihr Büro zurückgehen solle. Dieses Vorkommnis meldete Mitarbeiterin D am gleichen Tag an ihre direkte Vorgesetzte, die ehem. Leiterin Sozialhilfe, welche danach ein Gespräch mit E führte. E sah nach dem Austausch ein, dass sein Vorgehen unangebracht gewesen sei und er nicht den korrekten Ton getroffen habe. Er versprach seinen Umgangston zu ändern resp. anzupassen. Eine Verbesserung habe sich diese Woche bereits im Umgang mit den anderen Mitarbeitenden und an der Team-Sitzung gezeigt. Es wird darauf hingewiesen, dass solches Fehlverhalten nicht geduldet werde, speziell noch mehr in Bezug auf den erhöhten Schutz bei einer schwangeren Mitarbeiterin. Da das Arbeitszeugnis jedoch bereits am Montag, 27. Mai 2019 ausgestellt wurde, können die Mobbingvorwürfe nicht direkt mit diesem Vorfall in Zusammenhang gebracht werden. An der letzten Team-Sitzung vom 4. Juni 2019 informierte die ehem. Leiterin Sozialhilfe über den Ausfall von Mitarbeiterin D. Damit die Mitarbeitenden nicht den Vorfall mit E als Anlass für die Krankschreibung sehen sowie keine Gerüchte über die Abwesenheit von D entstehen und die Stimmung unnötig anheizen (Fürsorgepflicht für das gesamte Team), habe sie mehr Details über den Inhalt des Arztzeugnisses kundgetan. Sie habe auch darauf hingewiesen, dass der Arbeitsplatz von Mitarbeiterin D geräumt sei, keine Termine im Juni mehr vereinbart wurden, keine Pendenzenliste abgegeben und keine Fälle persönlich übergeben wurden. Die laufenden Fälle müssen daher an andere die Mitarbeitenden ohne detaillierte Informationen übergeben werden. Für sie sei ein solches Verhalten einer Mitarbeiterin nicht in Ordnung. Vor allem auch, da sie am Tage zuvor noch bei ihr im Büro gewesen sei, um wegen E eine mündliche Beschwerde einzureichen. Die ehem. Leiterin Sozialhilfe wird darauf hingewiesen, dass keinerlei persönliche, geschweige detaillierte Informationen aus einem Arztzeugnis gegenüber Dritten verwendet werden dürfen. Die ehem. Leiterin Sozialhilfe entschuldigt sich dafür und verspricht, dies in Zukunft zu unterlassen. Die ehem. Leiterin Sozialhilfe hatte Mitarbeiterin D bereits früher darauf hingewiesen, dass sie es bevorzuge, wenn man Probleme direkt ansprechen würde. Sie teilt uns auch mit, dass sie den Mitarbeitenden zu einem früheren Zeitpunkt mitgeteilt habe, dass Leute, welche kein Interesse (mehr) haben in der Sozialhilfe tätig zu sein und alles in der Sozialhilfe nur noch schlecht finden, sich überlegen müssten, ob sie noch am richtigen Ort seien. Ihr gehe es vor allem um die Kommunikationskultur in der Sozialhilfe und das Befinden aller Mitarbeitenden. Weiter erzählt die ehem. Leiterin Sozialhilfe über das gestrige ausserordentliche Gespräch mit B. Dabei handelte es sich um ein Fehlverhalten von B, welches mit einer Aktennotiz festgehalten wurde. Dies hat direkt nichts mit dem Vorfall von Mitarbeiterin D zu tun, jedoch führen solche Geschichten zu Vertrauensproblemen. Hier sei es ihr wichtig gewesen, umgehend zu handeln. Sie habe auch direkt den ehem. Leiter Soziales informiert und ihm die Aktennotiz zur Beurteilung und allfälligen Weiterleitung ins Personaldossier übergeben. Der ehem. Leiter Soziales bestätigt dieses Vorgehen wie auch die Tatsache, dass er über all diese Schritte informiert gewesen sei. Für die nahe Zukunft sei nun eine geführte Team- Sitzung geplant, um wieder eine bessere Stimmung und auch das benötigte Vertrauen für die Zusammenarbeit im Team zu entwickeln

356 Weiter heisst es in der Aktennotiz (in Auszügen):

  • der ehem. Leiter Soziales hält fest, dass der Umgang in der Sozialhilfe nicht nur adäquat, sondern von allen Mitarbeitenden nach wie vor äusserst professionell ist. Auch die Umsetzung ihrer Aufgaben ist, trotz der erschwerten Umstände, weiterhin tadellos.
  • die ehem. Leiterin Sozialhilfe muss in Zukunft darauf achten, dass sie für alle Mitarbeitenden im Team die genau gleiche Fürsorgepflicht und eine neutrale, professionelle Meinung vertritt. Als Leiterin der Sozialhilfe darf sie keine Position beziehen oder nur für gewisse Mitarbeitende Partei ergreifen.
  • die ehem. Leiterin Sozialhilfe fühlt sich dieser herausfordernden Situation vollumfänglich gewachsen. Bei Bedarf würde sie sonst direkt auf ihren Vorgesetzten zugehen. Sie bestätigt, dass sie die Vorfälle in den letzten Jahren stärker und robuster gemacht haben. Dadurch konnte sie sich auch persönlich weiterentwickeln. Der Leiter Soziales bestätigt, dass die ehem. Leiterin Sozialhilfe auch in der aktuell schwierigen Situation in der Lage sei, ihre Führungsfunktion professionell war zu nehmen und zu ihrem Schutz aktuell keine Massnahmen notwendig seien.
  • Am Schluss weist die ehem. Leiterin Sozialhilfe nochmals auf die prekären Angriffe seitens der Medien, Mitgliedern des Gemeinderates und anderen öffentlichen Stellen hin. Teilweise gingen oder gehen diese auch unter die Gürtellinie. Sie kann es nach wie vor nicht verstehen, dass sich die Stadtverwaltung Dübendorf dies ohne Reaktion gefallen lässt und auch keinerlei Mitteilung zum Schutze der Mitarbeitenden der Sozialhilfe publiziert hat. Der ehem. Leiter Soziales teilt diese Aussage.
2.3 September 2019
  • Mit SRB Nr.19-302 vom 5. September 2019 hat der Stadtrat beschlossen, dass eine weitere Zusammenarbeit mit der ehem. Leiterin Sozialhilfe nicht mehr möglich sei. Anlass war deren eigenmächtige Abänderung des stadträtlich mit Beschluss vom 27. Juni 2019 angeordneten «Leadership-Coaching», die zu einem Vertrauensverlust geführt hatte. Dazu aus der Aktennotiz der Personaldienste vom 3. Oktober 2019:
    • Die ehem. Leiterin Sozialhilfe hat im Rahmen eines Gesprächs mit der Mitarbeiterin der Personalcoaching-Firma, am 21. August das eingeleitete, vom Stadtrat angeordnete Leadership-Coaching eigenmächtig abgebrochen. Als Begründung hat sie gegenüber der Mitarbeiterin der Personalcoaching-Firma u.a. angegeben, dass sich die Rahmenbedingungen mit der Übernahme der gesamten Prozessführung durch den Stadtrat verändert hätten und am Ende des Prozesses auch eine Berichterstattung an den Stadtrat vorgesehen sei. Deshalb wolle sie auf das angeordnete Leadership-Coaching verzichten und habe sich bereits für ein 3-tägiges Führungsseminar in Deutschland angemeldet.
    • Mit dem eigenmächtigen Abbruch des Leadership-Coachings hat sich die ehem. Leiterin Sozialhilfe einer durch den Stadtrat angeordneten Massnahmen willentlich widersetzt. Zudem wollte sie sich mit ihrem Vorgehen, wie von ihr selbst zum Ausdruck gebracht, der vom Stadtrat bewusst verlangten Berichterstattung über den Ablauf und den Erfolg des angeordneten Leadership-Coachings und damit der Kontrolle durch die zuständige vorgesetzte Stelle entziehen. Im Weiteren erweist sich die Aussage von der ehem. Leiterin Sozialhilfe, dass sich die Rahmenbedingungen nachträglich geändert hätten, höchst fragwürdig oder gar irreführend, waren die Rahmenbedingungen und der Prozessablauf zum Zeitpunkt als die ehem. Leiterin Sozialhilfe am 29. Juli 2019 gegenüber der Mitarbeiterin der Personalcoaching-Firma ihre Zustimmung zum Leadership-Coaching erteilt hatte, doch bereits klar. 
  • Am 24. September 2019 richteten 7 Mitarbeitende der Sozialhilfe ein Schreiben an den Stadtpräsidenten. Darin äusserten sie Bedenken, dass der Teamanlass unter der Leitung der Mitarbeiterin der Personalcoaching-Firma vom 11. September 2019 unangenehme Konsequenzen für die Leiterin der Sozialhilfe haben könnte. Sie wollten deshalb ihre Perspektive schildern. Unklar sei, was das Ziel des Anlasses war, wer das Ganze zum Rollen gebracht hätte und um welche Missstände es überhaupt gehe. Die Involvierung des gesamten Teams sei nicht nachvollziehbar, wo es doch nur einzelne Mitarbeitende betreffe. Der Anlass habe Verunsicherung verursacht und zehre an der Substanz und Gesundheit. Sodann wurde die Arbeitsweise der Mitarbeiterin der Personalcoaching-Firma am Anlass detailliert kritisiert. Es frage sich, wie der Vertrauensverlust wieder hergestellt werden könne.
2.4 Oktober 2019
  • Mit SRB Nr. 19-362 vom 1. Oktober 2019 wurde die ehem. Leiterin Sozialhilfe vorsorglich und superprovisorisch in der Ausübung ihrer Funktion als Leiterin Sozialhilfe freigestellt. Den Mitarbeitenden wurde am 4. Oktober 2019 mitgeteilt, dass die ehem. Leiterin Sozialhilfe bis auf Weiteres nicht zur Arbeit erscheinen werde. In der Folge wurde auf der Ebene der anwaltschaftlichen Vertretungen der beiden Seiten eine Vereinbarung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erarbeitet. Das Arbeitsverhältnis endete am 30. April 2020, unter Auszahlung einer unpräjudiziellen Abfindung von zwei Monatslöhnen.
2.5 Dezember 2019
  • Am 20. Dezember 2019 wurde auf Ende März 2020 das Arbeitsverhältnis mit einem Sachbearbeiter der Sozialhilfe einvernehmlich aufgelöst. Dieser erhielt eine Abfindung von vier Monatslöhnen, unpräjudiziell. Dem ging gemäss einer Aktennotiz der Leiterin Personaldienste vom 10. Dezember 2019 eine Auseinandersetzung voraus, bei welcher der Sachbearbeiter anlässlich einer Team-Sitzung von allen anderen anwesenden Mitarbeitenden «teilweise mit sehr harschen und verletzenden Worten» angegriffen wurde. Der die zwei Stunden dauernde Sitzung leitende ehem. Leiter Soziales schritt trotz Bitten des attackierten Mitarbeiters nicht ein, auch nicht, als die Tür blockiert wurde, als der Sachbearbeiter den Raum verlassen wollte. In der Folge traten bei ihm Erkrankungssymptome auf, die auf eine Erschöpfung zurück gingen. Er hatte das Gefühl, es handle sich um eine Racheaktion und schlug dann vor, die Sozialhilfe zu verlassen, dies mit einer Abfindung von vier Monaten.
  • Auf Ende Dezember 2019 endete das Arbeitsverhältnis einer weiteren Mitarbeiterin der Sozialhilfe. Diese hielt in einer handschriftlichen Notiz vom 21. Dezember 2019 fest, dass ihr Arbeitsverhältnis ende, sie vom Personaldienst, der Geschäftsleitung und der ganzen Stadtverwaltung masslos enttäuscht sei.

3. Untersuchung der Personalcoaching-Firma

3.1 Auftragserteilung

357 Mit Beschluss Nr. 19-163 vom 16. Mai 2019 hat der Stadtrat einer Untersuchung im Bereich Sozialhilfe zugestimmt und die dafür benötigten einmaligen Ausgaben von Fr. 10’000.00 bewilligt. Gleichzeitig ist die Personalcoaching-Firma mit der Durchführung der Untersuchung beauftragt worden.

358 Mit diesem Beschluss hatte der Stadtrat die Untersuchungskompetenz wieder an sich gezogen. Dem vorausgegangen war zunächst die Erteilung der Abklärung an den ehem. Leiter Soziales am 14. März 2019 (dazu vorstehend Rz. 351 ff.). Dannzumal wurde die stadträtliche Zuständigkeit(noch) verneint und diese wurde dann bereits anlässlich der Stadtratssitzung vom 2. Mai 2019 wieder bejaht. Der Auslöser war, dass seitens des Stadtpräsidenten Verzögerungen bei der Umsetzung der Abklärungen seitens der Sozialvorsteherin und des Leiters der Abteilung Soziales moniert wurde. Im Protokoll der Stadtratssitzung vom 11. April 2019 heisst es: «Interne Abklärungen Sozialhilfe: StP bemängelt, dass bis heute noch keine Information an die Mitarbeitenden erfolgt ist, trotz Auftrag anlässlich SRS vom 14.3.2019 bzw. 26.3.2019 und der erfolgten Aktenübergabe und Auftragserteilung durch GL an LSo am 2.4.2019. Diskussionsgeschäft anlässlich der SRS vom 2.5.2019 (Berichterstattung SoV und Festlegung weiteres Vorgehen). Der StP erwartet eine lnformation der MA der Sozialhilfe durch SoV oder LSo über die internen Abklärungen bis spätestens 17.4.2019.»50

359 Die von ehem. Leiter Soziales begonnene Auftragserteilung an die Personalcoaching-Firma wurde auch an den Stadtrat gezogen. Die Untersuchung sollte auf der Grundlage von Einzelinterviews erfolgen. Die Vertraulichkeit der Interviews war zugesichert.

3.2 Erstellung und Inhalt des Berichts

360 Der am 18. Juni 2019 erstattete Bericht beruht vor allem auf 14 Einzelinterviews des «Teams Sozialhilfe», der ehem. Leiterin Sozialhilfe und des ehem. Leiters Soziales. Ziel war es, ein Stimmungsbild zu geben, Befindlichkeiten zu eruieren und Optimierungsvorschläge abzubilden. Dies sollte auch den Umgang mit den Klienten erfassen. Das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und den Mitarbeitenden sollte evaluiert werden.

361 Die Vertraulichkeit der Interviews war zugesichert. Da der Stadtrat (anders als die Sozialbehörde) auch die ehem. Leiterin Sozialhilfe und den ehem. Leiter Soziales in die Befragungen einbeziehen wollte, wurde der um diese zwei Personen erweiterte Bericht nicht allen Befragten zugänglich gemacht.

362 Die Interviews wurden an vier Tagen geführt. Die Teilnahme der Befragten wurde von der Personalcoaching-Firma als gut dargelegt. Der 25 Seiten umfassende Bericht ist nach den Frageblöcken und nicht nach den befragten Personen gegliedert. Damit wurde auch einigermassen die Vertraulichkeit gewahrt.

363 Auffallend sind hier beispielhaft verschiedene Aussagen:

  • Die Arbeit sowie der Arbeitsbereich gefallen gut bis sehr gut.
  • Im erweiterten Bereich sind Differenzen sichtbar. Berichtet wird von zwei Lagern und ignorierendem Verhalten eines Mitarbeiters und der ehem. Leiterin Sozialhilfe. Zwei Personen zeigen sich enttäuscht über die Vorgehensweise der den Prozess auslösenden Personen. Die Rolle des Ombudsmannes wird kritisiert. Man fühlt sich von der Stadt allein gelassen.
  • Was Freude macht an der Arbeit wurde fast durchwegs von allen ähnlich beantwortet.
  • Zahlreiche Verbesserungsvorschläge wurden vorgebracht, doch wirken diese recht zusammenhanglos und zum Teil sehr individuell geprägt.
  • Aufschlussreich sind die Antworten auf die Förderung der Arbeitsmotivation. Diese zeigen auf, dass eine professionelle, aber auch von Werten geprägte Atmosphäre wichtig war:
    • Sinnstiftende Arbeit — Hilfe bieten für Hilfesuchende
    • Guter Bezug zu Klienten
    • Handlungs- und selbständiger Gestaltungsspielraum — hohe Selbständigkeit Flexibilität
    • Gerechte Entlöhnung gemäss Funktionsbeschreibung
    • Flexible Teilzeitarbeit
    • Zusammenarbeit mit Aussenstellen
    • Weiterentwicklung Vertrauen
    • Achtsamkeit untereinander im Team (Begrüssung, Respekt, Nachfragen,Befindlichkeit, guter Umgang)
    • Anerkennung und Wertschätzung
    • Atmosphäre, Teamharmonie, Zusammenhalt im Team und gutes Klima, gegenseitige Unterstützung
    • Austausch mit internen Fachstellen Psychologe, Arbeitsvermittlung (Bestätigung Wahrnehmung Klient)
    • Respektvoller, wertschätzender Meinungsaustausch
    • Angemessene soziale Einstellung
    • Die direkte, ehrliche und kompetente Art meiner Vorgesetzten
    • Wertschätzung des Arbeitgebers in Bezug auf Verlässlichkeit und hohes Engagement
    • Ehem. Leiterin Sozialhilfe: gutes Team, Vertrauen, Interesse, Offenheit
    • Ehem. Leiter Soziales: Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Loyalität, Offenheit, Respekt, Verlässlichkeit
  • Die Antworten auf das Optimierungs- und Entwicklungspotenzial nehmen 2 ½ Seiten ein und erfassen verschiedenste Bereiche. Die Antworten sind äussert vielfältig, zeigen jedoch einen grossen Nachholbedarf auf fachlicher, organisatorischer und gestalterischer Ebene auf. Auffallend ist die Aussage, die Präsenz vom ehem. Leiter Soziales solle wahrnehmbar werden.
  • Zum Verbesserungspotenzial beim Umgang mit den Klienten hält der Bericht der Personalcoaching-Firma zusammenfassend fest: Von den insgesamt 12 befragten Personen äussern sich 7 Personen dahingehend, dass der Umgang mit den Sozialhilfeklienten v.a. im Bereich der Gleichbehandlung, der Grundhaltung der Unvoreingenommenheit wie auch des respektvollen und wertschätzenden Umgangs verbessert werden sollte. Der Wunsch nach einer Neugestaltung im Ablauf des lntake’s wird von 4 Personen geäussert.
  • Die Antworten auf die Gretchenfrage nach der Freude an der Teamarbeit wurden von der Personalcoaching-Firma wie folgt zusammengefasst: Die Hälfte der Befragten arbeitet gerne bis sehr gerne im Team, auch wenn zwei davon die heutige Situation als belastend bis sehr belastend empfinden. Die andere Hälfte empfindet die Team-Situation als schwierig; es ist ein Misstrauen spürbar, wenig respektvoller Umgang mit einzelnen Personen, welche z.T. in eine Ignoranz gipfelt.
  • Das Team und die Stimmung werden ca. seit Dezember 2018/Januar 2019 als gespalten erlebt. Es wird von zwei Lagern, von mangelndem Vertrauen untereinander, viel Unausgesprochenem und Manipulation gesprochen. Dies wird von einigen Personen auf das Erscheinen des Medienberichtes im Februar 2019 und auf das Misstrauen untereinander zurückgeführt. 5 Personen arbeiten trotzdem weiterhin gerne im Team; 7 Personen empfinden die Zusammenarbeit als herausfordernd bis ganz schwierig.
  • Es wird von Seilschaften bzw. Gruppenbildung pro/kontra gesprochen. Fünf Personen erleben den Umgang miteinander gut bis sehr gut. Sieben Personen schildern ihn als von Misstrauen geprägt und nicht offen sowie intransparent. Einzelne Personen fühlen sich verängstigt, der erforderliche Anstand und Professionalität fehlen. Der ehem. Leiter Soziales äusserte sich wie folgt: Unterschiedlich. Ein grosser Teil der Mitarbeitenden zeigte sich sehr kollegial im Umgang. Im Lauf der Zeit veränderte sich dies. Ich nehme zwei Gruppen wahr, diese grenzen sich voneinander ab. Seit Februar zeigt sich diese Abgrenzung massiv. Ich weiss nicht, welche Personen bei Herrn Ingold waren — die Hintergründe sind mir unbekannt.
  • Der Bericht der Personalcoaching-Firma widmet sich dann vielen einzelnen Themen, zumeist mit Bezug auf Teamarbeit und das Verbesserungspotenzial. Die Antworten sind sehr stark aufgefächert und es finden sich keine Synthesen. Die Fragen nach dem zwischenmenschlichen und beruflichen Verhältnis zum Vorgesetzten offenbaren dann wieder auf der Stufe des Teams Sozialhilfe die bereits erwähnte Teamspaltung. Das Verhältnis zu den Mitarbeitenden wird von der ehem. Leiterin Sozialhilfe wie folgt beschrieben: «Vorher dachte ich, ich hätte es mit allen gut. Scheinbar ist das nicht mehr so. Ich habe stets eine offene Türe und die Leute kommen auch zu mir. Zwischenmenschlich empfinde ich das Verhältnis als gut; beruflich kann es vielleicht sein, dass ich eventuell zu viel erwarte von den Mitarbeitenden. Ich gebe ihnen viel Vertrauen und Freiheit, damit sie sich — unter Berücksichtigung von Leitlinien entwickeln und ihren eigenen Stil aufbauen können. Und der ehem. Leiter Soziales: Sehr guter Umgang, verhalte mich offen, ehrlich konstruktiv. Loyalität ist mir wichtig; gemeinsam sind wir stark ist mein Motto. Die Türe steht offen für alle.
  • Über die Wahrnehmung durch die Vorgesetzte gehen die Meinungen dann wiederum entlang der beiden Lager; gleiches gilt für den Bereich der Wertschätzung.
  • Der Bericht schliesst mit verschiedensten Fragen, auf welche wiederum eine sehr breite Palette an Antworten gegeben wird. Die Lagerbildung wird in den Antworten deutlich.
3.3 Folgerungen des Berichts

364 Der Ansatz der Untersuchung, mittels 29 Fragen den Problemen nachzugehen, ist anforderungsreich. Dies nicht nur für die abklärende Person und die befragten Personen51, sondern auch für die Adressaten des Berichts. Auf den 21 Seiten des Berichts fühlt man sich selbst als jemand, der sich mit der Materie eingehender befasst hat, in einem Dickicht an Aussagen gefangen. Um so wichtiger sind das Fazit und die Empfehlungen des Berichts gewesen.

365 Hier findet sich an erster Stelle die Feststellung, dass alle gemachten Aussagen als wichtig angesehen würden, weshalb der Bericht umfangreich ausgefallen sei. Damit wurde jedoch offensichtlich ein Anliegen verfolgt, das im Bericht nicht offen deklariert war: Es sollten alle zunächst einmal ihr Gehör finden – ein durchaus berechtigtes Anliegen nach Ventilation. Dies ist erfahrungsgemäss der erste Schritt zur Lösung eines Problems. Es heisst dazu unter dem Fazit einleitend: «Somit ist gewährleistet, dass wirklich alle gehört wurden und ihre Meinungen, Haltungen und Verbesserungsvorschläge schriftlich abgebildet sind.»

366 Konkret schlug der Bericht folgende Themen zur Weiterverfolgung vor:

Staubbericht: Themen zur Weiterverfolgung

Staubbericht: Themen zur Weiterverfolgung

367 Die herausgearbeiteten Ziele sind verständlich und nachvollziehbar. Wenn man überhaupt eine Gewichtung vornehmen will, so würde man dem Umgang mit den Klienten und den Anliegen an die Führung Priorität einräumen. Denn Umgang und die die Wertedefinition im Team kann man noch zum Teil als Ventil verstehen, als Ausgangspunkt für die Definition des Umgangs mit den Klienten. Die Teamfindung ist letztlich nichts anderes als das Instrument für die Aufgabenerfüllung (Gewährleistung von Hilfe) und kein Selbstzweck. Für den Umgang mit den Klienten empfahl die Personalcoaching-Firma die Erarbeitung eines Haltungs-Kodex (dies hatte schon ähnlich der Ombudsmann empfohlen, dazu Rz. 204) an einer Team-Retraite unter neutraler Moderation. Für die Führung empfiehlt die Personalcoaching-Firma ein Leadership-Coaching, an dem reflektiv gearbeitet wird und die im Bericht festgehaltenen Themen bearbeitet werden.

3.4 Weitere Schritte

368 Am 19. Juni 2019 wurde der anonymisierte Untersuchungsbericht von der Personalcoaching-Firma dem Stadtpräsidenten und der Sozialvorständin präsentiert. An der Sitzung vom 27. Juni 2019 hat der Stadtrat folgende Massnahmen bzw. Informationen als angezeigt angesehen:

Teammassnahmen

  • Moderiertes Teamgespräch (Dauer: 4 Stunden, Begleitung durch die PersonalcoachingFirma)
  • Moderierter Team-Workshop (ganztägig, Begleitung durch die Personalcoaching-Firma)

Führungsmassnahmen

  • Leadership-Coaching für Bereichsleiterin und Abteilungsleiter Empfehlungen an Sozialbehörde
  • Die Sozialbehörde wird eingeladen, die Empfehlungen gemäss Seiten 22 – 25 des Untersuchungsberichtes der Personalcoaching-Firma ernsthaft zu prüfen.

Weiteres Vorgehen

  • Die Information des Abteilungsleiters und der Bereichsleiterin über den Inhalt des Untersuchungsberichtes erfolgt durch die Sozialvorständin am 28. Juni 2019. Die Information der Mitarbeitenden erfolgt am 3. Juli 2019 durch den Stadtpräsidenten.
  • Die definitive Ausfertigung des Untersuchungsberichtes soll ohne Namensnennung erfolgen.

369 Für das Leadership-Coaching der Bereichsleiterin wurden CHF 3’200 eingesetzt, für das Coaching Abteilungsleiter CHF 1’500. Für die Arbeiten mit dem Team CHF 4’480.

370 Die Team-Massnahmen wurden an zwei Sitzungen durchgeführt. Da zu diesen keine Protokolle oder Berichte bestehen, können diese nicht im Detail nachvollzogen werden. Übereinstimmend wurde in den Befragungen jedoch festgehalten, dass diese keine nennenswerten Fortschritte, Annäherungen oder das Wecken von Verständnis gebracht hätten. Vielmehr scheint insbesondere der zweite Anlass eher emotional verlaufen zu sein und hat keine Bewegung in Richtung Aufweichung der Fronten gebracht. Ein Reporting über die Anlässe ist auch nicht erkennbar, genauso wenig wie eine Reaktion des Stadtrates oder der Sozialbehörde.

371 Die Sozialbehörde hat sich auch nicht der weiteren von der Personalcoaching-Firma empfohlenen Massnahmen angenommen, insbesondere nicht der Entwicklung eines verbindlichen Wertekatalogs.Auf meine Frage hin, ob die Mitglieder der SB Zugang zum Bericht der Personalcoaching-Firma hatten, hat die Sozialvorsteherin mit E-Mail vom 17. Mai 2021 geantwortet52:

  • Das war, entgegen meiner Absicht, leider nicht der Fall. Dies, obwohl ich den damaligen Leiter Soziales und die frühere Leiterin Sozialhilfe mehrmals, im Nachgang zu den Stadtratssitzungen, darauf angesprochen habe, den Untersuchungsbericht in der Sozialbehörde zu behandeln. Ich erhielt beim Nachfassen jeweils die Antwort, dass der Bericht der Personalcoaching-Firma Personelles betraf und nicht in die Zuständigkeit der Sozialbehörde falle.
  • Zudem werden Abteilungsleiter der Stadt Dübendorf bzw. Mitglieder des Führungsteams nach Sitzungen des Stadtrates durch den Stadtschreiber bzw. Geschäftsführer (Stv. Stadtschreiber zuständig für die operative Leitung) über aktuelle Beschlüsse informiert und zur Umsetzung beauftragt.

372 Dies erstaunt, nachdem der Stadtrat die SB aufgefordert hatte, diverse Massnahmen des Berichts der Personalcoaching-Firma umzusetzen und die Information des Leiters Soziales und der Leiterin Sozialhilfe über den Bericht über die Sozialvorsteherin erfolgte. Die diesbezüglichen Darlegungen der Sozialvorsteherin erscheinen nicht als glaubhaft und zeigen zudem – sollten sie zutreffen – die auch anderenorts festzustellende ungenügende kritische Distanz zum Kader der Abteilung Soziales. Die Sozialvorsteherin führte in der vorgenannten E-Mail weiter an, dass der Stadtrat mit der Anordnung der Untersuchung der Personalcoaching-Firma unter seiner Zuständigkeit zum Ausdruck brachte, es handle sich um ein Personalgeschäft. Bei den daraus resultierenden Folgen differenzierte der Stadtrat dann und unterschied Handlungen in seinem Zuständigkeitsbereich und demjenigen der SB.

373 In diesem Zusammenhang habe ich weitere Fragen gestellt:

  • Wurde der Bericht von der SB diskutiert? Antwort: Das Thema wurde in der Sozialbehörde unter Mitteilungen durch die damalige Leiterin Sozialhilfe eingebracht und diskutiert. Der Zugang zum Bericht ist, entgegen meiner Absicht, aber nicht erfolgt. Siehe oben Antwort 1.
  • Wurden die Empfehlungen des Berichts im Sinn der Empfehlung des Stadtrates ernsthaft geprüft? Antwort: Die Empfehlungen gemäss Ausführungen der damaligen Leiterin Sozialhilfe wurden ernst genommen. Aufgrund der behördlichen Regelungen sind der Sozialbehörde in personellen Angelegenheiten die Hände gebunden (siehe oben Antwort 1). Im Stadtrat habe ich mehrfach auf die fehlende Zuständigkeit hingewiesen, wurde aber nicht gehört.
  • Wenn nein, aus welchen Gründen? Antwort: Der Geschäftsleiter weigerte sich, mir nähere Auskünfte/Angaben zu Namen zu den eingegangenen Meldungen zu machen. Für mich ein klares Zeichen, dass ich nicht zuständig bin. Ich habe noch nie ein Personaldossier im Bereich Soziales einsehen können. Siehe oben Antworten 1-3.

374 Auch diese Antworten erscheinen nicht glaubwürdig. Für die Umsetzung der Empfehlungen des Berichts der Personalcoaching-Firma war dieser genügend. Der Zugang zu den Namen der betreffenden Personen war nicht wesentlich. Zudem: Wie konnte die SB über ihre Zuständigkeit befinden, wenn sie nicht einmal Zugang zum Bericht hatte und die Information über die Person erfolgte, die einen der Brennpunkte des Berichts bildete? Insgesamt erscheint die Sozialvorsterin der Bewältigung der Lage nicht gewachsen gewesen zu sein, auch wenn man (geringfügig) entlastend anführen muss, dass auch hier die Kompetenzaufteilung zwischen Stadtrat und SB dem weiteren Vorgehen etwas im Wege stand. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass der Stadtrat selbst (unter Mitwirkung der Sozialvorsteherin) die Kompetenzen klar sah und die SB sich zumindest mit dem Bericht als Ganzes hätte befassen müssen. Die Informationsverschaffung über die Leiterin Sozialhilfe ist weit mehr als unbedarft, sondern erweckt von Aussen den Eindruck, dass die Mitglieder der SB gezielt Aussen vor gelassen werden sollten.

3.5 Würdigung

375 Die Auseinandersetzung mit den seitens eines grossen Teils des Personals der Sozialhilfe erhobenen Beschwerden führt zu sehr gemischten Schlüssen. Sie offenbart auch die anderenorts bereits festgestellten strukturellen und personellen Schwachstellen. Dies der Reihe nach.

376 Zunächst fällt auf, dass die Schnittstelle «Fachliches/Personelles» zwischen Stadtrat und Sozialbehörde ein Vorgehen «aus einer Hand» erschwert, hier weitgehend verunmöglichte. Dies zeigt sich zunächst am wechselhaften Vorgehen des Stadtrates, der dem Geschäftsleiter entgegen der Zuständigkeitsordnung die Untersuchungskompetenz entzog und den Leiter Soziales mit der internen Abklärung beauftragte, obschon dieser möglicher Teil des Problems war. In einer ersten Stufe im März 2019 wurde noch eine externe Untersuchung durch die Sozialvorsteherin verneint. Weniger als zwei Monate später war die externe Untersuchung dann jedoch Tatsache und hatte der Stadtrat die Zuständigkeit für die Abklärung wieder an sich gezogen.

377 Diese problematische Schnittstelle zeigte sich dann wiederum bei den Massnahmen. Der Stadtrat ordnete das an, was in den engeren Bereich der Personalführung fiel. Das eigentliche Problem der unterschiedlichen Auffassungen über den Umgang mit den Hilfesuchenden, also die eigentlichen Inhalte der Aufgabenerfüllung, wurden der Sozialbehörde zur Umsetzung empfohlen. Somit landete der Ausgangspunkt der gesamten Auseinandersetzung wieder bei der SB, die diesbezüglich nichts Wahrnehmbares unternahm.

378 Weiter ist auf den Themenwechsel zu verweisen: Anlass waren Meldungen diverser Mitarbeitender, welche den Umgang mit den Hilfesuchenden, die Behandlung durch die Leiterin, den Verkehr unter den Mitarbeitenden, Fehler in der Fallführung, Führungsmängel und vieles Mehr aufbringen. Dies soll untersucht werden, doch kommt es dann zu einem Themenwechsel, es wird statt der Führung das Team abgeklärt – die Führung rückt in den Hintergrund. Hier bleibt sie auch, dies nach meiner Aussensicht geschützt durch die Passivität der SB.

379 Die Klärung der Umstände wird dadurch erschwert, dass der ehem. Leiter Soziales es nach dem Aktenstand an Loyalität gegenüber der Stadt Dübendorf mangeln lässt53. Aus verschiedenen Dokumenten (MAB ehem. Leiterin Sozialhilfe, Interviews der Personalcoaching-Firma) ist ersichtlich, dass er einerseits das Ganze als politisches Komplott sieht, anderseits als ein Spiel von intrigierenden Mitarbeitenden innerhalb der Sozialhilfe. Zudem bringt er immer wieder den Ombudsmann negativ ins Spiel. Mit dieser offenen Einstellung gibt er seinerseits der ehem. Leiterin Sozialhilfe Rückendeckung, geniesst anders bei der Sozialvorsteherin sehr guten Rückhalt, wie dessen eigene MAB im Jahre 2019 und deren Antrag auf substanzielle Lohnerhöhung zu Gunsten des Leiters Soziales zeigen.

380 Mit den beiden Teamanlässen hat die Personalcoaching-Firma an sich ein richtiges Instrument eingesetzt, doch wurde der dort zunächst gescheiterte Weg nicht weiter verfolgt zum einen. Zum anderen waren es erste, zwar wichtige, aber im Umfeld der Herausforderungen bescheidene Schritte. Die für eine erfolgversprechende Umsetzung der Anliegen wichtigen weiteren Vorgehen wurden nicht einmal ansatzweise an die Hand genommen. Es ist nur bezeichnend, dass die Leiterin Sozialhilfe in diesem von ihrem Vorgesetzten und der Sozialvorsteherin mitgetragenen Geschichte, es laufe alles bestens und die Führung werde nur aus politischem und anderem Kalkül angegriffen, dann auch für sich in Anspruch zu nehmen glaubte, sie könne das angeordnete Leadership-Coaching eigenmächtig abbrechen und sich einen Ersatzanlass suchen.

O. Regel- und Spezialprüfungen der Revisionsfirma der Gemeinde

1. Überblick

381 Die Revisionsfirma der Gemeinde ist spezialisiert auf Revisionen und Beratungen sowohl im öffentlichen Haushalt als auch in der Privatwirtschaft. Sie führt im Auftrag des Stadtrates und der GRPK seit 2015 die Revisionen der Jahresrechnungen der Stadt Dübendorf durch. Dabei prüft sie nach dem Vertrag vom September 2015 mit der Stadt Dübendorf die Rechnungsprüfung und Rechnungslegung nach den gesetzlichen Vorgaben.

382 Nebst der ordentlichen Revisionstätigkeit hat die Revisionsfirma der Gemeinde auch im vorliegenden Untersuchungsbereich Spezialprüfungen durchgeführt. Es sind dies:

  • die Spezialprüfung 2019 zum Bericht des Tages Anzeigers vom 8. Februar 2019 (Abklärungen zu zwei Fürsorgefällen) für die Sozialbehörde Dübendorf
  • Spezialprüfung 2020 zur Leistungsvereinbarung mit der Firma 1 aus dem Asylbereich vom 12. Juni 2020 für den Stadtrat Dübendorf
  • die Spezialprüfung 2020 zur «Aufsichtsbeschwerde Springer C. C.» vom 6. Juli 2020 für den Stadtrat Dübendorf.

2. Umfassende Revisionsberichte

383 Durchgesehen wurden vorliegend zunächst die «Umfassenden Revisionsberichte» der Jahre 2018 und 2019. Diese beruhen auf § 142 GG und umfassen die Bilanz, laufende Rechnung, die Investitionsrechnung und Anhang. Das Prüfungsurteil bezieht sich auf die Jahresrechnung und deren Prüfung mit den gesetzlichen Vorgaben.

384 Die Berichte äussern sich nicht zur ab 2017 immer deutlicher werdenden Divergenz zwischen den budgetierten Springerkosten und den tatsächlichen Springerkosten, doch ist eine solche Prüfung auch nicht Gegenstand der Abklärungen. Ebenso nicht überprüft wurden die Rechtsgrundlagen (Verträge) für diverse Ausgaben, so im Verkehr mit der Springerfirma und der Firma 1 aus dem Asylbereich. Bei einer vertieften Sachbereichsprüfung im Jahre 2016 wurde jedoch auf anderweitige Problempunkte verwiesen.

385 2016 wurde für den Bereich wirtschaftliche Hilfe sodann eine Sachbereichsprüfung vorgenommen, dies gestützt auf § 143 GG. Dort wurde nebst kleineren Mängeln u.a. festgehalten, dass das Handbuch der Sozialbehörde die gesetzlichen Grundlagen und die SKOS-Richtlinien ergänze und nicht aufdatiert sei. Zudem wird empfohlen, das Handbuch durch die kantonale elektronische Fassung des Handbuchs zu ersetzen und nur die kommunalen Richtlinien in einem eigenen Handbuch zusammen zu fassen. Weiter wird aufgezeigt, dass das Handbuch mit 129 Seiten sehr umfangreich sei und nicht alle Leistungen erfasst seien. Es wird darauf verwiesen, dass die Ausgaben nur von den zuständigen Gemeindeorganen bewilligt werden dürften. Zudem wurde auf die Nichtberechtigung der Kürzung des Grundbedarfs für den Lebensunterhalt für Obdachlose von 25% verwiesen.

386 Eine Umsetzung dieser Feststellungen seitens der SB ist nicht ersichtlich.

3. Spezialprüfung 2019 zum Bericht des Tages Anzeigers vom 8. Februar 2019

387 Die Spezialprüfung 2019 vom 14. Juni 2019 erfolgte ohne schriftlichen Auftrag direkt auf Anweisung vom ehem. Leiter Soziales54. Ein Beschluss der SB liegt nicht vor. Der Vertrag hätte seitens der Sozialvorsteherin und dem Leiter Soziales unterzeichnet werden sollen; eine Erklärung für diese Unkorrektheit hat die Sozialvorsteherin nicht gegeben.

388 Der 30 Seiten umfassende Bericht beruht auf der Auswertung der schriftlichen Unterlagen in zwei Fürsorgefällen. Die hier betroffenen Klienten wurden von der Revisionsfirma der Gemeinde nicht befragt, da sie sich nach Dafürhalten der der Revisionsfirma der Gemeinde bereits im Tages Anzeiger haben umfassend äussern können. In der Befragung führte die für die Berichterstattung zuständige Mitarbeiterin von der Revisionsfirma der Gemeinde an, dass sie die Befragung nicht durchgeführt habe, da diese nicht im ursprünglichen Auftrag enthalten war. Erst gegen Ende der Prüfung wurde die Revisorin gebeten (so ihre Darstellung), eine mögliche Befragung mit den Klienten durchzuführen. Aufgrund der fehlenden fachlichen Kenntnisse bezüglich einer solchen Befragung lehnte die Revisorin dies ab und führte den Auftrag wie ursprünglich vorgesehen durch.

389 Der Bericht gibt zunächst den Artikel im Tages Anzeiger wörtlich wieder und listet 16 Fragen der Sozialbehörde auf, die im Detail auf die Vorwürfe im Tages Anzeiger Bezug nehmen. Der Auftrag wurde vom Leiter Soziales erteilt(der anwaltschaftliche Beratung beizog), wobei die Fragen von der Revisionsfirma der Gemeinde selber formuliert wurden, dies entlang der Berichterstattung im TA. Die Fragen lauteten:

Revipro: Fragen zum Zeitungsartikel

Revipro: Fragen zum Zeitungsartikel

390 Im Bericht werden die Namen der betroffenen Klienten und weiterer Personen erwähnt. Aus dem Bericht ist nicht ersichtlich, ob die Sozialbehörde im Verhältnis zur Revisionsfirma der Gemeinde vom Amtsgeheimnis entbunden worden ist. Gemäss Rückmeldung der Revisionsfirma der Gemeinde lag eine solche Entbindung nicht vor. Die Revisionsfirma der Gemeinde stellt sich hierbei auf den Standpunkt, dass sie aufgrund ihrer Funktion gemäss Gemeindegesetz Zugang zu allen Akten habe. Dies erscheint mir nicht klar zu sein und ich gehe eher vom Gegenteil aus55:

  • Nach § 143 Abs. 2 GG kann die Gemeinde der Revisionsstelle auch zusätzliche Aufträge ausserhalb der eigentlichen finanztechnischen Prüfung geben. Die hier erfolgten Abklärungen erfassen die Prüfung der richtigen Handhabung des Sozialhilferechts und der Betriebskultur, somit Gegenstände, die klar ausserhalb der finanztechnischen Prüfung stehen.
  • § 150 Abs. 2 GG gestattet den Revisionsstellen den Zugang zu Personendaten, soweit notwendig. Diese Befugnis bezieht sich m.E. jedoch allein auf die finanztechnische Prüfung und nicht56 auf anderweitige Abklärungsaufträge57.
  • Hinzu kommt, dass die Befugnis zum Zugriff auf die besonderen Personendaten nicht direkt durch das Gesetz eingeräumt wird, sondern vom Gemeindevorstand (hier die SB) im Einzelfall zu gewähren ist (§ 150 Abs. 1 GG).

391 Auf die Frage nach der Entbindung vom Amtsgeheimnis hat sich die Sozialvorsteherin mit E-Mail vom 7. April 2021 wie folgt geäussert:

  • (der ehem. Leiter Soziales) erhielt m.W. damals vom Kantonalen Sozialamt (XX) und vom damals für mich als Sozialvorständin tätigen Medienanwalt Dr. YY die Anweisung, dass die datenschutzrechtlichen Vorgaben einzuhalten sind und aus datenschutzrechtlichen Gründen die Namen und identifizierenden Angaben zu den in Frage stehenden Klienten in den Unterlagen, die dazu an die Revisionsfirma der Gemeinde weitergeleitet werden, zu schwärzen sind. Ich bin davon ausgegangen, dass diese Anweisungen befolgt worden sind, habe das selber aber nicht überprüft, da das Geschäft wie gesagt vom damaligen Sekretär der Sozialbehörde direkt betreut wurde. Als der Stadtrat später über mich Einsicht darin verlangte, war ich nach der Lektüre des fertigen Berichts der Revisionsfirma der Gemeinde der Meinung, dass dieser aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht einfach so weitergeleitet werden kann. Aus diesem Grund verlangte ich vom Stadtrat die Entbindung vom Amtsgeheimnis. Diese erfolgte durch den Stadtrat am 12.9.2019 zugunsten von mir und des ehem. Leiter Soziales.

392 Diese sich in den Akten nirgends niederschlagende Erklärung befriedigt insofern nicht, als die Schwärzung von zahlreichen Akten aufwändig ist und eine Entbindung vom Amtsgeheimnis administrativ eine grosse Erleichterung für die bereits personell am Anschlag laufende Sozialhilfe-Abteilung mit sich gebracht hätte. Zudem wäre es gerade Inhalt des Auftrags gewesen, die Entbindung vom Amtsgeheimnis zu definieren – hierum hat sich die Sozialvorsteherin dann jedoch nicht gekümmert, sondern das Feld dem Leiter Soziales überlassen58
.
393 Im Wesentlichen hat die Revisionsfirma der Gemeinde in den beiden Fällen keine Pflichtverletzungen der Sozialhilfe festgestellt, auch kein schikanöses Verhalten59 . Vorliegend wurden die Abklärungen nicht wiederholt, jedoch wird auf einige Unklarheiten und Lücken verwiesen:

  • Ob die Anmeldung eines Anspruchs einer Klientin (im Zeitungsbericht Sandra Walker genannt) im Jahre 2016 «absichtlich» durch die Sozialhilfe verzögert worden sei, wie im Bericht des Tages Anzeigers ausgeführt, wurde verneint. Der Bezirksrat hatte einen Rekurs der Klientin bezüglich des Anmeldezeitpunkts gutgeheissen und festgehalten, dass diese bei der Anmeldung am Schalter ihre Überforderung klar dargelegt hätte und ihr hätte Unterstützung bei der Anmeldung gegeben werden müssen. Nach Einschätzung der Revisionsfirma der Gemeinde hat die Sozialhilfe dennoch nicht «absichtlich» gehandelt, da die Klientin bereits in den Jahren 2004/2005 und 2008-2012 Sozialhilfe bezog. Sie sei deshalb mit den Formalitäten vertraut gewesen. Dies hätte jedoch der Abklärung bedurft, ob ihr nicht schon damals Hilfe bei der Anmeldung zuteil wurde, ob die seinerzeitigen Formalitäten sich bis 2016 nicht verschärft hatten und ob nicht allenfalls individuelle Sonderumstände vorlagen, welche eine Überforderung nahelegten. Immerhin hat der Bezirksrat dies so erwähnt.
  • Zum internen Behördenhandbuch wurde festgehalten, dass diese – so ein Bericht der der Revisionsfirma der Gemeinde aus dem Jahre 2016 – im Wesentlichen mit den SKOS-Richtlinien übereinstimmten. Dabei bleibt unklar, weshalb diese Frage – deren Antwort schon bekannt war – überhaupt gestellt wurde. Dies insbesondere, nachdem im Zeitungsartikel zu diesem Punkt kein Vorwurf enthalten war, sondern moniert wurde, dass die Richtlinien lange Zeit nicht publik waren.
  • Als problematisch erachte ich das Nichteinholen der Ansichten der betroffenen Sozialhilfeempfänger. Dies mag zwar verfahrensrechtlich korrekt gewesen sein, da deren Ansprüche nicht Gegenstand der Abklärungen waren. Es wäre dennoch der Qualität des Berichts dienlich gewesen, auch im Detail die Gegenposition kennen zu lernen. Zeitungsberichte sind dazu nicht geeignet. Die Revisionsfirma der Gemeinde hat zu diesem Punkt festgehalten, dass sie dazu fachlich nicht im Stande gewesen wäre. Ein solcher Punkt wäre bereits vor Auftragsübernahme zu klären gewesen60

4. Spezialprüfung 2020 – Leistungsvereinbarung mit der Firma 1 aus dem Asylbereich

394 In der Spezialprüfung vom 12. Juni 2020 wurden bezogen auf die Leistungsvereinbarung mit der Firma 1 aus dem Asylbereich die Verbuchung und die Entscheidungskompetenz der Sozialbehörde geprüft. Die Prüfung erfolgte im Auftrag des Stadtrates. Dabei wurden – gemäss dem Bericht der Revisionsfirma der Gemeinde – drei Fragen gestellt: Zunächst ging es um die Verbuchung der Betriebskostenvorschüsse, dann um die Finanzkompetenz der Sozialbehörde bei der Auftragserteilung und schliesslich um die Durchführung eines Vergabeverfahrens bei der Auftragserteilung an die Firma 1 aus dem Asylbereich. Auf den letzten Punkt gehe ich nachfolgend noch separat näher ein (Rz. 401).

395 Die Abklärungen ergaben, dass die Betriebskostenvorschüsse vertraglich vereinbart waren, jedoch falsch verbucht wurden. Sie wurden anstatt als Guthaben in der Bilanz direkt über die Erfolgsrechnung verbucht.

396 Bezüglich der Ausgabenkompetenz ging die Revisionsfirma der Gemeinde davon aus, dass es sich um gebundene Ausgaben handle, dies mit der Begründung, dass mit der Änderung des Sozialhilfegesetzes die Asylfürsorge neu eine Gemeindeaufgabe sei. Diese Begründung ist m.E. zu kurz gegriffen, da für die Auswahl des externen Dienstleisters wie auch in der Auswahl zwischen interner und externer Leistungserfüllung ein erheblicher Spielraum bestand, was die Ausgabe als neu einstufen lässt. Allerdings habe der Stadtrat diesbezüglich die Aufsichtsbehörde aufgefordert, statt einer Erhöhung der Stellen um 80% den Weg der externen Beauftragung zu gehen, was dann von der Sozialbehörde umgesetzt wurde mit der Auftragsvergabe an die Firma 2 aus dem Asylbereich. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Sozialbehörde nach meiner Einschätzung laut Art. 53 GO nicht die Finanzkompetenz besass, eine neue Ausgabe in der dann beschlossenen Höhe von CHF 90’000 zu bewilligen.

397 Weiter sei im Jahre 2012, anlässlich der Pensionierung des bisherigen Stelleinhabers, beschlossen worden, die Asylfürsorge gänzlich auszulagern und dazu die Firma 2 aus dem Asylbereich und die Firma 1 aus dem Asylbereich zu einer Offertstellung einzuladen. Eine öffentliche Ausschreibung erfolgte ebensowenig wie eine spätere Publikation des Zuschlags. Die Sozialbehörde entschied sich für die Firma 1 aus dem Asylbereich. Im Jahre 2015 wurde der parallel laufende Vertrag mit der Firma 2 aus dem Asylbereich gekündigt und der entsprechende Bereich wurde auf Firma 1 aus dem Asylbereich übertragen.

398 Sodann wurde – ohne überhaupt das von Firma 1 aus dem Asylbereich generierte Auftragsvolumen zu benennen – von der Revisionsfirma der Gemeinde die Auftragsvergabe als unter dem Schwellenwert liegend angenommen, da die Aufwendungen von der Firma 1 aus dem Asylbereich nur zu einem geringen Teil aus deren Dienstleistungen bestünden und der grössere Teil aus Kosten für Kost und Unterbringung, Versicherungen usw. Sodann habe Dringlichkeit bestanden und hätten nur zwei Anbieter zur Verfügung bestanden. Alle diese Argumente sind vergaberechtlich im konkreten Fall irrelevant: Das Auftragsvolumen berechnet sich nach der Summe der kommunalen Leistungen, unabhängig davon, ob die Auftragnehmerin dies für eigene oder für von ihr eingekaufte Leistungen in Rechnung stellt. Dringlichkeit ist nur gegeben, wenn sie unvorhersehbar war, wozu das Ende des Anstellungsverhältnisses des bisherigen Mitarbeiters nicht zählte. Sodann ist der Vorentscheid über die Anzahl der Anbieter auf dem eingeschlagenen Weg nicht zulässig.

399 Dazu im Einzelnen:

  • Für die Berechnung des Auftragswerts ist zunächst der Betrag der Stadt Dübendorf wesentlich, der dann an die Firma 1 aus dem Asylbereich ausbezahlt wird. Dies allerdings nur für Leistungen, die auf die Firma 1 aus dem Asylbereich zurückgehen. Wenn die Firma 1 aus dem Asylbereich lediglich als „Bank“ für die Auszahlung fungiert, dann nur für diese „Bankleistungen“, aber nicht für die Durchlaufsummen. Irrelevant ist jedoch, wie die Stadt Dübendorf diese Mittel selbst finanziert, also ob sie vom Kanton Beiträge erhält oder dies aus den eigenen Steuereinnahmen bezahlt.
  • Nach dem Vertrag von 2015 verrechnete die Firma 1 aus dem Asylbereich Pauschalen für ihre administrativen Dienstleistungen von 250/370 je Asylant bzw. Familienverbund je Monat. Dies machte dann im Jahre 2016 gemäss der Aufstellung für den Betriebskostenvorschuss61 mehr als 400’000 CHF aus, was deutlich über dem Schwellenwert liegt. Dies aufgrund des Vertrags allein für die Administration, ohne die vorerwähnten Durchlaufleistungen.

400 Hier ist zu bemerken, dass der Bezirksrat gemäss dessen Beschluss vom 24. März 2020 darin ebenfalls eine Verletzung des Vergaberechts sah. Der Revisionsfirma der Gemeinde war der Beschluss bis zu meinem Hinweis in der vorliegenden Untersuchung unbekannt.

401 In der Folge ging ich der Frage nach, wieso der bezirksrätliche Beschluss nicht Teil der Instruktion der Revisionsfirma der Gemeinde war. Da der Auftrag zur Abklärung vom Stadtrat ausging, ging ich diesbezüglich den Stadtschreiber und den Geschäftsleiter an. Diese führten im E-Mail vom 27. April 2021 an, dass der Stadtrat keinen Auftrag zur Abklärung der submissionsrechtlichen Aspekte gegeben hätte. Dies müsse vom ehem. Leiter Soziales gekommen sein. Dazu wörtlich:

  • Für den Stadtrat hat kein Anlass bestanden, den erwähnten Beschluss des Bezirksrates an die Revisionsfirma der Gemeinde weiterzugeben. Insbesondere auch deshalb, weil sich der durch Stadtpräsident André Ingold und den Geschäftsleiter mündlich erteilte Prüfauftrag an die Revisionsfirma der Gemeinde (Frau X) nur den Sachverhalt der geleisteten Vorschusszahlungen an die Firma 1 aus dem Asylbereich betraf, nicht jedoch die Einhaltung von vergaberechtlichen Vorschriften im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe an die Firma 1 aus dem Asylbereich. Inwieweit der Auftrag an die Revisionsfirma der Gemeinde im Laufe des anschliessenden Prüfverfahrens (allenfalls durch die Abteilungsleitung) erweitert wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Diesbezügliche Angaben müssten aber sicherlich von der Revisionsfirma der Gemeinde gemacht werden können.

402 Die für den Bericht zuständige Mitarbeiterin bestätigte dies mit E-Mail vom 16. Mai 2021 wie folgt:

  • «Nur der Auftrag bezüglich des Artikels im Tagesanzeiger ging von der Sozialbehörde aus. Die beiden andere Aufträge «Firma 1 aus dem Asylbereich» und «der Springerfirma» wurden seitens Herrn Ingold und des Geschäftsleiters erteilt (siehe diesbezüglich auch Auftragserteilung in unseren Berichten).
  • Der Auftrag für diese Überprüfung «Vorschusszahlungen an die Firma 1 aus dem Asylbereich» kam von Seiten des Stadtrats. Beim Gespräch mit Herrn Ingold und des Geschäftsleiters wurde auch die mögliche (Finanz-)Kompetenzüberschreitung seitens des ehem. Leiter Soziales hervorgebracht. Warum wir diesen Punkt mit der Submission in den Bericht genommen haben, kann ich Ihnen beim besten Willen nicht mehr sagen. Ich vermute, dass wir im Gespräch mit dem ehem. Leiter Soziales auf diesen Punkt aufmerksam gemacht wurden. Wir sahen es als gegeben, dass dies auch unter der Firma 1 aus dem Asylbereich-Finanzkompetenzüberschreitung in unserem Bericht beleuchtet werden sollte.
  • Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie es dazu kam. Aber ich bin mir ziemlich sicher – nach dem Gespräch mit dem Geschäftsleiter – dass es keinen direkten Auftrag dazu gab, sondern dass wir dies in den Auftrag implizierten und zwar mit Fortschreiten der Prüfung.

403 Diese Erklärung erscheint plausibel, doch wäre für eine korrekte Berichterstattung diese Präzisierung des Auftrags schriftlich festzuhalten. Nicht ersichtlich ist, wieso dann – soweit überhaupt zutreffend – der ehem. Leiter Soziales auf die Auftragserweiterung Einfluss nahm und dann den Bezirksratsentscheid nicht offen legte.

404 Zusammenfassend zeigen sich den Würdigungen des Berichts der Revisionsfirma der Gemeinde von 2020 verschiedene kritische Punkte:

  • unrichtige Qualifikation der Ausgaben als gebundene Ausgaben;
  • keine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Auslagerung der Aufgaben auf einen externen Dritten nicht einer gesetzlichen Grundlage bedurft hätte – meiner Ansicht nach bietet Art. 50 GO keine Grundlage für eine solche Auslagerung und müsste diese in der GO vorgesehen sein;
  • unrichtige Bestätigung der Nichtanwendung des Vergaberechts auf die Beauftragung von der Firma 1 aus dem Asylbereich;
  • unsorgfältige Dokumentation des Abklärungsauftrags.

5. Spezialprüfung 2020 – Abrechnung der Springerfirma/Springereinsätze

405 Die Spezialprüfung vom 6. Juli 2020 erfolgte im Zusammenhang mit der Aufsichtsbeschwerde des bei der Springerfirma tätigen Springers C.C. vom 22. April 2020 und im Auftrag des Stadtrates. Nachzugehen war der Frage, ob bei dessen Einsatz die Abrechnungen korrekt erstellt wurden, der Arbeitsweg korrekt abgerechnet war und ob eine Aufsichtsbeschwerde gegen den Leiter des Sozialamtes gerechtfertigt sei. Die beiden ersten Fragen wurden – nachvollziehbar – mit einem Ja beantwortet, die dritte Frage ebenso nachvollziehbar mit einem Nein. Allerdings erklärt sich die Antwort auf die dritte Frage allein damit, dass einerseits die Revisionsfirma der Gemeinde stadträtlicherseits zur Verfügung gestellten Unterlagen zu diesem Punkt keinen Aufschluss über irgendwelche Pflichtverletzungen gaben. Zum anderen wies die Aufsichtsbeschwerde keine näheren Anhaltspunkte dazu auf, was genau dem ehem. Leiter Soziales noch vorgeworfen werden könnte. So wies C.C. am Schluss seiner Aufsichtsbeschwerde auf Folgendes hin:

  • Wenn Sie mich fragen würden, was zu tun sei, dann würde ich Ihnen empfehlen, alle bisherigen, jahrelangen Zahlungen an die Springerfirma auf deren Rechtmässigkeit hin zu prüfen und je nach Ergebnis, die Verbindung zwischen der Stadt Dübendorf, dem Sozialamt Dübendorf und der Springerfirma in allen Bereichen per sofort aufzulösen.

406 Damit konnte durchaus aufgrund der damaligen Vorhalte auf die Frage der Rechtmässigkeit der Zuschläge von der Springerfirma zu den internen Sätzen und die Regelungen der Spesenentschädigungen geschlossen werden. Beides sind Punkte, die im Rahmen der Vertragsautonomie geregelt wurden; ob sie letztlich ökonomisch sinnvoll waren, ist keine Frage der Rechtmässigkeit. Dass C.C. dann weitere Punkte angesprochen hätte, die allenfalls problematisch sein könnten, war nicht ersichtlich. Insbesondere nicht die weiteren Vorgänge im Zusammenhang mit seinem Fall; dabei ging es um die Vorhalte der SB an C.C., dieser habe seine Arbeiten nicht korrekt durchgeführt und damit Schaden der Stadt Dübendorf verursacht. Dazu eingehend Rz. 173.

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IV. Folgerungen zu den Untersuchungsthemen

A. Störanfällige Organisationsstruktur: Aufgabenteilung Stadtrat und Sozialbehörde

407 Es zieht sich wie ein roter Faden durch die meisten Untersuchungsbereiche: Die Abgrenzung der Zuständigkeiten von Stadtrat und SB bereitet immer wieder Mühe, verzögert Abläufe und ist selbst für die politischen Akteure nicht verständlich. In der Theorie ergänzen sich die beiden Bereiche, in der Praxis bereitet die Kombination jedoch viele unnötige Friktionen. Dies zeigt der Einsatz der Ombudsstelle, die verschiedenen zwischen den beiden Behörden mäandrierenden Versuche der Bewältigung der Führungsprobleme in der Abteilung Soziales, der Umgang mit Hilfesuchenden, die grössere Probleme melden möchten, die Finanzabläufe, der Umgang mit den Liegenschaften und der Informationsaustausch zwischen den Behörden.

408 Gerade in Krisensituationen kann die Aufgabenteilung zum Abschieben von Zuständigkeiten führen oder kann rasches Handeln erschweren. Der zuweilen gemeinsame Öffentlichkeitsauftritt von Stadtrat und Sozialbehörde ist Symptombekämpfung und vermeidet eine klare, nach Aussen auch verständliche Zuweisung von Kompetenzen.

409 Hervorheben möchte ich, dass das Thema der Aufgabenaufteilung auch im vorliegenden Untersuchungsablauf eine besondere Facette erhalten hat, die nachdenklich macht. Die Sozialvorsteherin hat insbesondere im Rahmen ihrer Antworten auf diverse meiner Fragen vom 17. Mai 2021 immer wieder betont, dass es sich bei verschiedenen dort angeführten Bereichen um solche handle, die in die Zuständigkeit des Stadtrates, des Stadtschreibers, der Abteilung Finanzen oder des Geschäftsleiters fielen. Der Versuch der Verantwortungsabschiebung ist offensichtlich und ist letztlich Zeichen einer Führungsschwäche.

410 Hierauf möchte ich wie folgt eingehen, wobei ich die Fragen und die Antworten zuerst wörtlich wiedergeben möchte, mit entsprechenden Ausführungen meinerseits dazu (die Fragen sind kursiv hervorgehoben, die Antworten in Times Roman, meine Kommentierung dann ohne besondere Hervorhebung):

Frage: Wie stand es mit der Wahrung des Amtsgeheimnisses bei Auslagerung der Aufgaben im Bereich Kindesschutzmassnahmen auf die Springerfirma, welche diese Aufgaben in ihren Räumlichkeiten erledigte? Wie wurde sichergestellt, dass deren Akten und die elektronischen Daten sicher und vom übrigen Betrieb getrennt aufbewahrt werden?

Antwort: Ich hatte aufgrund der Ihnen bereits ausführlich dargestellten geteilten Zuständigkeitsordnung im Bereich Soziales (Personelles nicht bei mir, sondern beim Stadtpräsidenten/Geschäftsleiter) weder Kontakt zum Personal noch zur Springerfirma. Für mich ist Jedoch klar, dass solche Informationen dem Amtsgeheimnis unterstellt sind. Genau aus solchen Gründen war es mir wichtig, die Behördenmitglieder bei sozialrechtlichen Themen auf den Datenschutz zu sensibilisieren und habe darum gebeten, eine Vertraulichkeitserklärung zu unterschreiben. Zudem, als der Stadtrat über mich um Einsicht in den Bericht der Revisionsfirma der Gemeinde verlangte, war ich nach der Lektüre des fertigen Berichts der der Revisionsfirma der Gemeinde der Meinung, dass dieser aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht einfach so weiteregeleitet werden kann. Aus diesem Grund verlangte ich vom Stadtrat die Entbindung vom Amtsgeheimnis. Diese erfolgte durch den Stadtrat am 12.9.2019 zugunsten von mir und des ehem. Leiter Soziales. Zudem liegt die Zuständigkeit für das Personelle, wie gesagt, nicht bei der Sozialbehörde. Mitarbeiter der Stadt Dübendorf werden durch die Unterzeichnung ihres Arbeitsvertrages verpflichtet, die Regeln der Vertraulichkeit einzuhalten. Was auf Führungsebene zwischen Abteilungsleiter und Geschäftsführer (operative Leitung) in direkten Meetings, Pulsgesprächen, Projektsitzungen etc. besprochen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Diese Gespräche sind Teil der ALP (Aufgabe, Leistungsplanung und Personelles). Die Stellenplanerhöhung liegt in der Zuständigkeit des Geschäftsführers, welcher operativer Leiter ist.

Kommentar: Die Wahrung des Amtsgeheimnisses ist untrennbarer Teil des Vollzugs der Sozialhilfe gemäss kantonaler Regelung. Dies gilt dann insbesondere, wenn eine solche Aufgabe auf einen Dritten ausgelagert wird. Die Begründung der Sozialvorsteherin macht auch deshalb keinen Sinn, als weder der Stadtrat noch der Stadtschreiber, der Geschäftsleiter oder die Abteilung Finanzen von der Auftragserteilung an die Springerfirma wussten. Dabei fällt als weiteres auf, dass die Auftragserteilung von der Sozialvorsteherin zusammen mit dem Leiter der Abteilung Soziales am 16. Oktober 2019 den Vertrag mit der Springerfirma abschlossen, die SB den (für die Unterzeichnung unentbehrlichen) entsprechenden Beschluss erst am 14. Januar 2020 fasste und der Auftrag offensichtlich die Finanzkompetenzen der SB überschritt(Art. 53 Ziff. 3 GO). Die Argumentation der Sozialvorsteherin widerspricht sich als Letztes, weist sie zwar die Zuständigkeit in dieser Sache von sich, fühlte sich dann jedoch für den Vertragsschluss zuständig. Bemerkenswert ist auch die hier sich zeigende mangelnde Sachkenntnis (zum Bereich Sozialhilfe vgl. vorstehend Rz. 330) der Sozialvorsteherin, welche dem Geschäftsleiter die Kompetenz zur Stellenplanerhöhung zuweist; zuständig ist hierfür nach der Gemeindeordnung der Stadtrat.

Frage: Im Verlauf der Untersuchung ist mir folgendes aufgefallen: Da die Abwicklung des Finanzverkehrs entgegen der gesetzlichen Regelung nach Art. 4 Abs. 1 GO SB durch das Sozialamt direkt erledigt wurde, wurden die Zahlungen an die Springerfirma von der Finanzabteilung gar nicht bemerkt. Diese wurden nach Ausscheiden des Leiters Soziales entdeckt und bemerkt, dass diese den Sozialhilfekosten belastet wurden. Korrekterweise hätten die Zahlungen jedoch als Leistungen Dritter (gleich wie die Lohnzahlungen an das angestellte Personal der Sozialhilfe) über die Finanzabteilung abgewickelt werden müssen. Mit dieser Verbuchung wurde so vermieden, dass stadtintern eine Kontrolle stattfand. Fragen: Haben Sie die Einhaltung von Art. 4 Abs. 1 GO SB je kontrolliert? Haben Sie die Leistungen an die Springerfirma visiert?

Antwort: Generell lief das Prozedere wie folgt: Nach erfolgter Unterzeichnung werden Rechnungen an die Finanzabteilung weitergeleitet, welche im Rahmen ihrer Kontrollfunktion Zahlungsaufträge vor Freigabe auf Finanzkompetenzen gemäss geltender Finanzordnung und Kontierung prüft. Ich hatte nie eine Rückmeldung, dass Zahlungsaufträge falsch kontiert seien. Auch wurden meines Wissens anlässlich der jährlichen finanztechnischen Überprüfung der Rechnung durch die Revisionsfirma der Gemeinde, welche Spezialkenntnisse im öffentlichen Sozialwesen hat, oder durch die GRPK keine Falschverbuchungen festgestellt. Falls dass der Fall gewesen wäre, hätte ich sofort interveniert. Der damalige Leiter Soziales hat mir oft nach Sitzungen der Sozialbehörde anlässlich einer Nachbesprechung im Stadthaus Rechnungen vorgelegt. Nach erfolgtem Visum hat er diese direkt zur Finanzabteilung zur Weiterverarbeitung gebracht. Diese befindet sich im obersten Geschoss.

Zu den Zahlungen an die Springerfirma: Von der von Ihnen erwähnten Nichteinhaltung des Zahlungsverkehrs gemäss Art. 4 Abs. 1 GO SB im Fall der Springerfirma hatte ich keine Kenntnis und lese dies in Ihrer Frage zum ersten Mal. Da die Zahlungen, wie Sie selber ausführen, Personelles betrafen, gehe ich aufgrund der bekannten geteilten Zuständigkeitsordnung jedoch davon aus, dass sie mit dem Geschäftsleiter der Stadt Dübendorf, der für Personelles im Sozialbereich zuständig ist, besprochen und deren korrekte buchungstechnische Belastung/Abwicklung via die Finanzabteilung kontrolliert wurden.

Kommentar: Die Budgetverantwortlichen sind nach Art. 53 GO und Ziff. 3.1 lit. b FO im Rahmen des Voranschlags für die korrekte Ausgabe und Verbuchungen verantwortlich. Diese Zuständigkeit gilt insbesondere beim Bezug von Dienstleistungen Dritter, um die es hier ging. Die Finanzabteilung prüft dann die formellen Aspekte (Unterschriften und Plausibilisierungen der Kontozuweisung). Die Aufträge an Dritte haben sodann nichts zu tun mit Ausgaben für das Personal, was die finanztechnischen Aspekte betrifft62 . Im Übrigen konnten der – hierfür gar nicht zuständigen Geschäftsleiter und Finanzabteilung – diese Verbuchungen gar nicht entdecken, da diese von der Sozialabteilung direkt erledigt wurden. Die Zuweisung der Zahlungen an die Springerfirma zu den Konti der Sozialhilfeempfänger ist sodann insoweit noch besonders problematisch, als der Kanton Staatsbeiträge
von 4% an diese Ausgaben leistet (§ 45 SHG) und die falschen Verbuchungen somit zu einer rechtswidrigen Erhöhung der kantonalen Anteile führten.

Frage: Weiter besteht kein Rahmenvertrag zwischen der SB und die Springerfirma über den Springereinsatz (vor Ort). Nach meinen Feststellungen und der Auskunft der Springerfirma wurden die Verträge ad personam schriftlich abgeschlossen oder zum Teil sogar nur mündlich verlängert. Es liegen diverse Verträge für Springereinsätze in den Jahren 2019 vor. Diese wurden allein durch den ehem. Leiters Soziales unterzeichnet entgegen Art. 27 Abs. 1 GO SB, der lautet: «Das Präsidium führt gemeinsam mit dem Sozialsekretär bzw. dessen Stellvertretung, sowie der Leitung des Alters- und Spitexzentrums, die rechtsverbindliche Unterschrift der Sozialbehörde.» Fragen: 1. War Ihnen dies bekannt? 2. Falls nein, was war der Grund? 3. Falls ja, wie haben Sie reagiert?

Antwort: Springereinsätze sind personelle Geschäfte, die im Bereich der Sozialhilfe (anders als im Bereich ASZD) gemäss der gesetzlichen geteilten Zuständigkeitsordnung nicht in meine Kompetenz fallen. Der Geschäftsleiter der Stadt Dübendorf ist für die operative Leitung mit den entsprechenden Führungsinstrumenten der Stadtverwaltung zuständig. Personelle Anliegen hat der damalige Leiter Soziales jeweils mehrfach mit ihm besprochen. Zumal der Geschäftsleiter auch für die Personalstrategie und somit für die Ausarbeitung des Stellenplans zuständig ist (ALP Aufgabe Leistungsplanung und Personelles, (…)). Zudem amtet er zusammen mit der Leiterin Personaldienste als Koordinationsstelle in Personal- und Besoldungsfragen. Er verfügt u.a. über einen durch den Stadtrat gesprochenen Verwaltungsfonds, den er als Jokerstelle zur Überbrückung einsetzen kann. Die Verantwortlichkeit für das Personelle ist in der Stadt Dübendorf klar geregelt. Sollte das jeweilige Anliegen die Kompetenz des Geschäftsführers übersteigen, befindet der Gesamtstadtrat (…).

Kommentar: Die personelle Zuständigkeit des Stadtrates erfasst nur das ständig bzw. ordentlich angestellte Personal. Der Beizug Dritter zur Erledigung von Sozialhilfeaufgaben ist allein Zuständigkeit der SB und fällt in den Bereich des Gesetzesvollzugs. Aus den verschiedenen Diskussionen im Stadtrat in Gefolge der Aufsichtsbeschwerde C.C. im Vorfeld von SRB 20-309 musste der Sozialvorsteherin klar sein, dass der Springereinsatz bis Ende 2020 in der Zuständigkeit der SB lag; seither ist in diesem Bereich der Geschäftsleiter beizuziehen. Sodann müsste der Sozialvorsteherin auch klar sein als Mitglied des Stadtrates, dass der Geschäftsleiter nicht für den Stellenplan zuständig ist.

Frage (Auszüge): Der Stadtrat hat der Sozialbehörde empfohlen, die Massnahmen aus dem Bericht der Personalcoaching-Firma ernsthaft zu prüfen, dazu Folgendes:

Empfehlungen an Sozialbehörde

(…)

Die Sozialbehörde wird eingeladen, die Empfehlungen gemäss Seiten 22 – 25 des Untersuchungsberichtes der Personalcoaching-Firma ernsthaft zu prüfen.

(…)

(Dazu habe ich ergänzend zu meinen Fragen an die Sozialvorsteherin angeführt: «Dazu möchte ich festhalten, dass mir klar und bekannt ist, dass der Stadtrat Teammassnahmen und Führungsmassnahmen angeordnet hatte. Mir geht es hier um all die anderen Massnahmen, die im Bericht der Personalcoaching-Firma daneben noch empfohlen werden.»)

Antwort: Vorbemerkung: Als Vorgesetzte des Leiter Soziales war ich einzig an das jährliche Mitarbeitergespräch (inkl. Lohn) eingeladen. Sämtliche Belange der Abteilung Soziales inkl. Leitung Sozialhilfe liegen in der Zuständigkeit der jeweiligen Leitung Soziales, Geschäftsführer, operative Leitung und der Leiterin Personalabteilung. Geschäftsführer und Leitung Personalabteilung amten als Koordinationsstelle in personellen Angelegenheiten. Siehe unten Antwort 1*. Am 28. April 2021 wurde ich erstmals zu einem Vorstellungsgespräch der voraussichtlich neuen Leitung Soziales eingeladen. Bei den Assessments wurde ich nicht beigezogen.

Kommentar: Im Bericht der Personalcoaching-Firma ging es um die fachlichen Probleme, die unmittelbar mit dem Vollzug des Sozialhilferechts zusammenhängen, deshalb hat der Stadtrat auch einen grossen Teil der Empfehlungen aus dem Bericht der Personalcoaching-Firma der SB zur Behandlung empfohlen. Auch unbesehen vom Bericht der Personalcoaching-Firma liegt die Verantwortung für die fachliche Personalführung bei der SB und der Vorsteherin. Diese hat im Vorfeld derUntersuchung der Personalcoaching-Firma an der Stadtratssitzung vom 14. März 2019 etwa zum Ausdruck gebracht, dass sie über die Personalbefindlichkeiten Bescheid weiss.

Frage: Hatten die Mitglieder der SB Zugang zum Bericht der Personalcoaching-Firma?

Antwort: Das war, entgegen meiner Absicht, leider nicht der Fall. Dies, obwohl ich den damaligen Leiter Soziales und die frühere Leiterin Sozialhilfe mehrmals, im Nachgang zu den Stadtratssitzungen, darauf angesprochen habe, den Untersuchungsbericht in der Sozialbehörde zu behandeln. Ich erhielt beim Nachfassen jeweils die Antwort, dass der Bericht der der Personalcoaching-Firma Personelles betraf und nicht in die Zuständigkeit der Sozialbehörde falle.

Kommentar: Die Antwort offenbart ein nicht nachvollziehbares Führungsverständnis und ist auch in sich nicht schlüssig. Offenbar sah sich die Sozialvorsteherin als zuständig an, delegierte dann das Geschäft jedoch ans Kader und beugte sich deren Beurteilung. Der Sozialvorsteherin war auch bekannt, dass der Stadtrat der SB das Geschäft zu Erledigung überwiesen hatte. Wenn sie schon die Auffassung vertrat, dass der Stadtrat für die Führung des Kaders zuständig sei, so hätte sie dieses auf die stadträtliche Überweisung aufmerksam machen müssen.

Antwort: Zudem werden Abteilungsleiter der Stadt Dübendorf bzw. Mitglieder des Führungsteams nach Sitzungen des Stadtrates durch den Stadtschreiber bzw. Geschäftsführer (Stv. Stadtschreiber zuständig für die operative Leitung) über aktuelle Beschlüsse informiert und zur Umsetzung beauftragt.

Kommentar: Die Relevanz dieser Feststellung kann nicht nachvollzogen werden.

Frage: Wurden die Empfehlungen des Berichts im Sinn der Empfehlung des Stadtrates ernsthaft geprüft?

Antwort: Die Empfehlungen gemäss Ausführungen der damaligen Leiterin Sozialhilfe wurden ernst genommen. Aufgrund der behördlichen Regelungen sind der Sozialbehörde in personellen Angelegenheiten die Hände gebunden (siehe oben Antwort 1). Im Stadtrat habe ich mehrfach auf die fehlende Zuständigkeit hingewiesen, wurde aber nicht gehört.

Kommentar: Unklar ist, was mit den «Ausführungen der damaligen Leiterin Sozialhilfe» gemeint ist. Die Frage lautete, ob die Empfehlungen des Berichts von der SB ernsthaft geprüft wurden. Dies erfolgte offenbar nicht. Der Hinweis auf die fehlende Zuständigkeit in personellen Angelegenheiten geht fehl, da die Empfehlungen die fachliche Führung und den Vollzug der Sozialhilfe betrafen. Zudem hatte der Stadtrat den personellen Bereich bereits mit seinem Beschluss abgedeckt.

Frage: Wenn nein, aus welchen Gründen?

Antwort: Der Geschäftsleiter weigerte sich, mir nähere Auskünfte/Angaben zu Namen zu den eingegangenen Meldungen zu machen. Für mich ein klares Zeichen, dass ich nicht zuständig bin. Ich habe noch nie ein Personaldossier im Bereich Soziales einsehen können. Siehe oben Antworten 1-3.

Kommentar: Die Antwort erscheint nicht nachvollziehbar. Die Überweisung der Empfehlungen durch den Stadtrat an die SB kann nicht durch eine allfällige Mitteilung/Verhaltensweise des Geschäftsleiters übersteuert werden, abgesehen davon, dass die Sozialvorsteherin hier angebliche Verhaltensweisen des Geschäftsleiters ins Feld führt, die weit vor dem Bericht der Personalcoaching-Firma liegen. Abgesehen davon hat der Stadtrat im SRB 19-163 vom 16. Mai 2019 festgehalten, dass der Geschäftsleiter sämtliche Akten des Verfahrens an den ehem. Leiter Soziales übergeben hatte. Die Sozialvorsteherin war an diesem Beschluss mitbeteiligt.

Frage: Wenn ja, was wurde angeordnet?

Antwort: Siehe Antworten oben 1-4.

Frage: Gibt es von den beiden Teamveranstaltungen von Ihrer Seite oder von dritter Seite einen Bericht zum Ergebnis der beiden Veranstaltungen? Wie wurden diese beiden Veranstaltungen in der SB diskutiert?

Antworten: Die Berichterstattung erfolgte jeweils durch die Personalcoaching-Firma direkt an den Stadtpräsidenten. Von meiner Seite gibt es aus vorgenannten Gründen (Unzuständigkeit/Personelles) keinen Bericht und ich hatte keinen Auftrag. Ob es vom Stadtpräsident einen solchen gibt, kann ich nicht beantworten.

Es gab keine solche Diskussion, da die Sozialbehörde für Personelles nicht zuständig ist.

Gemäss Beschluss des Stadtrates 19-163 vom 16. Mai 2019 wurde der Untersuchung im Bereich Sozialhilfe zugestimmt: «Da es sich um eine personelle Angelegenheit handelt, liegt die Zuständigkeit für die Untersuchung beim Stadtrat. Mit der Durchführung wird die Personalcoaching-Firma beauftragt, gemäss Offerte 10. Mai 2019. Die Auftragsnehmerin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sämtliche die Untersuchung betreffende Kommunikation / Berichterstattung direkt an den Stadtrat zu erfolgen hat. »

Kommentar: Dies entspricht teilweise ebenfalls meiner Einschätzung, da es um personelle Fragen ging und hier der Stadtrat verantwortlich zeichnete. Dennoch ist der Querbezug zur fachlichen Verantwortung offensichtlich, da sich beides bedingt. Das Coaching hätte in die Bereinigung der fachlichen Führung einbezogen werden müssen, dies aus der Warte der SB. Von daher war es auch folgerichtig, dass sich die Sozialvorsteherin an der ersten Sitzung beteiligte. Dass diese Aspekte dann nicht in der SB diskutiert wurden, ist ein grobes Versäumnis.

Frage: Die Mietverträge für die Asylunterkünfte wurden einzig vom Leiter der Abteilung Soziales abgeschlossen, ohne Beschluss der SB. In zwei Fällen besteht nicht einmal eine unterschriftliche Fixierung des Vertrags. War Ihnen das bekannt? Falls nein, wieso nicht?

Antwort: Dass für den Abschluss von Verträgen (einschliesslich Mietverträge) in der Stadt Dübendorf eine Kollektivunterschrift zu zweien verlangt wird, ist mir selbstverständlich bekannt. Es ist mir jedoch nicht bekannt, dass in meiner Amtszeit neue solche Mieterträge abgeschlossen worden sind. Die Sozialbehörde hat, wie erwähnt, vor meiner Amtszeit die Abteilung Soziales mit der Aufsicht über die Asylunterkünfte betraut, da operativ. Neue solche Verträge hätten der SB und mir als deren Präsidenten vom Leiter Soziales vorgelegt werden müssen, was, wie gesagt, nicht geschehen ist. Sollten in meiner Amtszeit trotzdem solche Verträge ohne Einhaltung der Unterschriftsregelung abgeschlossen worden sein, wäre das eine Pflichtverletzung des zuständigen Amtsleiters. Wenn das so gewesen wäre, hätte dies jedoch der Finanzabteilung, der GRPK oder der Revisionsfirma der Gemeinde auffallen müssen. Ich habe von keiner dieser Stellen eine diesbezügliche Rückmeldung erhalten.

Kommentar: Dies betrifft die Kontrolltätigkeit der Sozialbehörde und ihrer Präsidentin. Hierfür wäre als einfaches Mittel ein Verzeichnis der Asylliegenschaften mit einem «Vertragsordner» zu verwenden. Es gehört zum Standard einer jeden grösseren Einheit, dass die massgeblichen Verträge zentralisiert aufbewahrt und auch kontrolliert werden – so auch im Hinblick auf ihre Laufzeiten, Vertragskonditionen und Verbindlichkeiten. Die Kontrolltätigkeit ist keine Bringschuld, sondern eine Holschuld. Das Abschieben der Verantwortung auf allfällige weitere Kontrollinstanzen (die entfernter handeln) entlastet hiervon nicht. Die Finanzabteilung wäre sodann – falls sie es überhaupt prüfen müsste, was m.E. nicht zutrifft – auf die Vorlage der Verträge angewiesen.

411 Frage: Die Entschädigungen für die Sozialdetektive wurden den Konten der Sozialhilfeempfänger zugeordnet, obschon es sich um Leistungen Dritter und nicht um Leistungen der Sozialhilfe handelte. War Ihnen das bekannt? Falls nein, wieso nicht?

Antwort: Soweit dies aufgrund der bekannten geteilten Zuständigkeit überhaupt in meinen Zuständigkeitsbereich fiel, bin ich davon ausgegangen, dass es so praktikabel ist und die Zahlungen korrekt verbucht werden. Nach erfolgter Unterzeichnung werden Rechnungen an die Finanzabteilung weitergeleitet, welche im Rahmen ihrer Kontrollfunktion Zahlungsaufträge vor Freigabe auf Finanzkompetenzen gemäss geltender Finanzordnung und Kontierung prüft. Ich hatte auch hier nie eine Rückmeldung, dass die Zahlungsaufträge falsch kontiert seien. Auch wurden meines Wissens anlässlich der jährlichen finanztechnischen Überprüfung der Rechnung durch die Revisionsfirma der Gemeinde, welche Spezialkenntnisse im öffentlichen Sozialwesen hat, oder durch die GRPK keine Falschverbuchungen festgestellt. Falls dass der Fall gewesen wäre und ich davon Kenntnis gehabt hätte, hätte ich sofort interveniert. Der damalige Leiter Soziales hat mir oft nach Sitzungen der Sozialbehörde anlässlich einer Nachbesprechung im Stadthaus Rechnungen vorgelegt. Nach erfolgtem Visum hat er diese direkt zur Finanzabteilung zur Weiterverarbeitung gebracht. Diese befindet sich bekanntlich im obersten Geschoss.

Kommentar: Nach Ziff. 3.1 lit. b FO ist die Sozialvorsteherin für die korrekte Verbuchung von Aufwänden von externen Leistungserbringern verantwortlich. Dies beinhaltet sowohl den Betrag wie auch die Kontierung der Leistung. Die Kontrolle durch die Finanzabteilung widmet sich dem Formellen (Unterschriften) und einer Plausibilisierung der Kontierung. Infolge der direkten Erledigung der Zahlung durch die Abteilung Soziales wurde auch diese Plausibilitätsprüfung umgangen. Selbst wenn sie durchgeführt worden wäre, entlastet sie nicht von der korrekten Kontrolle durch die Sozialvorsteherin, die primär und umfassend zuständig ist. Erschwerend ist dazu zu bemerken, dass mit der falschen Kontierung rechtswidrig kantonale Staatsbeiträge erwirkt wurden.

412 Die vorstehenden Ausführungen zeigen im Detail, wie die bestehende Aufgabenteilung nicht nur exzessiv, sondern offensichtlich weit über die Grenzen einer sachlichen Rechtfertigung hinaus instrumentalisiert werden kann. Es erscheint wahrlich seltsam, wenn sich die geteilten, aber ergänzenden Zuständigkeiten zu einem Dauerthema entwickeln, das einer effizienten Verwaltungstätigkeit im Wege steht.

B. Führungsmängel Sozialbehörde

413 Bei der Berichtserstellung sind verschiedenste Führungsmängel aufgefallen, die jedoch auch mit anderen Themen in Verbindung stehen. So etwa mit der Geltendmachung der fehlenden Zuständigkeit oder einer bewussten Opposition zu gesetzlichen Vorgaben (Erstellung von Abstimmungsweisungen, Erstellung des Budgets oder Einhaltung der Unterschrifts- und Finanzzuständigkeiten).

414 Abgesehen davon fällt jedoch eine sich bereits unter dem früheren Sozialvorsteher angebahnte, zu vertrauensvolle Nähe zum Kader auf, die dann nicht nur zu Vorfällen im Jahre 2016 führten. Die Amtszeit des früheren Sozialvorstehers konnte nicht so eingehend untersucht werden wie dann die Jahre ab 2018, zu denen wesentlich mehr Informationen vorliegen. Doch sind auch für den Zeitraum vor Juni 2018 (Datum des Wechsels im Präsidium der SB) einige Vorfälle manifest, die aufzeigen, dass die Kontrolle des Leiters der Abteilung Soziales nicht durchwegs funktionierte, so bei der Abstimmung zum Austritt aus dem SDBU, der Nichteinhaltung des Vergaberechts im Bereich Asylantenbetreuung, Verhandlungen mit der SDBU über einen neuen Vertragsschluss, den Verkehr mit dem Ombudsmann oder die Erörterung der Beschwerde von B.B. Insbesondere bei dieser Beschwerde fällt in den Antworten des früheren Sozialvorstehers auf meine diesbezüglichen Fragen auf, dass sich dieser immer wieder auf die Position zurückzog, er sei für das Strategische und das Personal für das Operative zuständig – dies sei seine grundsätzliche Position in den 16 Jahren seiner Amtstätigkeit gewesen. Er habe für das Operative hervorragend qualifiziertes Personal gehabt und er habe sich in deren Aufgabenerledigung nicht eingemischt. Dies entspricht freilich nicht der gesetzlichen Ordnung; die SB und insbesondere deren Präsident sind für Planung, Aufsicht und Vollzug zuständig (Art. 1 GO SB). Dies schliesst zumindest eine regelmässige und auch funktionierende Aufsicht über den Vollzug voraus, zu dem nicht allein die Abwicklung der Sozialhilfefälle gehört.

415 Diese unkritische Beziehungsnähe fällt auch bei der aktuellen Sozialvorsteherin auf. So hat sie selbst unter kritischen Rahmenbedingungen dem Leiter der Abteilung Soziales eine hervorragende Mitarbeiterbeurteilung erteilt und beim Stadtrat für diesen eine substanzielle Lohnerhöhung eingefordert. Sie hat auch mangelnde Durchsetzung gegenüber dem Kader gezeigt, als es um die Umsetzung der Massnahmen gemäss dem Bericht der Personalcoaching-Firma ging. Unter ihrer Leitung kam es zu63

  • nicht korrekten Unterzeichnungen von Verträgen,
  • fehlenden Vertragsabschlüssen,
  • Falschverbuchungen und damit Einforderung von nicht zustehenden kantonalen Staatsbeiträgen,
  • zu massivem Anstieg der Springerkosten,
  • gesetzeswidrigen Aufgabenauslagerungen,
  • einer Manipulation der veröffentlichten Richtlinien,
  • Verletzungen von Datenschutzvorschriften,
  • Einsatz von GPS-Trackern,
  • (mutmasslicher) Anpassung der Fragestellung an die Revisionsfirma der Gemeinde im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe an die Firma 1 aus dem Asylbereich und
  • einer nicht neutralen Abklärung einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung.

416 So fällt bei der Jacqueline Hofer dann auch auf, dass sie sich gegenüber Mitteilungen vom ehem. Leiter Soziales (und der ehem. Leiterin Sozialhilfe) nicht durchzusetzen vermochte oder diese hinnahm, wenn diese darauf verwiesen, sie seien hierfür zuständig (Fall C.C.; Schadenserledigung) oder die SB sei für etwas nicht zuständig (Kenntnisnahme Bericht der Personalcoaching-Firma) 64.

C. Nichtbeachtung von rechtlichen Vorgaben

417 Verschiedenen Orts wurden im Rahmen der Untersuchung Verletzungen von rechtlichen Vorgaben festgestellt65:

  • Austritt aus SDBU – Irreführung der Stimmberechtigten
  • freihändige Vergabe der Betreuung von Asylanten
  • Einsatz von Sozialdetektiven ausserhalb des Notwendigen
  • Verletzungen von Amtsgeheimnissen und des Datenschutzes bei der Instruktion der Sozialdetektive
  • falsche Kontierungen von Leistungen Dritter
  • Nichteinhalten von finanzrechtlichen Vorgaben
  • Abschluss eines Vertrags ohne Beschluss der SB
  • mündliche Verlängerungen von Springerverträgen
  • zweckwidrige Veröffentlichung der internen Richtlinien zur Förderung der eigenen Position im kantonalen Wahlkampf
  • Nichteinhalten von Vorgaben für die Budgeterstellung
  • Meldeabläufe für den Ombudsmann
  • Erwirken von kantonalen Staatsbeiträgen für falsch verbuchte Leistungen Dritter
  • fehlende Wahrnehmung von Kontrollfunktionen gegenüber dem Leiter der Abteilung Soziales und der Leiterin der Sozialhilfe

D. Mangelnde Transparenz

418 Im Verlauf der Untersuchung konnte festgestellt werden, dass in vielen Bereichen nicht genügende Transparenz herrschte. Dies zieht sich mit verschiedenen Auswirkungen auf verschiedensten Ebenen wie ein roter Faden. Es machte dem Untersuchungsführer den Eindruck, dass die Geheimhaltung und Sphärenabgrenzung – trotz ihrer klaren rechtlichen Fundierung – immer wieder überstrapaziert wurde.

419 Zu nennen ist etwa das Ringen um die Veröffentlichung der internen Richtlinien, deren Publikation dann letztlich in eine Irreführung mündete, das wiederholte Spiel mit der eigenen Zuständigkeit und Nichtzuständigkeit der Abteilung Soziales, die Unklarheiten über die Zuständigkeiten des Ombudsmannes und der für seine Verfahrensführung geltenden Regeln, die mit Drohungen arbeitende wirtschaftliche Sozialhilfe, welche damit die persönliche Hilfe in den Hintergrund rückte, der Einsatz von Sozialdetektiven, die zum Teil mangelnde Vorbereitung der Mitglieder der SB auf ihre Funktionen, verworrene vertragliche Lagen beim Einsatz der Springer, die Verschleierung der Vorgänge bei der Budgetierung der Springerkosten, der Verbuchung von Leistungen innerhalb der Abteilung Soziales unter Ausserachtlassung der Finanzverwaltung, die eigenmächtige Handhabung der Verträge durch den Leiter Soziales, die Fernhaltung der Mitglieder der SB vom Bericht der Personalcoaching-Firma und die wenig durchsichtige Lage bei der Verwaltung der Liegenschaften.

E. Vertrauensverlust

420 Die Untersuchung zeigte, dass die Stadt Dübendorf ein grundlegendes Problem hat, welches in der Vergangenheit teilweise angegangen wurde, jedoch einer definitiven Lösung harrt. Es geht um das Vertrauen in eine sachlich korrekte Erledigung der Sozialhilfeaufgaben. Dieses Vertrauen spielt auf mehreren Ebenen, wobei es für die Vertrauenszerstörung letztlich ohne Belang ist, ob der Vertrauensverlust berechtigt ist oder nicht.

421 Meine intensiven Befassungen mit zwei hier geschilderten und einem hier nicht aufgezeigten Fall zeigen, dass die Klienten der Sozialhilfe mit grossem Misstrauen begegnen können, sei es nun berechtigt oder nicht. Dies wird bestätigt in den Berichten und Schilderungen der Ombudsstelle und durch den Bericht der Personalcoaching-Firma. Fehlendes Vertrauen ist dann der Nährboden für Unterstellungen oder Misstrauen gegenüber dem behördlichen Handeln, selbst wenn es hierfür keinen Anlass gibt. Dies erschwert die Arbeit der Sozialhilfe erheblich, nützt den Klienten damit auch wenig. Zudem wurde in den Befragungen verschiedentlich geschildert, dass dieser Umstand mit eine Ursache sei, dass die Sozialhilfe Dübendorf Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung habe.

422 In der Vergangenheit wurden verschiedene Massnahmen eingesetzt, um das Vertrauen wieder herzustellen. Dies betrifft in erster Linie die Einrichtung der Ombudsstelle, die jedoch nach meiner Einschätzung nur halbherzig umgesetzt und unterstützt wurde. Weiter gab es wiederholte Medienmitteilungen, die jedoch kaum nachhaltige Wirkung haben können. Die Wiederherstellung des Vertrauens ist eine Aufgabe, die langwierig und mühsam ist. Sie bedarf Massnahmen auf verschiedenen Stufen. Sicherlich ist die Weiterführung der Ombudsstelle von Bedeutung. Die personellen Wechsel auf der Leitungsebene ebnen den Weg für einen Neustart. Wie ich im Verlauf der Befragungen erfahren konnte, ist die Zusammenarbeit mit der ad interim – Leitung der Abteilung Soziales und der Sozialhilfe wesentlich besser geworden. Weiter ist die Umsetzung von Qualitätsstandards beim Umgang mit den Hilfesuchenden – wie bereits im Bericht der Personalcoaching-Firma erwähnt – von Bedeutung. Sodann sollte die Führung der Abteilung Soziales vereinheitlicht werden, somit fachliche und personelle Führung aus einer Hand erfolgen, was allerdings eine grössere rechtliche Reorganisation nach sich ziehen würde. Die Mitglieder der Sozialbehörde sind sodann fachlich zu schulen und sie sollen auch Zugang zu verschiedenen Instrumenten der fachlichen Aufsicht erhalten, dies als rasch umsetzbare Massnahme. Die Aufsicht der SB im fachlichen Bereich ist zu stärken; die Aufgaben der SB beschränken sich nicht auf die Beschlussfassung zu den einzelnen Fällen.

F. Folgen von Pflichtverletzungen

423 Bezüglich der Folgen von Pflichtverletzungen ist zwischen Mitgliedern einer Behörde und den Angestellten der Stadt Dübendorf zu unterscheiden.

424 Mitglieder einer Behörde können nicht direkt disziplinarisch belangt werden. Sie unterstehen jedoch der Aufsicht des Kollegialorgans (§ 166 Abs. 1 Gemeindegesetz) und der bezirksrätlichen sowie regierungsrätlichen Aufsicht (Art. 94 KV).

425 Die hierarchische Aufsicht durch die Kollegialbehörde, den Bezirksrat und den Regierungsrat ist in § 168 Gemeindegesetz näher geregelt. Die Aufsicht kann folgende Massnahmen beschliessen:

  • Weisungen erteilen,
  • vorsorgliche Massnahmen treffen,
  • widerrechtliche Anordnungen, Beschlüsse und Erlasse aufheben,
  • Ersatzanordnungen und Ersatzvornahmen treffen,
  • Ordnungsbussen aussprechen,
  • ein Behördenmitglied, das Amtspflichten wiederholt oder schwerwiegend verletzt, vorübergehend im Amt einstellen oder des Amtes entheben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt.

426 Im Vordergrund stehen in der Regel die mildesten Massnahmen, wie die Erteilung von Weisungen oder die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen. Der Inhalt der Weisungen etwa ist nicht geregelt; er kann sich auf verschiedenste Pflichten beziehen, wie etwa die Anforderungen an eine bestimmte Geschäftsführung, Fehlererledigung, Angehen von Verbesserungen oder Durchführung von Supervisionen. Die strengeren Massnahmen werden in ausserordentlichen Fällen greifen, wenn die gesamte Amtsführung in Frage steht. Dies betrifft insbesondere die Einstellung im Amt oder die Amtsenthebung. Denkbar ist auch ein Wechsel der Amtsführung und die Zuweisung einer anderen
Verantwortlichkeit.

427 Die parlamentarische Aufsicht und Oberaufsicht sind politischer Natur (§ 61 Gemeindegesetz) und hat keine direkten rechtlichen Folgen. Sie hat jedoch einen starken politischen Stellenwert und kann sich auf Massnahmen der Gemeindevorsteherschaft und der Gemeindeaufsicht auswirken. Grenzen sind ihr dadurch gesetzt, dass sie nicht in den Ermessensbereich der Verwaltungsführung eingreifen darf.

428 Die Angestellten der Gemeinden sind personalrechtlichen Konsequenzen unterstellt. Die Anstellungs- und Besoldungsverordnung (ABVO) erweist diesbezüglich einerseits auf das kantonale Personalrecht. Dieses kennt kein eigentliches Disziplinarrecht (mehr). Vorgesehen ist nach § 30 Personalgesetz einzig ein Verweis:

  • § 30. 1 Bei Arbeitspflichtverletzungen kann die Anstellungs- oder Aufsichtsbehörde einen Verweis aussprechen.
  • 2 Der Verweis erfolgt mündlich nach Abklärung des Sachverhaltes und Anhörung der Betroffenen. Er ist protokollarisch zusammen mit einer Stellungnahme des oder der Betroffenen festzuhalten.
  • 3 Im Falle eines Verweises muss zwingend eine Mitarbeiterbeurteilung durchgeführt werden.

429 Allerding sehen das kantonale Personalgesetz wie auch die ABVO Dübendorf bei mangelhaften Leistungen eine Entlassung vor. Als weiteres Mittel bei Pflichtverletzung ist die Durchführung einer Mitarbeiterbeurteilung durchzuführen.

430 Sodann kann bei Schädigungen Regress auf die Angestellten genommen werden im Rahmen des kantonalen Haftungsgesetzes. Allerdings bedarf dies vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Handelns des Angestellten.

G. Empfehlungen

431 Die Untersuchung weist viele Aspekte auf. So bezüglich

  • politischer Einflüsse;
  • Organisation;
  • Gebietsabgrenzungen unter den verschiedenen Funktionsträgern;
  • Kommunikation und Umgang mit- und untereinander;
  • persönlicher Befindlichkeiten;
  • Lokalisierung der Probleme durch Bevölkerung und Medien;
  • zahlreiche, punktuelle Bemühungen um Problembehebung;
  • Grenzen des Milizsystems;
  • Umgehung rechtlicher Vorgaben;
  • Strapazierung der Belastungsfähigkeiten des Personals.

432 Ein Punkt zieht sich jedoch wie ein roter Faden durch die Untersuchung: Die besondere Stellung der SB, deren Abgrenzung von der personellen Führung und die besondere Position der Sozialvorsteherin bzw. des Sozialvorstehers. Diesen kommt die ausschliessliche Kenntnis der Vorgänge sowohl innerhalb der SB wie auch des Stadtrates zu. Sie teilen dieses Wissen – mit Hinweisen auf die unterschiedlichen Kompetenzen zu Recht – mit niemandem, sind darin jedoch dann auch nicht kontrollierbar. Damit ist ihnen eine sehr sensible Funktion zugewiesen, ohne dass diese mit jemand anderem geteilt werden könnte; dies kann zu isolierten, unreflektierten Vorgehensweisen führen, wie sie hier immer wieder festgestellt wurden. Darin kann auch dann die Erklärung liegen, dass eine Art Kompensation erfolgt, indem man dem Kader der Abteilung Soziales grosses Vertrauen schenkt.

433 Die Untersuchung hat zum Eindruck geführt, dass die SB in einer Art Abgrenzung und Konkurrenzstarre zum Stadtrat steht und dieser wiederum wenig Vertrauen in die Fähigkeiten der SB in die Bewältigung von Krisen hat. Dies führt dann immer wieder zu Grenzannäherungen des Stadtrates, welche die Situationen klären sollen, aber als Nebeneffekt weitere Unklarheiten hervorrufen.

434 Meine Empfehlung ist, die Aufgaben des Stadtrates und der SB bezüglich der Aufgabenerledigung der Sozialhilfe zusammen zu legen, will man dieses Problemfeld in den Griff bekommen. Weitere Versuche einer kooperativen Problemlösung sind aufwändig, können für eine gewisse Dauer funktionieren, werden jedoch wesentlich von personellen Konstellationen abhängig sein und mit der Zeit kann auch die aktuell vermutlich bestehende Bereitschaft nach einem gemeinsamen Vorgehen schwinden.

435 Unabhängig davon können rasch verschiedene Einzelmassnahmen angegangen werden (was zum Teil bereits am Laufen ist). So etwa

  • die Einbindung der SB in die Finanzadministration der Stadt,
  • Verbesserung der Aktenführung,
  • eine professionelle Bewirtschaftung der Liegenschaften,
  • eine (externe) Prüfung und bei Bedarf Verbesserung der Standards bei der Unterbringung von Asylsuchenden, vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen,
  • Schaffung von Standards für den Umgang mit den Klienten mit entsprechender Schulung des Personals,
  • Verbesserung des Rufes der Sozialhilfe auf dem Arbeitnehmermarkt,
  • Bereinigung der Springereinsätze,
  • Schulung der Behördenmitglieder,
  • gezielte Befassung mit Empfehlungen der Ombudsstelle zur Organisation, zur Führung und zu Qualitätsfragen und
  • eine Strukturierung der Aufsichtstätigkeit der SB über ihre Mitarbeitenden und Ressourcen.

436 Eine Abklärung allfälliger strafrechtlicher Verantwortlichkeiten erscheint mir nicht dringend und wäre im Bereich der Weitergabe von Klientendaten an die Sozialdetektive zu prüfen (dazu Rz. 84).

437 In diesem Zusammenhang ansprechen möchte ich die Sachkenntnisse der Sozialvorsteherin. Diese befinden sich nach meinen Feststellungen auf einem tiefen Stand, so dass mir die ihr obliegende Aufgabenerfüllung fraglich erscheint. Zu erwähnen ist, dass sie wesentliche Zuständigkeiten des Stadtrates bzw. des Stadtschreibers und Geschäftsleiters und den Unterschied zwischen Notwohnungen und Asylwohnungen nicht kennt, vertragliche Outsourcingvereinbarungen vergessen hat, in der Stellungnahme in verschiedenen Zusammenhängen der Untersuchung das Sozialversicherungsrecht mit dem Sozialhilferecht und die Legislaturzielsetzungen der SB mit derjenigen des Stadtrates verwechselt sowie bezüglich des Amtsgeheimnisses für sich eine Sonderstellung beansprucht, die es so nicht gibt. Zudem scheint sie in einer grossen Abhängigkeit vom Kader der Abteilung Soziales gestanden zu haben, was sich mit dem mangelnden Sachwissen, aber auch den Umständen des Amtsantritts erklären liesse. Ich habe zwar naturgemäss nicht ihr gesamtes Wirken in dieser Hinsicht klären können, doch sind die festgestellten Lücken zu häufig und zu gravierend, als dass man unbesehen hierüber hinweg gehen sollte. Als Sofortmassnahme empfehle ich eine vertiefende Fachschulung für die Sozialvorsteherin im Bereich des kommunalen und des Sozialhilferechts sowie in der Personalführung.

Tomas Poledna

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